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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1035

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 303/21, Beschluss v. 14.07.2021, HRRS 2021 Nr. 1035


BGH 6 StR 303/21 - Beschluss vom 14. Juli 2021 (LG Dessau-Roßlau)

Urteilsgründe (lückenhafte Beweiswürdigung; Darstellung der Ergebnisse einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung: DNA-Mischspuren).

§ 267 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Bei DNA-Mischspuren muss grundsätzlich mitgeteilt werden, wie viele DNA-Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen mit den DNA-Merkmalen des Angeklagten ergaben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist. Bei einer Mischspur, in der eine Hauptkomponente erkennbar ist, genügt ausnahmsweise die Mitteilung des Ergebnisses der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsberechnung in numerischer Form, wenn die Peakhöhen von Hauptkomponente zu Nebenkomponente durchgängig bei allen heterozygoten DNA-Systemen im Verhältnis 4 : 1 stehen.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Februar 2021 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln zu einer „Gesamtfreiheitsstrafe“ von drei Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet sowie Einziehungsentscheidungen getroffen. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Die Revision hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

Die der Feststellung der Täterschaft des Angeklagten zugrundeliegende Beweiswürdigung wird den an die Darstellung der Ergebnisse einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung zu stellenden Anforderungen nicht gerecht. Bei DNA-Mischspuren muss grundsätzlich mitgeteilt werden, wie viele DNA-Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen mit den DNA-Merkmalen des Angeklagten ergaben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. August 2019 - 5 StR 419/19 und vom 20. November 2019 - 4 StR 318/19, NJW 2020, 350). Bei einer Mischspur, in der eine Hauptkomponente erkennbar ist, genügt ausnahmsweise die Mitteilung des Ergebnisses der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsberechnung in numerischer Form, wenn die Peakhöhen von Hauptkomponente zu Nebenkomponente durchgängig bei allen heterozygoten DNA-Systemen im Verhältnis 4 : 1 stehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2020 - 6 StR 183/20 und 6 StR 211/20).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf dem Darstellungsmangel beruht (§ 337 StPO), weil das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten vor allem auf die DNA-Spuren gestützt hat.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

Im Fall einer erneuten Verurteilung wird zu erörtern sein, ob die Einziehung des sichergestellten Bargeldes auf § 73 StGB oder § 73a StGB gestützt werden kann. Eine Einziehung als Tatmittel gemäß § 74 Abs.1 StGB kommt nach den bisherigen Feststellungen nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2020 - 1 StR 99/20; Weber, BtMG 5. Aufl. § 33 Rn. 322).

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1035

Externe Fundstellen: StV 2022, 369

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede