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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 98/02, Beschluss v. 14.05.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 98/02 - Beschluss vom 14. Mai 2002 (LG Leipzig)

Letztes Wort des Erziehungsberechtigten; Beruhen des Urteils.

§ 67 Abs. 1 JGG; § 258 Abs. 2 und Abs. 3 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten K wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 28. September 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch gegen diesen Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht - Jugendkammer - hat den zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 15 Jahre alten Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen eingelegte, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit einer Verfahrensrüge zum Strafausspruch Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Zu Recht beanstandet die Revision, das Landgericht habe der erziehungsberechtigten Mutter des Angeklagten entgegen § 67 Abs. 1 JGG, § 258 Abs. 2 und Abs. 3 StPO nicht das ihr zustehende letzte Wort gewährt. Dieses war ihr von Amts wegen und nicht nur auf Verlangen zu erteilen (BGHSt 21, 288, 289; BGHR JGG § 67 Erziehungsberechtigter 1 m. Anm. Eisenberg JR 1997, 80). Aufgrund des Hauptverhandlungsprotokolls und des Revisionsvorbringens, dem die Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsgegenerklärung nicht entgegengetreten ist, geht der Senat davon aus, dass die Mutter im Sitzungssaal anwesend war (vgl. BGH NStZ 1999, 426).

Der Verfahrensverstoß führt jedoch - wie vom Generalbundesanwalt beantragt - nur zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil der Schuldspruch auf dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht beruhen kann (vgl. BGHSt 21, 288, 290; BGHR JGG § 67 Erziehungsberechtigter 2; BGH NStZ 1999, 426). Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegte Tat - ebenso wie ein Mittäter - weitgehend eingeräumt und ist zudem durch die Zeugenaussagen der Tatopfer überführt. Die Mutter des Angeklagten war nicht Zeugin der Geschehnisse. Es ist auch auszuschließen, dass die Anhörung der Mutter des Angeklagten zu einer anderen Entscheidung des Landgerichts über die Frage seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 3 JGG geführt hätte. Insoweit hat das Landgericht für den zum Tatzeitpunkt 15 Jahre und zwei Monate alten Angeklagten ein umfassendes forensisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt.

Der Senat kann hingegen nicht völlig ausschließen, dass mögliche Ausführungen der Mutter des Angeklagten sich auf die Bemessung der an sich nicht unangemessenen Jugendstrafe ausgewirkt hätten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2001 - 5 StR 263/01). Möglicherweise hätten ihr die Schlussvorträge, insbesondere der der Staatsanwaltschaft, Anlass zu ergänzenden Ausführungen gegeben, wäre ihr das letzte Wort erteilt worden.

2. Die weiteren Verfahrensrügen greifen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Stellungnahme zutreffend dargelegten Gründen nicht durch. Auch die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen weitergehenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

3. Die nachträglich von der Verteidigerin erklärte Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch ist nicht wirksam. Die hierfür nach § 302 Abs. 2 StPO erforderliche Ermächtigung ist in der Bestellung zur Pflichtverteidigerin nicht zu sehen. Ein Zuwarten mit der Entscheidung bis zum Führen eines Nachweises der Ermächtigung kommt im Hinblick auf die Sachlage nicht in Betracht.

4. Zum Antrag der Verteidigerin vom 13. Mai 2002 bemerkt der Senat, dass über die Haftfrage der neue Tatrichter zu entscheiden haben wird.

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2002, 346

Bearbeiter: Ulf Buermeyer