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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 54/01, Beschluss v. 26.11.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 5 StR 54/01 - Beschluss vom 26. November 2001 (LG Berlin)

Vereidigungsverbot; Beruhen; Größere Glaubwürdigkeit des vereidigten Zeugen

§ 60 Nr. 2 StPO; § 337 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Es ist im allgemeinen anzunehmen, daß das Tatgericht bei der Beweiswürdigung den Aussagen eines Zeugen, der unvereidigt hätte bleiben müssen, um der Vereidigung willen größere Glaubwürdigkeit beigemessen hat, als es dies sonst getan hätte (vgl. BGHSt 4, 255, 257). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber anerkannt, daß die Umstände des Einzelfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen können (vgl. BGHR StPO § 60 Nr. 2 Vereidigung 4 und 5 sowie Strafvereitelung, versuchte 8).

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. Januar 2000 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Zur Rüge der Verletzung des § 60 Nr. 2 StPO bemerkt der Senat:

Der Vorsitzende hat in der sich über fast vier Jahre erstreckenden Hauptverhandlung den Zeugen V zweimal vereidigt, nachdem er zuvor jeweils gefragt hatte, ob der Zeuge unvereidigt bleiben könne und der Verteidiger jedesmal mitgeteilt hatte, er gebe hierzu keine Erklärung ab. Zu Recht macht die Revision geltend, daß nach § 60 Nr. 2 StPO der Zeuge nicht hätte vereidigt werden dürfen, weil er wegen Beihilfe zu der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat rechtskräftig verurteilt ist. Ein solcher Verstoß nötigt jedoch nicht ohne weiteres zur Aufhebung des Urteils. Zwar ist im allgemeinen anzunehmen, daß das Landgericht bei der Beweiswürdigung den Aussagen eines Zeugen, der unvereidigt hätte bleiben müssen, um der Vereidigung willen größere Glaubwürdigkeit beigemessen hat, als es dies sonst getan hätte (vgl. BGHSt 4, 255, 257; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 60 Rdn. 34). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber anerkannt, daß die Umstände des Einzelfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen können (vgl. BGHR StPO § 60 Nr. 2 Vereidigung 4 und 5 sowie Strafvereitelung, versuchte 8; BGH, Urt. vom 13. Mai 1998 - 3 StR 566/97, insoweit in NStZ 1998, 583 nicht abgedruckt; NStZ-RR 2001, 18; BGH, Beschl. vom 22. November 2000 - 1 StR 375/00; Senge in KK 4. Aufl. § 60 Rdn. 42). So liegt es hier. Der Generalbundesanwalt hat zu Recht darauf hingewiesen, daß sich das Urteil an keiner Stelle auf die Vereidigung des Zeugen stützt, sondern allein auf dessen schlüssige Angaben, die von anderen Zeugen und dem Mitangeklagten sowie zusätzlichen Sachbeweisen bestätigt wurden. Auch hat das Landgericht die Beteiligung des Zeugen an der Tat bedacht und seine deshalb erfolgte Verurteilung mehrfach ausdrücklich in seine Beweiswürdigung einbezogen. Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre, wenn es den Zeugen nicht vereidigt hätte.

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2002, 77

Bearbeiter: Karsten Gaede