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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 526

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 422/21, Beschluss v. 02.03.2022, HRRS 2022 Nr. 526


BGH 4 StR 422/21 - Beschluss vom 2. März 2022 (LG Neubrandenburg)

Teileinstellung bei mehreren Verfahren; Einziehung des Wertes von Taterträgen (gesamtschuldnerische Haftung).

§ 154 StPO; § 73c StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 18. März 2021 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II.7. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;

b) das vorbezeichnete Urteil

aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Diebstahls, des schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, des Bandendiebstahls, des versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei Fällen sowie des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Versicherungsschutz schuldig ist;

bb) im Ausspruch über die isolierte Sperrfrist aufgehoben; diese Maßregel entfällt; cc) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin ergänzt, dass der Angeklagte als Gesamtschuldner haftet.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer trägt die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls „im besonders schweren Fall“, schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, Bandendiebstahls, versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit „vorsätzlichem Fahren ohne Haftpflichtversicherungsschutz“ unter Einbeziehung von Strafen aus einer Vorverurteilung sowie unter Gewährung eines Härteausgleichs im Hinblick auf eine nach vollständiger Verbüßung nicht mehr einbeziehungsfähige Vorstrafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, von der es vier Monate für vollstreckt erklärt hat. Ferner hat es eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen.

Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Auf die Sachrüge erzielt das Rechtsmittel den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts stellt der Senat das Verfahren aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte im Fall II.7. der Urteilsgründe wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist. Wie in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführt ist, belegen die bisherigen Feststellungen keine Straßenverkehrsgefährdung.

2. Die Teileinstellung des Verfahrens zieht die Änderung des Schuldspruchs sowie den Wegfall der im Fall II.7. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe nach sich. Sie entzieht ferner der vom Landgericht allein auf die im Fall II.7. angenommene Straßenverkehrsgefährdung gestützten Maßregel nach § 69a StGB die Grundlage. Hingegen kann die Gesamtstrafe bestehen bleiben, denn der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei den verbleibenden Einzelstrafen von drei Jahren, zwei Jahren und sieben Monaten, zweimal zwei Jahren und drei Monaten, zweimal einem Jahr und neun Monaten, neun sowie sechs Monaten Freiheitsstrafe ohne die für die eingestellte Tat verhängte Einzelstrafe (acht Monate Freiheitsstrafe) auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

3. Schließlich bedarf die Einziehungsentscheidung der aus der Beschlussformel ersichtlichen Ergänzung. Der Generalbundesanwalt hat insoweit in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Bei der gemäß § 73c StGB getroffene Einziehungsentscheidung ist die Kammer ausweislich der Urteilsgründe im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte als Gesamtschuldner haftet. Soweit sie eine solche Haftung von einer Einziehungsentscheidung gegen die weiteren Tatbeteiligten abhängig gemacht hat (…), erweist sich dies allerdings als rechtsfehlerhaft. Der Umfang der Gesamtschuld richtet sich allein nach den Feststellungen in dem den Angeklagten betreffenden Urteil (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2019 - 3 StR 277/19 - mwN). Die gesamtschuldnerische Haftung bedarf der Kennzeichnung im Tenor, die der Senat nachholen kann (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2018 - 2 StR 245/18; Urteile vom 25. April 2018 - 2 StR 14/18; vom 7. Juni 2018 - 4 StR 63/18; jew. mwN). Die Angabe der Namen der jeweiligen weiteren Gesamtschuldner ist hierbei nicht erforderlich (BGH, aaO; Beschluss vom 27. August 2013 - 4 StR 280/13).“ Dem tritt der Senat bei.

4. Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision erscheint es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten verbleibenden Kosten und Auslagen des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 526

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß