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HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 121

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 413/16, Beschluss v. 24.11.2016, HRRS 2017 Nr. 121


BGH 4 StR 413/16 - Beschluss vom 24. November 2016 (LG Bochum)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Feststellungen zum Wirkstoffgehalt).

§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG

Leitsatz des Bearbeiters

Die Wirkstoffkonzentrationen und -kombinationen bei den als Ecstasy vertriebenen Mitteln schwanken in der Praxis sehr. Allein aus der Anzahl der erworbenen Tabletten lassen sich daher in der Regel keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den Wirkstoffgehalt ziehen.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten W. gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 19. April 2016 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen III.3. Tatkomplex, Ziffern 51 - 56 der Anklage (Erhalt einer Lieferung von 1.000 Ecstasy-Tabletten im Januar 2015), Ziffern 74, 62 - 64 der Anklage (Kauf von 3.000 Ecstasy-Tabletten am 20. Juni 2015) und Ziffer 71 der Anklage (Bezug von „knapp“ 900 Ecstasy-Tabletten am 23. Juli 2015) verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 41 Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen verurteilt ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 41 Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre und fünf Monate der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Außerdem hat es den Wertersatzverfall von 20.000 Euro angeordnet. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der allgemeinen Sachrüge.

1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts aus verfahrensökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen III.3. Tatkomplex, Ziffern 51 - 56 der Anklage (Erhalt einer Lieferung von 1.000 Ecstasy-Tabletten im Januar 2015), Ziffern 74, 62 - 64 der Anklage (Kauf von 3.000 Ecstasy-Tabletten am 20. Juni 2015) und Ziffer 71 der Anklage (Bezug von „knapp“ 900 Ecstasy-Tabletten am 23. Juli 2015) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Die vom Landgericht hierzu getroffenen Feststellungen beschränken sich auf eine Mitteilung der Anzahl der von dem Angeklagten zu Handelszwecken erworbenen Ecstasy-Tabletten. Dies reicht unter den hier gegebenen Umständen nicht aus, um ein unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu belegen. Die Wirkstoffkonzentrationen und -kombinationen bei den als Ecstasy vertriebenen Mitteln schwanken in der Praxis sehr. Allein aus der Anzahl der erworbenen Tabletten lassen sich daher in der Regel keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den Wirkstoffgehalt ziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2016 - 3 StR 138/16, Rn. 4; Beschluss vom 5. August 2010 - 2 StR 296/10, StraFo 2010, 472 jeweils mwN).

2. Die Verfahrenseinstellung hat eine Änderung des Schuldspruchs zur Folge. Die Gesamtstrafe bleibt davon unberührt. Angesichts der Höhe und der Vielzahl der verbleibenden Einzelstrafen kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer ohne die eingestellten Fälle eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt hätte. Die Unterbringungs- und die Verfallsentscheidung bleiben von der Teileinstellung ebenfalls unberührt.

3. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im verbleibenden Umfang keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 121

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner