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HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 218

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 372/12, Beschluss v. 04.12.2012, HRRS 2013 Nr. 218


BGH 4 StR 372/12 - Beschluss vom 4. Dezember 2012 (LG Magdeburg)

Beweisantrag (Konnexität von Beweisbehauptung und Beweismittel; Beweisantrag "ins Blaue hinein").

§ 244 Abs. 3, Abs. 6 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt einem Antrag, mit dem zum Nachweis einer bestimmten Beweistatsache ein bestimmtes Beweismittel bezeichnet wird, die Eigenschaft eines nach § 244 Abs. 3 bis 6 StPO zu bescheidenden Beweisantrages, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne begründete Vermutung für ihre Richtigkeit aufs Geratewohl ins Blaue hinein aufgestellt wurde (vgl. BGH NStZ 2011, 169 Tz. 7 f). Ob eine solche nicht ernstlich gemeinte Beweisbehauptung gegeben ist, beurteilt sich aus der Sicht eines verständigen Antragstellers auf der Grundlage der von ihm selbst nicht in Frage gestellten Tatsachen, wobei zu beachten ist, dass es dem Antragsteller grundsätzlich nicht verwehrt sein kann, auch solche Tatsachen unter Beweis zu stellen, die er lediglich für möglich hält oder nur vermutet.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 16. Mai 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit besonders schwerem Raub und in weiterer Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf mehrere Verfahrensbeanstandungen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen ließ sich der Angeklagte am frühen Abend des 2. Januar 2012 von dem Geschädigten R. in dessen Pkw VW Golf auf einem unbeleuchteten Feldweg bis in unmittelbare Nähe des Saaleufers fahren. Spätestens nachdem beide Männer aus dem Fahrzeug ausgestiegen waren, fasste der Angeklagte den Entschluss, den Geschädigten gewaltsam zu Boden zu bringen und ihm unter Einwirkung von Gewalt das Fahrzeug abzunehmen. Der Angeklagte versetzte dem Tatopfer zahlreiche kräftige Faustschläge insbesondere gegen den Kopf, schlug ihm mit solcher Wucht eine fast leere, 0,7 Liter fassende, gläserne Mineralwasserflasche von oben nach unten auf den Kopf, dass diese zerbrach, und nahm dem Geschädigten den Fahrzeugschlüssel und die Funkfernbedienung sowie im weiteren Verlauf auch den ebenfalls von R. mitgeführten Ersatzschlüssel nebst zweiter Fernbedienung ab, um sich in den Besitz des Fahrzeugs zu bringen. Des Weiteren würgte der Angeklagte den Geschädigten zweimal, indem er jeweils hinter R. stehend einen Arm um dessen Hals legte und kräftig zudrückte, band die Hände des Geschädigten hinter dessen Rücken mit einem Gürtel fest zusammen, fesselte später auch die Füße des Geschädigten mit einem weiteren Gürtel und sperrte den Geschädigten wiederholt kurzzeitig in den Kofferraum des Fahrzeugs.

Schließlich führte der Angeklagte, der nunmehr entschlossen war, den Tod des R. herbeizuführen, um endgültig dessen Pkw zu erlangen, das aufgrund der Fesselung nur mit kleinen Schritten gehende und teilweise hüpfende Tatopfer zum Saaleufer. Etwa auf halbem Weg löste sich - vom Angeklagten und dem Geschädigten unbemerkt - der Gürtel an den Füßen des Geschädigten und fiel zu Boden. Am Ufer der Saale angekommen stieß der Angeklagte dem mit den Füßen schon im Wasser stehenden R. von hinten kräftig gegen den Oberkörper, sodass dieser in den ca. 6°C kalten Fluss fiel, der an dieser Stelle jedenfalls nicht in der gesamten Breite von etwa 60 bis 70 Metern für Menschen begehbar ist. Der Geschädigte, der nicht mit dem ganzen Körper ins Wasser fiel und anfangs noch stehen konnte, ging aus Angst vor dem Angeklagten, um sich in Sicherheit zu bringen, weiter in den Fluss hinein und versuchte zu schwimmen, wobei sich der Gürtel löste, mit dem seine Hände gefesselt waren. Während der Angeklagte dem Geschädigten folgend an der Saale in Fließrichtung des Flusses entlangging, gelang es dem Geschädigten unter Mühen, durch den Fluss zu schwimmen und das gegenüberliegende Ufer zu erreichen. Nachdem er sich ca. zehn Minuten ausgeruht hatte, um seine Kräfte zu sammeln, raffte er sich auf und schleppte sich an dem Fluss entlang zu einem ihm bekannten Seniorenpflegeheim, das er schließlich blutüberströmt, völlig durchnässt, stark zitternd und nur mit T-Shirt und Unterhose bekleidet erreichte.

II.

Die Revision dringt mit einer Verfahrensbeanstandung durch, mit der die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrages geltend gemacht wird.

1. Der Rüge liegt das folgende Verfahrensgeschehen zugrunde:

Zu der Beweisbehauptung, der Geschädigte habe bei seinem Eintreffen am Pflegeheim gegenüber einer Pflegekraft u.a. mitgeteilt, er sei von sich aus in die Saale gesprungen, um vor dem Angeklagten zu flüchten, und der Angeklagte habe den Autoschlüssel weggeworfen, vernahm die Strafkammer - einem Beweisantrag des Verteidigers folgend - einen Bewohner des Pflegeheims sowie die dort tätige Altenpflegerin D. als Zeugen. Nach dem Vorbringen der Revision ergab sich aus den Bekundungen der Zeugin D., dass am Tatabend als Pflegepersonal auch die Pflegekräfte W. und O. vor Ort waren. Im Rahmen der sich an die Vernehmung anschließenden Erörterung über den weiteren Verfahrensablauf erklärte der Verteidiger, dass er die Vernehmung der Frau W. für erforderlich halte, und kündigte einen entsprechenden Antrag an. Ohne dass zuvor ein diesbezüglicher Beweisantrag angebracht worden war, wurde daraufhin Frau W. als Zeugin vernommen.

Im Anschluss daran beantragte der Verteidiger zum Beweis der Tatsache, dass der Geschädigte beim Eintreffen am Pflegeheim gegenüber der Zeugin O. angegeben gehabt habe, dass er von sich aus in die Saale gesprungen sei, um vor dem Angeklagten zu flüchten, und der Angeklagte den Autoschlüssel weggeworfen habe, die Vernehmung der Zeugin O. Diesen Antrag hat das Landgericht abgelehnt.

In der Begründung des Ablehnungsbeschlusses hat es ausgeführt, dass es sich bei dem Beweisbegehren um einen Beweisermittlungsantrag gehandelt habe, dem die Strafkammer nach pflichtgemäßem Ermessen nicht habe nachgehen müssen. Zu der behaupteten Beweistatsache habe der Angeklagte keine eigenen Wahrnehmungen angegeben. Die Strafkammer habe zu dem Beweisthema neben weiteren Zeugen insbesondere die Zeugin W. vernommen, welche lediglich bekundet habe, ihre Arbeitskollegin O. sei ebenfalls vor Ort gewesen. Die Zeugin W. habe aber nicht ausgesagt, dass Frau O. weiter gehende Wahrnehmungen als sie selbst oder die Zeugin D. getroffen habe. Nach partieller Mitteilung des Inhalts der Aussage des Geschädigten in der Hauptverhandlung zum Tatablauf hat die Strafkammer weiter ausgeführt, dass es weder in dem Antrag des Verteidigers dargelegt noch sonst ersichtlich sei, dass der Geschädigte bei seiner Ankunft beim Pflegeheim etwas anderes gesagt habe. Der Verteidiger habe auf Nachfrage des Gerichts keinen Grund angeben können, warum die Zeugin O. Wahrnehmungen zu etwaigen Angaben des Geschädigten im Pflegeheim bekunden können sollte, die über dessen Zeugenaussage im Hauptverhandlungstermin hinaus7 8 gehe, bzw. dazu, dass der Geschädigte sogar gegenteilige Angaben gemacht haben könnte. Es handele sich im Ergebnis in Wahrheit um einen nicht ernst gemeinten, zum Schein gestellten "Beweisantrag" aufs Geratewohl. Die hier erforderliche Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung liege daher nicht vor.

2. Die Antragsablehnung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landgericht das Beweisbegehren des Verteidigers nicht als bloßen nach Maßgabe der Amtsaufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO zu berücksichtigenden Beweisermittlungsantrag behandeln. Die Qualität des Beweisbegehrens als Beweisantrag wird weder durch fehlende Ausführungen zur Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung in Frage gestellt, noch hat die Strafkammer tragfähig dargetan, dass dem Antrag lediglich eine "ins Blaue hinein" aufgestellte Beweisbehauptung zugrunde gelegen hat.

a) Ein Beweisantrag im Sinne des § 244 Abs. 3 bis 6 StPO setzt die konkrete und bestimmte Behauptung einer Tatsache und die Benennung eines bestimmten Beweismittels voraus, mit dem der Nachweis der Tatsache geführt werden soll. Bei einem Antrag auf Vernehmung eines Zeugen kommen als Beweisbehauptung nur solche Tatsachen in Betracht, die der benannte Zeuge aus eigener Wahrnehmung bekunden kann (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - 5 StR 279/93, BGHSt 39, 251, 253 f.). Ist aus dem Inhalt des Beweisbegehrens ein verbindender Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung und dem benannten Zeugen nicht ohne weiteres erkennbar, ist für das Vorliegen eines Beweisantrages weiterhin erforderlich, dass der Antragsteller näher darlegt, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169 Tz. 11 ff.; vom 17. November 2009 - 4 StR 375/09, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 47; vom 22. Juni 1999 - 1 StR 205/99, NStZ 1999, 522; Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 321, 329 f.; zweifelnd Urteil vom 14. August 2008 - 3 StR 181/08, NStZ 2009, 171 Tz. 13). Die Ausführungen zur Konnexität im weiteren Sinne (zur Terminologie vgl. Schneider, Festschrift Eisenberg 2009, S. 609, 618 ff.) sollen dem Gericht eine sachgerechte Prüfung und Anwendung der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 3 StR 201/05, NStZ 2006, 585, 586; Beschluss vom 22. Juni 1999 - 1 StR 205/99 aaO), wobei hier - anders als bei der Bestimmtheit der von dem benannten Zeugen wahrgenommenen Beweistatsache - der Ablehnungsgrund der völligen Ungeeignetheit des Beweismittels nach § 244 Abs. 3 Satz 2 3. Alt. StPO im Vordergrund steht (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 - 5 StR 317/97, NStZ 1998, 97; Schneider aaO). Durch den Bezug auf die völlige Ungeeignetheit, die nur aus dem Beweismittel selbst in Beziehung zu der Beweisbehauptung ohne Rückgriff auf das bisherige Beweisergebnis abgeleitet werden darf (vgl. Becker in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 232 mwN), werden die unter dem Gesichtspunkt der Konnexität im weiteren Sinne erforderlichen Angaben zugleich auf solche beschränkt, die die Wahrnehmungssituation des benannten Zeugen betreffen. Ausführungen zur inhaltlichen Plausibilität der Beweisbehauptung können dagegen vom Antragsteller in diesem Zusammenhang nicht verlangt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - 4 StR 375/09 aaO).

Der Antrag auf Vernehmung der Zeugin O. trägt entgegen der Ansicht des Landgerichts dem Konnexitätserfordernis hinreichend Rechnung. Aus dem Inhalt des Antrags ergibt sich ohne weiteres, dass die benannte Zeugin zu Äußerungen vernommen werden sollte, die der Geschädigte ausweislich der aufgestellten Beweisbehauptung im Anschluss an sein Eintreffen beim Pflegeheim der Zeugin als Gesprächspartnerin gegenüber gemacht haben soll. Auch die Strafkammer geht in ihrem Ablehnungsbeschluss aufgrund der Bekundungen der Zeugin W. davon aus, dass die Zeugin O. ebenso wie die Zeugin W. zum fraglichen Zeitpunkt vor Ort gewesen war. Da das weitere vom Landgericht mitgeteilte Ergebnis der vorangegangenen Beweisaufnahme die Wahrnehmungsmöglichkeit der benannten Zeugin nicht in Frage gestellt, sondern lediglich nicht bestätigt hat, waren zusätzliche ergänzende Ausführungen zur Konnexität im weiteren Sinne nicht erforderlich.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt einem Antrag, mit dem zum Nachweis einer bestimmten Beweistatsache ein bestimmtes Beweismittel bezeichnet wird, die Eigenschaft eines nach § 244 Abs. 3 bis 6 StPO zu bescheidenden Beweisantrages, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne begründete Vermutung für ihre Richtigkeit aufs Geratewohl ins Blaue hinein aufgestellt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10, NStZ 2011, 169 Tz. 7 f.; Urteil vom 4. Dezember 2008 - 1 StR 327/08, NStZ 2009, 226, 227; Beschluss vom 12. März 2008 - 2 StR 549/07, NStZ 2008, 474; Urteil vom 13. Juni 2007 - 4 StR 100/07, NStZ 2008, 52, 53; Beschlüsse vom 4. April 2006 - 4 StR 30/06, NStZ 2006, 405; vom 5. März 2003 - 2 StR 405/02, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 39; vom 5. Februar 2002 - 3 StR 482/01, NStZ 2002, 383; Urteil vom 12. Juni 1997 - 5 StR 58/97, NJW 1997, 2762, 2764; Beschlüsse vom 10. November 1992 - 5 StR 474/92, NStZ 1993, 143, 144; vom 31. März 1989 - 3 StR 486/88, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 8 mwN zur früheren Rspr.; offen gelassen in BGH, Beschlüsse vom 19. September 2007 - 3 StR 354/07, StV 2008, 9; vom 20. Juli 2010 - 3 StR 218/10, StraFo 2010, 466). Ob eine solche nicht ernstlich gemeinte Beweisbehauptung gegeben ist, beurteilt sich aus der Sicht eines verständigen Antragstellers auf der Grundlage der von ihm selbst nicht in Frage gestellten Tatsachen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. November 2010 - 1 StR 497/10 aaO), wobei zu beachten ist, dass es dem Antragsteller grundsätzlich nicht verwehrt sein kann, auch solche Tatsachen unter Beweis zu stellen, die er lediglich für möglich hält oder nur vermutet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. April 2006 - 4 StR 30/06 aaO, vom 31. März 1989 - 3 StR 486/88 aaO). Nicht ausreichend ist, dass die bisherige Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Beweisbehauptung ergeben hat (BGH, Beschluss vom 5. Februar 2002 - 3 StR 482/01 aaO) oder dass die unter Beweis gestellte Tatsache objektiv ungewöhnlich oder unwahrscheinlich erscheint oder eine andere Möglichkeit näher gelegen hätte (BGH, Beschluss vom 12. März 2008 - 2 StR 549/07 aaO). Vielmehr wird für erforderlich gehalten, dass die Bestätigung der Beweisbehauptung aufgrund gesicherter bisheriger Beweisaufnahme offensichtlich unwahrscheinlich sein muss, was etwa anzunehmen sein soll, wenn eine Mehrzahl neutraler Zeugen eine Tatsache übereinstimmend bekundet hat und, ohne Beleg für entsprechende tatsächliche Anhaltspunkte, das Gegenteil in das Wissen eines völlig neu benannten Zeugen oder eines Zeugen gestellt wird, dessen Zuverlässigkeit naheliegenden Zweifeln begegnet (BGH, Beschlüsse vom 12. Juni 1997 - 5 StR 58/97 aaO; vom 5. Februar 2002 - 3 StR 482/01 aaO).

Von diesen Maßstäben ausgehend erweist sich die Begründung der Strafkammer, mit welcher sie das Vorliegen eines förmlichen Beweisantrages verneint hat, als nicht tragfähig. Der Umstand, dass die Zeugin W. nicht ausgesagt hat, dass die in dem Antrag benannte Zeugin O. weiter gehende Wahrnehmungen als die beiden zum selben Beweisthema bereits vernommenen Zeuginnen gemacht habe, belegt lediglich, dass die vorangegangene Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der in das Wissen der Zeugin gestellten Beweisbehauptung erbracht hat. Darüber hinausgehende Beweisergebnisse, die geeignet sind, die Beweisbehauptung als offensichtlich haltlose Vermutung erscheinen zu lassen, hat das Landgericht nicht mitgeteilt. Dass der Geschädigte das Tatgeschehen im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung abweichend von der unter Beweis gestellten Äußerung gegenüber der Zeugin O. geschildert hat, reicht für die Verneinung eines Beweisantrags ebenfalls nicht aus, weil die Beweisbehauptung gerade darauf abzielt, die Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Geschädigten zu erschüttern (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2007 - 5 StR 272/07, StraFo 2007, 378).

c) Der Beweisantrag des Verteidigers hätte somit vom Landgericht nach Maßgabe des § 244 Abs. 3 und 6 StPO beschieden werden müssen, was unterblieben ist. Da die Verurteilung des Angeklagten maßgeblich auf die als glaubhaft bewerteten Angaben des Geschädigten in der Hauptverhandlung gestützt ist, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass das Urteil auf der fehlerhaften Behandlung des Antrages beruht.

HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 218

Externe Fundstellen: NStZ 2013, 476; StV 2013, 374

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel