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HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 69

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 327/08, Urteil v. 04.12.2008, HRRS 2009 Nr. 69


BGH 1 StR 327/08 - Urteil vom 4. Dezember 2008 (LG Freiburg)

Überspannte Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung bei Tötungsdelikten (Unterstellung von Tatvarianten nach dem Zweifelsgrundsatz; rein spekulative Annahmen); niedrige Beweggründe beim Mord (natürliche Handlungseinheit); unberechtigte Annahme eines Beweisantrages ins Blaue hinein.

§ 212 StGB; § 211 StGB; § 261 StPO; § 52 StGB; § 244 Abs. 3 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Menschen, wie etwa deren Leben, einer additiven Betrachtungsweise, wie sie der natürlichen Handlungseinheit zu Grunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift daher der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlichen engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs willkürlich und gekünstelt erschiene, wie etwa bei zeitgleich und wechselweise erfolgenden Angriffen auf mehrere Opfer (vgl. zuletzt BGH, Beschl. vom 6. Juni 2008 - 2 StR 189/08 m.w.N.).

2. Zwar hat der Tatrichter bei der Prüfung dieses Mordmerkmals einen Beurteilungsspielraum, den das Revisionsgericht nicht durch eigene Erwägungen ausfüllen kann. Rechtsfehlerhaft ist es jedoch, wenn die Prüfung dieses Mordmerkmals unterblieben ist, obwohl es nach den Umständen nahe lag. Bei Motiven wie Hass, denen eine Bewertung als niedrig - also als nach allgemeiner Anschauung verachtenswert und auf tiefster Stufe stehend - für sich allein nicht zukommt, kommt es darauf an, ob sie ihrerseits auf niedriger Gesinnung beruhen (st. Rspr.).

3. Einem Beweisbegehren muss nicht oder nur nach Maßgabe der Aufklärungspflicht nachgegangen werden, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne begründete Vermutung für ihre Richtigkeit aufs Geratewohl ins Blaue hinein aufgestellt wurde, so dass es sich in Wahrheit nur um einen nicht ernst gemeinten, zum Schein gestellten Beweisantrag handelt. Ob ein Beweisantrag nur zum Schein gestellt ist, ist aus der Sicht eines "verständigen" Antragstellers auf der Grundlage der von ihm selbst nicht in Frage gestellten Tatsachen zu beurteilen (st. Rspr., vgl. zuletzt zusammenfassend BGH StraFo 2008, 246 m.w.N.).

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 14. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht Waldshut-Tiengen hatte den Angeklagten wegen Totschlags seiner Ehefrau G. H. zu elf Jahren Freiheitsstrafe und wegen Totschlags seiner Tochter J. H., bewertet als besonders schwerer Fall (§ 212 Abs. 2 StGB), zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Hieraus wurde eine lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe gebildet. Eine besondere Schuldschwere war nicht festgestellt worden.

Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat dieses Urteil wegen eines Verfahrensfehlers, der im polizeilichen Ermittlungsverfahren seinen Ursprung gehabt hatte, in vollem Umfang aufgehoben (Urt. vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07). Zugleich hat er dieses Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Totschlags an J. H. verurteilt worden war und dementsprechend auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe. Diese Aufhebung erfolgte, weil die Möglichkeit eines Verdeckungsmordes (§ 211 StGB) nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen worden war. Nunmehr hat das Landgericht Freiburg, an das die Sache zurückverwiesen worden war, den Angeklagten wegen eines tateinheitlich in zwei Fällen im Wohnhaus der Familie begangenen Totschlags zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Die hiergegen zum Nachteil des Angeklagten eingelegte, auch vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg, die Revision des Angeklagten mit einer Verfahrensrüge.

I.

Zur Revision der Staatsanwaltschaft:

1. Die Strafkammer schließt aus, dass der Angeklagte als erstes der beiden Opfer seine Tochter aus einer von ihr gesetzten Ursache angegriffen hat und hält dementsprechend für "gut möglich", dass der Angeklagte seine Tochter getötet hat, um seine vorangegangene Tat an seiner Ehefrau zu verdecken. Jedoch sei auch "vorstellbar" - an anderer Stelle der Urteilsgründe heißt es "denkbar" -, daher nicht ausschließbar und nach dem Zweifelssatz den Feststellungen zu Grunde gelegt, dass die Ehefrau im Rahmen eines Streits wahrheitswidrig behauptet habe, J. stamme nicht vom Angeklagten ab. Der Angeklagte habe dies geglaubt und deshalb aus Hass und Zorn seine Frau und - nach seiner Vorstellung - deren Tochter "im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit" getötet.

2. Die Staatsanwaltschaft beanstandet diese Feststellungen zutreffend als rechtsfehlerhaft.

Der Senat hatte bereits in seinem früheren Urteil in dieser Sache (dort Rdn. 47) ausgeführt und belegt, dass es auf überspannte Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung zurückgeht und daher rechtsfehlerhaft ist, wenn nach dem Zweifelssatz zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten unterstellt werden, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten Anhaltspunkte erbracht hat. Richterliche Überzeugung erfordert keine jede andere denktheoretische Möglichkeit ausschließende, letztlich mathematische und daher von niemandem anzweifelbare Gewissheit. Auf diese Ausführungen nimmt der Senat Bezug.

Hieran gemessen halten die dargelegten Erwägungen der Strafkammer rechtlicher Überprüfung nicht Stand.

a) Die Strafkammer geht mit eingehenden Erwägungen davon aus, dass der Tat ein Ehestreit vorausging. Einzelheiten konnte sie hierzu nicht feststellen. Ursprüngliche Grundlage der ehelichen Spannungen war gewesen, dass der Angeklagte sich von seiner Frau vernachlässigt fühlte, weil diese eine mit im Hause wohnende - zur Tatzeit bereits verstorbene - Tante des Angeklagten nach dessen Auffassung zu zeitaufwändig gepflegt hatte. Deshalb wandte sich der Angeklagte schließlich einer anderen Frau zu, was zu Auseinandersetzungen führte. Die Ehefrau hatte "Angst, ihren Mann zu verlieren, und versuchte ihn wieder an sich zu binden", etwa indem sie sich besonders pflegte und ihm den eigentlich von ihr nicht geschätzten Analverkehr gestattete. Auch wenn die ehelichen Verhältnisse nicht grundlegend gebessert werden konnten, war es immerhin kurz vor der Tat noch zu einem im Wesentlichen harmonisch verlaufenen Familienausflug gekommen, bei dem es lediglich eine "kleine" Missstimmigkeit zwischen den Eheleuten über den Aufenthaltsort des Hundes während des bevorstehenden gemeinsamen Auslandsurlaubs gegeben hatte.

b) Offenbar sieht die Strafkammer als realen Anknüpfungspunkt für die Möglichkeit einer Lüge der Ehefrau über die Vaterschaft die nur "eingeschränkte" Zeugungsfähigkeit des Angeklagten an. Tatsächlich stand diese - wie eine DNA-Analyse ergeben hat - der Vaterschaft des Angeklagten nicht im Wege, ebenso wenig der von der Strafkammer festgestellten jahrelangen Hoffnung der Ehefrau, vom Angeklagten ein zweites Kind zu empfangen. Dass es hierzu letztlich nicht kam, lag nach den Feststellungen der Strafkammer - nicht etwa an unzulänglicher Zeugungsfähigkeit des Angeklagten, sondern - daran, dass dieser in seinem Alter kein Kind mehr wollte.

c) Reale Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau die "eingeschränkte" Zeugungsfähigkeit des Angeklagten je zu dessen Nachteil thematisiert hätte oder dass sie sonst versucht hätte, den Angeklagten mit Hilfe einer Lüge in irgendeiner Weise zu bedrohen bzw. zu kränken, ergeben sich aus alledem nicht. Im Gegenteil, sie hatte Angst ihn zu verlieren und bemühte sich, ihn an sich zu binden, wobei sie ihm, sogar unter Zurückstellung eigener Wünsche, gerade auch in sexueller Hinsicht entgegenkam.

Unter diesen Umständen ist nicht erkennbar, woran, über die "Denkbarkeit" solchen Verhaltens hinaus, die Annahme anknüpfen könnte, die Ehefrau habe durch Lügen über die Vaterschaft letztlich ihre eigene Tötung und die ihrer Tochter ausgelöst (vgl. speziell zur Möglichkeit, eine von ihrem Mann getötete Frau habe diesen unmittelbar zuvor in krassem Gegensatz zu ihrem sonstigen Verhalten massiv beleidigt, BGH NStZ-RR 1997, 99).

Erweist sich aber eine Annahme ausschließlich als spekulativ, kann sie, wie bereits im ersten Senatsurteil in dieser Sache dargelegt, auch nicht als Folge des Zweifelssatzes zu Gunsten des Angeklagten den Urteilsfeststellungen zu Grunde gelegt werden.

3. Zu Recht weist die Staatsanwaltschaft im Übrigen auch darauf hin, dass selbst auf der (tatsächlich nicht tragfähigen) Grundlage des angenommenen Motivs die Annahme, zwischen beiden Tötungen liege im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit Tateinheit (§ 52 StGB) vor, nicht rechtsfehlerfrei begründet ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Menschen, wie etwa deren Leben, einer additiven Betrachtungsweise, wie sie der natürlichen Handlungseinheit zu Grunde liegt, nur ausnahmsweise zugänglich. Greift daher der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlichen engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs willkürlich und gekünstelt erschiene, wie etwa bei zeitgleich und wechselweise erfolgenden Angriffen auf mehrere Opfer (vgl. zuletzt BGH, Beschl. vom 6. Juni 2008 - 2 StR 189/08 m.w.N.). Hier beschränkt sich die Strafkammer auf die Erwägung, es sei "denkbar", dass der Angeklagte Frau und Tochter in einem einheitlichen Geschehen getötet habe.

Näher stellt sie in diesem Zusammenhang nur fest, der Angeklagte habe entweder Frau und Tochter mit unterschiedlichen Werkzeugen angegriffen oder jedenfalls, wenn er nur ein Werkzeug verwendet habe, dieses gegenüber den beiden Opfern jeweils unterschiedlich eingesetzt. Beides ist im Rahmen eines einheitlichen, nur gekünstelt aufspaltbaren Geschehens nicht leicht vorstellbar, ohne dass die Strafkammer auf diesen gegen ihre Bewertung sprechenden Gesichtspunkt einginge. Dem gegenüber ist nichts mitgeteilt, was für den "Sonderfall" (BGH aaO) der natürlichen Handlungseinheit bei der Tötung von zwei Menschen sprechen könnte. Offenbar hält die Strafkammer auch insoweit für ausreichend, dass der von ihr angenommene Geschehensablauf "denkbar" ist. Dies ist jedoch keine tragfähige Grundlage für eine Urteilsfeststellung. Es gilt insoweit nichts anderes als für das Motiv der Tat.

4. In rechtlicher Hinsicht beschränkt sich die Strafkammer bei der Prüfung von Mord hinsichtlich der Tochter auf die Feststellung, dieser sei nicht zweifelsfrei feststellbar. Dies bezieht sich ersichtlich nur auf die von der Strafkammer geprüfte und verneinte Verdeckungsabsicht. Selbst wenn dies rechtsfehlerfrei wäre - was, wie dargelegt, nicht der Fall ist -, könnte das Urteil keinen Bestand haben, weil hinsichtlich der Tochter das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe nicht geprüft ist. Zwar hat der Tatrichter bei der Prüfung dieses Mordmerkmals einen Beurteilungsspielraum, den das Revisionsgericht nicht durch eigene Erwägungen ausfüllen kann (st. Rspr., vgl. Maatz/Wahl FS 50 Jahre BGH, 531, 552; Fischer StGB 55. Aufl. § 211 Rdn. 15 m. zahlr. Nachw.).

Rechtsfehlerhaft ist es jedoch, wenn die Prüfung dieses Mordmerkmals unterblieben ist, obwohl es nach den Umständen nahe lag. Der Angeklagte handelte, so die Feststellungen, aus Hass auch auf die Tochter. Ausgelöst wurde dieser Hass durch den von der Täuschung der Ehefrau ausgelösten Irrtum, er sei entgegen seiner bisherigen Annahme nicht der Erzeuger der Tochter seiner Ehefrau. Bei Motiven wie Hass, denen eine Bewertung als niedrig - also als nach allgemeiner Anschauung verachtenswert und auf tiefster Stufe stehend (st. Rspr., vgl. d. Nachw. b. Fischer aaO Rdn. 14) - für sich allein nicht zukommt, kommt es darauf an, ob sie ihrerseits auf niedriger Gesinnung beruhen (st. Rspr., vgl. d. Nachw. b. Fischer aaO Rdn. 19). Bei der hiernach gebotenen Würdigung (vgl. hierzu Fischer aaO Rdn. 15 m.w.N.) kann nicht außer Acht bleiben, dass die Tochter offenbar nicht dafür verantwortlich ist, wer ihr Erzeuger ist, und sie den Angeklagten hierüber auch nicht getäuscht hat, mag sie auch allein durch ihre Existenz in der gegebenen Situation Auslöser des Hasses des Angeklagten gewesen sein. Unter diesen Umständen erweist sich - auch auf der Grundlage der sonstigen Feststellungen der Strafkammer - die unterbliebene Erörterung niedriger Beweggründe als rechtsfehlerhaft, zumal die Strafkammer keine Gesichtspunkte festgestellt hat, die dagegen sprechen würden, dass der Angeklagte seine Affekte gedanklich beherrscht und willensmäßig gesteuert hätte.

5. Die von der Strafkammer angenommene Tateinheit zwischen beiden Tötungsdelikten führt ohne Weiteres zur Aufhebung des Urteils insgesamt (vgl. BGH NJW 1993, 2252; Kuckein in KK 6. Aufl. § 353 Rdn. 12 m. w. N.).

Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass dann, wenn die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer zwei rechtlich selbstständige Taten annehmen würde, wegen der Tötung von G. H. die Strafe, die deshalb bereits das Landgericht Waldshut-Tiengen verhängt hatte, die gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO zu beachtende Grenze bilden würde.

II.

Auch die Revision des Angeklagten hat Erfolg. Sie rügt zu Recht, dass die Strafkammer einen Hilfsbeweisantrag nicht rechtsfehlerfrei abgelehnt hat.

Dieser war auf die Feststellung gerichtet, dass in einem auf einem polizeilichen Video sichtbaren Haus - das in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Angeklagten steht - am Ufer des Rheins ("Strandhaus") von den Tatopfern stammende Spuren (Antragungen von Blut) vorhanden seien. Die Strafkammer geht davon aus, die Behauptung, es könnten sich derartige Spuren in dem Strandhaus befinden, "ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt sei", so dass in Wahrheit kein Beweisantrag vorliege. Auch die Aufklärungspflicht gebiete nicht, wie die Strafkammer darlegt, der genannten Behauptung näher nachzugehen.

Dies hält unter den gegebenen Umständen rechtlicher Überprüfung nicht Stand.

1. Einem Beweisbegehren muss nicht oder nur nach Maßgabe der Aufklärungspflicht nachgegangen werden, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne begründete Vermutung für ihre Richtigkeit aufs Geratewohl ins Blaue hinein aufgestellt wurde, so dass es sich in Wahrheit nur um einen nicht ernst gemeinten, zum Schein gestellten Beweisantrag handelt. Ob ein Beweisantrag nur zum Schein gestellt ist, ist aus der Sicht eines "verständigen" Antragstellers auf der Grundlage der von ihm selbst nicht in Frage gestellten Tatsachen zu beurteilen (st. Rspr., vgl. zuletzt zusammenfassend BGH StraFo 2008, 246 m.w.N.).

2. Hier war in engem zeitlichem Zusammenhang zur Tat der Pkw der getöteten Ehefrau in der Nähe dieses "Strandhauses" abgestellt gewesen. Außerdem hatte ein bei den polizeilichen Ermittlungen eingesetzter Spurensuchhund ("Bluthund") jedenfalls den Eindruck erweckt, als stelle er Geruchsspuren der beiden damals noch als vermisst geltenden Geschädigten in dem gesamten Bereich, auch dem des "Strandhauses", fest.

3. Die Strafkammer konnte Erkenntnisse dazu, wer den Pkw dort abgestellt hatte, weder durch Zeugen noch durch kriminaltechnische Untersuchungen gewinnen. Sie geht letztlich davon aus, dass der Pkw dort abgestellt wurde, um die Möglichkeit eines Selbstmordes im Rhein oder auch eine Abfahrt vom nahe gelegenen Bahnhof aus vorzutäuschen, also dass jedenfalls kein Zusammenhang mit dem "Strandhaus" besteht. Dem Verhalten des Hundes misst sie aus im Einzelnen dargelegten, hier nicht im Detail nachzuzeichnenden Erwägungen, die mit dem Alter des Hundes, der Erfahrung der Hundeführerin und der Möglichkeit der Kontamination von Geruchsproben zusammenhängen, keine wesentliche Bedeutung bei.

4. Ohne dass es hier auf in diesem Zusammenhang erhobene (sonstige) Verfahrensrügen ankäme, sind diese Erwägungen für sich genommen sachlichrechtlich nicht zu beanstanden.

Dies ändert jedoch nichts daran, dass die festgestellten, für sich genommen unzweifelhaften Indizien (Standort Pkw und Verhalten des "Bluthundes", vor allem im Bereich des "Strandhauses") auch den Schluss auf den Aufenthalt der Geschädigten im "Strandhaus" zumindest nicht ausgeschlossen erscheinen lassen.

5. Ein Beruhen des Urteils auf der Ablehnung des genannten Hilfsbeweisantrags ist nicht völlig auszuschließen. Daher ist es auch auf die Revision des Angeklagten in vollem Umfang aufzuheben, ohne dass es auf dessen weiteres Revisionsvorbringen noch ankäme.

HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 69

Externe Fundstellen: NStZ 2009, 226

Bearbeiter: Karsten Gaede