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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 796

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 108/25, Beschluss v. 29.04.2025, HRRS 2025 Nr. 796


BGH 3 StR 108/25 - Beschluss vom 29. April 2025 (LG München II)

Verwerfung der Revision als unbegründet; Festsetzung einer Einzelstrafe.

§ 349 Abs. 2 StPO; § 54 StGB

Entscheidungstenor

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 4. Dezember 2024 wird verworfen; jedoch wird als Einzelstrafe im Fall B. 10. der Urteilsgründe eine Freiheitsstrafe von vier Monaten festgesetzt.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen einer Vielzahl von Taten, darunter tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt sowie ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Die hiergegen gerichtete und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Jedoch ist im Fall B. 10. der Urteilsgründe, in dem sich die Angeklagte der Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung und mit Beleidigung schuldig gemacht hat, die unterbliebene Festsetzung einer Einzelstrafe vom Senat nachzuholen. Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO steht dem nicht entgegen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Dezember 2021 - 6 StR 517/21, juris; vom 12. Juli 2016 - 3 StR 162/16, juris Rn. 2; vom 9. Februar 2012 - 2 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 181; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 358 Rn. 29 mwN). Dieses Verbot bezieht sich zwar beim Zusammentreffen mehrerer selbständiger Handlungen sowohl auf die Gesamtstrafe als auch die Einzelstrafen, aus denen diese gebildet ist. Voraussetzung dafür ist aber, dass überhaupt Einzelstrafen ausgesprochen worden sind. Ist dies - wie hier teilweise - unterblieben, so liegt insoweit keine richterliche Entscheidung vor, deren Abänderung zum Nachteil des Angeklagten durch § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO untersagt ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. August 2018 - 3 StR 145/18, juris Rn. 2; vom 6. März 2014 - 3 StR 44/14, juris Rn. 3).

Der Senat setzt für die Tat im Fall B. 10. der Urteilsgründe in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO und unter Beachtung des § 47 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von vier Monaten fest. Denn es ist auszuschließen, dass das Landgericht für die Tat eine geringere Einzelstrafe verhängt hätte, weil es rechtsfehlerfrei eine Strafe in dieser Höhe im sehr ähnlich gelagerten Fall B. 9. der Urteilsgründe ausgesprochen hat, in dem das Tatopfer - anders als im Fall B. 10. der Urteilsgründe - unverletzt blieb und sich die Angeklagte der versuchten Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung und mit Beleidigung schuldig gemacht hat. Die Höhe der nunmehr festgesetzten Einzelstrafe schließt mithin jegliche Benachteiligung der Revisionsführerin aus.

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 796

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede