hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 435

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 272/17, Beschluss v. 28.11.2017, HRRS 2018 Nr. 435


BGH 3 StR 272/17 - Beschluss vom 28. November 2017 (LG Oldenburg)

Zulässigkeit der Verlesung einer Vernehmungsniederschrift bei nicht erreichbarem Auslandszeugen (Bewirken einer Ladung; Ladung mit einfachem Brief; förmliche Zustellung; Umfang der gebotenen Bemühungen; Abwägung von Bedeutung der Zeugenaussage und Beschleunigungsgebot; Unmöglichkeit der Vernehmung auf absehbare Zeit; polizeiliche Vermerke als Vernehmungsniederschrift); Zulässigkeit der Ersetzung von benannten Beweismitteln und Aufklärungspflicht; Anforderungen an den Gehilfenvorsatz (keine Kenntnis der Einzelheiten der Tat; Mindestmaß an Konkretisierung; zentrale Merkmale der Haupttat; abweichende rechtliche Beurteilung von verwirklichter und vorgestellter Haupttat; Betrug und Untreue); Strafrahmenwahl bei Zusammentreffen von gesetzlich vertypten Milderungsgründen (Beihilfe; Fehlen eines besonderen persönlichen Merkmals).

§ 244 StPO; § 251 StPO; Art. 5 EURhÜbk; § 15 StGB; § 27 StGB; § 28 StGB; § 49 StGB; § 263 StGB; § 266 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Wohnt ein Zeuge im Ausland, so gilt, dass das Erfordernis, dort eine Ladung zu bewirken, für sich gesehen nicht die Verlesung einer Vernehmungsniederschrift nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 StPO aF ermöglicht. Vielmehr muss das Gericht regelmäßig versuchen, ihn zu laden und zu einem Erscheinen in der Hauptverhandlung zu veranlassen.

2. Für den Umfang der bei der Ladung eines Auslandszeugen gebotenen Bemühungen gibt es keinen für alle Fälle gültigen Maßstab. Die gerichtliche Entscheidung erfordert vielmehr eine Abwägung der Bedeutung der Sache und der Wichtigkeit der Zeugenaussage für die Wahrheitsfindung einerseits gegen das Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens unter Berücksichtigung der Aufklärungspflicht andererseits.

3. Im Anwendungsbereich des Rechtshilfeübereinkommens der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 (EURhÜbk) genügt gem. Art. 5 EURhÜbk regelmäßig die Ladung eines Auslandszeugen mit einfachem Brief, wenngleich es sich für die Hauptverhandlung empfiehlt, dem Zeugen die Ladung zum Zweck des Nachweises förmlich zuzustellen. Nicht ausreichend ist eine Ladung mit einfachem Brief im Allgemeinen, um die Unmöglichkeit der Vernehmung des Zeugen auf absehbare Zeit feststellen zu können, weil der Zugang des Ladungsschreibens ungewiss ist.

4. Vermerke von Polizeibeamten, in denen Angaben eines einvernommenen Zeugen niedergelegt sind, können „Niederschriften über eine Vernehmung“ im Sinne des § 251 Abs. 1 StPO a.F. darstellen, auch wenn es sich um Zusammenfassungen von Zeugenaussagen handelt. Anderes gilt für polizeiliche Aktenvermerke, die keine Vernehmungen zum Gegenstand haben; sie sind lediglich schriftliche Erklärungen des betreffenden Polizeibeamten. Von bestimmten Formerfordernissen - etwa Unterschriften - hängt die Verlesbarkeit einer Urkunde nach § 251 Abs. 1 StPO a.F. nicht ab.

5. Das Gericht muss das vom Beweisantragsteller benannte Beweismittel nicht verwenden, wenn ihm das Gesetz die Befugnis einräumt, es durch ein anderes Beweismittel zu ersetzen. Darf das Gericht nach § 251 StPO Urkunds- statt Zeugenbeweis erheben und deckt das vernehmungsersetzende Schriftstück die behaupteten Beweistatsachen ab, so ist über die Anhörung des Zeugen nur noch nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht zu befinden, wobei der Senat zu der Ansicht neigt, dass es in diesen Fällen gleichwohl eines das Beweisbegehren zurückweisenden Beschlusses bedarf.

6. An den Vorsatz des Gehilfen sind geringere Anforderungen als an denjenigen des Täters zu stellen. Derjenige, der lediglich eine fremde Tat fördert, braucht Einzelheiten dieser Tat nicht zu kennen und keine bestimmten Vorstellungen von ihr zu haben. Allerdings ist ein Mindestmaß an Konkretisierung erforderlich. Der Hilfeleistende muss die zentralen Merkmale der Haupttat, namentlich den wesentlichen Unrechtsgehalt und die wesentliche Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen.

7. Hat der Gehilfe bestimmte Vorstellungen, so ist es unschädlich, wenn diese in den Einzelheiten unzutreffend sind, sofern der Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der vorgestellten und der begangenen fremden Tat im Wesentlichen übereinstimmen. Dabei kommt es nicht notwendig darauf an, ob die tatsächlich verwirklichte Haupttat ihrer rechtlichen Beurteilung nach dieselbe ist, auf die sich die Vorstellung des Hilfeleistenden bezieht. Der Gehilfenvorsatz wird nicht allein durch eine solche unterschiedliche rechtliche Einordnung in Frage gestellt, soweit es sich nicht um gänzlich verschiedene Taten im beschriebenen Sinne handelt; das gilt insbesondere auch für das Verhältnis von Beihilfe zum Betrug und zur Untreue.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17. Oktober 2016

in den Schuldsprüchen dahin neu gefasst, dass jeweils die Worte „gemeinschaftlichen“ sowie „in einem besonders schweren Fall“ entfallen, und

in den Strafaussprüchen aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des Landgerichts Osnabrück zurückverwiesen.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hatte den Angeklagten S. mit Urteil vom 28. November 2008 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten sowie den Angeklagten H. mit Urteil vom 29. April 2009 wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung und einer kumulativen Geldstrafe von 250 Tagessätzen verurteilt. Der Senat hatte mit Beschluss vom 13. Januar 2010 (3 StR 500/09) 1 die Verurteilung des Angeklagten S. unter Aufrechterhaltung der Feststellungen, mit Beschluss vom 4. März 2010 (3 StR 498/09) die Verurteilung des Angeklagten H. samt der Feststellungen aufgehoben und jeweils die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Nunmehr hat das Landgericht - nach Verbindung der Verfahren - den Angeklagten S. wegen „gemeinschaftlichen Betruges in einem besonders schweren Fall“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, den Angeklagten H. wegen „Beihilfe zum gemeinschaftlichen Betrug in einem besonders schweren Fall“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, die Vollstreckung beider Strafen zur Bewährung ausgesetzt und hiervon wegen rechtstaatswidriger Verfahrensverzögerung jeweils sechs Monate für vollstreckt erklärt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte H. beanstandet darüber hinaus das Verfahren.

Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel unter 1. b) ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Außerdem besteht Anlass zu der aus der Beschlussformel unter 1. a) ersichtlichen Schuldspruchkorrektur. Der Senat hat den Urteilstenor neu gefasst, weil weder ein Mitwirken von Mittätern („gemeinschaftlich“ im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB) noch eine Strafzumessungsregel („besonders schwerer Fall“ gemäß § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alternative 1 StGB) zur rechtlichen Bezeichnung der Tat im Schuldspruch (§ 260 Abs. 4 StPO) gehört (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 1977 - 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 289; vom 9. Dezember 1998 - 3 StR 558/98, juris Rn. 2; vom 26. Juni 2002 - 3 StR 202/02, NStZ 2002, 656; vom 13. Dezember 2006 - 5 StR 315/06, NStZ-RR 2007, 71; vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45; vom 9. Oktober 2013 - 4 StR 344/13, juris Rn. 5; vom 30. Mai 2017 - 3 StR 102/17, juris Rn. 7).

I.

1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen betrieb der Angeklagte H. die Firma „N. ", die mit der litauischen „U.“ sowie der litauischen „UA.“ einen dreiseitigen Vertrag schloss. Vereinbart war, dass die Firma „N.“ - als Verkäuferin - zehn Lkw mit Kühlaufliegern zu einem Kaufpreis von 1.286.900 € liefert, welche die „U.“ - als Leasinggeberin - an die „UA.“ - als Leasingnehmerin - verleast. Auf Initiative des früheren Mitangeklagten St. und des Angeklagten S. hatten dieser und der Angeklagte H. zuvor für die Firma „N.“ ein entsprechendes Verkaufsangebot erstellt, auf dessen Grundlage sich der sogenannte „L. -Ausschuss“ der „U.“ und der Kreditausschuss deren Muttergesellschaft für das Geschäft entschieden hatten. Die Angeklagten beabsichtigten indes, die Lkw nicht zu liefern. Sie stellten Vertragsunterlagen und Rechnungen zur Abwicklung des Geschäfts nur zum Schein aus, um die Leasinggeberin zur Überweisung des Kaufpreises zu veranlassen. Im Vertrauen auf die Lieferbereitschaft zahlte diese zunächst 45 % des Kaufpreises an die Firma „N.“ sowie später, nachdem ein von weiteren früheren Mitangeklagten betriebenes Unternehmen gegen Provisionszahlung an den Angeklagten H. in die Rechte und Pflichten der Verkäuferin aus dem dreiseitigen Vertrag eingetreten war, die restlichen 55 % an jenes. Die Lkw wurden vorgefasster Absicht entsprechend nicht geliefert.

Bei der „U.“ und ihrer Muttergesellschaft war nicht bekannt, dass eine Lieferung nicht beabsichtigt war. Der Angeklagte S. nahm diese Gutgläubigkeit zumindest billigend in Kauf. Der Angeklagte H. ging demgegenüber - nicht ausschließbar - irrtümlich davon aus, „auf Seiten der Bank/Leasinggesellschaft handelnde Personen“ wären „eingeweiht“.

2. Das Landgericht hat die Tatbeiträge des Angeklagten S. als Mittäterschaft und diejenigen des Angeklagten H. als Beihilfe beurteilt, weil Letztgenannter - anders als Erstgenannter - keine Tatherrschaft innegehabt habe. Die Rolle des Angeklagten H. sei nur diejenige des nach außen Auftretenden gewesen, indem er im Wesentlichen seine Firma und sein Konto zur Verfügung gestellt habe, ohne dass er maßgeblichen Einfluss auf das übrige Tatgeschehen gehabt habe. Für seinen Gehilfenvorsatz genüge es, dass nach seiner Vorstellung die über das Vermögen der „U.“ verfügenden Personen „durch täuschende oder in sonstiger Weise strafbare Einflussnahme zur Zahlung des Kaufpreises … veranlasst“ werden sollten; „selbst eine ausschließlich andere rechtliche Einordnung der Haupttat - etwa als Untreue (durch Verantwortliche der Leasinggeberin) - wäre unschädlich, sofern es sich nicht um eine grundsätzlich andere Tat“ handeln würde.

II.

1. Revision des Angeklagten S.

Die auf Grund der allgemeinen Sachbeschwerde veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs und der Kompensationsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. ergeben.

Der Strafausspruch gegen den Angeklagten S. hat hingegen keinen Bestand. Bei der Bestimmung des Strafmaßes hat die Strafkammer zu seinen Lasten gewertet, dass er „sich nicht in einer echten finanziellen Notlage befand“. Diese Erwägung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn die Strafkammer hat die Tatmotivation des Angeklagten S. an einem hypothetischen Sachverhalt gemessen, der zu dem zu beurteilenden keinen Bezug hat (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1980 - 3 StR 176/80, NStZ 1981, 60; Beschlüsse vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 350; vom 24. Oktober 2012 - 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81, 82); dem Angeklagten wird das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes angelastet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. September 2009 - 3 StR 294/09, NStZ-RR 2010, 24, 25; vom 21. Dezember 2010 - 4 StR 610/10, juris Rn. 5; vom 13. August 2013 - 4 StR 288/13, StraFo 2014, 28).

2. Revision des Angeklagten H.

a) Die vom Angeklagten H. erhobenen Verfahrensrügen dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch. Der näheren Erörterung bedarf lediglich die Verfahrensbeanstandung unter Punkt A. V. der Revisionsbegründung („Verletzung von §§ 244 Abs. 6, 244 Abs. 2 StPO sowie 251 Abs. 1 Nr. 2, 250 StPO“):

aa) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

Im Hauptverhandlungstermin am 18. Juli 2016 stellte der Verteidiger des Angeklagten H. den Beweisantrag auf Vernehmung des in Litauen wohnhaften Zeugen Ne. zu einer Vielzahl von Beweisbehauptungen. Der Zeuge war im Tatzeitraum für ein Unternehmen tätig gewesen, das wegen der zu liefernden Lkw in Geschäftsbeziehung zu der „UA.“ stand. Erklärtes Beweisziel war, dass die für die „U.“ maßgeblich handelnden Personen in den Tatplan „eingeweiht“ gewesen seien.

Der Vorsitzende schrieb daraufhin den Zeugen Ne. mit einfachem Brief vom 2. August 2016 in litauischer Sprache an und bat - unter Nennung der Erreichbarkeit des Gerichts per Telefon, Telefax oder E-Mail - um Rückmeldung, ob er bereit sei, einer Ladung als Zeuge Folge zu leisten, entweder zum erkennenden Landgericht in Oldenburg oder für eine audiovisuelle Vernehmung zum litauischen Rechtshilfegericht in Vilnius. Zugleich wandte sich der Vorsitzende mit einfachem Brief vom selben Tag an den Richter P. des litauischen Rechtshilfegerichts, das im vorliegenden Verfahren bereits zuvor mit audiovisuellen Vernehmungen litauischer Zeugen befasst war, und bat ihn vorsorglich um Unterstützung bei der erneuten, im Wege der Videosimultanübertragung durchzuführenden Anhörung. Zugleich erbat er eine telefonische Kontaktaufnahme zu dem Zeugen, um dessen Bereitschaft zu einer Aussage in Oldenburg oder Vilnius zu klären. Als in der Folgezeit weder der Zeuge noch das Rechtshilfegericht auf die Schreiben, die nicht in Rücklauf gekommen waren, reagierte, ließ der Vorsitzende dem Zeugen am 25. August 2016 mit einfachem Brief eine Ladung zum Landgericht in Oldenburg für den Hauptverhandlungstermin am 15. September 2016 in litauischer Sprache übersenden.

Zu diesem Termin erschien der Zeuge Ne. nicht, ohne dass die Ladung in Rücklauf gekommen war und er sich gemeldet hatte. Noch an demselben Hauptverhandlungstag verkündete die Strafkammer einen Beschluss, mit dem sie gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 (in der bis zum 23. August 2017 geltenden Fassung), Abs. 4 Satz 1, 2 StPO die Verlesung eines Dokuments anordnete, das Angaben des Zeugen bei einer Vernehmung in Litauen enthielt. Es wurde anschließend verlesen.

bb) Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, das Vorgehen der Strafkammer sei in mehrfacher Hinsicht verfahrensfehlerhaft. Zum einen hätte die „Vernehmungszusammenfassung“ nicht verlesen werden dürfen, weil es sich mangels Unterschriften und Wiedergabe der Zeugenangaben in direkter Rede nicht um eine Vernehmungsniederschrift handele und die Bemühungen des Landgerichts, den Zeugen zu erreichen, nicht ausreichend gewesen seien. Zum anderen sei der Beweisantrag seines Verteidigers nicht förmlich verbeschieden worden. Schließlich habe die Aufklärungspflicht die Vernehmung des Zeugen Ne. geboten.

cc) Die Verfahrensrüge ist unbegründet. Die Strafkammer hat die Aussage des Zeugen Ne. nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO aF durch die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Verlesung der Urkunde über dessen Einvernahme in Litauen ersetzen dürfen. Mit dem die Verlesung anordnenden Beschluss hat sie zugleich die beantragte Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung abgelehnt. Gegen ihre Pflicht zur Sachaufklärung hat die Strafkammer nicht verstoßen. Im Einzelnen:

(1) Die Strafkammer hat ohne Rechtsfehler über die Aussage des Zeugen in Litauen Urkundsbeweis gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 2 aF, Abs. 4 Satz 1, 2 StPO erhoben.

(a) Bei dem verlesenen Schriftstück handelt es sich um eine „Niederschrift über eine Vernehmung“ des Zeugen Ne. im Sinne des § 251 Abs. 1 StPO aF.

Vermerke von Polizeibeamten, in denen Angaben eines einvernommenen Zeugen niedergelegt sind, können solche Vernehmungsniederschriften darstellen, auch wenn es sich um Zusammenfassungen von Zeugenaussagen handelt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 1998 - 5 StR 574/97, BGHR StPO § 251 Abs. 2 Erklärung 2). Anderes gilt für polizeiliche Aktenvermerke, die keine Vernehmungen zum Gegenstand haben; sie sind lediglich schriftliche Erklärungen des betreffenden Polizeibeamten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 1991 - 2 StR 415/91, BGHR StPO § 251 Abs. 2 Erklärung 1). Von bestimmten Formerfordernissen - etwa Unterschriften - hängt die Verlesbarkeit einer Urkunde nach § 251 Abs. 1 StPO aF nicht ab (vgl. BGH, Urteile vom 8. Dezember 1953 - 5 StR 264/53, BGHSt 5, 214, 216 f.; vom 5. Dezember 1984 - 2 StR 526/84, BGHSt 33, 83, 88; zum Ganzen MüKoStPO/Kreicker, § 251 Rn. 18, 20; LR/Sander/Cirener, StPO, 26. Aufl., § 251 Rn. 8).

Dass es sich hier bei dem verlesenen Schriftstück der Sache nach um eine Niederschrift über eine in Litauen durchgeführte Vernehmung handelt, ergibt sich sowohl aus dessen Inhalt als auch den Umständen, wie das Dokument Eingang in die Verfahrensakten gefunden hatte. Neben den vorab aufgeführten vollständigen Personalien des Zeugen (einschließlich „Personenidentitätscode“) enthält es dessen Bekundungen zu dem gegenständlichen Geschehen, die eingeleitet werden mit „Bei der Vernehmung am 11.09.2007 gab er an, dass ...“. Die nachfolgenden Angaben nehmen ersichtlich auch auf konkrete Fragen Bezug, die in Zusammenhang mit dem Geschehen standen. Das Dokument war der Kriminalpolizei Oldenburg von litauischen Ermittlungsbehörden anlässlich eines Koordinierungstreffens zum Zweck der bilateralen Rechtshilfe übergeben worden. Fehlende Unterschriften und die Wiedergabe der Angaben in indirekter Rede führen nach dem oben Dargelegten - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht dazu, dass keine Vernehmungsniederschrift im Sinne des § 251 Abs. 1 StPO aF vorgelegen hätte.

(b) Die Wertung der Strafkammer, der Zeuge Ne. könne im Sinne des § 251 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 StPO aF in absehbarer Zeit gerichtlich nicht vernommen werden, begegnet ebenso wenig durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Wohnt ein Zeuge im Ausland, so gilt, dass das Erfordernis, dort eine Ladung zu bewirken, für sich gesehen nicht die Verlesung einer Vernehmungsniederschrift nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 StPO aF ermöglicht. Vielmehr muss das Gericht regelmäßig versuchen, ihn zu laden und zu einem Erscheinen in der Hauptverhandlung zu veranlassen. Für den Umfang der hierbei gebotenen Bemühungen gibt es keinen für alle Fälle gültigen Maßstab. Die gerichtliche Entscheidung erfordert vielmehr eine Abwägung der Bedeutung der Sache und der Wichtigkeit der Zeugenaussage für die Wahrheitsfindung einerseits gegen das Interesse an einer beschleunigten Durchführung des Verfahrens unter Berücksichtigung der Aufklärungspflicht andererseits (§ 244 Abs. 2 StPO). Die Bemühungen, die Vernehmung eines Zeugen trotz erheblicher Schwierigkeiten zu ermöglichen, müssen der Bedeutung der Aussage angemessen sein (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1968 - 4 StR 615/67, BGHSt 22, 118, 120; Beschluss vom 6. Mai 1997 - 1 StR 169/97, BGHR StPO § 251 Bemühungen 1; KK/Diemer, StPO, 7. Aufl., § 251 Rn. 13).

Dem Vorsitzenden der Strafkammer war es rechtlich nicht verwehrt, den Zeugen mit einfachem Brief zu laden. Verfahrensurkunden, die für im litauischen Hoheitsgebiet aufhältige Personen bestimmt sind, sind diesen grundsätzlich unmittelbar durch die Post zu übersenden. Das folgt aus Art. 5 Abs. 1 des Rechtshilfeübereinkommens der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29. Mai 2000 (EURhÜbk), das im Rechtshilfeverkehr mit Litauen Anwendung findet. Der Begriff der Verfahrensurkunde umfasst auch Ladungsschreiben (vgl. Gleß/Schomburg in Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., Art. 5 EURhÜbk Rn. 3). Eine spezifische Art der Versendung sieht Art. 5 EURhÜbk nicht vor. Dem in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 EURhÜbk geregelten Erfordernis einer Übersetzung des Ladungsschreibens in die litauische Sprache hatte der Vorsitzende Genüge getan. Auch das nationale Strafverfahrensrecht (s. § 48 Abs. 2 StPO) sieht für die Ladung eines - in- oder ausländischen - Zeugen keine bestimmte Form vor (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - 4 StR 315/89, bei Schmidt, MDR 1989, 1039). Einfacher Brief genügt, wenngleich es sich für die Hauptverhandlung empfiehlt, dem Zeugen die Ladung zum Zweck des Nachweises förmlich zuzustellen (vgl. LR/Ignor/Bertheau, StPO, 27. Aufl., § 48 Rn. 6; s. auch Nr. 117 Abs. 1 RiStBV); im Rechtshilfeverkehr mit Litauen erfordert die Zustellung nach § 37 Abs. 1 StPO, § 183 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO mindestens ein Einschreiben mit Rückschein, wobei dieser für den Nachweis ausreichend ist (§ 37 Abs. 1 StPO, § 183 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 ZPO).

Zwar wird eine Ladung mit einfachem Brief im Allgemeinen nicht ausreichend sein, um die Unmöglichkeit der Vernehmung des Zeugen auf absehbare Zeit feststellen zu können, weil der Zugang des Ladungsschreibens ungewiss ist (zum Ablehnungsgrund der Unerreichbarkeit nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO, für den gleiche Gesichtspunkte maßgebend sind, vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1993 - 1 StR 419/92, NStZ 1993, 294, 295; Beschluss vom 2. Oktober 1984 - 1 StR 477/84, StV 1985, 48; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 253). Im hiesigen Fall ist das Unterbleiben einer förmlichen Zustellung indes auf Grund folgender Erwägungen unschädlich:

Um eine Vernehmung des Zeugen auch in der Hauptverhandlung zu ermöglichen, hatte der Vorsitzende zusätzliche Tätigkeiten für eine Kontaktaufnahme entfaltet, sowohl unmittelbar als auch mittelbar über das Rechtshilfegericht, das bereits in erheblichem Umfang mit der Durchführung audiovisueller Vernehmungen gemäß § 247a StPO befasst war. In Anbetracht dessen hat die Strafkammer in dem die Verlesung anordnenden Beschluss ersichtlich unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes sowie mit ausdrücklichem Hinweis auf die Aufklärungspflicht von weiteren Bemühungen abgesehen. Die Strafkammer hatte bereits seit 2011 Rechtshilfe mit den litauischen Behörden betrieben, um zu ermitteln, inwieweit auf der Seite der litauischen Gesellschaften beteiligte Personen in die Machenschaften der - diesbezüglich geständigen - Angeklagten sowie früherer Mitangeklagter involviert waren. So hatte sie wiederholt auf Antrag der Verteidigung umfangreiche litauische Ermittlungsakten und Gerichtsentscheidungen beigezogen und die Unterlagen bis in das Jahr 2014 hinein in die deutsche Sprache übersetzen lassen (UA S. 85 f.). In der Hauptverhandlung waren unter anderem 15 Zeugen aus Litauen einvernommen worden, davon neun aus den Reihen der Leasinggeberin und deren Muttergesellschaft. Die Beweisaufnahme hatte aus Sicht der Strafkammer keinen Anhalt dafür erbracht, dass für die Geschädigte verantwortlich Handelnde Kenntnis von der fehlenden Lieferbereitschaft der Firma „Nutzfahrzeugcentrum Elias Hachem“ hatten (UA S. 30, 57). Die Strafkammer hatte dies, ohne dass dagegen sachlich etwas zu erinnern wäre, in Beweisbeschlüssen mehrfach zum Ausdruck gebracht. Da die das Vermögen der Leasinggeberin schmälernde Vermögensverfügungen ihre Grundlage in zwei Gremienentscheidungen hatten, lag eine die Betrugsstrafbarkeit ausschließende Bösgläubigkeit der Verfügenden umso ferner; selbst der frühere Mitangeklagte St. hatte nur von einem „involvierten Bankdirektor“ gesprochen (UA S. 12). Hinzu kam, dass die Angaben, die der Zeuge Ne. bei seiner Vernehmung in Litauen gemacht hatte, den für das Beweisziel wesentlichen Beweisbehauptungen des Beweisantrags im Kern widersprachen.

Unter den gegebenen Umständen durfte die Strafkammer ausnahmsweise die Vernehmungsniederschrift auch ohne vorherige förmliche Zustellung des Ladungsschreibens verlesen. In Anbetracht der oben (unter II. 2. a) aa)) dargestellten Bemühungen des Vorsitzenden schien es ausgeschlossen, dass der Zeuge, sollte er noch an der Empfängeranschrift wohnhaft gewesen sein, von seiner beabsichtigen Einvernahme keine Kenntnis hatte. Wäre er indes - worauf der Beschwerdeführer hinweist - zuvor verzogen gewesen, so wäre er für die Strafkammer unbekannten Aufenthalts und eine Aufenthaltsermittlung im Ausland - gemäß den oben dargelegten Maßstäben - nach Maßgabe des Beschleunigungsgebots und der Pflicht zur Sachaufklärung nicht veranlasst gewesen.

(2) Die Verlesung der Vernehmungsniederschrift hat die mit dem Beweisantrag vom 18. Juli 2016 begehrte Vernehmung des Zeugen Ne. in der Hauptverhandlung ersetzt. Mit dem den Urkundsbeweis anordnenden Beschluss hat die Strafkammer eine solche persönliche Vernehmung abgelehnt und damit der Sache nach den Beweisantrag beschieden.

Das Gericht muss das vom Beweisantragsteller benannte Beweismittel nicht verwenden, wenn ihm das Gesetz die Befugnis einräumt, es durch ein anderes Beweismittel zu ersetzen. Darf das Gericht nach § 251 StPO Urkunds- statt Zeugenbeweis erheben und deckt das vernehmungsersetzende Schriftstück die behaupteten Beweistatsachen ab, so ist über die Anhörung des Zeugen nur noch nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht zu befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1979 - 5 StR 513/79, bei Pfeiffer, NStZ 1981, 95 [für eine Behördenauskunft nach § 256 Abs. 1 Nr. 1 StPO]; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 145; KK/Krehl, StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 116; ferner BGH, Beschluss vom 15. April 2003 - 1 StR 64/03, BGHSt 48, 268, 273 [für die Vorführung einer Bild-Ton-Aufzeichnung nach § 255a Abs. 2 Satz 1 StPO]).

Zwar neigt der Senat (entgegen BGH, Beschluss vom 30. April 2008 - 2 StR 132/08, NStZ 2008, 529) zu der Ansicht, dass es in diesen Fällen gleichwohl eines das Beweisbegehren zurückweisenden Beschlusses bedarf; denn der Antragsteller muss sich darauf einstellen können, dass und aus welchen Gründen das Gericht den gewünschten Beweis nicht erheben wird. Das Beweisbegehren ist daher als Aufklärungsantrag zu bescheiden (vgl. LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 177). Eine solche ablehnende Entscheidung liegt hier jedoch vor. In den Gründen des Beschlusses, mit dem die Verlesung der den Zeugen Ne. betreffenden Vernehmungsniederschrift angeordnet worden ist, hat die Strafkammer unmissverständlich und unbedingt dargetan, dass sie unter Berücksichtigung der ihr obliegenden Aufklärungspflicht keine weiteren Bemühungen entfalten wird, den Zeugen beizubringen, und ihn somit in der Hauptverhandlung nicht vernehmen wird. Weitere Darlegungen waren nicht geboten.

(3) Wie sich aus den obigen Ausführungen (s. II. 2. a) cc) (1) (b)) ergibt, liegt ein vom Beschwerdeführer geltend gemachter Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nicht vor.

b) Hinsichtlich des Schuldspruchs und der Kompensationsentscheidung hat die Nachprüfung des Urteils anhand der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten H. ergeben. Insbesondere hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei angenommen, der Angeklagte habe seine als Beihilfehandlungen beurteilten Tatbeiträge vorsätzlich in Bezug auf die gemeinschaftlich von dem Angeklagten S. und dessen Mittätern begangene Betrugstat erbracht:

aa) An den Vorsatz des Gehilfen sind geringere Anforderungen als an denjenigen des Täters zu stellen. Derjenige, der lediglich eine fremde Tat fördert, braucht Einzelheiten dieser Tat nicht zu kennen und keine bestimmten Vorstellungen von ihr zu haben. Allerdings ist ein Mindestmaß an Konkretisierung erforderlich. Der Hilfeleistende muss die zentralen Merkmale der Haupttat, namentlich den wesentlichen Unrechtsgehalt und die wesentliche Angriffsrichtung, im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich halten und billigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 1990 - 3 StR 448/89, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 6; vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400; vom 8. November 2011 - 3 StR 310/11, NStZ 2012, 264; vom 28. Februar 2012 - 3 StR 435/11, wistra 2012, 302).

Hat der Gehilfe bestimmte Vorstellungen, so ist es unschädlich, wenn diese in den Einzelheiten unzutreffend sind, sofern der Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der vorgestellten und der begangenen fremden Tat im Wesentlichen übereinstimmen. Dabei kommt es nicht notwendig darauf an, ob die tatsächlich verwirklichte Haupttat ihrer rechtlichen Beurteilung nach dieselbe ist, auf die sich die Vorstellung des Hilfeleistenden bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1957 - 5 StR 505/57, BGHSt 11, 66). Der Gehilfenvorsatz wird nicht allein durch eine solche unterschiedliche rechtliche Einordnung in Frage gestellt, soweit es sich nicht um gänzlich verschiedene Taten im beschriebenen Sinne handelt; das gilt insbesondere auch für das Verhältnis von Beihilfe zum Betrug und zur Untreue (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Januar 2011 - 3 StR 420/10, NStZ 2011, 399, 400; vom 28. Februar 2012 - 3 StR 435/11, wistra 2012, 302; ferner Fischer, StGB, 65. Aufl., § 27 Rn. 22; BeckOK StGB/Kudlich, § 27 Rn. 18).

bb) Gemessen daran handelte der Angeklagte H. mit Gehilfenvorsatz in Bezug auf die gegenständliche Betrugstat zum Nachteil der „U. ". Er wusste, dass die Lieferung der zehn Lkw nicht beabsichtigt war und somit das Verkaufsangebot der Firma „N.“ ebenso wie die Vertragsunterlagen und Rechnungen zur Abwicklung des Geschäfts nur zum Schein erstellt wurden. Überdies hatte er Kenntnis vom alleinigen Zweck des Leistungsversprechens, ohne Gegenleistung eine Zahlung des vereinbarten Kaufpreises durch die „U.“ zu erlangen; dementsprechend umfasste sein Vorsatz den Vermögensschaden, den diese Gesellschaft erlitt. Außerdem war dem Angeklagten H. bekannt, dass die vorgespiegelten Verkaufsaktivitäten seiner Firma von entscheidender Bedeutung für den zumindest vom früheren Mitangeklagten St. und dem Angeklagten S. entwickelten Tatplan waren. Einzig der Umstand, dass der Angeklagte H. - nicht ausschließbar - dachte, über das Vermögen der „U.“ verfügende Personen wären „eingeweiht“, bewirkt nicht, dass sich die von ihm angenommene Tat im Unrechtsgehalt und in der Angriffsrichtung wesentlich von der festgestellten unterscheidet. Die abweichende rechtliche Beurteilung einer solchen Haupttat als Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) schadet daher nicht.

c) Der Strafausspruch gegen den Angeklagten H. hält hingegen sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer hat rechtsirrig den unzutreffenden Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) zugrunde gelegt und dabei die vertypten Strafmilderungsgründe des § 27 StGB und des § 28 Abs. 1 StGB analog übersehen.

Die entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB ergibt sich daraus, dass sich der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. - nicht ausschließbar - allein auf eine Untreue bezog und diesem keine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich der Geschädigten oblag. Infolge einer solchen Fehlvorstellung darf der Angeklagte nach Auffassung des Senats nicht schlechter gestellt werden, als wenn sein Vorstellungsbild den Tatsachen entsprochen hätte (zur Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 StGB neben § 27 Abs. 2 StGB, falls die Beihilfestrafbarkeit nicht allein auf dem Fehlen eines strafbegründenden persönlichen Merkmals beruht, s. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 309/11, NStZ 2012, 630; vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, 118; MüKoStGB/Joecks, 3. Aufl., § 28 Rn. 54 mwN).

Zwar stellt es hier keinen Erörterungsmangel dar, dass sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, ob auf Grund allgemeiner (nicht vertypter) Strafmilderungsgründe trotz des Regelbeispiels des Vermögensverlusts großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alternative 1 StGB) ein besonders schweren Fall (§ 263 Abs. 3 Satz 1 StGB) zu verneinen und daher vom Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB auszugehen war; denn dies lag fern. Die Strafkammer hätte aber prüfen müssen, ob unter Berücksichtigung eines oder beider vertypten Milderungsgründe Anlass bestand, den Grundstrafrahmen, gegebenenfalls nach nochmaliger Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB bzw. entsprechend § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB, zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2015 - 2 StR 369/15, StV 2016, 565; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1143 f. mwN). Hätte die Strafkammer gleichwohl nicht von der Regelwirkung abgesehen, so wäre zumindest der in § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB normierte Sonderstrafrahmen zweifach gemäß § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen.

III.

Infolgedessen ist das Urteil in den Strafaussprüchen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die von der Strafkammer in dem angefochtenen Urteil zur Strafrahmenwahl und Strafzumessung getroffenen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler, der lediglich in einer rechtsfehlerhaften Wertung der festgestellten Tatsachen besteht, nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Hinsichtlich des Angeklagten S. haben die Feststellungen ohnehin auf Grund der 38 39 Senatsentscheidung vom 13. Januar 2010 insoweit, als sie nicht über diejenigen des ersten Urteils vom 28. November 2008 hinausgehen, weiter Bestand. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung der Strafaussprüche nicht erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, NStZ 2010, 531, 532; Beschluss vom 23. Juli 2015 - 3 StR 518/14, NStZ-RR 2015, 341, 343).

Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 StPO Gebrauch gemacht und die Sache an das Landgericht Osnabrück zurückverwiesen.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 435

Externe Fundstellen: NStZ 2018, 740 ; StV 2018, 781

Bearbeiter: Christian Becker