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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 558/98, Beschluss v. 09.12.1998, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 558/98 - Beschluss vom 9. Dezember 1998 (LG Flensburg)

Verwerfung der Revision als unbegründet; Schwere Fälle des Diebstahls auch im Jugendstrafrecht

§ 349 Abs. 2 StPO; § 243 StGB

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 13. Mai 1998 werden als unbegründet verworfen, jedoch wird der Schuldspruch wie folgt neu gefaßt und teilweise geändert:

Der Angeklagte H. ist schuldig des Diebstahls in neun Fällen, des versuchten Diebstahls in 19 Fällen und der Sachbeschädigung in 16 Fällen.

Der Angeklagte O. ist schuldig des Diebstahls in neun Fällen, des versuchten Diebstahls in fünf Fällen und der Sachbeschädigung in 19 Fällen.

Der Angeklagte K. ist schuldig des Diebstahls in sieben Fällen und des versuchten Diebstahls in fünf Fällen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat, abgesehen von der vorgenommenen Berichtigung des Schuldspruchs, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

Der Senat hat die Urteilsformel neu gefaßt, da das Mitwirken von Mittätern ("gemeinschaftlich") ebensowenig wie Strafzumessungsvorschriften ("besonders schwerer Fall" des Diebstahls nach § 243 StGB) zur rechtlichen Bezeichnung im Schuldspruch gehören (st. Rspr., vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 43. Aufl. § 260 Rdn. 24, 25). Das Weglassen dieser nicht gebotenen Zusätze trägt wesentlich zur Übersichtlichkeit und Verständlichkeit einer Urteilsformel bei.

Soweit die Jugendkammer angenommen hat, bei Einbruchsdiebstählen von Jugendlichen lebe der sonst von § 243 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 242 StGB verdrängte Tatbestand der Sachbeschädigung wieder auf, weil die Strafrahmen des allgemeinen Rechts nicht anwendbar seien, und deshalb den jugendlichen Angeklagten O. im Gegensatz zu den erwachsenen Mitangeklagten H. und K. für die Beteiligung an den gleichen Einbrüchen nicht wegen Diebstahls (nach §§ 242, 243 StGB), sondern wegen Diebstahls (§ 242 StGB) in Tateinheit mit Sachbeschädigung (§ 303 StGB) verurteilt hat, übersieht sie, daß die Regeln des materiellen Strafrechts, auch zur Konkurrenz der einzelnen Straftatbestände, für den Bereich des Jugendstrafrechts in gleicher Weise gelten. Der Senat hat daher den Schuldspruch entsprechend geändert. Die Änderung hat keine Auswirkungen auf die Höhe der ohnehin sehr milden Jugendstrafe.

Im übrigen weist der Senat darauf hin, daß es sich empfiehlt, innerhalb eines Urteils die Ordnungsziffern für die einzelnen Fälle jeweils bei Sachverhalt, Beweiswürdigung, rechtlicher Würdigung und Strafzumessung einheitlich zu verwenden (vgl. Beschl. des Senats vom 16. Oktober 1998 - 3 StR 304/98). Insbesondere bei einer Vielzahl von Taten und Mittätern mit unterschiedlicher Beteiligung - wie hier - leidet die Verständlichkeit der Urteilsgründe erheblich, wenn an verschiedenen Stellen einmal die Ordnungsziffern der Urteilsgründe und einmal die der Anklage genannt werden und in zahlreichen Fällen sogar die Angabe fehlt, worauf sich die Ordnungsziffern jeweils beziehen. Derartige Urteilsgründe können unter Umständen mangels revisionsrechtlicher Nachprüfbarkeit zur Urteilsaufhebung führen. Die Prüfung wird zusätzlich dadurch erschwert, daß in den Urteilsgründen bei der Sachverhaltsschilderung vielfach mehrere rechtlich unterschiedlich gelagerte Fälle unter einer Fallgruppe zusammengefaßt dargestellt werden (z.B. Fall-Nr. 79 - 82), ohne daß eine Zuordnung des jeweiligen Sachverhalts zu einer einzelnen Fallziffer deutlich gemacht wird. Bei der rechtlichen Würdigung und der Strafzumessung werden die Fälle dieser Gruppe wiederum einzeln - allerdings gemäß der Anklage - beziffert.

Diese Unübersichtlichkeit hat dazu geführt, daß innerhalb der einheitlichen Aufstellung der für den Angeklagten K. zu verhängenden Strafen die Fallziffern der Anklage mit denen der Urteilsgründe vermengt worden sind. Die Fallziffern auf UA S. 41 unten für die Fälle des vollendeten Diebstahls können sich nur auf die Anklage, die Fallziffern auf UA S. 42 oben für die Fälle des versuchten Diebstahls nur auf die Urteilsgründe beziehen. Allerdings wird in der letztgenannten Fallgruppe auch ein Fall Nr. 69 genannt, der Angeklagte K. war jedoch weder an Fall 69 der Anklage, noch an Fall 69 der Urteilsgründe beteiligt. Lediglich eine Rekonstruktion aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt, daß damit der Fall Nr. 60 der Urteilsgründe gemeint war, da dieser hier nicht erwähnt wird, obgleich er bei der rechtlichen Würdigung ebenfalls als versuchter Diebstahl nach §§ 242, 243 StGB gewertet worden war (UA S. 31 - dort aber unter "Fall Nr. 44" - wohl der Anklage). Zwar handelt es sich bei dieser Tat tatsächlich um einen vollendeten Diebstahl in einem besonders schweren Fall (Einbruch in einen Reiterhof mit Beute - Fall 60 der Urteilsgründe = Fall 44 der Anklage), doch ist insoweit im Rahmen der rechtlichen Würdigung offensichtlich eine weitere Verwechslung mit dem Fall Nr. 51 der Urteilsgründe = Fall Nr. 54 der Anklage (versuchter Einbruch in eine Gaststätte ohne Beute) unterlaufen, da diese Tat bei den vollendeten Delikten aufgelistet wird, während der vollendete Einbruchsdiebstahl im Fall Nr. 60 der Urteilsgründe = Fall Nr. 44 der Anklage bei den versuchten Delikten genannt wird.

Da die Jugendkammer innerhalb der einzelnen Deliktsgruppen gegen den Angeklagten K. gleich hohe Einzelstrafen verhängt hat, kann sich diese Verwechslung bei der Bezeichnung nicht zu dessen Nachteil ausgewirkt haben.

Externe Fundstellen: NStZ 1999, 205

Bearbeiter: Karsten Gaede