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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 72/01, Beschluss v. 29.03.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 72/01 - Beschluß v. 29. März 2001 (LG Oldenburg)

Feststellungsvoraussetzungen beim Bandendiebstahl; Überzeugungsbildung

§ 261 StPO; § 244 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluß von mindestens drei Personen voraus. Die drei Personen müssen sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im einzelnen noch ungewisse Diebstahlstaten zu begehen. Ein "gefestigter Bandenwille" oder ein "Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse" ist nicht erforderlich.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 18. Oktober 2000 mit den Feststellungen, soweit sie die bandenmäßige Begehungsweise betreffen, aufgehoben. Die übrigen äußeren und inneren Feststellungen zum Tatgeschehen bleiben bestehen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf vollendeten und zwei versuchten Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte in der Zeit vom 30. März 1999 bis zum 9. Mai 1999 14 Diebstahlstaten begangen, wobei er die Taten 1 bis 6 bis zum 31. März 1999 zusammen mit zwei Mittätern verübte. Nach der Festnahme eines Mittäters war in den weiteren Fällen 7 bis 14 jeweils sein zweiter Mittäter, in einem dieser Fälle auch ein dritter unbekannt Gebliebener beteiligt.

Zur Bandenabrede hat das Landgericht ausgeführt: "Der Angeklagte und seine Mittäter, die alle aus dem gleichen Ort in Rumänien stammen und sich zur Überzeugung der Kammer schon in ihrer Heimat kennengelernt haben, sind illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, um hier von Hannover aus systematisch und gezielt Diebstähle in großem Stil zu organisieren und durchzuführen" (UA S. 11, 12).

Die Annahme einer über eine mittäterschaftliche Tatbeteiligung hinausgehenden bandenmäßigen Begehung ist durch die bisher getroffenen Feststellungen nicht belegt. Zu den Vorstrafen des Angeklagten teilt das Urteil mit, daß er u.a. 1997 wegen Bandendiebstahls in fünf Fällen verurteilt worden ist, ohne Einzelheiten zur damaligen Bande zu erwähnen. Zu den jetzt angeklagten Taten hat der Angeklagte jegliche Tatbeteiligung bestritten und nur ausgesagt, den Mittäter N. zu kennen. Dieser hat sich in dem gegen ihn gerichteten Verfahren dahin eingelassen, den Angeklagten und den weiteren Mittäter C. aus seiner Heimat zu kennen. In der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten hat er "erneut" (?) (UA S. 11) ausgesagt, den Angeklagten nicht zu kennen. Über den dritten Mittäter C. teilt das Urteil außer dessen konkreten Tatbeteiligung, auf die aufgrund von Indizien geschlossen wird, nichts mit. Der vierte Täter schließlich ist unbekannt geblieben. Damit fehlt für die tatrichterliche Überzeugungsbildung, "alle" Mittäter stammen aus dem gleichen Ort in Rumänien und seien illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, "um hier ... Diebstähle in großem Stil zu organisieren und durchzuführen" eine ausreichende Tatsachengrundlage. Das gleiche gilt auch für die Annahme der Strafkammer, der festgenommene Mittäter N. sei offensichtlich durch einen anderen Mittäter ersetzt worden (UA S. 8 oben). Auch dafür fehlt es an einem ausreichenden Beleg.

Die insoweit getroffenen Feststellungen waren daher aufzuheben. Die sonstigen zu den Diebstahlstaten getroffenen inneren und äußeren Feststellungen sind von der Aufhebung nicht betroffen und bleiben bestehen. Ergänzende Feststellungen - z.B. auch zum Beisichführen eines gefährlichen Werkzeuges (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB); zur Gewerbsmäßigkeit (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB) - sind möglich.

2. Die Kammer hat aus dem Strafrahmen des § 244 a StGB auf Einzelstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren und drei Monaten erkannt und dabei im Fall 9 einen minder schweren Fall angenommen. Ob in den Fällen 4 und 5 die Strafe wegen Versuchs gemildert worden ist, läßt sich dem Urteil nicht entnehmen.

Der Senat kann nicht ausschließen, daß das Landgericht auf mildere Strafen erkannt hätte, wenn es anstelle des Strafrahmens des § 244 a StGB (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zehn Jahren) den des § 243 Abs. 1 StGB (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zehn Jahren) zugrundegelegt hätte.

3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat für die rechtliche Bewertung der Fälle, an denen nur zwei Täter beteiligt waren, auf den Beschluß des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2001 - GSSt 1/00 - hin, nach dem der Begriff der Bande den Zusammenschluß von mindestens drei Personen voraussetzt.

Für die übrigen Fälle gilt nach dem genannten Beschluß, daß sich die drei Personen mit dem Willen verbunden haben müssen, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im einzelnen noch ungewisse Diebstahlstaten zu begehen. Ein "gefestigter Bandenwille" oder ein "Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse" ist nicht erforderlich.

Bearbeiter: Karsten Gaede