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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 122/00, Beschluss v. 19.04.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 122/00 - Beschluß v. 19. April 2000 (LG Duisburg)

Ablehnung eines Beweisantrags

§ 244 Abs. 3 StPO

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 30. November 1999 dahin geändert, daß der Angeklagte auch einer tateinheitlich begangenen gefährlichen Körperverletzung schuldig ist. Im übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zutragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit der Ausübung der tatsächlichen Gewalt und dem Führen einer halbautomatischen Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs. Im übrigen ist es unbegründet. Insoweit verweist der Senat auf die bis auf eine Ausnahme (vgl. 1.) zutreffenden Ausführungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts.

1. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist die § 244 Abs. 3 StPO betreffende Verfahrensrüge zulässig erhoben. Der Zulässigkeit der Rüge steht nicht entgegen, daß die Revision den Beweisantrag und den Gerichtsbeschluß nicht im Wortlaut mitteilt. Denn es reicht aus, daß - wie hier die Revision Antrag und Beschluß in eigenen Worten wiedergibt und dieser Vortrag vollständig ist (vgl. BGHR StPO § 344 II 2 Beweisantragsrecht 4; BGH bei Miebach/Sander NStZ-RR 2000, 1 -m.w.Nachw.).

Die Zulässigkeit scheitert auch nicht daran, daß der Beschwerdeführer nicht mitgeteilt hat, daß sein Beweisantrag eine zusätzliche Begründung mit einem Hilfsbeweisantrag enthielt und darüber ausweislich des ebenfalls nicht mitgeteilten Hauptverhandlungsprotokolls verhandelt wurde. Insoweit hat der Angeklagte nämlich in der Hauptverhandlung Begründung und Hilfsbeweisantrag zurückgenommen. Deshalb liegt keine nur auszugsweise Wiedergabe des Beweisantrags vor, was für die Zulässigkeit nicht ausreichen würde (vgl. BGH NStZ 1999, 396, 399), sondern in Bezug auf die Beweisbehauptung ein vollständiger Vortrag.

Die Rüge deckt auch einen Verfahrensfehler auf. Der Verteidiger hatte zum Beweis der Tatsache, daß der Zeuge Ali K. vor und während der Schußabgabe im Krankenwagen behandelt wurde (und deshalb von dem Angeklagten weder vor noch während der Schußabgabe gesehen werden konnte), die Vernehmung des Rettungssanitäters beantragt. Diesen Antrag hat die Strafkammer abgelehnt, weil die Behauptung so behandelt werden könne, als wäre die behauptete Tatsache wahr. Gegen diese Wahrunterstellung hat das Landgericht aber verstoßen, weil es seinen Feststellungen die Aussage des Zeugen KHK Ka. zugrunde gelegt hat, wonach dieser Zeuge den Angeklagten darauf hingewiesen und ihm augenfällig deutlich gemacht habe, daß der Bruder des Angeklagten, der Zeuge Ali K. - unmittelbar bevor der Angeklagte auf das im Funkstreifenwagen sitzende Opfer schoß - wieder einmal den Krankenwagen verlassen hatte und auf der Straße umherlief, sich ihm also nicht das Bild eines schwer- oder lebensgefährlich verletzt im Krankenwagen liegenden Bruders aufgedrängt haben könne.

2. Auf diesem ausschließlich die Strafzumessung berührenden Rechtsfehler beruht aber der milde Strafausspruch nicht. Die Kammer, die die Strafe dem Strafrahmen des § 213 StGB entnommen hat, hat nämlich zum einen nicht geprüft, ob der Angeklagte heimtückisch - das Opfer, dem sich der Angeklagte von schräg hinten näherte, saß gefesselt und ohne Fluchtmöglichkeit in einem Funkstreifenwagen; aus ein bis anderthalb Meter Entfernung gab der Angeklagte mindestens fünf Schüsse ab - töten wollte.

Zum anderen hat das Landgericht unberücksichtigt gelassen, daß sich der Angeklagte nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch tateinheitlich einer gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht (vgl. BGH NStZ 1999, 30, zum Abdruck in BGHSt bestimmt), mithin nicht zwei, sondern drei Straftatbestände vorsätzlich verwirklicht hat.

3. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. Das Landgericht war verpflichtet, die angeklagte Tat in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erschöpfend abzuurteilen. Das Verschlechterungsverbot gemäß § 358 Abs. 2 StPO wird durch die vom Senat vorgenommene Schuldspruchergänzung nicht verletzt, dieses schließt das Risiko einer Verschärfung des Schuldspruchs nicht aus (vgl. Kuckein in KK 4. Aufl. § 358 StPO Rdn. 18). § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

Bearbeiter: Rocco Beck