hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 889

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 180/25, Beschluss v. 20.05.2025, HRRS 2025 Nr. 889


BGH 2 StR 180/25 - Beschluss vom 20. Mai 2025 (LG Kassel)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Gefährlichkeitsprognose: Berücksichtigung einer bereits länger andauernden Unterbringung, Anlasstaten in Kliniken, fehlende Krankheitseinsicht, Sachverständigengutachten); Körperverletzung (Erfolg: körperliche Misshandlung, Vollendung); Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahme: konkludenter Widerruf der freiwilligen Einweisung in ein Krankenhaus).

§ 63 StGB; § 113 Abs. 1 StGB; § 223 Abs. 1 StGB; § 267 Abs. 6 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat(en) aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Daneben muss - zum Urteilszeitpunkt - eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades bestehen, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens (namentlich Art, Häufigkeit und Rückfallfrequenz früherer Taten) sowie der von ihm begangenen Anlasstat(en) zu entwickeln und hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche rechtswidrigen Taten von dem Täter infolge seines Zustands drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt. Neben der konkreten Krankheits- und Kriminalitätsentwicklung sind die auf die Person des Täters und seine konkrete Lebenssituation bezogenen Risikofaktoren einzustellen, die eine individuelle krankheitsbedingte Disposition zur Begehung von Straftaten jenseits der Anlasstaten belegen können. Das Tatgericht ist nicht nur zu einer sorgfältigen Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen verpflichtet, sondern auch dazu, die wesentlichen Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen.

2. Jedenfalls eine im Zeitpunkt der Urteilsfällung bereits knapp ein Jahr andauernden einstweilige Unterbringung, insbesondere mit etwaigem fremdaggressivem Handeln dort, ist grundsätzlich prognoserelevant und damit erörterungsbedürftig. Näherer Erörterung bedarf die Prognose auch, wenn ein Teil der Anlasstaten in Kliniken stattfand.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 20. November 2024 aufgehoben

a) mit den zugehörigen Feststellungen

aa) im Fall II.10 der Urteilsgründe,

bb) im Maßregelausspruch,

b) im Gesamtstrafenausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchter Körperverletzung, Körperverletzung, Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung, Sachbeschädigung in drei Fällen, Bedrohung in zwei Fällen, gefährlicher Körperverletzung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Die 1996 geborene Angeklagte war bereits vom 28. November 2012 bis zum 28. Januar 2019 in (jugend-)forensischen Kliniken untergebracht. Dies beruhte auf einer Vielzahl von Straftaten, darunter räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung. Auch nach ihrer Entlassung begab sie sich häufig in Kliniken, wobei dies in den meisten Fällen freiwillig geschah.

Am 27. Juli 2023 befand sich die Angeklagte in der Vitos Klinik in H.. Sie war an diesem Tag besonders angespannt, begab sich in das Dienstzimmer der Station und verlangte dort die Gabe von Medikamenten, was die Mitarbeiterinnen ablehnten. Nach einem gemeinsamen Spaziergang mit einer Mitarbeiterin betrat die Angeklagte erneut das Dienstzimmer und forderte die Mitarbeiterinnen auf, sie zu fixieren, was diese ebenfalls ablehnten. Darauf drückte die Angeklagte eine vor den Computern aufgestellte Plastikscheibe in die Richtung von zwei Mitarbeiterinnen. Daraufhin versuchten drei Mitarbeiterinnen, die Angeklagte aus dem Dienstzimmer zu drängen, indem sie ihre Arme ergriffen, worauf die Angeklagte mit den Fäusten nach ihnen schlug und mit den Beinen nach ihnen trat, um sie zu verletzen, was ihr indes nicht gelang (Fall II.1 der Urteilsgründe).

Die Angeklagte wurde schließlich in das benachbarte Zimmer gedrängt, wo sie die Duschkabinentür aus der Verankerung riss und auf den Boden warf, so dass sie zerstört wurde, was die Angeklagte billigend in Kauf nahm (Fall II.2 der Urteilsgründe).

Am 18. Juni 2023 bedrohte sie eine Person am Telefon damit, dass sie sie umbringen werde (Fall II.3 der Urteilsgründe).

Am 5. Juni 2023 drohte die Angeklagte einer Person körperliche Gewalt in Form von Schlägen an (Fall II.4 der Urteilsgründe). Anschließend ging sie in ihre Wohnung und warf aus dem 4. Obergeschoss eine Zimmertür auf ein vor dem Haus geparktes fremdes Auto, um dieses zu beschädigen. An dem Fahrzeug entstand ein Sachschaden in Höhe von 4.286,61 Euro (Fall II.5 der Urteilsgründe).

Am 11. Oktober 2023 schlug sie mit der Faust den Glaseinsatz einer fremden Wohnungstür ein, wodurch ein Sachschaden entstand, was die Angeklagte billigend in Kauf nahm (Fall II.6 der Urteilsgründe).

Am 14. Dezember 2023 befand sich die Angeklagte in der Vitos Klinik in B.. Dort führte sie im Dienstzimmer ein Gespräch mit der Stationsleitung, weil sie gegen ihren Willen disziplinarisch entlassen werden sollte. Anschließend ging sie in den Speisesaal, wo sie ein Buttermesser und ein Trinkglas an sich nahm, und kehrte in das Dienstzimmer zurück. Sie ging auf einen Mitarbeiter zu und schlug mit dem Glas an dessen linke Schläfe, um ihn zu verletzen, wodurch er nicht unerhebliche Kopfschmerzen erlitt und fünf Tage arbeitsunfähig war (Fall II.7 der Urteilsgründe).

Als eine Mitarbeiterin daraufhin versuchte, die Angeklagte zu überwältigen, kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf die Angeklagte die Mitarbeiterin in den rechten Unterarm biss. Die Mitarbeiterin erlitt hierdurch eine behandlungsbedürftige Bisswunde, was die Angeklagte billigend in Kauf nahm. Die Mitarbeiterin war sechs Tage arbeitsunfähig (Fall II.8 der Urteilsgründe).

Am 30. September 2023 hielt sich die Angeklagte in der Vitos Klinik in B. auf. Dort äußerte sie zu einem Mitarbeiter der Klinik: „Ich schlage dich jetzt kaputt, wie ich das früher mit der alten Frau gemacht habe.“ Anschließend schlug sie in seine Richtung, griff seine rechte Hand und bog seinen Daumen nach hinten, wodurch er eine Prellung erlitt, was die Angeklagte jedenfalls billigend in Kauf nahm (Fall II.9 der Urteilsgründe).

Am 27. Mai 2023 waren zwei Polizeibeamte in der Wohnung der Angeklagten, da es dort zu Streitigkeiten zwischen der Angeklagten und ihrem Vermieter gekommen war. Die Angeklagte verhielt sich aggressiv, so dass die Beamten ihre Verbringung in die Klinik nach M. anregten. Durch Zureden der Beamten willigte sie in eine freiwillige Einweisung nach M. ein. Als der Rettungswagen eintraf, halfen die Beamten der Angeklagten beim Aufstehen. Hierbei versuchte sie sich der Maßnahme und dem Griff der Beamten zu entziehen. Beim Versuch, die Angeklagte im Rettungswagen anzuschnallen, trat sie eine Beamtin einmal gegen ihr Schienbein. Auf der Fahrt nach M. schnallte sich die Angeklagte plötzlich ab. Als sie wieder angeschnallt werden sollte, trat sie mit beiden Beinen nach den Beamten und dem Rettungssanitäter, wobei sie nicht traf. Als ein Beamter den Rettungswagen wieder verlassen wollte, spuckte die Angeklagte in dessen Richtung. Zudem spuckte sie in Richtung der anderen Beamtin und traf diese im Bereich ihres Beins und im Gesicht. Dies tat sie, um ihre Missachtung auszudrücken. Bei Ankunft in M. äußerte die Angeklagte in Richtung der Beamten und des Rettungssanitäters, dass sie sie umbringen werde, um sie einzuschüchtern (Fall II.10 der Urteilsgründe).

Die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten war in den Fällen II.1 und II.2 sowie II.4 bis II.10 der Urteilsgründe wegen ihrer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung des impulsiven Typs erheblich eingeschränkt.

2. Das Landgericht hat die Fälle II.1 der Urteilsgründe als versuchte Körperverletzung, II.2, II.5 und II.6 der Urteilsgründe als Sachbeschädigung, II.3 und II.4 der Urteilsgründe als Bedrohung, II.7 der Urteilsgründe als gefährliche Körperverletzung, II.8 der Urteilsgründe als Körperverletzung, II.9 der Urteilsgründe als Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung sowie II.10 der Urteilsgründe als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung gewürdigt.

II.

1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils ergibt hinsichtlich des Schuldspruchs zum Fall II.10 der Urteilsgründe einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten; im Übrigen ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei.

a) Der Schluss des Landgerichts im Fall II.10 der Urteilsgründe, der Tritt gegen das Schienbein der Polizeibeamtin sei als vollendete Körperverletzung zu werten, wird von den Feststellungen, die sich nicht zu einem Verletzungserfolg verhalten, nicht getragen, zumal das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung mitteilt, die Polizeibeamtin habe angegeben, sie habe keine sichtbaren Verletzungen oder Schmerzen erlitten.

Damit ist die für die Annahme einer vollendeten Körperverletzung erforderliche körperliche Misshandlung, also ein unangemessenes, übles Behandeln, das das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 3. Mai 1960 - 1 StR 131/60, BGHSt 14, 269, 271), oder eine Schädigung der Gesundheit, nämlich ein Hervorrufen oder Steigern eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen des Menschen nachteilig abweichenden Zustandes (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1997 - 2 StR 397/97, BGHSt 43, 346, 354), nicht festgestellt.

b) Der aufgezeigte Rechtsfehler führt auch zur Aufhebung der Verurteilung wegen der tateinheitlich begangenen Delikte des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, der Bedrohung und der Beleidigung. Der Senat hebt die zugehörigen Feststellungen mit auf, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie eigene Feststellungen zu ermöglichen. Dieses wird Gelegenheit haben, im Falle ähnlicher Feststellungen zum Ablauf der polizeilichen „Maßnahme“ deren Rechtmäßigkeit im Lichte eines möglicherweise konkludent erklärten Widerrufs der freiwilligen Einweisung in das Krankenhaus in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2020 - 4 StR 168/20, Rn. 7 f., NStZ-RR 2020, 367).

2. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.10 der Urteilsgründe bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Die insoweit getroffenen Feststellungen haben Bestand.

3. Die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus erweist sich gleichfalls als zum Nachteil der Angeklagten durchgreifend rechtsfehlerhaft.

a) Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, die einen besonders gravierenden Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt. Sie darf daher nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat(en) aufgrund eines psychischen Defekts schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Daneben muss - zum Urteilszeitpunkt - eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades bestehen, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens (namentlich Art, Häufigkeit und Rückfallfrequenz früherer Taten) sowie der von ihm begangenen Anlasstat(en) zu entwickeln und hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche rechtswidrigen Taten von dem Täter infolge seines Zustands drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt. Neben der konkreten Krankheits- und Kriminalitätsentwicklung sind die auf die Person des Täters und seine konkrete Lebenssituation bezogenen Risikofaktoren einzustellen, die eine individuelle krankheitsbedingte Disposition zur Begehung von Straftaten jenseits der Anlasstaten belegen können. Das Tatgericht ist nicht nur zu einer sorgfältigen Prüfung der Anordnungsvoraussetzungen verpflichtet, sondern auch dazu, die wesentlichen Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 17. Februar 2022 - 4 StR 380/21, NStZ-RR 2022, 173, 174; vom 8. September 2022 - 3 StR 25/22, StV 2023, 387 Rn. 9, und vom 11. Juli 2024 - 3 StR 65/24, Rn. 24; Beschlüsse vom 3. September 2024 - 6 StR 155/24, Rn. 7; vom 14. Februar 2024 - 2 StR 341/23, Rn. 14, und vom 12. November 2024 - 1 StR 417/24, Rn. 5).

b) Hieran gemessen ist die Gefährlichkeitsprognose nicht tragfähig begründet.

aa) Die Strafkammer ist - den Ausführungen und der Einschätzung des psychiatrischen Sachverständigen folgend - zu der Feststellung gelangt, weitere, den urteilsgegenständlichen Anlasstaten vergleichbare und damit im Sinne des § 63 StGB erhebliche Delikte seien von der Angeklagten zu erwarten. Aufgrund der durchgeführten Psychopathy-Check-List und des HCR-20-Tests bestehe ein sehr hohes Risiko für das Begehen weiterer Gewaltstraftaten. Das bisherige Leben der Angeklagten sei kritisch zu beurteilen, sie sei auch in den Jahren 2022 und 2023 nicht in der Lage zu eigenständigem Leben gewesen und habe über die Hälfte der Zeit in stationärer psychiatrischer Behandlung verbracht. Auch hier habe sie nicht mitgewirkt und sei nicht krankheitseinsichtig gewesen, so dass sie jeweils ohne ausreichende Besserung entlassen worden sei. Positiv sei nur hervorzuheben, dass sie einen Hauptschulabschluss in einer forensischen Einrichtung erlangt habe.

bb) Bei seinen Erörterungen zur Gefahrenprognose hat sich das Landgericht allerdings nicht mit dem Verhalten der Angeklagten in der seit Ende Dezember 2023 vollzogenen und im Zeitpunkt der Urteilsfällung bereits knapp ein Jahr andauernden einstweiligen Unterbringung, insbesondere mit etwaigem fremdaggressivem Handeln dort, auseinandergesetzt. Dieses ist grundsätzlich prognoserelevant und damit erörterungsbedürftig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juli 2014 - 4 StR 183/14, Rn. 6; vom 10. Juni 2015 - 1 StR 190/15, Rn. 18; vom 30. Mai 2018 - 1 StR 36/18, Rn. 30; vom 11. Juli 2019 - 1 StR 253/19, StV 2021, 221 Rn. 6, und vom 6. März 2025 - 3 StR 12/25, Rn. 16; MüKo-StGB/van Gemmeren, 4. Aufl., § 63 Rn. 66). Anlass hierzu bestand auch deshalb, weil bis auf die Tat II.10 der Urteilsgründe die Taten, die sich auf Körperverletzungen bezogen, mithin die Taten II.1, II.7, II.8 und II.9 der Urteilsgründe, in Kliniken stattfanden, wobei dieser Umstand im Rahmen der Gefahrenprognose ebenfalls zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 - 1 StR 604/19, Rn. 12 f., NStZ-RR 2020, 140).

cc) Schließlich hätte das Landgericht die Einschätzung des Sachverständigen, wonach die Angeklagte nicht krankheitseinsichtig gewesen sei, vor dem Hintergrund der festgestellten zwischen Februar 2022 und Dezember 2023 rund zwanzigmal erfolgten freiwilligen Unterbringung in psychiatrischen Einrichtungen sowie der Taten II.1, II.2, II.7 und II.8 der Urteilsgründe, die ihren Ausgangspunkt in dem Wunsch nach Medikamenten bzw. nach Weiterbehandlung hatten, kritisch hinterfragen müssen.

c) Der Maßregelausspruch unterliegt damit ebenfalls der Aufhebung. Auch insoweit hebt der Senat die zugehörigen Feststellungen mit auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatgericht - naheliegend unter Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 1 StPO) - insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 889

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede