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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1265

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 50/21, Urteil v. 06.07.2022, HRRS 2022 Nr. 1265


BGH 2 StR 50/21 - Urteil vom 6. Juli 2022 (LG Limburg an der Lahn)

Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (abstraktes Gefährdungsdelikt; Telos: Schutz des freien Wettbewerbs und des Geschäftsherrn; Unrechtsvereinbarung: Gesamtwürdigung; unlautere Bevorzugung: auch bevorzugte Zulassung zu einem internen Auswahlverfahren, Einladung zu einem beschränkten Teilnahmewettbewerb, subjektiviert, keine genaue Vorstellung von der Verletzung eines bestimmten Mitbewerbers in einer konkreten Wettbewerbssituation notwendig, keine Konkretisierung zurzeit der Unrechtsvereinbarung notwendig, sachlicher Gehalt in groben Umrissen erkennbar und festgelegt, Abgrenzung von geschäftsüblichen Maßnahmen zur bloßen „Klimapflege“ oder „sozialadäquaten Zuwendungen“); Beweiswürdigung (beschränkte Revisibilität der Beweiswürdigung; lückenlose Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände: keine isolierte Beurteilung eines Beweisanzeichens, wahres Gewicht von Einzelindizien).

§ 299 StGB; § 261 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. § 299 StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Es schützt den freien Wettbewerb und den Geschäftsherrn. Er bestraft nicht eine bloße Belohnung von bereits ausgeführten Leistungen, sondern nur ein Handeln aufgrund einer ausdrücklich oder konkludent geschlossenen Unrechtsvereinbarung zwischen einem Angestellten oder Beauftragten des Geschäftsherrn und dem Vorteilsgeber dahin, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung („dafür“) dienen soll.

2. Eine künftige unlautere Bevorzugung in diesem Sinn besteht in einer sachfremden Entscheidung zwischen verschiedenen Wettbewerbern; sie kann auch in einer bevorzugten Zulassung zu einem internen Auswahlverfahren oder in einer Einladung zu einem beschränkten Teilnahmewettbewerb liegen. Zur Annahme einer Unrechtsvereinbarung reicht es aus, wenn die Übereinkunft der Beteiligten darauf zielt, dass der Vorteilsgeber innerhalb eines bestimmten Aufgabenbereichs oder Kreises von Lebensbeziehungen nach einer gewissen Richtung hin tätig werden soll.

3. Die Bevorzugung ist subjektiviert. Hinreichend ist es, wenn die zum Zweck des Wettbewerbs vorgenommene Vorteilsgewährung nach der Vorstellung der Tatbeteiligten dazu geeignet ist, eine Bevorzugung im Wettbewerb zu veranlassen. Einer genauen Vorstellung von der Verletzung eines bestimmten Mitbewerbers in einer konkreten Wettbewerbssituation bedarf es nicht. Künftige Mitbewerber im Sinne des abstrakten Gefährdungsdelikts sind auch nicht nur diejenigen, die sich im Einzelfall um den Absatz ihrer Leistungen bemühen oder für die Erfüllung von Aufträgen in Aussicht genommen sind, sondern alle Gewerbetreibenden, die Leistungen gleicher oder verwandter Art in den geschäftlichen Verkehr einbringen. Es genügt bereits, dass die Beteiligten zurzeit der Unrechtsvereinbarung mit der Möglichkeit des Wettbewerbs anderer gerechnet haben.

4. Die künftige Bevorzugung muss zurzeit der Unrechtsvereinbarung nicht genau konkretisiert sein. Da dann oft noch keine genaue Vorstellung darüber besteht, wann, bei welcher Gelegenheit und in welcher Weise die Vereinbarung eingelöst werden soll, genügt es, wenn die ins Auge gefasste künftige Bevorzugung nach ihrem sachlichen Gehalt in groben Umrissen erkennbar und festgelegt ist. Erforderlich ist nur eine Konkretisierung der künftigen Gegenleistung für den gewährten Vorteil insoweit, als sie von geschäftsüblichen Maßnahmen zur bloßen „Klimapflege“ oder „sozialadäquaten Zuwendungen“ abgegrenzt und dadurch als rechtswidrige Handlung wegen Verknüpfung mit einem inadäquaten Vorteil bewertet werden kann.

5. Lässt sich eine zwischen den Beteiligten getroffene Unrechtsvereinbarung nach Zeitpunkt und Inhalt nicht im Einzelnen konkretisieren, müssen die Indizien, die für und gegen ihre Existenz sprechen, in einer lückenlosen Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände abgewogen werden.

6. Rechtsfehlerhaft ist es, zugunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat. Danach sind entlastende Angaben eines Angeklagten nicht schon deshalb als unwiderlegbar hinzunehmen, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt. Tatsachenmitteilungen des Angeklagten müssen vielmehr auf ihre Glaubhaftigkeit überprüft werden. An die Bewertung seiner Einlassung sind grundsätzlich die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Beurteilung sonstiger Beweismittel. Der Tatrichter hat sich aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung zu bilden.

7. Ist eine Vielzahl einzelner Erkenntnisse angefallen, so ist eine Gesamtschau vorzunehmen. Ein auf einen feststehenden Kern gestütztes Beweisanzeichen, dessen Bedeutung für sich genommen unklar bleibt, darf nicht nur isoliert beurteilt werden. Beweisanzeichen können in einer Gesamtschau wegen ihrer Häufung und gegenseitigen Durchdringung die Überzeugung von der Richtigkeit eines Vorwurfs begründen. Erst durch die Gesamtwürdigung zusammen mit den weiteren Beweisergebnissen entfalten Einzelindizien ihr wahres Beweisgewicht.

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 24. August 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten S. vom Vorwurf der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und die Angeklagten J. und S. M. vom Vorwurf der Bestechung im geschäftlichen Verkehr freigesprochen.

Hiergegen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

1. Mit der Anklageschrift vom 10. Oktober 2019 legt die Staatsanwaltschaft den Angeklagten Folgendes zur Last:

Der Angeklagte S. sei vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Firma B. GmbH mit Sitz in W. gewesen, die zum R. -Konzern gehört habe und unter anderem für die Verwaltung und den Verkauf von Immobilien des Konzerns zuständig gewesen sei. Die Angeklagten J. und S. M. hätten die Gebrüder M. GmbH & Co. KG und die M. H. GmbH & Co. KG gegründet sowie die M. I. GmbH und Co. KG betrieben. Am 23. August 2012 habe der Angeklagte S. von der B. GmbH ein Einfamilienhaus in L. gekauft. An diesem Objekt seien von der Gebrüder M. GmbH & Co. KG in der Zeit von 2012 bis März 2017 umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten im Wert von 37.572,39 € und von der M. H. GmbH & Co. KG oder durch Subunternehmen Arbeiten im Wert von 61.250,53 € ausgeführt worden. Noch vor Beginn der Arbeiten seien die Angeklagten übereingekommen, dass diese Arbeiten dem Angeklagten S. nicht in Rechnung gestellt würden. Dabei seien sie zumindest stillschweigend davon ausgegangen, dass der Angeklagte S. als Geschäftsführer der B. GmbH sowohl hinsichtlich des Verkaufs von Grundstücken dieses Unternehmens als auch bei der Beauftragung von Bauleistungen maßgeblichen Einfluss nehmen könne und dafür sorgen werde, dass die Firmen der Angeklagten M. als Gegenleistung für die unentgeltliche Erbringung der Leistungen an dem Anwesen des Angeklagten S. weiter von der B. GmbH beauftragt würden.

Dementsprechend seien die Firmen der Angeklagten M. auch nach dem Jahr 2012 von der B. GmbH mit Bau- und Sanierungsarbeiten beauftragt worden. Erst nach Beginn des Ermittlungsverfahrens hätten die Angeklagten M. dem Angeklagten S. die Arbeiten an dessen Wohnhaus am 23. März 2017 in Rechnung gestellt; dieser habe die Rechnungen aber auch danach nicht bezahlt.

2. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:

a) Die B. GmbH, eine Tochtergesellschaft der R. GmbH, verwaltete in erster Linie ehemalige Werkswohnungen. Da es sich um eine geschäftsfremde Tätigkeit handelte, sah der Angeklagte S. die Existenz des Unternehmens als bedroht an, wenn sie nicht ihre Rentabilität steigern würde. Aus diesem Grund verfolgte er das Konzept, dass sich die B. GmbH einerseits von nicht wirtschaftlichen Immobilien trennen, andererseits an Neubauprojekten beteiligen sollte. Dabei legte er Wert darauf, dass an den Projekten Unternehmen aus der Region beteiligt werden.

Auf die M. H. GmbH & Co. KG wurde der Angeklagte S. durch ein Musterhaus aufmerksam. Die B. GmbH plante die Herstellung eines „Energieplus-Hauses“. Dazu lag ein Angebot der Firma S. vor. Der Angeklagte S. wollte jedoch der Firma M. H. GmbH & Co. KG eine Chance zur Erlangung des Auftrags geben. Im Dezember 2010 meldete er sich diesbezüglich bei dem Angeklagten J. M. Nach Vorbesprechungen stellte der Angeklagte J. M. eine konkrete Planung vor, worauf der Angeklagte S. um die Einreichung eines Angebots bat, das dann am 10. Mai 2011 abgegeben wurde. Erst am 2. August 2011 teilte der Angeklagte S. dem Angeklagten J. M. mit, dass die R. GmbH das Angebot des Mitbewerbers, der Firma S., bevorzuge, mit der er in ständiger Geschäftsbeziehung stand. Der Angeklagte S. fragte den Angeklagten J. M., was er für den Planungsaufwand schuldig sei. Dieser entgegnete, dass hierfür nichts berechnet werde und sich vielleicht in Zukunft die Möglichkeit einer Zusammenarbeit ergeben könne.

b) In den Jahren 2011 bis 2016 kam es zu vier Projekten, bei denen die B. GmbH und die Firma M. H. GmbH & Co. KG zusammenarbeiteten. Es handelte sich neben der Sanierung und Aufstockung zweier Mehrfamilienhäuser in L. um den Kauf von Grundstücken am La. in W. zwecks Bebauung, um die Neuerrichtung zweier Mehrfamilienhäuser in der H. Straße in W. und um den Umbau einer Villa am N. in W. zu einem Mehrfamilienhaus.

c) Im Einzelnen ging es um Folgendes:

aa) Im September 2011 berichtete der Angeklagte S. dem Angeklagten J. M. von einem Projekt in L., bei dem zwei Mehrfamilienhäuser saniert und aufgestockt werden sollten. Dazu arbeitete die Firma M. in der Folgezeit ein Angebot aus, das zur Auftragserteilung führte. Im Mai 2012 folgten mehrere Baubesprechungstermine. Danach wurde mit den Arbeiten begonnen.

bb) Auf dem La. in W. hatte die B. GmbH von der R. GmbH Grundstücke für 506.000 € erworben, die mit dreistöckigen Mehrfamilienhäusern bebaut werden sollten. Gegen diese Pläne richtete sich erheblicher Widerstand der Anwohner des Villenviertels. Die B. GmbH wurde in der Presse heftig kritisiert und fürchtete um ihren Ruf. Damit sie nicht weiter negativen Meldungen über das Projekt in der Öffentlichkeit ausgesetzt war, bot der Angeklagte S. Anfang 2013 dem Angeklagten J. M. an, die Grundstücke zu erwerben und das Projekt weiterzuführen. Dieser ließ eine Planung von zweistöckigen Häusern erstellen, die von der Stadt W. unterstützt wurde. Die Angeklagten S. und J. M. verhandelten über den Kaufpreis der Grundstücke durch die M. I. GmbH & Co. KG, wobei neben der neuen Planung auch die eingeschränkte Bebaubarkeit der Grundstücke wegen früher dort betriebenen Bergbaus, vorhandener Grunddienstbarkeiten für Versorgungsleitungen und wegen eines erheblichen Gefälles der Grundstücke eine Rolle spielte. Sie einigten sich auf einen Kaufpreis von 915.000 €. Außerdem besprachen sie, dass die B. GmbH eines der Hausgrundstücke wieder erwerben und dabei einen Preisnachlass erhalten sollte. Tatsächlich wurde ein Rabatt von 20 % gewährt. Durch den Erwerb wurde auch eine Verkaufsquote von mehr als 50 % erfüllt, von welcher die Sparkasse W. die Finanzierung abhängig gemacht hatte. Später erwarb die B. GmbH ein weiteres Hausgrundstück und erlangte dabei einen Preisnachlass von 10 %.

cc) Im Jahr 2015 plante die B. ein Neubauprojekt in der H. Straße in W. Dabei stand sie unter Zeitdruck wegen der Budgetierung der Mittel bei der R. GmbH. Bei einer ersten Ausschreibung wurden drei Angebote eingereicht. Das Angebot der M. H. GmbH & Co. KG war zwar das günstigste Angebot, es überschritt aber den eingeplanten Finanzrahmen. Darauf wurden die Planungen geändert. Bei einer zweiten Ausschreibung wurde der Kreis der angeschriebenen Firmen erweitert, jedoch lagen im Ergebnis wieder nur drei vollständige Angebote vor. Die Konkurrenzfirma W. hielt nicht die geforderten Standards der Leistungsbeschreibungen ein. Die weitere Konkurrenzfirma We. änderte in ihrem Angebot das Ausführungsdatum. Danach verblieb nur die M. H. GmbH & Co. KG mit einem erfolgversprechenden Angebot. Sie erhielt den Zuschlag, nachdem der Angeklagte S. noch ein Skonto von 3 % und eine Vertragsstrafe ausgehandelt hatte.

dd) Ende des Jahres 2016 kam der Angeklagte S. wegen des Projekts des Umbaus einer Villa in ein Mehrfamilienhaus auf den Angeklagten J. M. zu. Dies führte zum Abschluss eines Bauvertrages am 30. April 2017 und zur Durchführung des Projekts.

d) Hinsichtlich des Angeklagten S. hat das Landgericht Folgendes festgestellt:

Bei der Präsentation des Projekts in L. im September 2011 teilte der Angeklagte S. dem Angeklagten J. M. mit, dass er eventuell ein Hausgrundstück der B. GmbH erwerben wolle, das einen Renovierungsstau aufweise. Er bat J. M. darum zu schauen, „was man da machen könne“. Nach einer Besichtigung des Objekts am 1. Juni 2012 teilte der Angeklagte S. dem Angeklagten J. M. mit, er habe die Immobilie noch nicht erworben, die Verhandlungen seien noch in der Schwebe, aber das Haus müsse ohnehin renoviert werden. Wenn er es nicht erwerbe und die Arbeiten bezahle, werde die B. GmbH als Auftraggeberin die Renovierung bezahlen. Am 23. August 2012 schloss der Angeklagte S. mit der B. GmbH den notariellen Kaufvertrag über das Hausgrundstück. Am 7. September 2012 fand ein Besprechungstermin mit dem Angeklagten J. M. statt; dabei erklärte der Angeklagte S., mit den Arbeiten am Haus solle begonnen werden, auch wenn das Grundstückseigentum noch nicht auf ihn übergegangen sei. Den Abschluss des Kaufvertrages und seinen Eigentumserwerb erwähnte er dabei noch nicht; in den folgenden Wochen erfuhr der Angeklagte J. M. aber davon.

Bis zum Ende des Jahres 2012 wurden die Arbeiten weitgehend abgeschlossen. Der dazu eingeschaltete Subunternehmer F. stellte der M. H. GmbH & Co. KG ab November 2012 mehrere Rechnungen, in denen er auf Wunsch des Angeklagten J. M. die Nennung des Bauvorhabens wegließ, denn diesem war daran gelegen, dass die Leistungserbringung für den Angeklagten S. nicht dokumentiert würde. Über die Höhe der Kosten wurde zwischen J. M. und dem Angeklagten S. nicht gesprochen.

Der Angeklagte S. berichtete dem Angeklagten J. M. immer wieder, dass es zu Verzögerungen beim Verkauf seines Hauses in C. gekommen sei, und er deshalb auf Geld aus diesem Verkauf warten müsse. Der Angeklagte J. M. verstand dies dahin, dass der Angeklagte S. gegenwärtig nicht in der Lage war, eine Rechnung zu bezahlen. Anfang 2013 besprach er diese Situation mit seinem Bruder S. M. Beide beschlossen, keine Rechnung an den Angeklagten S. zu stellen. Dabei gingen sie davon aus, sie könnten den Angeklagten S. angesichts der von ihm angedeuteten Zahlungsschwierigkeiten durch das Erstellen von Rechnungen verärgern und befürchteten, dann bei künftigen Projekten nicht mehr zur Abgabe eines Angebots an die B. GmbH aufgefordert zu werden. Dem Angeklagten S. war bewusst, dass die Angeklagten J. und S. M. aufgrund seiner Andeutungen zur schlechten finanziellen Lage von der Stellung einer Rechnung absahen. Er sprach sie jedoch nicht darauf an. Eine Maßnahme zur künftigen Bevorzugung der Firmen der Angeklagten M. bei Geschäften mit der B. GmbH verband er aber nicht damit. Die Firmen der Angeklagten M. gestalteten im Jahr 2016 noch die Außenanlagen am Anwesen des Angeklagten S. um. Auch insoweit wurde nicht über Kosten gesprochen und keine Rechnung erstellt.

Anfang des Jahres 2017 wandte sich der Angeklagte S. an den Angeklagten J. M. und bat diesen, für die Arbeiten an seinem Haus jetzt Rechnungen zu stellen. Er begründete dies damit, dass „etwas im Busch sei“. Möglicherweise gebe es ein Ermittlungsverfahren gegen ihn und er gehe davon aus, dass sein Telefon überwacht werde. Die Angeklagten J. und S. M. hatten zu dieser Zeit nicht mehr mit der Bezahlung der erbrachten Arbeit gerechnet, erstellten aber auf die Aufforderung des Angeklagten S. dem Leistungswert entsprechende Rechnungen über 61.250,53 € und 37.572,39 €. Dieser zahlte nicht, gab aber ein notarielles Schuldanerkenntnis ab.

3. Das Landgericht hat nicht feststellen können, dass die Angeklagten eine Vereinbarung getroffen hatten, wonach die Angeklagten J. und S. M. die Arbeiten für den Angeklagten S. unentgeltlich leisteten und dieser im Gegenzug deren Firmen bei der Vergabe von Aufträgen durch die B. GmbH bevorzugen sollte.

Es habe sich keine Bevorzugung der Firmengruppe der Angeklagten M. feststellen lassen: Das Projekt in L. sei bereits vor den ersten Arbeiten am Wohnhaus des Angeklagten vergeben gewesen. Für den Grundstücksverkauf am La. in W. sei keine Ausschreibung erforderlich gewesen; dies sei damit zu erklären, dass die B. GmbH durch die Anwohnerproteste gegen das dortige Bauprojekt unter Druck geraten sei; der Kaufpreis sei angemessen gewesen. Bei der Ausschreibung des Neubauprojekts in W. seien Konkurrenzangebote aus sachlichen Gründen abgelehnt worden. Das Projekt im N. habe Sanierungsarbeiten betroffen, bei denen sich keine Anzeichen für eine Bevorzugung der Firmen der Angeklagten M. ergeben hätten.

Die Strafkammer habe eine „Gesamtabwägung“ der Umstände vorgenommen, dass die M. H. GmbH & Co. KG an großen Projekten der B. GmbH beteiligt gewesen sei, der Angeklagte S. Vorteile in Höhe von insgesamt 98.822,92 € erhalten habe und die Rechnungen des Subunternehmers nicht sein Anwesen als Leistungsort ausgewiesen hätten. Dabei spreche auch das Ansinnen des Angeklagten J. M. an den Subunternehmer, die Leistungserbringung bei dem Angeklagten S. nicht durch die Rechnungen zu dokumentieren, „nicht zwingend für eine Unrechtsvereinbarung“. Dagegen spreche vielmehr, dass über mehrere Jahre der Zusammenarbeit hinweg eine tatsächliche Bevorzugung der Angeklagten M. nicht festzustellen sei; zudem habe der Angeklagte S. „hart verhandelt“. Die Angeklagten J. und S. M. hätten nachvollziehbar erläutert, dass sie erst allmählich zu dem Entschluss gekommen seien, keine Rechnung zu stellen. Der Grund dafür sei ihre Sorge gewesen, andernfalls bei künftigen Projekten nicht mehr zur Abgabe eines Angebots aufgefordert zu werden. Auch die Tatsache, dass mit größerem zeitlichem Abstand im Jahr 2016 weitere Arbeiten im Außenbereich des Anwesens des Angeklagten S. unter Verzicht auf eine Rechnungsstellung durchgeführt wurden, spreche „nicht zwingend“ dafür, dass eine Unrechtsabrede zugrunde gelegen habe. Hätten die Angeklagten M. diese Arbeiten in Rechnung gestellt, so hätten sie sich in Widerspruch zu ihrem Verhalten in den Jahren 2012 und 2013 gesetzt.

II.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet.

1. Die Urteilsgründe lassen besorgen, dass die Strafkammer von einem falschen rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.

a) Bestechlich im Sinne von § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist, wer im geschäftlichen Verkehr als Angestellter oder Beauftragter eines Unternehmens einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Waren oder Dienstleistungen einen anderen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge. Den Tatbestand der Bestechung gemäß § 299 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt umgekehrt derjenige, der als Gegenleistung für eine Bevorzugung einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.

aa) Die Tat ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2021 - 1 StR 506/20, NJW 2021, 3606, 3607). § 299 StGB schützt den freien Wettbewerb und den Geschäftsherrn (BGH aaO). Er bestraft nicht eine bloße Belohnung von bereits ausgeführten Leistungen, sondern nur ein Handeln aufgrund einer ausdrücklich oder konkludent geschlossenen Unrechtsvereinbarung zwischen einem Angestellten oder Beauftragten des Geschäftsherrn und dem Vorteilsgeber dahin, dass der Vorteil als Gegenleistung für eine künftige unlautere Bevorzugung („dafür“) dienen soll (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 200/10, wistra 2010, 447; BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 1 StR 532/12, NStZ 2014, 42, 43 f.).

Eine künftige unlautere Bevorzugung in diesem Sinn besteht in einer sachfremden Entscheidung zwischen verschiedenen Wettbewerbern (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2015 - 1 StR 235/14, NZWiSt 2016, 64, 70 mit Anm. Bürger; SSW-StGB/Rosenau, 5. Aufl. § 299 Rn. 24); sie kann auch in einer bevorzugten Zulassung zu einem internen Auswahlverfahren oder in einer Einladung zu einem beschränkten Teilnahmewettbewerb liegen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 228 f.; Bürger, NZWiSt 2016, 72, 74). Zur Annahme einer Unrechtsvereinbarung reicht es aus, wenn die Übereinkunft der Beteiligten darauf zielt, dass der Vorteilsgeber innerhalb eines bestimmten Aufgabenbereichs oder Kreises von Lebensbeziehungen nach einer gewissen Richtung hin tätig werden soll (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 200/10, wistra 2010, 447; Urteil vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 160/12, NStZ 2014, 323).

Die Bevorzugung ist subjektiviert. Hinreichend ist es, wenn die zum Zweck des Wettbewerbs vorgenommene Vorteilsgewährung nach der Vorstellung der Tatbeteiligten dazu geeignet ist, eine Bevorzugung im Wettbewerb zu veranlassen (vgl. BGH, aaO, NZWiSt 2016, 64, 70; SSW-StGB/Rosenau, aaO § 299 Rn. 5). Einer genauen Vorstellung von der Verletzung eines bestimmten Mitbewerbers in einer konkreten Wettbewerbssituation bedarf es nicht (vgl. Senat, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, NJW 2004, 3129, 3133; BGH, aaO NZWiSt 2016, 64, 70; Urteil vom 22. Januar 2020 - 5 StR 385/19, BeckRS 2020, 1450; krit. Bürger, NZWiSt 2016, 72, 74 f.). Künftige Mitbewerber im Sinne des abstrakten Gefährdungsdelikts sind auch nicht nur diejenigen, die sich im Einzelfall um den Absatz ihrer Leistungen bemühen oder für die Erfüllung von Aufträgen in Aussicht genommen sind, sondern alle Gewerbetreibenden, die Leistungen gleicher oder verwandter Art in den geschäftlichen Verkehr einbringen. Es genügt bereits, dass die Beteiligten zurzeit der Unrechtsvereinbarung mit der Möglichkeit des Wettbewerbs anderer gerechnet haben (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2020 - 5 StR 385/19, BeckRS 2020, 1450).

bb) Die künftige Bevorzugung muss zurzeit der Unrechtsvereinbarung nicht genau konkretisiert sein. Da dann oft noch keine genaue Vorstellung darüber besteht, wann, bei welcher Gelegenheit und in welcher Weise die Vereinbarung eingelöst werden soll, genügt es, wenn die ins Auge gefasste künftige Bevorzugung nach ihrem sachlichen Gehalt in groben Umrissen erkennbar und festgelegt ist (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 StR 200/10, wistra 2010, 447, 448; Urteil vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 160/12, NStZ 2014, 323, 324; Matt/Renzikowski/Sinner, StGB, 2. Aufl., § 299 Rn. 21; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 299 Rn. 29; a.A. SK-StGB/Rogall, 9. Aufl., § 299 Rn. 59). Erforderlich ist nur eine Konkretisierung der künftigen Gegenleistung für den gewährten Vorteil insoweit, als sie von geschäftsüblichen Maßnahmen zur bloßen „Klimapflege“ (vgl. Bannenberg in Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 5. Aufl., 13. Kap. Rn. 86) oder „sozialadäquaten Zuwendungen“ (vgl. Kieferle, NZWiSt 2017, 391, 393) abgegrenzt und dadurch als rechtswidrige Handlung wegen Verknüpfung mit einem inadäquaten Vorteil bewertet werden kann.

cc) Lässt sich eine zwischen den Beteiligten getroffene Unrechtsvereinbarung nach Zeitpunkt und Inhalt nicht im Einzelnen konkretisieren, müssen die Indizien, die für und gegen ihre Existenz sprechen, in einer lückenlosen Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände abgewogen werden (vgl. Senat, Urteil vom 3. Dezember 2013 - 2 StR 160/12, NStZ 2014, 323).

b) Nach diesen Maßstäben ist der rechtliche Ansatz der Strafkammer fehlerhaft.

aa) Sie hat das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung unter anderem mit Hinweis darauf verneint, dass das Projekt in L. bereits vor den ersten Arbeiten am Haus des Angeklagten S. vergeben gewesen sei. Diese Wertung greift zu kurz. Maßgeblich für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung ist nicht der Zeitpunkt dieser Baumaßnahmen, sondern derjenige, an dem sich die Angeklagten entschlossen haben, die Arbeiten am Anwesen des Angeklagten nicht in Rechnung zu stellen, um irgendwelche Begünstigungen im Wettbewerb bei künftigen Projekten zu erlangen. Auch eine im weiteren Verlauf konkludent getroffene Unrechtsvereinbarung über das Unterlassen einer Rechnungsstellung würde den Straftatbestand erfüllen.

bb) Die Strafkammer hat sich an der Feststellung einer Unrechtsvereinbarung auch deshalb gehindert gesehen, weil sich keine Anzeichen für eine tatsächliche Bevorzugung der Firmen der Angeklagten M. ergeben hätten. Dem liegt eine fehlerhafte Einschätzung der Bevorzugungsmöglichkeiten und der Bedeutung der tatsächlichen Vorteilsverschaffung zu Grunde. Das Landgericht hat nicht berücksichtigt, dass auch in der bevorzugten Zulassung eines Anbieters zu einem internen Auswahlverfahren, in einer Einladung zu einem beschränkten Teilnahmewettbewerb oder in der direkten Auftragserteilung unter Verzicht auf eine nach den Gesamtumständen sonst zu erwartende Auswahlentscheidung eine Bevorzugung im Sinne des § 299 Abs. 1 und 2 StGB liegen kann.

cc) Bezüglich des Projekts H. Straße in W. hat das Landgericht darauf verwiesen, dass der Angeklagte S. keine Informationen aus dem Ausschreibungsverfahren weitergegeben habe, ferner, dass zwei weitere Konkurrenzangebote vorgelegen hätten, die allerdings nicht geeignet gewesen seien, schließlich, dass die M. H. GmbH & Co. KG bei der zweiten Ausschreibung die einzig verbliebene Anbieterin mit realistischen Aussichten auf den Zuschlag gewesen sei, mit welcher der Angeklagte S. auch „hart verhandelt“ habe. Diese Überlegungen sind nicht tragfähig. Maßgeblich ist nicht nur die Auftragsvergabe, sondern schon das vorangegangene Zulassungsverfahren. Die B. GmbH hatte bei dem Projekt nur einen beschränkten Kreis von Anbietern zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Eine Bevorzugung der M. H. GmbH & Co. KG könnte dann aber bereits darin gelegen haben, dass diese im Gegenzug zur unentgeltlichen Ausführung der Arbeiten am Anwesen des Angeklagten S. in den beschränkten Kreis der Anbieter aufgenommen wurde.

2. Zudem begegnet die Beweiswürdigung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Das Revisionsgericht muss es zwar grundsätzlich hinnehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht oder sonst zu seinen Gunsten entscheidet, weil es Zweifel an der Begehung einer rechtswidrigen Tat nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts; die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob ihm Rechtsfehler unterlaufen sind, weil die Beweiswürdigung lückenhaft, in sich widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt, oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit übertriebene Anforderungen gestellt worden sind. Rechtsfehlerhaft ist es auch, zugunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34; Beschluss vom 19. September 2017 - 1 StR 436/17, NStZ-RR 2018, 20, 21; Urteil vom 30. Juli 2020 - 4 StR 603/19, NStZ 2021, 116, 117). Danach sind entlastende Angaben eines Angeklagten nicht schon deshalb als unwiderlegbar hinzunehmen, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2020 - 5 StR 165/20, NStZ 2021, 286). Tatsachenmitteilungen des Angeklagten müssen vielmehr auf ihre Glaubhaftigkeit überprüft werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 - 5 StR 411/04, BGHSt 49, 365, 370). An die Bewertung seiner Einlassung sind grundsätzlich die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Beurteilung sonstiger Beweismittel. Der Tatrichter hat sich aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung zu bilden (vgl. Senat, Urteil vom 16. August 1995 - 2 StR 94/95, BGHR StPO § 261 Einlassung 6; BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - 3 StR 226/04, NStZ-RR 2005, 45, 46).

b) Nach diesem Maßstab ist die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtlich zu beanstanden.

aa) Soweit die Strafkammer darauf verwiesen hat, weder die Verschleierung der Leistungserbringung am Anwesen des Angeklagten S. in den Rechnungen, noch der Verzicht auf die Geltendmachung der Werklohnforderung für die mit einem großen zeitlichen Abstand im Jahr 2016 ausgeführten Arbeiten im Außenbereich des Anwesens des Angeklagten S. eröffne einen „zwingenden Schluss“ auf das Vorhandensein einer Unrechtsvereinbarung, lassen die Urteilsgründe besorgen, dass die Strafkammer überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung für eine Verurteilung gestellt hat. Schlussfolgerungen des Tatgerichts brauchen nicht zwingend zu sein (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 14. Februar 2017 - 4 StR 422/15, BGHSt 62, 45, 49). Es genügt, dass sie möglich sind und sich das Tatgericht davon überzeugt.

bb) Im Übrigen fehlt es auch an einer lückenlosen Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände.

(1) Ist eine Vielzahl einzelner Erkenntnisse angefallen, so ist eine Gesamtschau vorzunehmen. Ein auf einen feststehenden Kern gestütztes Beweisanzeichen, dessen Bedeutung für sich genommen unklar bleibt, darf nicht nur isoliert beurteilt werden. Beweisanzeichen können in einer Gesamtschau wegen ihrer Häufung und gegenseitigen Durchdringung die Überzeugung von der Richtigkeit eines Vorwurfs begründen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 1998 - 1 StR 243/98, bei Altvater, NStZ 1999, 18, 19; Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 513/01, NJW 2002, 2188, 2189). Erst durch die Gesamtwürdigung zusammen mit den weiteren Beweisergebnissen entfalten Einzelindizien ihr wahres Beweisgewicht (BeckOK-StPO/Eschelbach, 43. Ed., § 261 Rn. 13). Dies hat das Landgericht nicht ausreichend beachtet.

(2) Hier liegt eine Reihe von Indizien vor, die auf eine Unrechtsvereinbarung der Angeklagten hindeuten.

So wurde kein Kostenvoranschlag für die Umbaumaßnahmen an dem Anwesen des Angeklagten S. erbeten und erstellt. Auch sonst wurde zwischen den Parteien des Bauwerkvertrages bis zum Beginn der strafrechtlichen Ermittlungen nicht über die Höhe der Kosten der verschiedenen Leistungen und deren Bezahlung gesprochen. Der Angeklagte S. hätte aber frühzeitig daran interessiert sein müssen zu erfahren, welche Kosten auf ihn zukommen würden, wenn er diese hätte bezahlen wollen und sollen. Dies gilt besonders, weil er sich nach seinen Bekundungen in der Zeit, in der eine Rechnungsstellung für die Leistungen der Jahre 2012 und 2013 zu erwarten gewesen wäre, in finanziellen Schwierigkeiten befand. Auch nachdem er im Jahr 2017 Rechnungen angefordert hatte, war er schließlich nicht in der Lage diese zu bezahlen. Er hat letztlich weder die Gesamtsumme noch Teilbeträge der für eine bloße „Klimapflege“ offensichtlich inadäquaten Kosten für bauliche Maßnahmen an seinem privaten Anwesen bezahlt. Die Kosten für die Einschaltung eines Subunternehmers wurden durch die von den Angeklagten M. erbetene Nichterwähnung des Leistungsortes in dessen Rechnungen verschleiert; die späteren Arbeiten an den Außenanlagen wurden in die Schlussrechnung für das Projekt La. einbezogen und dadurch ebenfalls kaschiert. Angesichts des jahrelangen Desinteresses des Angeklagten S. daran, den Umfang der Kosten auch nur in Erfahrung zu bringen, wäre im Fall eines anfänglichen Einvernehmens der Partner der Bauwerkverträge über die vertragliche Zahlungspflicht des Auftraggebers S. eine andere Reaktion der Auftragnehmer M. zu erwarten gewesen als der angeblich nur unter diesen nach und nach erörterte und nie gegenüber dem Angeklagten S. ausgesprochene Gedanke, die Leistungen nicht in Rechnung zu stellen.

Das Landgericht hat für einzelne dieser Umstände neutrale Begründungen für möglich gehalten, sich aber nicht mit den Wechselwirkungen aller Beweisanzeichen auseinandergesetzt.

(3) Die Strafkammer hat auch die Glaubhaftigkeit der dem Anklagevorwurf entgegengehaltenen Aussagen der Angeklagten nicht umfassend überprüft. In die „Gesamtabwägung“ hat sie zuvor erkannte Widersprüche in den Einlassungen der Angeklagten M. zum Grund für die Bitte an den Subunternehmer, dessen Leistungsort nicht in seinen Rechnungen zu nennen, nicht einbezogen. Auch hat sie ihre Wertung, die Einlassung des Angeklagten S., warum er bis 2017 keine Rechnung gefordert hat, überzeuge nicht, bei der „Gesamtabwägung“ nicht aufgegriffen.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1265

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede