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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 243

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 200/17, Urteil v. 10.01.2018, HRRS 2018 Nr. 243


BGH 2 StR 200/17 - Urteil vom 10. Januar 2018 (LG Köln)

Schwerer Raub (Verwendung eines gefährlichen Werkzeuges: Wahrnehmung, aber keine Identifizierung des Tatmittels durch das Opfer).

§ 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels bezogen auf den Grundtatbestand des Raubes; es liegt sonach vor, wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen.

2. Das Tatopfer muss das Nötigungsmittel und die Androhung seines Einsatzes wahrnehmen; denn eine Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt.

3. In diesem Sinne „verwendet“ der Täter ein gefährliches Werkzeug, wenn er den Tatopfern ein Brecheisen „mit leichtem Druck in den Rücken“ hält, sich ihrer dadurch bemächtigt und sie zugleich auffordert, seinen Anweisungen zur Vermeidung nachteiliger Konsequenzen Folge zu leisten.

4. Der Annahme vollendeten Verwendens steht nicht entgegen, dass die Tatopfer das vom Angeklagten bewusst verdeckt in ihrem Rücken eingesetzte Werkzeug nur taktil und nicht visuell wahrnahmen und deshalb nicht erkannten, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte. Es genügt, wenn das Tatopfer den Gegenstand als Drohungsmittel wahrnimmt, zutreffend davon ausgeht, dass von ihm im Falle eines Einsatzes eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben ausgeht, und es sich so in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt sieht.

5. Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass die Tatopfer den verwendeten Gegenstand zwar wahrnahmen, jedoch nicht als Brecheisen zu identifizieren vermochten.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 19. Dezember 2016

a) in den Fällen 1, 3 und 4 der Urteilsgründe im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des besonders schweren Raubes in zwei Fällen sowie des Diebstahls mit Waffen schuldig ist,

b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 1, 3 und 4 sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe und die Bestimmung des Vorwegvollzugs aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen schweren Raubes in 2 Fällen sowie wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt; darüber hinaus hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) sowie den Vorwegvollzug von neun Monaten der Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet.

Dagegen richtet sich die zuungunsten des Angeklagten eingelegte und auf sachlich-rechtliche Einwendungen gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

Das Landgericht hat, soweit für die Entscheidung bedeutsam, folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. a) Der Angeklagte entschloss sich am Abend des 9. Januar 2015, am folgenden Morgen eine Spielhalle in K. zu überfallen; er plante, gegen anwesende Angestellte erforderlichenfalls körperliche Gewalt einzusetzen oder Drohungen auszusprechen, um die in der Spielhalle aufgestellten Spielautomaten aufbrechen und das darin befindliche Bargeld entwenden zu können. Als Tatwerkzeuge wollte er ein Messer und ein Brecheisen verwenden. Er stellte sein Fahrzeug, in dem er die Tatwerkzeuge - ein „handelsübliches“ Messer mit einer Klingenlänge von rund zehn bis zwölf Zentimetern sowie ein rund 50 Zentimeter langes Brecheisen aus Metall - deponiert hatte, in der Nähe der Spielhalle ab; anschließend verbrachte er die Nacht in verschiedenen Bars in der Innenstadt von K. und konsumierte Alkohol und Rauschgift.

Am Morgen des 10. Januar 2015 begab er sich zu seinem Fahrzeug, nahm Messer und Brecheisen an sich und betrat die Spielhalle. Nachdem er sich zunächst unter einem Vorwand einen Überblick verschafft und wieder entfernt hatte, kehrte er kurze Zeit später zurück, bestellte bei der Spielhallenaufsicht, der Zeugin Kr., eine Tasse Kaffee und begab sich in den hinteren Teil der Spielhalle. Als die Zeugin ihm den Kaffee dorthin brachte und sich von ihm abwandte, hielt ihr der Angeklagte in Umsetzung seines Tatentschlusses „mit leichtem Druck“ und mit den Worten „keine Bewegung, dies ist ein Überfall“ das Brecheisen in den Rücken, um jeden Widerstand zu unterbinden, die Geschädigte einzuschüchtern und den ungehinderten Aufbruch der Spielautomaten sowie die Wegnahme des Bargelds zu ermöglichen. Sodann führte er die Geschädigte, die verspürte, dass ihr ein Gegenstand in den Rücken gedrückt werde, jedoch nicht erkannte, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte, in eine Ecke der Spielhalle, zwang sie, sich niederzuknien und forderte sie auf, ruhig zu sein, dann werde er „gar nichts“ machen. Er begab sich zu den Spielautomaten, brach mithilfe des Brecheisens insgesamt vier Spielautomaten auf, entnahm das darin befindliche Bargeld und floh mit der Tatbeute - rund 1.275 EUR - vom Tatort. Die Geschädigte litt infolge des Überfalls mehrere Wochen unter Angstzuständen und Schlafstörungen (Fall 1 der Urteilsgründe).

b) Am Abend des 23. Mai 2015 entschloss sich der Angeklagte erneut, eine Spielhalle in K. zu überfallen und dabei ebenso wie im Fall 1 der Urteilsgründe vorzugehen. Er parkte sein Fahrzeug in der Nähe der Spielhalle, besuchte in der Nacht verschiedene Bars, konsumierte Alkohol und Kokain, begab sich am Morgen des 24. Mai 2015 zu seinem Fahrzeug, nahm das im Fahrzeug deponierte Brecheisen an sich und betrat die Spielhalle, um sein Vorhaben umzusetzen. Dort begab er sich zunächst auf die Toilette, konsumierte ein Gramm Kokain nasal, kehrte in die Spielhalle zurück und näherte sich der Zeugin P., die gerade im Begriff war, einen der Spielautomaten mit Münzgeld zu befüllen. Der Angeklagte trat von hinten an sie heran, packte sie mit einer Hand vorne am Hals und hielt ihr „mit leichtem Druck mit der anderen Hand das mitgeführte Brecheisen in den Rücken“. Dabei forderte er die Geschädigte, die spürte, dass ihr ein Gegenstand in den Rücken gedrückt wurde, jedoch nicht erkannte, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte, auf, ruhig zu bleiben und „drohte ihr andernfalls für sie nachteilhafte Konsequenzen an“. Der Angeklagte wollte durch den Einsatz dieser Drohungen etwaigen Widerstand der Geschädigten überwinden und sie einschüchtern, um den Aufbruch der Automaten und die Wegnahme des Bargelds zu ermöglichen. Er führte die Zeugin sodann in eine Ecke der Spielhalle, forderte sie auf, dort zu bleiben, brach mit dem Brecheisen einen Spielautomaten auf und entnahm das darin befindliche Bargeld. Dabei nahm die Zeugin, die den Angeklagten beobachtete, das Brecheisen wahr. Der Angeklagte wandte sich einem weiteren Spielautomaten zu, den er mit Hilfe des Brecheisens ebenfalls aufbrach und entnahm das darin befindliche Münzgeld. Anschließend floh er unter Mitnahme des Bargelds in Höhe von rund 2.000 EUR (Fall 3 der Urteilsgründe).

c) Am Abend des 21. August 2015 entschloss sich der Angeklagte erneut zum Überfall auf eine Spielhalle in K. Wie in den vorangegangenen Fällen parkte er sein Fahrzeug, in welchem er das Brecheisen deponiert hatte, in der Nähe der Spielhalle. Nachdem er die Nacht in verschiedenen Bars in K. verbracht und erneut Alkohol und Rauschgift konsumiert hatte, begab er sich am folgenden Morgen, dem 22. August 2015, zu seinem Fahrzeug, nahm das Brecheisen an sich und begab sich in die Spielhalle. Nachdem ihm die dort als Aufsichtsperson tätige Angestellte, die Zeugin S., Wechselgeld ausgehändigt hatte, begab er sich alleine in die obere Etage der Spielhalle, brach mit dem mitgeführten Brecheisen zwei Spielautomaten auf, nahm das darin befindliche Bargeld in Höhe von 251 EUR an sich und floh (Fall 4 der Urteilsgründe).

2. Das Landgericht hat in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe angenommen, dass der Angeklagte den Tatbestand des schweren, nicht jedoch den Tatbestand des besonders schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht habe. Er habe das Brecheisen nicht im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet. Ein Verwenden durch Drohung scheide aus, weil die beiden Tatopfer das Brecheisen nicht als solches zu identifizieren vermochten; sie hätten nur wahrgenommen, dass der Täter ihnen „irgendeinen Gegenstand“ gegen den Rücken gehalten habe. Darüber hinaus habe der Angeklagte das Brecheisen auch nicht konkret gefährlich verwendet, weil er damit nur leichten Druck ausgeübt habe, ohne den Opfern hierdurch Schmerzen zuzufügen. Im Fall 4 der Anklage ist das Landgericht ohne nähere Begründung von einem besonders schweren Fall des Diebstahls (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB) und nicht von einem Diebstahl mit Waffen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1, Buchst. a, Var. 2) StGB ausgegangen.

II.

Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf die Schuldsprüche in den Fällen 1, 3 und 4 der Urteilsgründe beschränkt.

Die Beschwerdeführerin hat die Revision auf die „allgemein erhobene Sachrüge“ gestützt und in der Revisionsbegründungsschrift einen unbeschränkten Aufhebungsantrag gestellt. Die Begründung des Rechtsmittels ist jedoch ausschließlich auf die als rechtsfehlerhaft beanstandete rechtliche Würdigung des Lebenssachverhalts in den Fällen 1, 3 und 4 bezogen. Anhaltspunkte dafür, dass auch der Schuld- und Strafausspruch im Fall 2 der Urteilsgründe sowie die Maßregelanordnung von dem Revisionsangriff umfasst sein sollen, sind der Begründung des Rechtsmittels nicht zu entnehmen.

Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung, so ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel im Wege der Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 26. April 2017 - 2 StR 47/17, NStZ-RR 2017, 201; BGH, Urteile vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; vom 22. Februar 2017 - 5 StR 545/16 und vom 6. Juli 2017 - 4 StR 415/16, StRR 2017, Nr. 8, 18). Die sonach gebotene Auslegung der Revisionsbegründung führt zur Annahme eines auf die Fälle 1, 3 und 4 der Urteilsgründe beschränkten Rechtsmittels.

III.

Die beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe den Tatbestand des besonders schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB verwirklicht.

a) Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels bezogen auf den Grundtatbestand des Raubes; es liegt sonach vor, wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 18. Februar 2010 - 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158 und vom 8. Mai 2008 - 3 StR 102/08, NStZ 2008, 687). Das Tatopfer muss das Nötigungsmittel und die Androhung seines Einsatzes wahrnehmen (BGH, Urteile vom 18. Februar 2010 - 3 StR 556/09, aaO und vom 8. Mai 2008 - 3 StR 102/08, aaO; Beschluss vom 17. Juni 1998 - 1 StR 270/98, NStZ-RR 1999, 7); denn eine Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 1 StR 288/61, BGHSt 16, 386, 387). Eine Drohung erfordert daher, dass der Bedrohte Kenntnis von der Drohung erlangt und dadurch in eine Zwangslage versetzt wird (Senat, Beschluss vom 1. September 2004 - 2 StR 313/04, NStZ 2005, 41, 42). Nimmt das Tatopfer die Drohung des Täters mit einer Waffe oder einem gefährlichen Werkzeug nicht wahr, so wird es nicht in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt und es fehlt an einem vollendeten Verwenden des Drohmittels (vgl. Senat, Beschluss vom 1. September 2004 - 2 StR 313/04, aaO; BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 3 StR 316/11, NStZ 2012, 389; Beschluss vom 21. Oktober 2014 - 4 StR 351/14, NStZ-RR 2015, 13; Beschluss vom 12. Juli 2016 - 3 StR 157/16, NStZ 2017, 26).

b) Gemessen hieran hat der Angeklagte das Brecheisen im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB verwendet. Indem der Angeklagte beiden Tatopfern das Brecheisen „mit leichtem Druck in den Rücken hielt“, sich ihrer dadurch bemächtigte und sie zugleich aufforderte, seinen Anweisungen zur Vermeidung nachteiliger Konsequenzen Folge zu leisten, verwendete der Angeklagte bei der Tat ein gefährliches Werkzeug.

Der Annahme vollendeten Verwendens steht nicht entgegen, dass die Tatopfer das vom Angeklagten bewusst verdeckt in ihrem Rücken eingesetzte Werkzeug nur taktil und nicht visuell wahrnahmen und deshalb nicht erkannten, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte. Anders als in anderen von den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fallkonstellationen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2007 - 4 StR 394/06, NStZ 2007, 332 mit Anm. Kudlich JR 2007, 381; Beschluss vom 6. September 2007 - 4 StR 227/07, StraFo 2008, 85; Beschluss vom 5. Juni 2007 - 4 StR 184/07, StRR 2007, 163; Beschluss vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08, NStZ-RR 2008, 342 und Urteil vom 15. August 2007 - 5 StR 216/07, NStZ-RR 2007, 375) steht vorliegend aus Sicht eines objektiven Betrachters fest, dass es sich bei dem vom Angeklagten als Drohmittel verwendeten rund 50 Zentimeter langen Brecheisen aus Metall - ebenso wie bei einem Holzknüppel (Senat, Beschluss vom 4. September 1998 - 2 StR 390/98, NStZ-RR 1999, 15), einem Besenstiel (BGH, Beschluss vom 20. Mai 1999 - 4 StR 168/99, NStZ-RR 1999, 355), einem Schraubendreher (BGH, Urteil vom 18. Februar 2010 - 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158) oder einem abgesägten Metallstück in Form eines Winkeleisens (Senat, Beschluss vom 21. November 2001 - 2 StR 400/01, NStZ-RR 2002, 108, 109) - um einen objektiv gefährlichen Gegenstand handelt, weil es im Falle seines Einsatzes als Schlag- oder Stichwerkzeug (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 1 StR 24/14, juris) geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Es genügt, wenn das Tatopfer - wie in den zugrunde liegenden Fällen - den Gegenstand als Drohungsmittel wahrnimmt, zutreffend davon ausgeht, dass von ihm im Falle eines Einsatzes eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben ausgeht, und es sich so in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt sieht.

Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass die Tatopfer den verwendeten Gegenstand zwar wahrnahmen, jedoch nicht als Brecheisen zu identifizieren vermochten. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 1. September 2004 - 2 StR 313/04, NStZ 2005, 41, auf die sich das Landgericht für seine abweichende Rechtsauffassung beruft. In der dort entschiedenen Fallkonstellation hatte das Tatopfer den vom Täter als Drohmittel eingesetzten Schraubenzieher überhaupt nicht bemerkt. Dann aber fehlt es - anders als in der hier vorliegenden Fallkonstellation - daran, dass das Tatopfer Kenntnis von der Drohung erlangt. Der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist sonach tragfähig belegt.

c) Der Senat ändert die Schuldsprüche in den Fällen 1 und 3 entsprechend ab; § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Strafaussprüche. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass die Strafaussprüche auf dem Rechtsfehler beruhen. Zwar hat das Landgericht in beiden Fällen minder schwere Fälle des schweren Raubes im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB angenommen. Ungeachtet des Umstands, dass für minder schwere Fälle des Absatzes 1 und des Absatzes 2 des § 250 StGB derselbe, von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reichende Strafrahmen gilt, stellt die unter § 250 Abs. 2 StGB fallende Tat nach der in dem erhöhten Mindestmaß von fünf Jahren Freiheitsstrafe zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Vorbewertung im Vergleich zu Taten nach Absatz 1 der Vorschrift mit einem Mindestmaß von drei Jahren Freiheitsstrafe grundsätzlich das schwerer wiegende Delikt dar (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2017 - 4 StR 208/17). Dieser Gesichtspunkt kann bei der Gewichtung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat sowohl bei der Prüfung des minder schweren Falles als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne Bedeutung erlangen, auch wenn der Tatrichter die Strafe dem einheitlichen Strafrahmen für minder schwere Fälle des Absatzes 3 entnimmt. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, wenn es von der Verwirklichung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ausgegangen wäre, auf eine höhere Strafe erkannt hätte (vgl. für den umgekehrten Fall BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98, NStZ-RR 2000, 43). Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Rechtsfehler nicht berührt sind.

2. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte im Fall 4 der Urteilsgründe den Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1, Buchst. a StGB verwirklicht; denn der Angeklagte hat das Brecheisen, bei dem es sich um ein gefährliches Werkzeug im Sinne der genannten Vorschrift handelt, bei der Tat bei sich geführt; dass er es außerdem als Drohmittel einsetzt, ist für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 244 Abs. 1 Nr. 1, Buchst. a StGB nicht erforderlich. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil auszuschließen ist, dass der in vollem Umfang geständige Angeklagte sich anders als geschehen verteidigt hätte. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird Gelegenheit haben zu prüfen, ob der Angeklagte gewerbsmäßig handelte.

3. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen 1, 3 und 4 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.

Die Maßregelanordnung bleibt hiervon unberührt. Sie entzieht jedoch dem rechtsfehlerfreien Ausspruch zum teilweisen Vorwegvollzug der Strafe (§ 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB) die Grundlage (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2017 - 3 StR 475/16, juris; Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 5 StR 538/14, juris Rn. 4).

Die Feststellungen können insgesamt bestehen bleiben, da sie von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, den Ausspruch über die Anrechnung der im Königreich Belgien erlittenen Auslieferungshaft (vgl. UA S. 5) in den Urteilstenor aufzunehmen und einen Anrechnungsmaßstab zu bestimmen (zur Notwendigkeit der Aufnahme in den Urteilstenor vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 - 1 StR 247/14, BGHR StGB § 51 Abs. 4 Anrechnung 7 mwN).

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 243

Externe Fundstellen: NStZ 2018, 278; StV 2020, 237

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner