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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 44

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 208/17, Beschluss v. 21.11.2017, HRRS 2018 Nr. 44


BGH 4 StR 208/17 - Beschluss vom 21. November 2017 (LG Offenburg)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 23. Dezember 2016, soweit es ihn betrifft,

a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

aa) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.3 der Urteilsgründe,

bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,

b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz dahin geändert, dass die Höhe des für verfallen erklärten Betrags 3.500 Euro beträgt.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlich unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und mit Betrug und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es eine Verfalls- und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner „hinsichtlich des Schuldspruchs auf die Tat Ziffer 1 der Anklage und ansonsten auf den Rechtsfolgenausspruch“ beschränkten Revision, wobei er die Nichtanwendung des § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Rechtsmittelbeschränkung ist wirksam.

2. Im Fall II.3 der Urteilsgründe begegnet der Einzelstrafausspruch (drei Jahre Freiheitsstrafe) durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Das Landgericht hat den Angeklagten in diesem Fall rechtskräftig des „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und mit Betrug“ schuldig gesprochen. Wie sich aus dem Wortlaut des Tenors und aus der rechtlichen Würdigung des Landgerichts (UA 37) ergibt, beruht der Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung auf einer Anwendung des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB. Das Landgericht hat dann jedoch den anzuwendenden Strafrahmen „ausgehend vom Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB“ (UA 40) bestimmt. Dies ist rechtsfehlerhaft; daran ändert der Umstand nichts, dass das Landgericht das Vorliegen eines minder schweren Falles des § 250 Abs. 3 StGB bejaht hat. Danach ist zwar für minder schwere Fälle des Absatzes 1 und des Absatzes 2 derselbe, von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reichende Strafrahmen vorgesehen. Doch stellt sich eine unter § 250 Abs. 2 StGB fallende Tat nach der gesetzlichen Vorbewertung, wie sie ihren Ausdruck in dem erhöhten Mindeststrafmaß von fünf Jahren Freiheitsstrafe gefunden hat, im Vergleich zu den Taten nach Absatz 1 der Vorschrift mit einem Mindestmaß von (nur) drei Jahren Freiheitsstrafe grundsätzlich als das schwerer wiegende Delikt dar. Dieser Gesichtspunkt kann bei der den Einzelfall betreffenden Gewichtung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat auch dann Bedeutung erlangen, wenn der Tatrichter die Strafe dem einheitlichen Strafrahmen für minder schwere Fälle des Absatzes 3 entnimmt. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht, wäre es von der Verwirklichung des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB auch bei der Strafrahmenwahl ausgegangen, auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98, NStZ-RR 2000, 43).

3. Der Wegfall der Einzelfreiheitsstrafe im Fall II.3 der Urteilsgründe entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.

4. Der Senat hat auch den Verfallsausspruch geändert. Mit Rücksicht auf den Widerspruch zwischen Urteilstenor (5.000 Euro) und Urteilsgründen (3.500 Euro auf UA 54 und 55) hat der Senat den geringeren der beiden Beträge festgesetzt. In diesem Umfang hält die Anordnung des Wertersatzverfalls revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Zwar hat die Strafkammer bei der Berechnung der vom Angeklagten insgesamt erlangten Mindestbeträge auch das im Fall II.4 der Urteilsgründe für das später sichergestellte Rauschgift gezahlte Kaufgeld von 4.500 Euro berücksichtigt; sie ist daher bei der Bestimmung des Erlangten von einer zu hohen Ausgangssumme (12.200 Euro statt 7.700 Euro) ausgegangen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juni 1998 - 3 StR 182/98). Das Landgericht hat jedoch sodann rechtsfehlerfrei gestützt auf § 73c Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB begründet, dass es die Höhe des Wertersatzverfalls auf 3.500 Euro beschränkt, und hierzu abschließend ausgeführt: „Eine weitergehende Reduzierung kam nach dem Zweck der Verfallsvorschrift indessen nicht in Betracht, nachdem dem gewerbsmäßig handelnden Angeklagten durch die Begehung der Taten auch die Finanzierung eines gehobenen Lebensstandards ermöglicht wurde“ (UA 55). Danach kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht den Verfallsbetrag noch weiter abgesenkt hätte, hätte es nicht rechtsirrig das im Fall II.4 gezahlte Kaufgeld einbezogen.

5. Im Übrigen erweist sich die Revision des Angeklagten als unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 44

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede