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Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 372/02, Beschluss v. 11.12.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 ARs 372/02 - Beschluss vom 11. Dezember 2002

Zuständigkeit für die Anordnung der Übermittlung von Telekommunikations-Verbindungsdaten.

§ 100 g StPO; § 100 h StPO; § 162 StPO; § 90 TKG

Leitsatz des Bearbeiters

Hat ein Anbieter von Telekommunikationsdiensten an einem anderen bekannten Ort als am Verwaltungssitz der Gesellschaft eine Abteilung errichtet, die den Abruf von Telekommunikationsdaten technisch umsetzt, so folgt daraus gemäß § 162 Abs. 1 StPO, dass nicht das Amtsgericht am Verwaltungssitz für die Anordnung der Übermittlung von Verbindungsdaten zuständig ist, sondern dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk die Auskünfte zu erteilen sind.

Entscheidungstenor

Zuständig für die Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft ist das Amtsgericht Y.

Gründe

1. Die Staatsanwaltschaft hält in dem gegen einen unbekannten Täter gerichteten Ermittlungsverfahren zur Ermittlung der Identität des Täters eine Auskunft der AG über Telekommunikationsverbindungsdaten gemäß §§ 100 g Abs. 1, 100 h Abs. 1 Satz 3, 100 b Abs. 1 Satz 1 StPO für erforderlich. Sie hat deshalb zunächst, und zwar vor den Entscheidungen des Senats in den unten genannten anderen Verfahren, beim Amtsgericht X, in dessen Bezirk sich die Zentrale der Gesellschaft befindet, sodann beim Amtsgericht Y, in dessen Bezirk sich die Niederlassung der Gesellschaft befindet, über deren technische Einrichtungen die Verbindungsdaten festzustellen sind, den Erlaß entsprechender richterlicher Anordnungen beantragt. Beide Gerichte haben sich für unzuständig erklärt.

2. Die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung durch den Bundesgerichtshof gemäß § 14 StPO sind gegeben.

3. Zuständig für die Entscheidung ist hier, wie der Senat in gleichgelagerten Sachen bereits mehrfach entschieden hat (vgl. Beschlüsse vom 6. September 2002 - 2 ARs 251/02 und 2 ARs 252/02 sowie vom 13. September 2002 - 2 ARs 276/02 -), das Amtsgericht Y. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts unterscheidet sich der Sachverhalt nicht grundsätzlich von den anderen Fällen, auch wenn die Staatsanwaltschaft den Antrag zunächst beim Amtsgericht als dem für den Sitz der AG in W. zuständigen Amtsgericht gestellt hatte. Daß die Auskunft von der Niederlassung "Y" der AG in zu erteilen war, war der Staatsanwaltschaft bekannt und mußte nicht erst ermittelt werden, was das Anschreiben an die Niederlassung in vom 15. Juli 2002 belegt. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts ergibt sich, wie der Senat in seinen oben genannten Beschlüssen näher dargelegt hat, aus § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO; danach stellt die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Durchführung einer richterlichen Untersuchungshandlung bei demjenigen Amtsgericht, in dessen Bezirk die für erforderlich gehaltene Untersuchungshandlung vorzunehmen ist. Daß die Staatsanwaltschaft hier zunächst das falsche Amtsgericht angerufen hat, rechtfertigt auch unter dem Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit von richterlichen Untersuchungshandlungen im Ermittlungsverfahren keine andere Entscheidung.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kommt es auch nicht auf den Speicherort der Daten - hier W. - an, da dieser vom Betreiber jederzeit geändert werden und sich möglicherweise im Ausland befinden kann.

Wo sich der Speicherort der konkreten Daten befindet, ist für Außenstehende nicht erkennbar, während demgegenüber die zur Auskunft verpflichtete Niederlassung bzw. Abteilung der AG feststeht und allgemein bekannt ist.

Bearbeiter: Ulf Buermeyer