HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1074
Bearbeiter: Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 92/25, Beschluss v. 10.06.2025, HRRS 2025 Nr. 1074
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 16. Oktober 2024
a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens in 21 Fällen, davon in einem Fall in einer das Leben gefährdenden Behandlung und in einem anderen Fall in einer das Leben gefährdenden und erniedrigenden Behandlung, schuldig ist;
b) im Ausspruch über die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben; dieser entfällt. Die bezüglich der Einziehung angefallene Gerichtsgebühr wird um 30 Prozent ermäßigt. Von den entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten und Kosten, die die Einziehung betreffen, hat die Staatskasse 30 Prozent zu tragen.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte hat die weiteren Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in 21 Fällen, davon in einem Fall in zwei tateinheitlichen Fällen, in drei Fällen in drei tateinheitlichen Fällen, in drei Fällen in vier tateinheitlichen Fällen, in vier Fällen in fünf tateinheitlichen Fällen, in drei Fällen in sechs tateinheitlichen Fällen und davon in einem Fall in einer das Leben gefährdenden und erniedrigenden Behandlung, in vier Fällen in sieben tateinheitlichen Fällen, in zwei Fällen in acht tateinheitlichen Fällen, in einem Fall in 12 tateinheitlichen Fällen und in einem Fall in fünf tateinheitlichen Fällen und in einer das Leben gefährdenden Behandlung, zu einer „Einheitsjugendstrafe“ von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es Fahrerlaubnismaßregeln, die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 26.150 € sowie die erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 10.200 € angeordnet.
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Das Urteil hält mit Ausnahme der auf § 73a Abs. 1, § 73c StGB gestützten Anordnung der erweiterten Einziehung rechtlicher Überprüfung stand.
Die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe aus weiteren - durch WhatsApp-Chats belegten - Schleusungshandlungen Einnahmen in Höhe von 10.200 € erzielt, weshalb diese als „erweiterter Wertersatz“ einzuziehen seien, ist rechtsfehlerhaft.
a) Die Anwendung des § 73a Abs. 1 StGB, auch in Verbindung mit § 73c Satz 1 StGB, setzt voraus, dass die Herkunft der Einziehungsgegenstände aus rechtswidrigen Taten feststeht, aber eine sichere Zuordnung zu konkreten oder zumindest konkretisierbaren einzelnen Taten nach Ausschöpfung aller Beweismittel ausgeschlossen ist. Sofern die betreffenden Gegenstände einzelnen rechtswidrigen Herkunftstaten zugeordnet werden können oder könnten, scheidet eine erweiterte Einziehung von Taterträgen (§ 73a Abs. 1 StGB) beziehungsweise ihres Wertes (§ 73c StGB) aus. Vielmehr ist dann eine Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB beziehungsweise des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c StGB einem (gesonderten) Verfahren wegen dieser anderen Straftaten vorbehalten; § 73a Abs. 1 StGB ist gegenüber § 73 Abs. 1 StGB subsidiär (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 5. März 2025 - 6 StR 663/24 Rn. 3 mwN).
b) Nach diesen Maßstäben scheidet eine auf § 73a Abs. 1, § 73c StGB gestützte erweiterte Einziehung des Wertes von Taterträgen aus. Da der Angeklagte hinsichtlich der weiteren Schleusungshandlungen weder angeklagt noch verurteilt worden ist, die inmitten stehenden Erträge aber diesen anderen Taten zugeordnet werden können, hat die Einziehungsentscheidung gegebenenfalls in einem gesonderten Strafverfahren gegen ihn wegen dieser Herkunftstat(en) zu erfolgen.
c) Der Senat lässt die Einziehungsentscheidung in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO entfallen.
2. Der Senat hat die Urteilsformel neu gefasst. Die Differenzierung nach der Anzahl der tateinheitlich begangenen Fälle macht den Schuldspruch schwer verständlich (vgl. § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO) und ist darüber hinaus - wie hier - fehleranfällig.
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1074
Bearbeiter: Christoph Henckel