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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 887

Bearbeiter: Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 439/21, Urteil v. 28.07.2022, HRRS 2022 Nr. 887


BGH 1 StR 439/21 - Urteil vom 28. Juli 2022 (LG Schwerin)

Subventionsbetrug (Begriff der subventionserheblichen Tatsache: erforderliche Darstellung der Angaben im Subventionsantrag im Urteil); Abgrenzung Sachverständiger und sachverständiger Zeuge.

§ 264 Abs. 1, Abs. 8 Nr. 1 StGB; § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO; § 85 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Nach § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB sind solche Tatsachen subventionserheblich, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes vom Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet werden. Als subventionserheblich können dabei auch Tatsachen aus den Antragsunterlagen in Betracht kommen, die für die Bewilligung der Subvention bedeutsam sind.

2. Das Tatgericht hat im Urteil in diesen Fällen deshalb darzustellen, welche Angaben der Angeklagte im Subventionsantrag, nebst ergänzend eingereichten Unterlagen, gemacht hat.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 14. Dezember 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht Rostock hatte den Angeklagten am 2. Juni 2015 von dem Vorwurf des Subventionsbetrugs aus rechtlichen und dem des Betrugs aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit Urteil vom 25. Oktober 2017 (1 StR 339/16) hatte der Senat den Freispruch wegen eines durchgreifenden Darstellungsmangels aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Schwerin zurückverwiesen. Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten von dem Vorwurf des Subventionsbetrugs und des Betrugs aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, mit dem sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat bereits mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.

I.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wollte die Hansestadt Rostock den Standort „Hohe Düne“ maritim-touristisch nutzen. Zu diesem Zweck schloss sie im Juli 1999 mit der H. Y. GmbH (im Folgenden: H.) einen Konzessionsvertrag über Planung, Finanzierung, Bau und Betrieb des Gewerbegebiets „Hohe Düne“ ab. Zum Frühsommer 2002 wurde der Angeklagte als Geschäftsführer der H. eingesetzt. Der Angeklagte beabsichtigte, in der Nähe dieses Gewerbegebiets ein Wohngebiet namens „T.“ zu errichten.

Für die Errichtung der geplanten Yachthafen-, Kongress- und Hotelanlage „Hohe Düne“ wurden im Sommer 2002 zwei Betriebsgesellschaften gegründet, die H. Y. B. GmbH, später umfirmiert in Y. H. GmbH (im Folgenden: Y.), und die M. GmbH (im Folgenden: M.), später umfirmiert in K. GmbH. Geschäftsführer der H. Y. B. GmbH war der Angeklagte, Gesellschafterin die O. AG, in deren Vorstand ebenfalls der Angeklagte war. Gesellschafter und Geschäftsführer der M. war Ma. ; ab dem 20. Mai 2003 wurde B. zum Geschäftsführer bestellt.

2. Am 4. Juli 2002 stellte der Angeklagte für die Y. beim L. M. (im Folgenden: L.) einen Antrag auf Gewährung öffentlicher Finanzierungshilfen zur Errichtung eines Wellnesshotels über 49,5 Millionen Euro. Einen Tag später reichte Ma. für die M. einen entsprechenden Förderantrag zur Errichtung eines Kongresshotels über 49,5 Millionen Euro ein.

Im Oktober 2002 stellten die Y. und die M., jeweils vertreten durch den Zeugen P., einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung. Für die Y. lautete der Antrag auf ein „Hafen im Hafenausgerichtetes Hotel mit Gastronomie, Läden und Wellness/Fitness und zwei vorgelagerte Gastronomiepavillions“, für die M. auf „Errichtung Verwaltung, Sporthotel, Bootshalle (…) und Gebäude mit Gastronomie, Schulungs- und Tagungsräume für maritim touristische Gewerbebetriebe“. Im November 2002 erwarb die H. einen Teil der zu bebauenden Grundstücksfläche von der Hansestadt Rostock und pachtete den Rest der benötigten Fläche an.

Die beantragten Baugenehmigungen wurden durch die Hansestadt Rostock am 23. Mai 2003 erteilt.

Am 25. Mai 2003 schloss die H. jeweils mit der Y. und der M. einen weitestgehend identischen Pachtvertrag über die im Gewerbegebiet belegenen Flächen für die Errichtung der Hotels nebst weiteren Gebäuden ab. Aufgrund eines Hinweises einer von dem Angeklagten zur Prüfung der Pachtverträge beauftragten Rechtsanwaltskanzlei vom 1. April 2004 veranlasste der Angeklagte rückwirkend ab dem 18. Januar 2004 eine Erhöhung der Pachtzinsen.

Am 26. Mai 2003 schlossen die Y., vertreten durch den Angeklagten, und die M., vertreten durch den Geschäftsführer B., mit der H. S. GmbH (im Folgenden: H.), deren faktischer Geschäftsführer der Angeklagte war, zwei Pauschalverträge über die Errichtung der gesamten Hotelanlage ab. In diesen Verträgen waren 48,2 Millionen Euro für den Teil der Y. und 49,5 Millionen Euro für den Teil der M. vereinbart.

Am 16. Dezember 2003 beauftragte die Os. W. GmbH, später umfirmiert in Wo. GmbH (im Folgenden: OH.), deren Geschäftsführer der Angeklagte war, die H. mit der schlüsselfertigen Erstellung des Wohngebiets „T.“ zu einem Pauschalpreis von 27 Millionen Euro; dieser Vertrag wurde am 7. August 2005 aufgelöst.

Ebenfalls am 16. Dezember 2003 schlossen der Angeklagte für die H. und der Zeuge Lu. für die N. B. (im Folgenden: N.) einen Bauvertrag für die Gesamtanlage des Wellness- und des Kongresshotels nebst Nebenanlagen zum Gesamtpreis von 64 Millionen Euro ab. Der Angeklagte ließ den Vertrag von dem von ihm eingesetzten Geschäftsführer der H. Ki. unterschreiben. Dieser Vertrag wurde auf Veranlassung des Angeklagten von den Vertragsparteien direkt im Anschluss wieder aufgehoben. Ebenso wurde mit einem am selben Tag abgeschlossenen Vertrag zwischen der H. und der N. für die Erstellung des „T. s“ zum Preis von 25,6 Millionen Euro verfahren.

Noch am selben Tag vereinbarte der Angeklagte für die H., wobei der Geschäftsführer Ki. unterschrieb, mit der N. einen Pauschalvertrag zum Preis von insgesamt 89,6 Millionen Euro für die Errichtung des Wellness- und des Kongresshotels nebst Nebenanlagen sowie des „T. s“.

Der Angeklagte und B. reichten nur die Generalunternehmerverträge zwischen den beiden Betreibergesellschaften und der H. bei dem L. ein.

Intern hatte die N. ihre Baukosten mit 47,25 Millionen Euro für das Gewerbegebiet „Hohe Düne“ und etwas geringer für den „T.“ kalkuliert.

3. Am 23. Dezember 2003 bewilligte das Wi. M. antragsgemäß den beiden Betreibergesellschaften durch zwei Zuwendungsbescheide bei einer Förderquote von 49 Prozent eine Gesamtfördersumme von 47,481 Millionen Euro. Den Betreibergesellschaften wurden auf ihre Mittelabrufe - entsprechend der Teilauszahlungsbescheide - durch das L. in der Zeit vom 12. August 2004 bis zum 27. April 2006 die bewilligten Fördergelder auf ihre Firmenkonten bei der Ost. sparkasse R. ausgezahlt.

In der Folge erbrachte die N. gleichzeitig Leistungen für die Projekte „Hohe Düne“ und „T. “. In den von ihr erstellten Abschlagsrechnungen wurde nicht zwischen den Bauvorhaben Wellness- und Kongresshotel und „T.“ unterschieden. Die N. erhielt von der H. insgesamt 57,1 Millionen Euro ausbezahlt. Die H. stellte im Anschluss daran Abschlagsrechnungen an die Betreibergesellschaften, die die in den Pauschalverträgen insgesamt vereinbarten 97,7 Millionen Euro zahlten.

4. Im September 2005 nahmen die beiden Hotelanlagen ihren Betrieb auf. Sie befinden sich in unmittelbarer Nähe zueinander und geben nach außen ein einheitliches architektonisches Bild ab. Um den nach außen vermittelten Eindruck eines einheitlichen Betriebes zu untermauern, schlossen die beiden Betreibergesellschaften, vertreten durch den Angeklagten und den formalen Geschäftsführer B., einen Geschäftsbesorgungsvertrag ab. Danach übernahm die Y. für die M. die Vermittlung der Hotelzimmer und der Konferenzräume gegen Zahlung einer Provision. So wurde auch ermöglicht, dass ein Kunde, der das Angebot beider Hotels nutzen konnte, am Ende seines Aufenthaltes nur eine Rechnung erhielt.

Obwohl beide Hotels über eine eigene Rezeption verfügten, wurde nur die des Wellnesshotels in Betrieb genommen. Die gesamte Gebäudetechnik der Hotels lief zentral im Verwaltungsgebäude zusammen und wurde von dort gesteuert. Die Hotels verfügten nur über eine einheitliche Notstromversorgung und eine gemeinsame Heizung. Auch im Bereich der Küchen gab es Überschneidungen. Entsprechend der anfänglichen Planung hatte nur das Wellnesshotel eine vollausgestattete Küche. Die Restaurants des Sport- und Kongresszentrums, deren Kapazität nicht für Großveranstaltungen ausgelegt war, wurden durch die Küche des Wellnesshotels beliefert.

Überschneidungen gab es auch im personellen Bereich. Der Hoteldirektor und die engere Führungscrew, bestehend aus den Leitern der Bereiche „food and beverage“, Marketing, Küche, Personal, Buchhaltung und Controlling, und einzelne Beschäftigte waren für beide Betreibergesellschaften tätig.

Die Gesamtkosten einer grundsätzlich möglichen Trennung beider Hotelanlagen betragen etwa 1,5 Millionen Euro.

II.

Das Landgericht hat zur Begründung des Freispruchs im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

1. Soweit dem Angeklagten vorgeworfen wurde, durch unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber der zuständigen Behörde einen Subventionsbetrug nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen zu haben, sei er aus tatsächlichen Gründen freizusprechen, da nach einer Gesamtwürdigung trotz der bestehenden technischen, funktionalen und strategischen Verbindungen keine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen Investitionsprojektes vorgelegen habe. Die bestehenden technischen Verbindungen seien auf eine Trennbarkeit angelegt gewesen. Eine Trennung könne jederzeit unter Einsatz eines angemessenen wirtschaftlichen Aufwandes vollzogen werden. Soweit es Überschneidungen im Bereich der Restaurantküchen gäbe, sei es nicht unüblich, bei außerordentlich großen Veranstaltungen, auf externe Hilfe zurückzugreifen. Die gemeinsame Verwaltung der Hotels sei Ausfluss des Geschäftsbesorgungsvertrages.

2. Eine Strafbarkeit nach § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen einer Fehlverwendung von Subventionen sei aus tatsächlichen Gründen nicht gegeben. Eine dauerhafte Mittelfehlverwendung liege nicht vor, da die Summe der von der Y. und der M. an die H. gezahlten Beträge für die Bauleistungen am Bauvorhaben „Hohe Düne“ die Mittelabflüsse der H. für dieses Bauvorhaben nicht überstiegen, wobei bei der Berechnung der Mittelabflüsse die auf das Bauvorhaben „T.“ entfallenden Zahlungen in Abzug gebracht worden seien. Darüber hinaus habe die H. von der OH. Zahlungen von insgesamt 5 Millionen Euro erhalten, womit die Leistungen der N. für das Wohngebiet „T.“ “ vollständig hätten beglichen werden können.

Auch eine temporäre Mittelfehlverwendung läge nicht vor; es habe nicht festgestellt werden können, dass die von der N. für das Wohngebiet „T.“ gestellten Rechnungen von der H. an die Betriebsgesellschaften weiterberechnet worden seien, so dass diese Leistungen auch nicht gegenüber dem L. hätten geltend gemacht werden können.

Das Landgericht hat sich zur Feststellung der Höhe der für das Wohngebiet „T.“ erbrachten und abgerechneten Bauleistungen auf das Gutachten eines Sachverständigen gestützt, der von der H. beauftragt worden war.

3. Eine Verurteilung wegen Betrugs (§ 263 Abs. 1 StGB) komme aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht, weil es an einer Täuschungshandlung durch den Angeklagten fehle.

III.

Der Freispruch des Angeklagten hält einer sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen sind lückenhaft und ermöglichen keine revisionsgerichtliche Überprüfung, ob der Angeklagte unrichtige oder unvollständige Angaben über subventionserhebliche Tatsachen gemacht hat.

1. Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 - 2 StR 150/08 Rn. 12, BGHSt 52, 314 mwN).

Ausführungen des Landgerichts zur Tathandlung.

Wegen Subventionsbetrugs nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind. Ein Subventionsbetrug im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt vor, wenn der Täter mit seinen Erklärungen vorgespiegelt hat, die gemachten falschen Angaben seien richtig bzw. die unvollständigen Angaben seien vollständig; ob das Vorspiegeln Erfolg hat, ist ohne Bedeutung (Fischer, StGB, 69. Aufl., § 264 Rn. 22 mwN). Der Subventionsbetrug nach § 264 StGB pönalisiert allein die Tathandlung (vgl. Saliger in Satzger, Schluckebier, Widmaier, StGB, 5. Aufl., § 264 Rn. 1).

a) Der Senat hat mit Blick auf die subventionserheblichen Tatsachen im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB aF in seinem Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 StR 339/16 Rn. 117 ff. ausgeführt:

„Nach den Urteilsgründen (UA S. 119) enthalten die an die Y. und die M. gerichteten Zuwendungsbescheide in Ziffer X. unter der Überschrift ‚Subventionserheblichkeit der Angaben‘ jeweils folgenden Hinweis:

‚Gemäß § 3 Subventionsgesetz vom 29. Juli 1976 (BGBl. I, S. 2037) ist der Subventionsnehmer verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die der Bewilligung, Gewährung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils entgegenstehen oder für die Rückforderung der Subvention oder des Subventionsvorteils erheblich sind. [...] Tatsachen, die für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Zuwendung von Bedeutung sind, sind subventionserheblich im Sinne von § 264 Strafgesetzbuch. Zu den Tatsachen zählen insbesondere die im Antrag, in ergänzend dazu vorgelegten Unterlagen, in Mittelabrufen und in Nachweisen und Berichten enthaltenen Angaben‘.

Den Inhalt der Zuwendungsbescheide teilt das Landgericht, soweit es die Frage einer ‚künstlichen Aufspaltung‘ des Vorhabens betrifft, nicht vollständig mit. Welche Angaben die Antragssteller in ihren Anträgen, ergänzend dazu vorgelegten Unterlagen, in Mittelabrufen, Nachweisen und Berichten gemacht haben, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Zu entsprechenden Feststellungen hätte aber Veranlassung bestanden, da nach der in den jeweiligen Zuwendungsbescheiden unter Ziffer X. erteilten Belehrung als subventionserheblich auch Tatsachen aus den Antragsunterlagen in Betracht kommen, die für die Bewilligung der Subventionen bedeutsam sind. Das Landgericht hätte daher erörtern müssen, ob nicht die Beschreibung des Investitionsvorhabens nebst Investitionskosten und Investoren in den Anträgen der Betreibergesellschaften subventionserhebliche Tatsachen sind.“

Hierzu verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Es fehlt jede Darstellung und Würdigung, welche Angaben die Antragsteller in ihren Fördermittelanträgen, nebst ergänzend eingereichten Unterlagen, gemacht haben. Soweit die Urteilsgründe nur den auszugsweise gleichlautenden Wortlaut der Zuwendungsbescheide wiedergeben, sind diese Feststellungen unvollständig; denn sie teilen gerade den für die Frage der „künstlichen Aufspaltung“ des Vorhabens relevanten Inhalt nicht mit.

Davon durfte das Landgericht auch nicht etwa deshalb absehen, weil es im Ergebnis eine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen Investitionsprojektes verneint hat. Die rechtlichen Ausführungen des Landgerichts zeigen auf, dass es in Bezug auf die subventionserheblichen Tatsachen im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 1 und Nr. 2 StGB einen unzutreffenden Maßstab angelegt hat. So prüft das Landgericht das Nichtvorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs als Ausschlusstatbestand einer Bewilligung und verkennt, dass es sich hierbei um eine subventionserhebliche Tatsache im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB handelt.

Nach § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB wiederum sind solche Tatsachen subventionserheblich, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes vom Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet werden. Die Zuwendungsbescheide sind Verwaltungsakte, die - soweit sie Subventionen der Europäischen Union betreffen - durch die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 und - soweit sie Subventionen des Bundes oder des Landes M. betreffen - durch § 2 SubvG i.V.m. § 1 SubvG MV legitimiert werden. Sie ergehen also „auf Grund eines Gesetzes“ im Sinne von § 264 Abs. 8 Nr. 1 Var. 2 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 StR 339/16 Rn. 116). Als subventionserheblich können daher auch Tatsachen aus den Antragsunterlagen in Betracht kommen, die für die Bewilligung der Subvention bedeutsam sind.

b) Darüber hinaus waren die Feststellungen, welche Angaben die Antragsteller in den Fördermittelanträgen und den eingereichten Unterlagen machten, auch bei der Prüfung, ob subventionserhebliche Tatsachen im Sinne von § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB vorliegen, nicht entbehrlich. So hat auch das Landgericht in den Urteilsgründen aufgeführt, dass für die hier zu beurteilenden Rechtsfragen die Angaben zum Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend sind. Doch zu dem Kern des strafrechtlichen Vorwurfs, der Tathandlung, verhält sich das Urteil nicht.

c) Aufgrund dieser unvollständigen Feststellungen kann revisionsrechtlich nicht überprüft werden, ob der Angeklagte bei der Antragstellung tatsächliche Umstände in einer Weise dargestellt hat, die das Vorliegen eines solchen einheitlichen Projektes gerade verschleiern sollten, und dadurch Gestaltungsmissbrauch betrieben hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 StR 339/16 Rn. 105).

3. Darüber hinaus hält die rechtliche Würdigung des Landgerichts, ein Gestaltungsmissbrauch sei auszuschließen, da es sich bei dem Hotelkomplex infolge der möglichen Trennbarkeit des Betriebes in zwei autarke Hotelbetriebe zu Kosten von höchstens 1,5 Millionen Euro nicht um ein einheitliches Projekt handele, rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht bei der Prüfung der Strafbarkeit nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB den falschen zeitlichen Bezugspunkt gewählt hat.

Das Landgericht prüft das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs als subventionserhebliche Tatsache im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB nicht im Lichte der eigentlichen Tathandlung, den damaligen Angaben in den Förderanträgen, sondern es beleuchtet stattdessen den „Ist-Zustand“ der Investitionsprojekte und stellt anschließend hypothetische Überlegungen über mögliche bauliche, technische und funktionale Änderungen an. Wie das Landgericht jedoch selbst ausgeführt hat, kommt es für die Beurteilung der Frage einer künstlichen Trennung eines einheitlichen Investitionsprojektes auf die Angaben zum Zeitpunkt der Antragstellung an und nicht darauf, ob ein Projekt später in mehrere Projekte aufgeteilt werden kann. Dem „Ist-Zustand“ der Investitionsobjekte kann insoweit lediglich indizielle Bedeutung für die Beurteilung, ob tatsächlich ein einheitliches Investitionsvorhaben vorliegt, zukommen.

4. Die Aufhebung erfasst auch den Vorwurf der Mittelfehlverwendung nach § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB, da der aufgezeigte Darstellungsmangel dem Revisionsgericht auch eine Überprüfung verwehrt, ob der Angeklagte eine Geldleistung entgegen einer Verwendungsbeschränkung verwendet hat. Auch insoweit teilt das Urteil den bedeutsamen Inhalt der Zuwendungsbescheide, welche Auflagen und Bedingungen den Betreibergesellschaften für den Abruf der Mittel gestellt wurden, nicht vollständig mit. Zudem lassen die Urteilsgründe die von dem Angeklagten in den 14 Mittelanforderungen gegenüber dem L. getätigten Angaben sowie den Inhalt der daraufhin erlassenen Teilauszahlungsbescheide vermissen.

5. Der Senat weist darauf hin, dass das Tatgericht in der neuen Hauptverhandlung zu berücksichtigen haben wird, dass Ha. nicht von dem Landgericht, sondern von der H. beauftragt worden ist (UA. S. 86) und deshalb nicht Sachverständiger, sondern sachverständiger Zeuge (§ 85 StPO) ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 85 Rn. 3). Um dem Revisionsgericht die Überprüfung der Tragfähigkeit des Ergebnisses eines Gutachtens zu ermöglichen, ist es zudem grundsätzlich erforderlich, die wesentlichen dem Gutachten zugrunde gelegten Anknüpfungstatsachen anzugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2020 - 2 StR 263/19 Rn. 6).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 887

Bearbeiter: Christoph Henckel