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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 258

Bearbeiter: Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 86/20, Beschluss v. 22.12.2020, HRRS 2021 Nr. 258


BGH 1 StR 86/20 - Beschluss vom 22. Dezember 2020

Unbegründete Anhörungsrüge.

§ 356a StPO

Entscheidungstenor

Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 17. August 2020 gegen den Beschluss des Senats vom 18. Juni 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

1. Der Senat hat die auf verschiedene Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Verurteilten mit Beschluss vom 18. Juni 2020 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen. Dagegen wendet sich der Verurteilte mit seiner Anhörungsrüge vom 17. August 2020.

Er beanstandet insbesondere, dass der Senat in seiner Entscheidung eine von der Staatsanwaltschaft im Revisionsverfahren eingeholte dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden der Strafkammer verwertet hat, die ihm beziehungsweise seiner Verteidigung nicht zuvor zur Kenntnis gegeben worden war. Daneben macht er als Gehörsverstoß geltend, dass der Senat unter Hinweis auf die dichte Beweis- und Indizienlage ausgeschlossen hat, dass das landgerichtliche Urteil auf dem gerügten Verfahrensfehler eines fehlerhaft unterbliebenen Ausschlusses der Öffentlichkeit während der Schlussanträge (§ 171b Abs. 3 Satz 2 GVG) beruht. Zur Begründung führt er insoweit sinngemäß aus, der Senat hätte die Verwerfung der Revision nicht ohne vorherigen Hinweis auf das nach seiner Auffassung fehlende Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensverstoß wegen der Dichte der Beweislage stützen dürfen, nachdem sich der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zur Frage des Beruhens und zur Dichte der Beweislage nicht verhalten habe.

2. Die zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet, weil die Entscheidung des Senats nicht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Verurteilten beruht. Zwar wurde das rechtliche Gehör des Verurteilten nicht gewahrt, weil ihm die dienstliche Stellungnahme des Strafkammervorsitzenden vom 29. Januar 2020 vor der Entscheidung des Senats über die Revision nicht zur Kenntnis gelangt ist und er sich hierzu daher nicht äußern konnte. Die Gehörsverletzung ist indes nicht entscheidungserheblich (§ 356a Satz 1 StPO). Denn auf die Entscheidung des Senats über die Verwerfung der Revision des Verurteilten hat sich der Fehler nicht ausgewirkt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2017 - 5 StR 214/17 Rn. 4 mwN und vom 8. August 2008 - 2 StR 206/07 Rn. 5), weil der Verurteilte beziehungsweise dessen Verteidigung die dienstliche Stellungnahme des Strafkammervorsitzenden vom 29. Januar 2020, die ihm im Anhörungsrügeverfahren zur Kenntnis gegeben und hinsichtlich deren nunmehr Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt wurde, mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2020 als zutreffend bestätigt hat. Eine vom Senatsbeschluss vom 18. Juni 2020 abweichende Entscheidung ist danach ausgeschlossen, weil sich auch unter Berücksichtigung des Inhalts des Vorbringens im Anhörungsrügeverfahren die Entscheidungsgrundlage nicht geändert hat.

Zudem versteht sich der Hinweis auf die dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden und auf das hieraus ersichtliche Verhalten des Verurteilten in der Hauptverhandlung als bloß ergänzende Erwägung neben der schon allein tragenden Begründung, dass ein Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensverstoß wegen der erdrückenden Beweis- und Indizienlage ausgeschlossen ist.

Damit beruht die Entscheidung weder auf Verfahrensstoff, zu dem der Revisionsführer nicht gehört worden wäre, noch hat der Senat zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen. Der Senat war auch nicht gehalten, vor seiner Entscheidung einen Hinweis darauf zu erteilen, dass er aufgrund der dichten Beweis- und Indizienlage als ausgeschlossen erachten könnte, dass das landgerichtliche Urteil auf dem Verfahrensfehler des entgegen § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG unterbliebenen Ausschlusses der Öffentlichkeit während der Schlussvorträge und des letzten Wortes beruht. Das Beruhen der angefochtenen Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler - hier: Verletzung des § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG - ist nach § 337 Abs. 1 StPO Voraussetzung für den Erfolg einer Revision (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - 4 StR 605/18 Rn. 15). Auf dieses sich aus dem Gesetz unmittelbar ergebende Erfordernis des Beruhens musste der Senat nicht gesondert hinweisen. Ohne dass es hierzu Vortrags bedarf, hat der Senat diese Prüfung vielmehr von Amts wegen vorzunehmen. Zu einer solchen Beruhensprüfung hätte der Verurteilte im Revisionsverfahren Stellung nehmen können. Es bleibt nach alledem dabei, dass ein Beruhen in Anbetracht der im Urteil dargelegten dichten Beweis- und Indizienlage sowohl hinsichtlich der Haupttat einschließlich der Voraussetzungen der Heimtücke als auch mit Blick auf die Tatbeteiligung der Verurteilten auszuschließen war.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 258

Bearbeiter: Christoph Henckel