hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 590

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 26/19, Beschluss v. 28.02.2019, HRRS 2019 Nr. 590


BGH 1 StR 26/19 - Beschluss vom 28. Februar 2019 (LG Würzburg)

Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe (Aufrechterhaltung von in der früheren Entscheidung angeordneten Maßnahmen: Einziehung).

§ 55 Abs. 1, Abs. 2 StGB; § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB; § 73 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Im Fall der nachträglichen Bildung der Gesamtstrafe sind Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden (§ 55 Abs. 2 StGB). Eine Maßnahme nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB ist auch die dort ausdrücklich genannte Einziehung nach §§ 73 ff. StGB. Allerdings kommt ein Aufrechterhalten von Maßnahmen dann nicht in Betracht, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für ihre (weitere) Vollstreckung entfallen sind (vgl. BGHSt 42, 306, 308 mwN).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 11. Oktober 2018 - soweit es ihn betrifft - im Ausspruch über die Einziehung dahin geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 8.834,25 € angeordnet wird und dahin ergänzt, dass die mit Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 19. März 2018 angeordnete „Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 4.085,30 € aufrechterhalten wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in fünf Fällen - jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung - sowie wegen versuchten Diebstahls in drei Fällen - jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, in einem Fall zusätzlich mit versuchtem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion - unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Würzburg vom 19. März 2018 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen in Höhe von 10.194,25 € angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die jeweils nicht ausgeführte Verfahrens- und Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung der Einziehungsentscheidung (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts bedarf teilweiser Abänderung und Ergänzung.

a) Hinsichtlich des Umfangs der gegen den Angeklagten angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen war in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO der Einziehungsbetrag wegen des vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführten Berechnungs- oder Schreibfehlers in Höhe von 360 € abzusenken. Darüber hinaus war der Wert des Tresors, der nach den Feststellungen des Landgerichts 1.000 € betrug, nicht in Ansatz zu bringen, weil sich der Angeklagte nur dessen Inhalt aneignen wollte. Insoweit wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift Bezug genommen.

b) Im Fall der nachträglichen Bildung der Gesamtstrafe sind Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden (§ 55 Abs. 2 StGB). Eine Maßnahme nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB ist auch die dort ausdrücklich genannte Einziehung nach §§ 73 ff. StGB.

Allerdings kommt ein Aufrechterhalten von Maßnahmen dann nicht in Betracht, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für ihre (weitere) Vollstreckung entfallen sind (vgl. BGH, Urteile vom 27. November 1996 - 3 StR 317/96, BGHSt 42, 306, 308 mwN - Zeitablauf bei Sperrfrist nach § 69a StGB; vom 22. Mai 2003 - 4 StR 130/03, BGHR StGB § 55 Abs. 2 Aufrechterhalten 8 - Eigentumsübergang nach § 74e Abs. 1 StGB aF und vom 10. Februar 2011 - 4 StR 552/10 Rn. 2 zur Einziehung des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB aF).

Derartige, einer Aufrechterhaltung entgegenstehende Umstände liegen hier - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - nicht vor. Das Landgericht war daher hinsichtlich der Anordnung des Wertersatzverfalls (§ 73a StGB aF) an die Rechtskraft der früheren Entscheidung gebunden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1991 - 3 StR 500/91, NStZ 1992, 231; Urteil vom 10. Februar 2011 - 4 StR 552/10 Rn. 3). Es hätte deswegen in der Urteilsformel (vgl. BGH, Urteile vom 10. April 1979 - 4 StR 87/79, NJW 1979, 2113 f. und vom 10. Februar 2011 - 4 StR 552/10 Rn. 3; vgl. auch Fischer, StGB, 66. Aufl., § 55 Rn. 38) den in der früheren Entscheidung angeordneten Wertersatzverfall ausdrücklich aufrechterhalten müssen.

2. Angesichts des nur geringfügigen Erfolgs seiner Revision ist es nicht unbillig, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels und seine notwendigen Auslagen in vollem Umfang zu tragen hat (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 590

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2019, 207

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede