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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 442/02, Beschluss v. 19.11.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 442/02 - Beschluss vom 19. November 2002 (LG Traunstein)

Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (sichere Feststellung der Schuldunfähigkeit / verminderten Schuldfähigkeit).

§ 63 StGB; § 20 StGB; § 21 StGB

Entscheidungstenor

Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 24. Juni 2002 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschuldigten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. Die Strafkammer führt aus, der Beschuldigte leide "an einer ausgeprägten, anhaltend wahnhaften Störung ..., so daß nicht ausschließbar auf Grund der im Tatzeitraum gegebenen paranoiden und affektiven Symptomatik die Einsichtsfähigkeit erheblich vermindert und nicht ausschließbar aufgehoben war".

Eine Unterbringungsanordnung gemäß § 63 StGB erfordert, daß die Voraussetzungen von § 20 StGB oder zumindest die Voraussetzungen von § 21 StGB sicher ("positiv") feststehen (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ 1999, 610; Beschluß vom 17. Oktober 2000 - 1 StR 428/00 jew. m.w.N.). Wäre eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nur möglich ("nicht ausschließbar"), so stünde sie dagegen nicht sicher fest, so daß für eine Unterbringungsanordnung kein Raum wäre. Einer Gesamtschau der Urteilsgründe (zu deren Bedeutung vgl. auch BGH, Beschluß vom 17. Oktober 2000 - 1 StR 428/00), insbesondere der eingehenden Mitteilung des Inhalts des Sachverständigengutachtens, kann der Senat jedoch ohne weiteres entnehmen, daß es sich bei der genannten Formulierung um ein offenkundiges Fassungsversehen handelt und jedenfalls eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten sicher feststeht.

2. Für den - erkennbar versehentlich - in Ergänzung des Urteils beantragten Freispruch des Beschuldigten ist kein Raum. Ein Freispruch wäre nur geboten, wenn die Unterbringungsanordnung im Rahmen eines Strafverfahrens erfolgt wäre (vgl. BGH NStZ - RR 1998, 142). Hier erfolgte sie dagegen im Rahmen eines Sicherungsverfahrens (§§ 413 ff. StPO), also eines Verfahrens, das nur die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung oder die Ablehnung des hierauf gerichteten Antrags (vgl. § 414 Abs. 2 Satz 4 StPO) als Ergebnis haben kann, nicht aber einen Freispruch (vgl. nur Pfeiffer StPO 4. Aufl. § 414 Rdn. 5, Paulus in KMR <8. Erg. Lfg.> § 414 Rdn. 22).

Bearbeiter: Karsten Gaede