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HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 303

Bearbeiter: Dr. Christian Rosbaud

Zitiervorschlag: OGH, 13 Os 153/03, Urteil v. 18.02.2004, HRRS 2005 Nr. 303


OGH, 13 Os 153/03 - Urteil vom 18. Februar 2004 (LGSt Graz)

Konfrontationsrecht und anonyme Zeugen: Ablehnung des Zeugen vom Hörensagen beim Einsatz Verdeckter Ermittler in Österreich (Fragerecht; Unmittelbarkeitsgrundsatz; Umgehungsverbot; Unerreichbarkeit; unzulässige Verlesung von Vernehmungsprotokollen bzw. Berichten des Verdeckten Ermittlers; V-Personen; V-Leute; verhältnismäßige Einschränkungen; Sperrerklärung); Betäubungsmittelstrafrecht; konventionskonforme Auslegung; redaktioneller Hinweis.

Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs 3. lit. d EMRK; § 252 öStPO; § 281 Abs. 1 Ziff. 3 öStPO; § 258 Abs. 1 öStPO; § 96 StPO; § 250 StPO; § 251 StPO; § 252 StPO

Leitsätze

1. Zum Verbot der mittelbaren Verwertung der Aussagen von staatlich zurückgehaltenen Verdeckten Ermittlern über Protokolle und Zeugen vom Hörensagen in Österreich.

2. Das Beweiserhebungsverbot (= Beweisgewinnungsverbot) des § 252 Abs 1 öStPO sichert das - mit dem Fragerecht nach Art 6 Abs 3 lit. d EMRK normativ verknüpfte - strafprozessuale Unmittelbarkeitsprinzip gegen Unmittelbarkeitssurrogate, die durch die Ausnahmesätze der Z 1 bis 4 des § 252 Abs 1 öStPO nicht gedeckt sind, bei sonstiger Nichtigkeit ab. Durch innerstaatliche Amtsverschwiegenheit bedingte Unmöglichkeit, das Erscheinen eines Zeugen zu bewerkstelligen, kann grundsätzlich nicht als Verlesungsermächtigung nach § 252 Abs 1 Z 1 öStPO begriffen werden. (Leitsatz des offiziellen Rechtsinformationssystems RIS)

3. Die Vernehmung eines Polizeibeamten als so genannte Verhörsperson über die ihm gegenüber getätigten Angaben eines namentlich nicht bekannt gegebenen verdeckten Ermittlers des Bundesministeriums für Inneres stellt eine Umgehung des (bedingten) Verlesungsverbotes nach § 252 Abs 1 öStPO dar und begründet Urteilsnichtigkeit gem. § 252 Abs 4 öStPO. (Bearbeiter)

4. Die Sperrerklärung der Dienstbehörde eines verdeckten Ermittlers (hier BMI) stellt keinen "erheblichen Grund" i.S.d. § 252 Abs 1 Ziff. 1 öStPO dar, der zur Verlesung des vom verdeckten Ermittler verfassten Berichts in der Hauptverhandlung ermächtigt. Sollte die Verlesung nicht durch die Zustimmung des Angeklagten gedeckt sein (§ 252 Abs 1 Ziff. 4 öStPO), führt eine Verletzung des Verlesungsverbotes zur Urteilsnichtigkeit gem. § 282 Abs 1 Ziff. 3 öStPO. (Bearbeiter)

5. Ob innerstaatliche Amtsverschwiegenheit einen "erheblichen Grund" i.S.d. § 252 Abs 1 Ziff. 1 darstellen könnte, wenn im Verfahren wegen einer außergewöhnlich schwer wiegenden Straftat die schriftlich festgehaltenen Angaben eines besonders schutzbedürftigen Zeugen unverzichtbar erscheinen (vgl. auch EGMR 23. 4. 1997 Van Mechelen u.a. gg. die Niederlande, ÖJZ-MRK 1998/15, 274), kann im vorliegenden Fall dahinstehen. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

I. In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Haci D. und Bashkim L. und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, welches in den Schuldsprüchen der Angeklagten Sadush S. wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG als Bestimmung zum Versuch nach §§ 12 zweiter Fall, 15 StGB (A/II), Bashkim L. wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG als Versuch nach § 15 StGB (A/I/2/b), Elez R. wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG als Beitrag zum Versuch nach §§ 12 dritter Fall, 15 StGB (A/III/4) und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (D), Hasan D. wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG als Beitrag zum Versuch nach §§ 12 dritter Fall, 15 StGB (A/III/2) und Haci C. wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 4 Z 3 SMG als Beitrag zum Versuch nach §§ 12 dritter Fall, 15 StGB (A/III/3) sowie "des Vergehens" nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (C), im Freispruch des Sadush S., im Einziehungserkenntnis und im Kostenausspruch hinsichtlich Sadush S., Bashkim L., Elez R., Hasan D. und Haci C. unberührt bleibt, - in der Subsumtion der zu A/II, A/I/2/b, A/III/4, A/III/2 und A/III/3 genannten Taten jeweils nach § 28 Abs 3 erster und zweiter Fall SMG, - in den zu A/I/1, A/III/1 und B ergangenen Schuldsprüchen, - in den Strafaussprüchen samt Vorhaftanrechnung und - dem gegen Hasan D. ergangenen Widerrufsbeschluss sowie im Kostenausspruch hinsichtlich Haci D. aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Graz zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

II. Soweit sie nicht durch die Urteilsaufhebung erledigt ist, wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Elez R. zurückgewiesen. Diesem Angeklagten fallen auch die auf die Zurückweisung seiner Nichtigkeitsbeschwerde entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

III. Sadush S. mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, Elez R., Haci D., Bashkim L., Hasan D. und Haci C. mit ihren Berufungen und schließlich Hasan D. mit seiner Beschwerde werden auf den kassatorischen Teil dieses Erkenntnisses verwiesen.

Gründe

Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurden Elez R. des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/1), Sadush S. (als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB), Bashkim L. (als unmittelbarer Täter nach § 12 erster Fall StGB), Haci D., Hasan D., Haci C. und Elez R. (als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB) des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster - hinsichtlich Sadush S., Bashkim L. und Elez R. auch zweiter - Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/2, A/II und A/III) als Versuch nach § 15 StGB und Sadush S., Bashkim L. sowie Elez R. des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach haben den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig - Sadush S., Bashkim L. und Elez R. auch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung - Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 4,5 kg Heroin (jedenfalls 1330 +/- 35g Heroinbase; vgl den Urteilsspruch zu A/I/1 und A/I/2/b) Elez R. "vor dem 22. Mai 2002" aus dem Kosovo über Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Slowenien nach Österreich aus- und eingeführt (A/I/1), Bashkim L. auf Geheiß des Sadush S. und unter näher beschriebener Beteiligung von Haci D., Hasan D., Haci C. und Elez R. am 22. Mai 2002 durch Übergabe an einen verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres in Verkehr zu setzen versucht, wodurch Sadush S., Bashkim L. und Elez R. sich als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligten (A/I/2/b, A/II, A/III und B).

Soweit bei Bashkim L. in Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) unter dem Gesichtspunkt teilweiser Vollendung des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster und zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A/I/2/a; vgl US 3, letzter Absatz) auch mehraktig, gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung erfolgtes In-Verkehr-Setzen einer nicht weiter quantifizierten Kokainmenge an Haci C. "vor dem 22. Mai 2002" in Graz als erwiesen angenommen wurde, bleibt klarzustellen, dass insoweit eine Subsumtion im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) unterblieben ist (s auch US 30 und 35), sodass in Hinsicht auf diese Taten kein Schuldspruch ergangen, die Anklage vielmehr unerledigt geblieben und - aus Z 7 unangefochten - im Ergebnis ein in Rechtskraft erwachsener Freispruch erfolgt ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 266, 526, 581 ff; 14 Os 8/02 = EvBl 2002/154 = JBl 2002, 670 [dazu: Hollaender, AnwBl 2003, 530 {533}], 14 Os 30/03).

Gegen dieses Urteil haben Sadush S. aus Z 4, 5a, 9 lit a, 10 und 11, Haci D. aus Z 3 und 5, Bashkim L. aus Z 5, "9" und 10 sowie Elez R. aus Z 4, 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Haci D.:

Der Beschwerdeführer beruft sich zutreffend auf eine Nichtigkeit aus Z 3 begründende Umgehung des (bedingten) Verlesungsverbotes nach § 252 Abs 1 StPO durch die in der Hauptverhandlung erfolgte Vernehmung des Polizeibeamten AI Kurt P. als sog Verhörsperson über die ihm gegenüber getätigten Angaben eines namentlich nicht bekannt gegebenen verdeckten Ermittlers des Bundesministeriums für Inneres (§ 252 Abs 4 StPO; Band IV, Seiten 165 bis 179).

Der in ON 94 erliegende Bericht des verdeckten Ermittlers, welchen der Zeuge zum Inhalt seiner Aussage gemacht hatte, wurde als amtliches Schriftstück mit dem Ziel errichtet, dessen Aussage festzuhalten und fiel damit unter das Beweiserhebungsverbot (= Beweisgewinnungsverbot; vgl Schmoller, JRP 2002, 251 [252, FN 9]) des § 252 Abs 1 StPO, welches das - mit dem Fragerecht nach Art 6 Abs 3 lit d EMRK normativ verknüpfte - strafprozessuale Unmittelbarkeitsprinzip gegen Unmittelbarkeitssurrogate, die durch die Ausnahmesätze der Z 1 bis 4 des § 252 Abs 1 StPO nicht gedeckt sind, bei sonstiger Nichtigkeit absichert (vgl Schick, RZ 1994, 208, 226 [228]; Schmoller, Schriftenreihe des BMfJ Nr. 45, 105 [170 ff]; Schwaighofer, ÖJZ 1996, 124 [126 f]; Fuchs, ÖJZ 2001, 495 [499 ff]; Bertel/Venier7 Rz 616; Ratz, ÖJZ 2000, 550 [554], RZ 2003, 194 [203] und WK-StPO § 281 Rz 236; Hinterhofer, JSt 2003, 41 [45 f mwN]; SSt 41/7, 44/17).

Durch innerstaatliche Amtsverschwiegenheit bedingte Unmöglichkeit, das Erscheinen eines Zeugen zu bewerkstelligen, kann grundsätzlich nicht als Verlesungsermächtigung nach § 252 Abs 1 Z 1 StPO begriffen werden. Ob innerstaatliche Amtsverschwiegenheit einen erheblichen Grund im Sinn dieser Bestimmung darstellen könnte, wenn im Verfahren wegen einer außergewöhnlich schwer wiegenden Straftat die schriftlich festgehaltenen Angaben eines besonders schutzbedürftigen Zeugen unverzichtbar erscheinen (vgl Danek und Kirchbacher, Referate zum 15. ÖJT 2003 [im Druck]; vgl auch EGMR 23. 4. 1997 Van Mechelen ua gg die Niederlande, ÖJZ-MRK 1998/15, 274), kann dahinstehen, weil dafür vorliegend keine Anhaltspunkte zu erkennen sind.

Seit der entscheidenden Änderung des § 252 Abs 1 StPO durch das StPÄG 1993, nach der nunmehr jede Art von amtlichen Protokollen, die mit dem Ziel errichtet wurden, Aussagen von Zeugen oder Mitbeschuldigten festzuhalten, dem bedingten Verlesungsverbot des § 252 Abs 1 StPO und - darauf aufbauend - dem Umgehungsverbot des § 252 Abs 4 StPO unterliegt, hat der Oberste Gerichtshof - soweit im Rechtsinformationssystem als Leitsatz dokumiert - niemals einer Entscheidung über eine auf die Verletzung des § 252 Abs 1 Z 1 oder Abs 4 StPO gestützte Verfahrensrüge (Z 3) die Ansicht zugrundegelegt, dass auch innerstaatliche Amtsverschwiegenheit zur Zulässigkeit einer Verlesung nach § 252 Abs 1 Z 1 StPO führe (14 Os 43/92 = EvBl 1993/30 ist zur Rechtslage vor dem StPÄG 1993 ergangen). Er hatte diese Frage zwar einmal bejaht, jedoch ausdrücklich hervorgehoben, dass die Verfahrensrüge bereits aus anderen Gründen unberechtigt war (14 Os 40/95: § 252 Abs 1 Z 4 StPO). In einem weiteren Fall hat er sich mit der Problematik deshalb nicht befasst, weil er die Angaben des verdeckten Ermittlers unter die Beweismittel des § 252 Abs 2 StPO gezählt hat (15 Os 181/98). Beide Beschlüsse sind in die amtlich veröffentlichte Entscheidungssammlung des Obersten Gerichtshofes nicht aufgenommen worden. SSt 61 bis 63 enthalten für den Zeitraum von 1993 bis 2001 keine auf die vorliegende Rechtsfrage bezogene Aussage. Von einer ständigen Rechtsprechung im dargelegten Sinn kann demnach keine Rede sein (§ 8 Abs 1 Z 1 OGHG). Angesichts der seit SSt 41/7, 44/17 erfolgten Gesetzesänderung liegt auch kein Fall des § 8 Abs 1 Z 2 OGHG vor, sodass die getroffene Lösung der vom Beschwerdeführer angesprochenen Rechtsfrage nicht dem verstärkten Senat vorbehalten ist.

Gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO nachträglich saniert wurde der Verfahrensmangel nicht, weil sich für den Obersten Gerichtshof aus den Seiten 15 f des Protokolles über die Hauptverhandlung vom 28. März 2003 nur die - auf kein Einverständnis abgestellte - Verlesung von im § 252 Abs 2 StPO genannten Beweismitteln ergibt, die "ausdrückliche Zustimmung" aber explizit auf "Einvernahmeprotokolle" beschränkt blieb.

Da die Tatrichter die Bedeutung des über die Angaben des verdeckten Ermittlers berichtenden Zeugen P. ausdrücklich "in den Mittelpunkt der Beweismittel" gerückt und dessen Aussage dadurch entscheidende Bedeutung für die Lösung der Schuldfrage beigemessen haben, bleibt für Erwägungen unter dem Gesichtspunkt der Relativität des Nichtigkeitsgrundes kein Raum (vgl WK-StPO § 281 Rz 740 f). Für den Einfluss des Verfahrensverstoßes auf die Entscheidung (§ 281 Abs 3 StPO) ist auch die Tatsache unbeachtlich, dass bereits vor der Vernehmung des Zeugen P. der von diesem in die Hauptverhandlung eingebrachte schriftliche Bericht des verdeckten Ermittlers durch Vorhalte bei der Vernehmung von Angeklagten bekanntgeworden war, weil auf den Inhalt solcherart nicht im Rahmen des Beweisverfahrens verwendeter Beweismittel - bei sonstiger Nichtigkeit aus Z 5 vierter Fall - im Urteil keine Rücksicht genommen werden darf (WK-StPO § 281 Rz 459).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Bashkim L.:

Zutreffend führt die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) des ansonsten geständigen Bashkim L. ins Treffen, dass die Höhe des Kaufpreises "und" des erwarteten - nicht konkretisierten - Gewinns sowie das "arbeitsteilige Zusammenwirken" für sich allein einen vertretbaren Schluss auf gewerbsmäßige Tatbegehung nicht zulassen, zumal der weitere Hinweis auf "die gesamten Tatumstände" undeutlich geblieben ist. Auch die auf den vagen Verweis, wonach das Suchtgiftgeschäft "auf Lieferantenseite in dieser Größenordnung nur bei entsprechenden Verbindungen denkbar ist", beschränkte Begründung für das Tätigwerden als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, ist offenbar unzureichend.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Elez R.:

Zu A/I/1 kommen dem Angeklagten dieselben Gründe zustatten, auf denen der Erfolg des von Haci D. ergriffenen Rechtsmittels beruht, zu A/III/4 und B aber jene, welche Bashkim L. erfolgreich geltend gemacht hat (§ 290 Abs 1 zweiter Satz [zweiter Fall] StPO). Das Rechtsmittel bedarf insoweit keiner Erörterung. Der in Rechtskraft erwachsene Teil des zu A/III/4 ergangenen Schuldspruchs ist vom insoweit abgelegten Geständnis samt Sicherstellung des Suchtgiftes gedeckt, sodass diejenigen Gründe, auf denen die zugunsten des Haci D. getroffene Verfügung beruht, R. in diesem Umfang nicht zustatten kommen.

Was seinen die Übermenge nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG erfassenden Vorsatz anlangt, stellt der Urteilshinweis auf die Angaben des Bashkim L. (US 20) eine - unter dem geltend gemachten Aspekt der Z 5 vierter Fall - nicht zu beanstandende Begründung dar. Das Teilgeständnis des Angeklagten haben die Tatrichter erkennbar (stillschweigend) in Rechnung gestellt (vgl Band IV, Seiten 156 ff).

Welche Feststellungen "in subjektiver Hinsicht" die Subsumtionsrüge (Z 10) zur Qualifikation nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG vermisst, macht sie nicht deutlich (vgl US 14 f, 17 ff).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Sadush S.:

Da diesem Angeklagten dieselben Gründe, auf denen die Urteilsaufhebung hinsichtlich Bashkim L. beruht, zustatten kommen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz [zweiter Fall] StPO), seine Nichtigkeitsbeschwerde darüber jedoch nicht hinausgeht, hat es mit der getroffenen amtswegigen Maßnahme sein Bewenden. Denn der in Rechtskraft erwachsene Teil des zu A/II ergangenen Schuldspruchs ist von seinem Geständnis gedeckt (§ 281 Abs 3 erster Satz StPO).

Der Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde des Bashkim L. führt auch zur teilweisen Aufhebung der gegen Hasan D. und Haci C. zu A/III/2 und 3 ergangenen Schuldsprüche. Dagegen ist der in Rechtskraft erwachsene Teil dieser Schuldsprüche und des zu A/I/2/b ergangenen Schuldspruchs des Bashkim L. von Geständnissen dieser Angeklagten gedeckt, sodass der Erfolg der von Haci D. ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde ihnen nicht zustatten kommt (§ 281 Abs 3 erster Satz StPO).

Bleibt anzumerken, dass auch der Inhalt von Vorhalten, welche Verteidiger Angeklagten bei deren Vernehmung machen, kein Beweismittel darstellt, aus dem ein Schluss auf die Schuld- oder Sanktionsfrage gezogen werden dürfte (vgl jedoch den Protokollshinweis in Band IV, Seite 269).

Wenn die Angaben eines verdeckten Ermittlers zur Überführung des Angeklagten unabdingbar scheinen, bleibt es dem Gericht unbenommen, der Sicherheitsbehörde die Anwendung von Verfahrensvorschriften in Aussicht zu stellen, welche geeignet erscheinen, dieser den weiteren verdeckten Einsatz des Ermittlers zu ermöglichen. Soweit der im Urteil als "VE 1" bezeichnete Ermittler den Angeklagten aus einer Reihe persönlicher Kontakte vom äußeren Erscheinungsbild her ohnehin bekannt war, war durch eine Konfrontation mit diesen eine Gefährdung des Schutzziels nicht zu befürchten. Zudem hätte neben einer Anonymisierung nach § 166a StPO die Möglichkeit zum Ausschluss der Öffentlichkeit und erforderlichenfalls auch zum Ausschluss seitens der Angeklagten namhaft genannter Vertrauenspersonen bestanden (§§ 229 Abs 1, 230 Abs 2 letzter Satz [§ 162 Abs 2 dritter Satz] StPO). Auch von der Vorschrift des § 250 Abs 1 und 3 StPO kann Gebrauch gemacht werden.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Elez R. gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.


[Redaktioneller Hinweis: In Österreich abgedruckt in JBl 2004, 594 und ÖJZ-EvBl 2004/142. Vgl. zum österreichischen Hintergrund dieser rechtsvergleichend und für die Auslegung des Art. 6 III lit. d EMRK bedeutsamen Entscheidung den Besprechungsaufsatz von Univ. Ass. Dr. Christian Rosbaud, LLM, Univ. Salzburg, in diesem Heft (HRRS April 2005).]

HRRS-Nummer: HRRS 2005 Nr. 303

Externe Fundstellen: NStZ 2005, 346

Bearbeiter: Dr. Christian Rosbaud