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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1306

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 280/25, Beschluss v. 29.07.2025, HRRS 2025 Nr. 1306


BGH 4 StR 280/25 - Beschluss vom 29. Juli 2025 (LG Bonn)

Versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (Tatentschluss: natürlicher Vorsatz; Stoßen eines Fußgängers auf die Straße: Hindernis, verkehrsspezifische Gefahr, anderer Mensch); versuchte gefährliche Körperverletzung (Stoßen eines Fußgängers auf die Straße; Tatentschluss: natürlicher Vorsatz; mittels eines gefährlichen Werkzeugs: Kfz als Werkzeug, spezifisches Unmittelbarkeitserfordernis; mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung: spezifisches Unmittelbarkeitserfordernis); Rücktritt (Rücktrittshorizont: Darstellungsanforderungen, Stoßen eines Fußgängers auf die Straße; Auswirkungen eines Rücktritts auf die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus); Beweiswürdigung (Täterschaft des Angeklagten: Zeugenbeweis, Täterbeschreibung, Wiedererkennen durch Polizeibeamte, Darstellungsanforderungen).

§ 15 StGB; § 24 Abs. 1 StGB; § 63 StGB; § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB; § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB; § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB; § 261 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Unter einem Hindernisbereiten im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB ist jede Einwirkung im Verkehrsraum zu verstehen, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu hemmen oder zu verzögern. Tatbestandlich erfasst werden auch solche Einwirkungen, die erst durch die psychisch vermittelte Reaktion des Fahrzeugführers zu einer Beeinträchtigung des Verkehrsablaufs führen, etwa weil sie Brems- oder Ausweichvorgänge mit den damit verbundenen Gefahren zur Folge haben. Daher kann es sich bei einem auf die Straße gestoßenen Menschen um ein Hindernis im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB handeln.

2. Der Tatbestand des § 315b StGB ist dreistufig aufgebaut und erfordert, dass die Tathandlung eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirkt, die sich zu einer konkreten Gefahr für eines der genannten Schutzobjekte verdichtet. Demgemäß ist der Tatbestand nur erfüllt, wenn die konkrete Gefahr auf einen infolge der Einwirkung des Täters regelwidrig ablaufenden Verkehrsvorgang zurückzuführen ist. Bei Außeneinwirkungen, die nicht durch eine vom Täter ausgenutzte Eigendynamik eines Fahrzeugs gekennzeichnet sind, ist eine verkehrsspezifische Gefahr nur dann zu bejahen, wenn der Fortbewegung des von dem Eingriff betroffenen Fahrzeugs in einer Weise entgegengewirkt wird, dass gerade infolge der Dynamik des Straßenverkehrs eine konkrete Gefahr für die Fahrzeuginsassen oder das Fahrzeug entsteht.

3. Die auf die Straße gestoßene Person, die das vom Täter dem Straßenverkehr bereitete Hindernis bildet, kann deshalb nicht zugleich der „dadurch“ gefährdete „andere“ Mensch im Sinne von § 315b Abs. 1 StGB sein. Für die Erfüllung des Tatbestands ist in Fällen der vorliegenden Art vielmehr erforderlich, dass der Täter eine Gefährdung der Insassen des von dem Hindernis betroffenen Fahrzeugs oder anderer Personen, etwa durch eine Notbremsung oder eine abrupte Ausweichbewegung, in seinen Tatentschluss aufgenommen hat. Ein auf die Gefährdung der auf die Straße gestoßenen Person beschränkter Vorsatz genügt nicht.

4. Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB setzt voraus, dass die Art der Behandlung des Geschädigten durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls (generell) geeignet wäre, das Leben zu gefährden. Eine Lebensgefahr, die sich erst aus weiteren äußeren Umständen ergibt, reicht dafür nicht aus.

5. Ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ist in der Regel als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen. Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, muss die Verletzung aber bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst und auf einen Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen sein. Der innere Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist daher nur dann erfüllt, wenn sich der Täter wenigstens mit der Möglichkeit abgefunden hat, dass die betroffene Person angefahren oder überfahren wird und unmittelbar hierdurch eine Körperverletzung erleidet. Da es für den Tatbestand ohne Bedeutung ist, ob das Werkzeug gegen den Menschen oder der Mensch gegen das Werkzeug bewegt wird, kann eine (versuchte) gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB auch dann vorliegen, wenn der Täter das Opfer gezielt vor ein herannahendes Fahrzeug stößt.

6. Für die Frage, ob der Versuch einer Straftat fehlgeschlagen, beendet oder unbeendet ist, kommt es auf das Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (sog. Rücktrittshorizont).

7. Ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil der Zurücktretende schuldunfähig war. Die freiwillige Aufgabe der weiteren Tatausführung kann auch mit natürlichem Vorsatz geschehen.

8. Besondere Darlegungsanforderungen bestehen in schwierigen Beweislagen, zu denen auch Konstellationen zählen, in denen der Tatnachweis im Wesentlichen auf einem Wiedererkennen des Angeklagten durch einen Tatzeugen beruht. Der Tatrichter ist hier regelmäßig verpflichtet, die Angaben des Zeugen zur Täterbeschreibung zumindest in gedrängter Form wiederzugeben und diese Täterbeschreibung zu dem Äußeren und dem Erscheinungsbild des Angeklagten in der Hauptverhandlung in Beziehung zu setzen. Er hat diejenigen Gesichtspunkte darzulegen, auf denen seine Folgerung beruht, dass insoweit tatsächlich Übereinstimmung besteht, und die Umstände wiederzugeben, die zur Identifizierung des Angeklagten durch den Zeugen geführt haben.

9. Kann die Willensrichtung dafür entscheidend sein, ob sich die Handlung des Täters als eine die Unterbringung gemäß § 63 StGB begründende Verhaltensweise darstellt oder nicht, muss insbesondere der innere Tatbestand erörtert werden, soweit dies nach dem psychischen Zustand des Täters möglich ist. Dabei ist zu beachten, dass es der Annahme eines natürlichen Tatvorsatzes nicht entgegensteht, wenn der Täter infolge seines Zustands Tatsachen verkennt, die jeder geistig Gesunde richtig erkannt hätte. Vorstellungsausfälle, die auf der psychischen Erkrankung beruhen, beeinträchtigen zwar die Verantwortlichkeit des Täters, führen aber nicht dazu, dass die sonst vorhandenen inneren Tatbestandsmerkmale verneint werden müssten.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 13. Februar 2025 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte vom Vorwurf der Körperverletzung in vier Fällen sowie des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und ihre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision der Angeklagten hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Am 23. Mai 2022 schlug die Angeklagte in einem Supermarkt einem Unbeteiligten unvermittelt und ohne Anlass mit der flachen Hand auf die Wange, nachdem sie verhaltensbedingt des Marktes verwiesen worden war (Fall 1 der Urteilsgründe).

Am 13. Juli 2023 trat die Angeklagte einem siebenjährigen Jungen unvermittelt und ohne Anlass von der Seite mit der Fußspitze in den Bauch bzw. gegen die Brust, als er mit seiner Mutter und seiner achtjährigen Schwester eine Marktpassage betrat (Fall 2 der Urteilsgründe).

Am 13. Oktober 2023 fragte die Angeklagte die spätere Geschädigte und deren Begleiter erfolglos nach Kleingeld und entfernte sich zunächst auf die andere Straßenseite, kehrte dann aber zurück und schlug die Geschädigte unvermittelt und ohne Anlass mit der flachen Hand gegen die Wange (Fall 3 der Urteilsgründe).

Am 23. Juli 2024 fragte die Angeklagte die spätere Geschädigte und deren Begleiterin im Vorbeilaufen erfolglos nach einer Zigarette und lief zunächst wenige Schritte weiter, kehrte dann um und versetzte der Geschädigten unvermittelt und ohne Anlass eine schmerzhafte Ohrfeige mit der flachen Hand gegen Wange bzw. Ohr (Fall 4 der Urteilsgründe).

Am 16. August 2024 näherte sich die Angeklagte den an einer Fußgängerampel stehenden Passanten von hinten, wobei sie erkannte, dass die Fußgängerampel rot und - da einige Sekunden zuvor ein Linienbus die Kreuzung durchfahren hatte - die Ampel für den Bus- und Straßenverkehr noch grün zeigte. Unvermittelt stieß sie eine dort wartende Passantin von hinten kräftig mit beiden Händen auf Höhe des Schulterblattes. Überrascht durch den unerwarteten kräftigen Stoß stolperte die Geschädigte mit einem Ausfallschritt mindestens einen Meter nach vorn auf die Busspur der Straße. Der Fahrer des zu diesem Zeitpunkt die Busspur mit ca. 30 km/h befahrenden nächsten Linienbusses bemerkte die Geschädigte, als der Bus noch etwa 30 Meter von der Ampel entfernt war. Um eine Kollision zu verhindern und zugleich eine Gefährdung der Fahrgäste zu vermeiden, lenkte er den Bus unter Geschwindigkeitsreduzierung auf ca. 15 km/h nach links auf die zweite Fahrspur. Der Spurwechsel war abgeschlossen, als der Bus noch sechs bis sieben Meter von der Geschädigten entfernt war. Dieser gelang es zeitgleich, zurück auf den Bürgersteig zu springen. Zu einer Kollision kam es so nicht; die Geschädigte blieb unverletzt. Die Angeklagte nahm jedenfalls billigend in Kauf, dass die Geschädigte von dem Bus erfasst und hierdurch schwer verletzt wird. Sie entfernte sich sodann vom Ort des Geschehens (Fall 5 der Urteilsgründe).

Die Strafkammer hat diese Taten als Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe) und als versuchten „vorsätzlichen“ gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 315 Abs. 3 Nr. 2, §§ 22, 23 StGB in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5, §§ 22, 23 StGB (Fall 5 der Urteilsgründe) gewertet. Sachverständig beraten ist sie davon ausgegangen, dass bei allen Taten die Einsichtsfähigkeit der Angeklagten, die zu den jeweiligen Tatzeitpunkten an einer paranoiden Schizophrenie litt, vollständig aufgehoben war. Die Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus hat die Strafkammer darauf gestützt, dass es sich jedenfalls bei den Fällen 2 und 5 der Urteilsgründe um erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne von § 63 Satz 1 StGB handele und von der Angeklagten infolge ihrer krankhaften seelischen Störung mit einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades auch künftig erhebliche rechtswidrige Taten - insbesondere den Fällen 2 und 5 der Urteilsgründe vergleichbarer Art - zu erwarten seien.

II.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Die Urteilsgründe verhalten sich nicht dazu, ob die Angeklagte im Fall 5 der Urteilsgründe von dem vom Landgericht bejahten Versuch eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und einer gefährlichen Körperverletzung zurückgetreten ist.

a) Für die Frage, ob der Versuch einer Straftat fehlgeschlagen, beendet oder unbeendet ist, kommt es auf das Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (sog. Rücktrittshorizont; vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. August 2023 - 4 StR 215/23, NStZ-RR 2024, 40, 41 mwN). Ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil der Zurücktretende schuldunfähig war. Die freiwillige Aufgabe der weiteren Tatausführung kann auch mit natürlichem Vorsatz geschehen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2023 - 2 StR 359/23, juris Rn. 12; Urteil vom 21. Oktober 1970 - 2 StR 313/70, BGHSt 23, 356, 359 f.; LK-StGB/Murmann, 14. Aufl., § 24 Rn. 283 mwN). Lässt sich den Urteilsfeststellungen das Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsgerichtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2018 - 4 StR 531/17, NStZ 2018, 468; Urteil vom 13. August 2015 - 4 StR 99/15, StV 2017, 675, 676 mwN).

b) Dies ist hier der Fall. Das Landgericht hat weder ausdrückliche Feststellungen zum Rücktrittshorizont der Angeklagten getroffen noch aus seinen Feststellungen Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild der Angeklagten nach Abschluss der Tathandlung gezogen. Dieses lässt sich auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen oder aus dem äußeren Geschehensablauf erschließen. Es fehlt an Feststellungen dazu, ob die Angeklagte die Geschädigte nochmals auf die Straße hätte stoßen können, ob die Busspur und ggf. die linke Fahrspur weiterhin befahren waren und ob die Fußgängerampel noch rot zeigte. Der lediglich festgestellte Umstand, dass sich die Angeklagte „sodann“ entfernte, lässt keinen sicheren Schluss auf ihren Rücktrittshorizont zu. Somit bleibt offen, ob der vom Landgericht angenommene Versuch eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung fehlgeschlagen, beendet oder unbeendet war. Dies durfte indes nicht dahinstehen, da die Angeklagte im Fall eines unbeendeten Versuchs gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 StGB bereits durch freiwilliges Abstandnehmen von weiteren Ausführungshandlungen wirksam von dem Versuch zurückgetreten wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2024 - 4 StR 82/24, NStZ-RR 2024, 319, 320; Beschluss vom 13. März 2018 - 4 StR 531/17, NStZ 2018, 468 mwN).

c) Der Erörterungsmangel führt zur Aufhebung der Unterbringungsanordnung. Da der Wille, die Tat nicht zur Vollendung kommen zu lassen, dem Verhalten des Täters in der Regel seine besondere Gefährlichkeit nimmt, kann der Senat - trotz der weiteren für eine Gefährlichkeit der Angeklagten sprechenden Umstände - nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei der Annahme eines Rücktritts zu einer anderen Bewertung der Gefährlichkeitsprognose gelangt wäre (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 23. April 2025 - 4 StR 103/25, juris Rn. 5; Beschluss vom 7. Mai 2024 - 4 StR 82/24 Rn. 6; Urteil vom 28. Oktober 1982 - 4 StR 472/82, BGHSt 31, 132, 135 mwN). Dessen ungeachtet kann eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auch nicht auf den Versuch einer Tat gestützt werden, von deren weiterer Ausführung der Täter strafbefreiend zurückgetreten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2022 - 1 StR 234/22 Rn. 6; Urteil vom 28. Oktober 1982 - 4 StR 472/82, BGHSt 31, 132, 135). Der Senat hebt die bisher zu Fall 5 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.

2. Die Feststellungen zu den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe sind ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern. In diesen Fällen ist die Überzeugung der Strafkammer von der Täterschaft der Angeklagten nicht hinreichend beweiswürdigend unterlegt.

a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, dem allein es obliegt, die Ergebnisse der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist auf das Vorliegen von Rechtsfehlern beschränkt. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht u.a. der Fall, wenn die in den Urteilsgründen niedergelegten Beweiserwägungen lückenhaft oder unklar sind. Besondere Darlegungsanforderungen bestehen dabei in schwierigen Beweislagen, zu denen auch Konstellationen zählen, in denen der Tatnachweis im Wesentlichen auf einem Wiedererkennen des Angeklagten durch einen Tatzeugen beruht. Der Tatrichter ist hier regelmäßig verpflichtet, die Angaben des Zeugen zur Täterbeschreibung zumindest in gedrängter Form wiederzugeben und diese Täterbeschreibung zu dem Äußeren und dem Erscheinungsbild des Angeklagten in der Hauptverhandlung in Beziehung zu setzen. Er hat diejenigen Gesichtspunkte darzulegen, auf denen seine Folgerung beruht, dass insoweit tatsächlich Übereinstimmung besteht, und die Umstände wiederzugeben, die zur Identifizierung des Angeklagten durch den Zeugen geführt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2016 - 2 StR 472/16, NStZ-RR 2017, 90; Beschluss vom 17. Februar 2016 - 4 StR 412/15, juris Rn. 3).

b) Den hieraus folgenden Anforderungen werden die beweiswürdigenden Ausführungen des Landgerichts zu den Fällen 1 bis 4 der Urteilsgründe nicht gerecht. In den Fällen 1, 3 und 4 verhalten sich die Urteilsgründe weder dazu, wie die Angeklagte konkret als Täterin identifiziert wurde, noch zu einem etwaigen Wiedererkennen der Angeklagten durch die unmittelbaren Tatzeugen. Soweit die Strafkammer zu den Fällen 3 und 4 anführt, ein Polizeibeamter habe „die ihm aus dem Dienst bekannte“ Angeklagte „angetroffen“, genügt dies schon deshalb nicht, weil der Polizeibeamte die Angeklagte nur aufgrund der Angaben von Zeugen mittelbar als Täterin identifiziert haben kann und sie in Fall 4 auch nicht am Tatort antraf. Zu Fall 2 beschränken sich die Urteilsgründe auf die Mitteilung, die Zeugen hätten die Angeklagte „auch als die damalige Täterin“ wiedererkannt. Welche Merkmale hierfür maßgeblich waren und anhand welcher Kriterien das Landgericht die Beweisqualität dieses Wiedererkennens überprüft hat (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2016 - 2 StR 480/16, juris Rn. 5 mwN), lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.

3. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Im Hinblick auf die Vorschrift des § 358 Abs. 2 Satz 2 StPO ist der Freispruch der Angeklagten mit aufzuheben (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 2017 - 4 StR 619/16, juris Rn. 10 mwN).

III.

Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass sich die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer im Rahmen der neu zu treffenden Feststellungen zu Fall 5 der Urteilsgründe genauer als bisher mit dem - natürlichen - Vorsatz der Angeklagten zu befassen haben wird.

1. Kann - wie hier - die Willensrichtung dafür entscheidend sein, ob sich die Handlung des Täters als eine die Unterbringung gemäß § 63 StGB begründende Verhaltensweise darstellt oder nicht, muss insbesondere der innere Tatbestand erörtert werden, soweit dies nach dem psychischen Zustand des Täters möglich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 2023 - 4 StR 468/22 Rn. 13 mwN; Beschluss vom 24. September 2013 - 2 StR 338/13 Rn. 8; Beschluss vom 14. März 1989 - 1 StR 810/88, BGHR StGB § 63 Tat 2 mwN). Dabei wird zu beachten sein, dass es der Annahme eines natürlichen Tatvorsatzes nicht entgegensteht, wenn der Täter infolge seines Zustands Tatsachen verkennt, die jeder geistig Gesunde richtig erkannt hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 2014 ‒ 5 StR 189/14; Beschluss vom 24. Juni 2008 - 3 StR 222/08). Vorstellungsausfälle, die auf der psychischen Erkrankung beruhen, beeinträchtigen zwar die Verantwortlichkeit des Täters, führen aber nicht dazu, dass die sonst vorhandenen inneren Tatbestandsmerkmale verneint werden müssten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Mai 2024 - 4 StR 82/24, juris Rn. 11; Beschluss vom 12. April 2023 - 4 StR 468/22 Rn. 13 mwN).

2. Der Tatbestand eines versuchten Delikts verlangt in subjektiver Hinsicht (Tatentschluss) das Vorliegen einer vorsatzgleichen Vorstellung, die sich auf alle Umstände des äußeren Tatbestands bezieht (BGH, Beschluss vom 8. Juni 2021 - 4 StR 68/21 Rn. 8; Urteil vom 10. September 2015 - 4 StR 151/15, NJW 2015, 3732 Rn. 13).

a) Im Fall des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB muss es der Täter zumindest für möglich halten und billigend in Kauf nehmen, die Sicherheit des Straßenverkehrs durch das Bereiten von Hindernissen zu beeinträchtigen und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert zu gefährden.

aa) Unter einem Hindernisbereiten im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB ist jede Einwirkung im Verkehrsraum zu verstehen, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu hemmen oder zu verzögern (vgl. BGH, Urteil vom 31. August 1995 ‒ 4 StR 283/95, BGHSt 41, 231, 234 mwN). Tatbestandlich erfasst werden auch solche Einwirkungen, die erst durch die psychisch vermittelte Reaktion des Fahrzeugführers zu einer Beeinträchtigung des Verkehrsablaufs führen, etwa weil sie Brems- oder Ausweichvorgänge mit den damit verbundenen Gefahren zur Folge haben. Daher kann es sich bei einem auf die Straße gestoßenen Menschen um ein Hindernis im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB handeln (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 ‒ 4 StR 123/06, NStZ 2007, 34, 35; Urteil vom 31. August 1995, aaO 235).

bb) Der Tatvorsatz bzw. Tatentschluss muss auch auf die Verursachung einer konkreten verkehrsspezifischen Gefahr gerichtet sein (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2024 - 4 StR 82/24, juris Rn. 11; Beschluss vom 8. Juni 2021 - 4 StR 68/21, juris Rn. 8 f.). Der Tatbestand des § 315b StGB ist dreistufig aufgebaut. Durch eine der in Abs. 1 bezeichneten Tathandlungen muss die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigt und „dadurch“ eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines „anderen“ Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert begründet worden sein. Erforderlich ist danach, dass die Tathandlung eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirkt, die sich zu einer konkreten Gefahr für eines der genannten Schutzobjekte verdichtet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 4. November 2008 - 4 StR 411/08, juris Rn. 5; Beschluss vom 13. Juni 2006 - 4 StR 123/06, NStZ 2007, 34, 35; Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 122). Demgemäß ist der Tatbestand nur erfüllt, wenn die konkrete Gefahr auf einen infolge der Einwirkung des Täters regelwidrig ablaufenden Verkehrsvorgang zurückzuführen ist (BGH, Urteil vom 24. April 1997 - 4 StR 94/97, juris Rn. 14 mwN). Bei Außeneinwirkungen, die ‒ wie hier ‒ nicht durch eine vom Täter ausgenutzte Eigendynamik eines Fahrzeugs gekennzeichnet sind, ist eine verkehrsspezifische Gefahr nur dann zu bejahen, wenn der Fortbewegung des von dem Eingriff betroffenen Fahrzeugs in einer Weise entgegengewirkt wird, dass gerade infolge der Dynamik des Straßenverkehrs eine konkrete Gefahr für die Fahrzeuginsassen oder das Fahrzeug entsteht (grundlegend BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 124; vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 8. Juni 2021 - 4 StR 68/21, juris Rn. 8; Beschluss vom 12. Januar 2021 - 4 StR 326/20 Rn. 3; Beschluss vom 30. August 2017 - 4 StR 349/17, NStZ-RR 2017, 356, 357; Beschluss vom 16. Juli 2015 - 4 StR 117/15, NStZ 2016, 407, 408). Die auf die Straße gestoßene Person, die das vom Täter dem Straßenverkehr bereitete Hindernis bildet, kann deshalb nicht zugleich der „dadurch“ gefährdete „andere“ Mensch im Sinne von § 315b Abs. 1 StGB sein (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 4 StR 123/06, NStZ 2007, 34 Rn. 5; Bosch, JA 2006, 900, 901).

Für die Erfüllung des Tatbestands ist in Fällen der vorliegenden Art vielmehr erforderlich, dass der Täter eine Gefährdung der Insassen des von dem Hindernis betroffenen Fahrzeugs oder anderer Personen, etwa durch eine Notbremsung oder eine abrupte Ausweichbewegung, in seinen Tatentschluss aufgenommen hat. Ein auf die Gefährdung der auf die Straße gestoßenen Person beschränkter Vorsatz genügt nicht.

b) Bei der Prüfung einer (versuchten) gefährlichen Körperverletzung wird sich das neue Tatgericht zu vergegenwärtigen haben, dass sowohl § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB als auch § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB ihrem Wortlaut („mittels“) zufolge ein spezifisches Unmittelbarkeitserfordernis an die Tatbestandsverwirklichung knüpfen.

aa) Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB setzt voraus, dass die Art der Behandlung des Geschädigten durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls (generell) geeignet wäre, das Leben zu gefährden. Eine Lebensgefahr, die sich erst aus weiteren äußeren Umständen ergibt, reicht dafür nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2023 - 4 StR 40/23 Rn. 22; Beschluss vom 14. September 2021 - 4 StR 21/21 Rn. 4 mwN). Die bisher getroffenen Feststellungen belegen nicht, dass die Art der Behandlung - hier: das Stoßen auf die Busfahrspur - bereits für sich als lebensbedrohend in diesem Sinne angesehen werden kann. Der für das Landgericht ersichtlich maßgebliche Umstand, dass es infolge des durch den Stoß verursachten Stolperns der Geschädigten auf die Fahrbahn zu einem nachfolgenden, ihr Leben bedrohenden Unfallgeschehen hätte kommen können, ist für die rechtliche Bewertung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB ohne Relevanz. In diesem Fall würde der Körperverletzungserfolg erst durch den nachfolgenden Unfall, nicht aber „mittels“ der Art der Behandlung durch den Täter eintreten (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Januar 2010 - 4 StR 478/09, juris Rn. 6; Beschluss vom 13. Juni 2006 - 4 StR 123/06, NStZ 2007, 34 Rn. 6). Anders wäre dies nur dann, wenn der Täter das Opfer direkt vor oder gegen ein herannahendes Fahrzeug stößt, so dass der von ihm gegebene Impuls selbst den Zusammenprall mit dem Fahrzeug herbeiführt.

bb) Einen auf die Begehung einer gefährlichen Körperverletzung in der Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gerichteten Vorsatz hat, wer eine andere Person durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB misshandeln oder an der Gesundheit beschädigen will oder dies zumindest billigend in Kauf nimmt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 4. November 2014 − 4 StR 200/14, NStZ-RR 2015, 244; Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 551/12 Rn. 24; Beschluss vom 25. April 2012 - 4 StR 30/12, NStZ 2012, 697, 698). Ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ist in der Regel als ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2019 - 4 StR 442/18, juris Rn. 24 mwN). Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, muss die Verletzung aber bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst und auf einen Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Mai 2025 - 4 StR 52/24, juris Rn. 19; Beschluss vom 15. August 2023 - 4 StR 514/22 Rn. 17; Beschluss vom 21. November 2017 - 4 StR 488/17; Beschluss vom 3. Februar 2016 ‒ 4 StR 594/15, NStZ 2016, 724 mwN). Der innere Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist daher nur dann erfüllt, wenn sich der Täter wenigstens mit der Möglichkeit abgefunden hat, dass die betroffene Person angefahren oder überfahren wird und unmittelbar hierdurch eine Körperverletzung erleidet (BGH, Beschluss vom 4. November 2014 − 4 StR 200/14, NStZ-RR 2015, 244 mwN; vgl. auch Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 4 StR 292/12 Rn. 10). Da es für den Tatbestand ohne Bedeutung ist, ob das Werkzeug gegen den Menschen oder der Mensch gegen das Werkzeug bewegt wird (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 1968 - 4 StR 320/68, BGHSt 22, 235, 236; RGSt 24, 372, 373; LK-StGB/Grünewald, 13. Aufl., § 224 Rn. 21; LPK-StGB/Kindhäuser/Hilgendorf, 10. Aufl., § 224 Rn. 10; Fischer, StGB, 72. Aufl., § 224 Rn. 12; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 31. Aufl., § 224 Rn. 4), kann eine (versuchte) gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB auch dann vorliegen, wenn der Täter das Opfer gezielt vor ein herannahendes Fahrzeug stößt (vgl. Engländer in Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl., § 224 Rn. 10).

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1306

Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede