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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 283/95, Urteil v. 31.08.1995, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 4 StR 283/95 - Urteil vom 31. August 1995 (LG München I)

BGHSt 41, 231; keine Verwirklichung des Tatbestands des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und der Nötigung beim bewusst verkehrswidrigen Gehen auf der Fahrbahn; Merkmal "Hindernis bereiten" i.S.v. § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB (Fahrbahngeherfall); Gewaltbegriff in § 240 StGB.

§ 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB; § 240 StGB

Leitsätze

1. Zur Strafbarkeit wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und wegen Nötigung durch bewusst verkehrswidriges Gehen auf der Fahrbahn. (BGHSt)

2. Unter Hindernis bereiten i.S.d. § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB ist grundsätzlich jede Einwirkung im Verkehrsraum zu verstehen, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu hemmen oder zu verzögern. Allerdings setzt der Tatbestand in Fällen, in denen ein Verhalten, das sich nach außen als Verkehrsteilnahme darstellt, als "Hindernisbereiten" zu bewerten ist, eine grobe Einwirkung von einigem Gewicht voraus. (Bearbeiter)

3. In subjektiver Hinsicht setzt die Anwendung des § 315b StGB auf Verkehrsvorgänge voraus, dass der Täter in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff zu "pervertieren"; dabei muss es ihm darauf ankommen, durch diesen in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 21. Oktober 1994 aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Der Angeklagte ist für die vom 14. Januar 1993 bis zum 26. Januar 1993 erlittene Freiheitsentziehung zu entschädigen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt aufgrund der Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Freispruch des Angeklagten. Auf die Verfahrensbeschwerden kommt es deshalb nicht an.

1. Der Angeklagte betreibt seit 1988 Aktionen gegen den Autoverkehr in München. Sein erklärtes Ziel ist es, eine autofreie Stadt zu erreichen. Er begann damit, daß er über Personenkraftwagen hinwegging, die auf Gehwegen geparkt waren. Dies führte in einigen der mindestens 300 Fälle zu seiner Verurteilung wegen Sachbeschädigung. "Da dem Angeklagten von Polizei und Gericht immer wieder vorgehalten wurde, er dürfe nicht über, sondern nur um die Autos gehen, kam er bei seinen Überlegungen zu dem Ergebnis, daß dann die Autos um ihn herumfahren müßten. Da Autos auf dem Bürgersteig nicht wegen Nötigung belangt würden, könnten folgerichtig auch nicht Fußgänger, die sich auf der Straße bewegten, zur Rechenschaft gezogen werden. Der Angeklagte entschloß sich deshalb dazu, ab Mai 1992 bis etwa Oktober 1993 als Fußgänger gelegentlich auf Straßen im Stadtbereich von München zu gehen, wobei er insgesamt nach eigener Schätzung ca. 450 Kilometer zurücklegte. Es ging ihm darum, daß die Autofahrer langsamer und defensiver fahren und mehr Rücksicht auf Fußgänger nehmen sollten".

In Verfolgung dieser Absicht ging der Angeklagte am Samstag, den 2. Januar 1993, gegen 12.30 Uhr vom Siegestor kommend auf der Mitte des linken von zwei stadtauswärts führenden Fahrstreifen der Leopoldstraße in München. In Absprache mit ihm ging der "gleichgesinnte" D. mit einem kleinen Handkarren ca. 50 m hinter ihm seitlich versetzt auf dem rechten Fahrstreifen. Beide wollten ca. 1 km bis zur "Münchener Freiheit" auf der Fahrbahn zu Fuß gehen und dieselbe Strecke in der Gegenrichtung zurücklegen; der Angeklagte wollte "auf diese Weise den Fahrzeugverkehr behindern und die Autofahrer zwingen, anzuhalten oder zumindest auf Schrittgeschwindigkeit abzubremsen, um so aus Umweltschutzgründen gegen den zunehmenden Verkehr zu protestieren und auf seine Ziele einer 'autofreien Stadt' aufmerksam zu machen". Die Sicht war gut, der Verkehr war "normal bis lebhaft". S., der mit seinem Pkw stadtauswärts fuhr, wechselte, als er vor sich D. wahrnahm, vom rechten auf den linken Fahrstreifen. Den vor ihm gehenden Angeklagten nahm er wegen eines vorausfahrenden Pkw erst aus einer Entfernung von ca. 20 m wahr. Der Angeklagte schaute sich nicht um und machte auch keine Anstalten, zur Seite zu gehen, obwohl S. ihn anhupte. Da für S. in diesem Augenblick ein Ausweichen weder nach links noch nach rechts möglich war, führte er eine Vollbremsung durch, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Ca. einen halben Meter hinter dem Angeklagten kam er zum Stehen.

In dem weiteren Fall ging der Angeklagte am Morgen des 14. Januar 1993 gegen 7.30 Uhr auf der zweispurigen Untermenzinger Straße in München in südwestlicher Richtung zur Berufsgrundschule. Diesen Schulweg von 700 bis 800 Metern legte der Angeklagte seit Oktober 1992 regelmäßig zu Fuß auf der Straße zurück. Er ging an diesem Tage auf der rechten Fahrbahn unmittelbar neben der Mittellinie. Es herrschte noch Dunkelheit, die Fahrbahn war naß und es regnete leicht. Der Angeklagte trug einen Rucksack, auf dem sich zwei Reflektoren (sog. Katzenaugen) befanden. Er hatte bereits ca. 400 Meter zurückgelegt und war dabei von mehreren Fahrzeugen überholt worden, als er von dem sich ihm von hinten nähernden Pkw des Sch. erfaßt wurde. Dieser hatte ihn zu spät erkannt. Weil ihm ein Ausweichen wegen der Verkehrslage nicht möglich war, hatte er eine Vollbremsung eingeleitet, aber sein Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig anzuhalten vermocht. Bei vorsichtiger Fahrweise hätte er den Angeklagten möglicherweise ohne längere Wartezeit auf der Gegenfahrbahn überholen können. Auf den Pkw fuhr ein weiterer Pkw auf. An beiden Fahrzeugen entstand erheblicher Sachschaden. Verletzt wurde nur der Angeklagte.

2. Die Strafkammer ist der Auffassung, der Angeklagte habe damit die Voraussetzungen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr - hier in der Tatbestandsalternative des Bereitens eines Hindernisses nach § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB - erfüllt. Sie meint, der Angeklagte habe es durch Benutzung der Fahrbahn als Gehweg bewußt darauf angelegt, die Autofahrer zu behindern; er habe damit "mehr getan, als sich (nur) verkehrswidrig verhalten"; es sei ihm primär darum (gegangen), ein Hindernis zu bereiten; insoweit habe er mit direktem Vorsatz gehandelt. In bezug auf die Gefährdung der bei den Vorfällen beteiligten Personenkraftwagen und deren Insassen nimmt die Strafkammer einen bedingten Vorsatz des Angeklagten an.

3. Diese Begründung des Landgerichts trägt die Anwendung des § 315 b StGB nicht; ihr liegt ein unzutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde.

a) Richtig ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt der Strafkammer: Die Anwendbarkeit des § 315 b StGB scheidet nicht schon deshalb aus, weil der Angeklagte in beiden Fällen - wenn auch unter bewußtem Verstoß gegen das Gebot des § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO, die Gehwege zu benutzen - als Fußgänger am Verkehr teilgenommen hat. Auch der Verkehrsteilnehmer selbst kann tauglicher Täter eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sein.

aa) Allerdings wird bloß vorschriftswidriges Verkehrsverhalten grundsätzlich nicht von § 315 b StGB, sondern - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - nur von § 315 c StGB erfaßt (vgl. Dreher/Tröndle StGB 47. Aufl. § 315 b Rdn. 5). Doch können nach gefestigter Rechtsprechung auch Vorgänge im ruhenden und fließenden Verkehr dann ein Hindernisbereiten im Sinne von § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB sein, wenn der Täter von vornherein vom Verhalten eines "normalen" Verkehrsteilnehmers dadurch abweicht, daß er durch die Zuwiderhandlung gegen die Verkehrsvorschriften die Schaffung eines Hindernisses beabsichtigt, wenn also die Behinderung nicht die bloße Folge, sondern der Zweck des verbotswidrigen Verhaltens ist (BGHSt 21, 301, 302; BGH VRS 64, 267/268). Ebenso erfüllt ein Fahrzeugführer im fließenden Verkehr in besonderen Fällen das Merkmal der Vornahme eines "ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs" im Sinne von § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB, wenn er das von ihm gesteuerte Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewußt zweckwidrig einsetzt (BGHSt 28, 87, 88). Beiden Fällen der Anwendung des § 315 b StGB auf Verkehrsvorgänge ist gemeinsam, daß der Täter in der Absicht handelt, diese zu einem Eingriff zu "pervertieren"; es muß ihm darauf ankommen, durch diese in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen (BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Vorsatz 1).

Hiernach hat die Rechtsprechung ein Hindernisbereiten etwa darin gesehen, daß der Kraftfahrzeugführer mit seinem Fahrzeug, ohne durch die Verkehrslage dazu veranlaßt zu sein, einem anderen absichtlich den Weg abschneidet, oder ein Polizeifahrzeug, dessen Besatzung ihn wegen eines Verkehrsverstoßes stellen will, um dies zu verhindern, absichtlich am Überholen hindert (BGHSt 21, 301, 303; 22, 67, 75). Ebenso hat der Senat ausgesprochen, daß derjenige sich nach § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB strafbar macht, der um einen Auffahrunfall zu verursachen (BGH VRS 53, 355) oder in gleicher Absicht unter dem Schein verkehrsgerechten Verhaltens bei Gelblicht (§ 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO) scharf abbremst (BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 1). Einen "ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff" hat die Rechtsprechung beispielsweise in Fällen bejaht, in denen ein Fahrzeug im Straßenverkehr als Fluchtmittel benutzt wird, wenn der Kraftfahrer dabei die Möglichkeit der erheblichen Gefährdung oder Verletzung anderer Verkehrsteilnehmer erkennt, ihm aber seine Flucht nur um diesen Preis möglich erscheint (BGHSt 22, 67, 75; 28, 87, 91; BGH NStZ 1985, 267); ebenso, wenn der Täter sein Fahrzeug als "Waffe" oder "Schadenswerkzeug" mißbraucht, indem er auf einen anderen Verkehrsbeteiligten zufährt, um ihn zu verletzen (BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Eingriff, erheblicher 3) oder absichtlich fremde Fahrzeuge rammt (BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Gefährdung 2).

bb) Diese Rechtsprechung betrifft allerdings Fälle, in denen der Täter als Führer eines Kraftfahrzeugs am fließenden Verkehr teilnimmt; sie ist darauf jedoch nicht beschränkt. Es ist kein durchgreifender Grund ersichtlich, die hierzu entwickelten Grundsätze nicht auf den hier zu erörternden, in der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - bisher nicht behandelten Fall der Teilnahme des Täters am Straßenverkehr als Fußgänger zu übertragen.

Der Angeklagte blieb, auch wenn er verbotswidrig auf der Fahrbahn ging, gleichwohl Verkehrsteilnehmer. Dies schloß indes nicht aus, daß er in dieser Eigenschaft selbst ein Hindernis im Sinne des § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB bereitete. Hierunter ist grundsätzlich jede Einwirkung im Verkehrsraum zu verstehen, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu hemmen oder zu verzögern (vgl. BGHSt 6, 219, 224; 13, 66, 69, jeweils für den Schienenverkehr; Cramer in Schönke/Schröder StGB 24. Aufl. § 315 b Rdn. 6; Rüth in LK/StGB 10. Aufl. § 315 b Rdn. 18). Es versteht sich von selbst, daß in diesem Sinne auch ein Fußgänger, der wie der Angeklagte auf der grundsätzlich dem Fahrzeugverkehr vorbehaltenen Fahrbahn geht, den normalen Verkehrsbetrieb zumindest beeinträchtigt und jedenfalls dann ein Hindernis bildet, wenn er durch sein Verhalten die auf der Straße fahrenden Fahrzeuge zum Verlangsamen oder gar zum Anhalten veranlaßt, weil es bei der gegebenen Verkehrslage ein ungehindertes Vorbeifahren ausschließt (vgl. BGH VRS 55, 126, 127). Daß diese von dem Angeklagten ausgehende Zwangswirkung auf die an den Vorfällen unmittelbar beteiligten Pkw-Fahrer nur psychischer Natur war (dazu unten 4. zu § 240 StGB), beseitigt die Annahme eines Hindernisses nicht; denn diese ist nicht auf Vorgänge beschränkt, die zu einer Verhinderung des fließenden Verkehrs führen.

Der Anwendung von § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB durch die Strafkammer stand auch nicht entgegen, daß der Angeklagte zu der Behinderung des Fahrzeugverkehrs nur sich selbst bzw. seinen Körper, nicht aber weitere Gegenstände einsetzte. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Revision, der Täter könne sich begrifflich nicht selbst zum Hindernis machen. Mag es auch für das regelmäßige Tatbild zutreffen, daß derjenige, der ein Hindernis bereitet, sich dabei irgendeines Objekts bedient, indem er etwa Gegenstände auf die Fahrbahn wirft oder sein Fahrzeug einsetzt, so wird ein solches enges Verständnis weder vom Wortsinn des Tatbestandsmerkmals "Hindernisbereiten" gefordert noch dem Schutzzweck der Norm gerecht. Der Rechtsprechung kann Gegenteiliges nicht entnommen werden. Daß danach die bewußte Zweckentfremdung eines Fahrzeugs als Mittel der Verkehrsbehinderung als tatbestandsmäßig angesehen wird (vgl. Cramer in Schönke/Schröder aaO Rdn. 8 m. zahlr. Rechtspr.-Nachw.), ist nicht in dem Sinne zu verstehen, daß die Vorschrift nur unter diesen weiteren Umständen anwendbar sein soll. Vielmehr hat der Senat wiederholt ausgesprochen, daß es zur Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich ist, daß die Gefährdung durch bewußt zweckwidrigen Einsatz des Fahrzeugs selbst hervorgerufen wird, sondern auch etwa die Einwirkung des Mitfahrers auf den Fahrer oder umgekehrt des Fahrers auf den Mitfahrer genügen kann (Urteil vom 27. April 1995 - 4 StR 772/94 m.w.N.).

cc) Schließlich erweist sich die Anwendung des § 315 b StGB auch nicht schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil das Gehen auf der Fahrbahn - wie die Revision einwendet - "dem gezielten Streben nach Ortsveränderung diente" und ebenso wie das "bloße Spazierengehen einen typischen, in keiner Weise entfremdeten Verkehrsvorgang dar(stellt)". Darauf kommt es nicht entscheidend an, wenn - wie die Strafkammer rechtsfehlerfrei festgestellt hat - der Angeklagte gerade die Schaffung eines Hindernisses beabsichtigte. Dies erhellt ohne weiteres aus der Rechtsprechung etwa zu den sogenannten Polizeifluchtfällen (vgl. BGHSt 22, 67; BGH VRS 50, 94; dazu auch Senatsbeschluß vom 12. Januar 1995 - 4 StR 742/94, NZV 1995, 196). Auch dort nutzt der Täter das Fahrzeug einerseits bestimmungsgemäß als Fortbewegungsmittel, um sich damit zu entfernen. Dies hindert indes, wenn er dabei auf den Polizeibeamten in der Absicht zufährt, ihn zum Beiseitespringen und zur Freigabe seines Fahrweges zu zwingen (BGHSt 22, 6, 7; 28, 87, 88 m.w.N.), die Anwendung des § 315 b StGB - wie bereits dargetan - gerade nicht. Ausschlaggebender Grund, auch verkehrswidriges Verhalten eines Verkehrsteilnehmers ausnahmsweise der Strafdrohung des § 315 b StGB zu unterwerfen, ist die innere Einstellung des Täters, insbesondere der von ihm verfolgte Zweck (vgl. Cramer in Schönke/Schröder aaO Rdn. 9 a.E.). Das Gesetz selbst bietet für die Auslegung, ein Verhalten nur deshalb aus dem Anwendungsbereich des § 315 b StGB herauszunehmen, weil es zugleich objektiv auch als bloß verkehrswidrige Teilnahme am Straßenverkehr erscheint, keinen genügenden Anhalt (Rüth in LK aaO Rdn. 13). Daß danach letztlich insoweit die subjektive Tatseite beim Täter bei äußerlich gleichem Verhalten über die Qualifizierung der Tat als Straftat entscheiden kann, ist dem Strafrecht auch sonst im Zusammenhang mit sowohl strafbegründenden (Beispiel: Abgrenzung von Diebstahl und strafloser Gebrauchsentwendung) als auch qualifizierenden (Beispiel: Abgrenzung von gefährlicher Körperverletzung und - bedingt vorsätzlichem - versuchten Mord/Totschlag) Umständen nicht fremd.

b) Schied danach die Anwendung des § 315 b StGB nicht von vornherein aus, so hat das Landgericht gleichwohl eine Strafbarkeit des Angeklagten in den abgeurteilten Fällen zu Unrecht bejaht. Daß der Angeklagte es bewußt darauf anlegte, durch das Gehen auf der Fahrbahn die Autofahrer zu behindern und es zu konkreten Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist, genügt unter den gegebenen Umständen für die Anwendung des § 315 b StGB nicht. Die Strafkammer hat nicht bedacht, daß nach gefestigter Rechtsprechung nicht jede Behinderung - ebenso wie auch nicht jeder ähnliche Eingriff - tatbestandsmäßig im Sinne von Absatz 1 Nr. 2 oder 3 dieser Vorschrift ist.

aa) Insbesondere in Fällen, in denen ein Verhalten, das sich nach außen als Verkehrsteilnahme darstellt, als Hindernisbereiten oder als "ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff" zu bewerten ist, setzt der Tatbestand eine grobe Einwirkung von einigem Gewicht voraus (BGHSt 22, 365, 366/367; 26, 176, 178; 28, 87, 89). Nicht jede objektiv behindernde Verkehrsteilnahme, selbst wenn sie gänzlich aus dem Rahmen dessen fällt, was im Verkehr vorzukommen pflegt (vgl. BGHSt 28, 87, 88; BGH VRS 55, 126, 127), genügt zur Tatbestandserfüllung; ebenso reicht eine nur unwesentliche Behinderung nicht aus. Der Senat hat deshalb ein Hindernisbereiten im Sinne des § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB für den Fall verneint, daß es dem Fußgänger, dem der Täter mit seinem Pkw auf dem Bürgersteig den Weg abschneidet, ohne weiteres möglich ist, an dem Pkw vorbeizugehen (BGH VRS 64, 267, 268); er hat einen gefährlichen Eingriff im Sinne der Nr. 3 der Vorschrift auch nicht angenommen, wenn der Kraftfahrer beabsichtigt, an einem Halt gebietenden Polizeibeamten, ohne diesen zu gefährden, vorbeizufahren (BGHSt 28, 87, 89 m.w.N.). Einen Verstoß geringeren Gewichts hat der Senat vor allem auch dann bejaht, wenn der Täter so langsam auf einen Fußgänger zufährt, daß dieser ohne Schwierigkeit ausweichen kann, dies selbst bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h und einer Entfernung zu dem Fußgänger von nur 15 Metern (vgl. BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Eingriff, erheblicher 1 und 2 m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt, könnte der Anwendung des § 315 b StGB hier schon die fehlende Erheblichkeit der Einwirkung des Angeklagten auf den Verkehrsablauf entgegenstehen. In beiden Fällen hat die Strafkammer ausdrücklich nicht festzustellen vermocht, "daß die beteiligten Fahrzeuglenker oder andere Autofahrer längere Zeit hinter dem Angeklagten herfahren mußten". Bei dem Vorfall vom 14. Januar 1993 konnte das Landgericht auch nicht ausschließen, daß der Unfallbeteiligte Sch. sich selbst verkehrswidrig verhalten hat und "bei vorsichtigerer Fahrweise den Angeklagten auf der Gegenfahrbahn ohne längere Wartezeit hätte überholen können, so wie es vor ihm bereits mehrere Fahrzeuge gemacht hatten". Diese Umstände, die die Strafkammer - im Ergebnis zu Recht (s. dazu unten 4.) - veranlaßt haben, eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Nötigung nach § 240 Abs. 1 StGB zu verneinen, weil eine nur kurzfristige Verzögerung des Verkehrsflusses "sich wegen zu geringer Dauer und Intensität als Belästigung bzw. Behinderung darstellt", stehen in gleicher Weise aber auch der Annahme einer groben Einwirkung von einigem Gewicht durch den Angeklagten, wie sie § 315 b StGB voraussetzt, entgegen.

bb) Daß in beiden Fällen fremde Verkehrsteilnehmer und ihre Fahrzeuge konkret gefährdet wurden bzw. im zweiten Fall Pkws beschädigt worden sind, führt zu keinem anderen Ergebnis. Ob eine Behinderung oder ein sonstiger gefährlicher Eingriff "von Gewicht" ist und deshalb von § 315 b StGB erfaßt wird, bestimmt sich grundsätzlich - wie dies auch der Tatbestandsaufbau der Vorschrift ("Wer ... dadurch beeinträchtigt, daß er ..., und dadurch ...") deutlich macht, unabhängig von der Tatfolge. Freilich kann eine tatsächlich eingetretene Gefahrenlage ein Indiz für die Erheblichkeit der Einwirkung sein, was namentlich in Betracht kommt, wenn dem Verhalten in spezifischer Weise das Risiko anhaftet, zu einer konkreten Gefährdung im Sinne der Strafvorschrift zu führen. Daß dem Verhalten des Angeklagten ein solches spezifisches Risiko anhaftete, wird durch die Feststellungen nicht belegt. Dagegen spricht schon der Umstand, daß der Angeklagte das "Straßengehen" in gleicher Weise - wie die Strafkammer angenommen hat - anderthalb Jahre lang praktiziert und dabei etwa 450 Kilometer zurückgelegt hat, ersichtlich ohne daß es sonst zu dadurch verursachten konkreten Gefahren gekommen ist. Auch kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß in den hier erörterten Fällen - wie dies die Strafkammer zum Vorfall vom 14. Januar 1993, bei dem zudem schlechte Sichtverhältnisse bestanden, ausdrücklich festgestellt hat - andere Fahrzeuge zuvor gefahrlos an dem Angeklagten vorbeigefahren waren. Das "Gewicht" der von dem Angeklagten ausgehenden Einwirkung erhöhte sich aber bei gleichbleibendem Verhalten nicht dadurch, daß die beteiligten Kraftfahrer ihn zu spät erkannten und deshalb eine Vollbremsung vornehmen mußten. Anders wäre die Sachlage zu beurteilen, wenn der Angeklagte die jeweilige Situation, in der die nachfolgenden Fahrzeuge im entscheidenden Augenblick nicht ausweichen konnten, bewußt ausgenutzt hätte, um sie zur Vollbremsung zu zwingen. Daß es sich so verhält, kann dem Urteil jedoch nicht entnommen werden.

cc) Selbst wenn aber eine tatbestandsmäßige erhebliche Behinderung deshalb zu bejahen wäre, weil den Pkw-Fahrern S. und Sch. in der jeweiligen konkreten Situation verkehrsbedingt ein Ausweichen unmöglich war, fehlte es beim Angeklagten jedenfalls am subjektiven Tatbestand. Schon um der Gefahr uferloser Ausdehnung der Anwendung des § 315 b StGB auf "normale" Verkehrsverstöße vorzubeugen, ist die Anwendung dieser Strafvorschrift auf Verkehrsvorgänge nämlich davon abhängig, daß der Täter in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff zu "pervertieren"; dabei muß es ihm darauf ankommen, durch diesen in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen (BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Vorsatz 1). In diesen Fällen genügt deshalb bloß fahrlässige Begehung (§ 315 b Abs. 5 StGB), aber auch nur fahrlässige Herbeiführung der konkreten Gefahr (§ 315 b Abs. 4 StGB) nicht (vgl. BGH NJW 1969, 1444, 1445). Vielmehr muß auch die Herbeiführung der konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert vom Vorsatz umfaßt sein (vgl. BGHSt 28, 87, 89; OLG Köln NZV 1991, 319, 320; 1992, 80, 81). Das ist für die Fälle des "ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriffs" (§ 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB) anerkannt (Nachweise bei Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 33. Aufl. § 315 b StGB Rdn. 17). Für die Fälle des Hindernisbereitens nach Nr. 2 der Vorschrift kann bei Verkehrsvorgängen nichts anderes gelten.

Für eine Absicht des Angeklagten, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu beeinträchtigen, geben die Urteilsfeststellungen jedoch keinen Anhalt. Die Überlegungen des Angeklagten zielten letztlich nur darauf ab, die Autos zu veranlassen, "um ihn herumzufahren" (UA 10, 17). Darin allein kann eine Absicht in dem genannten Sinne noch nicht gesehen werden. Hinzu kommt, daß die Schutzlosigkeit, mit der der Angeklagte als Fußgänger dem Kraftfahrzeugverkehr ausgesetzt war, und das - sollte es doch zu einer Gefahrenlage kommen - daraus für ihn in den Folgen unabschätzbare Risiko der Selbstgefährdung die Annahme eher als fernliegend erscheinen läßt, er könne über die Behinderung der Kraftfahrer hinaus auch die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen bezweckt haben. Unter diesen Umständen fehlt es bei diesem Angeklagten, dessen Persönlichkeit als die eines "unreifen Sonderlings" beschrieben wird, entgegen der Würdigung der Strafkammer aber auch für die Annahme, er habe die konkreten Gefährdungen der beteiligten Kraftfahrer und ihrer Fahrzeuge zumindest bedingt vorsätzlich herbeigeführt, an einer tragfähigen Grundlage (vgl. OLG Köln NZV 1992, 80, 81).

4. Der Angeklagte hat sich auch nicht nach anderen Vorschriften strafbar gemacht; insbesondere kommt - wie die Strafkammer im Ergebnis zu Recht angenommen hat - eine Verurteilung des Angeklagten wegen Nötigung (§ 240 StGB) nicht in Betracht. Die Ausführungen im Urteil lassen erkennen, daß die Strafkammer die Gewaltalternative hier im Grundsatz bejaht hat, zur Straflosigkeit jedoch aufgrund einer tatbestandlichen Reduktion nach dem Geringfügigkeitsprinzip (vgl. dazu Dreher/Tröndle aaO § 240 Rdn. 26 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung) gelangt ist und dabei auf die kurze Dauer der Behinderung der anderen Verkehrsteilnehmer abgestellt hat. Das weist jedenfalls im Ergebnis keinen Rechtsfehler auf, wenn auch die Annahme, das Verhalten des Angeklagten sei als tatbestandliche Gewalt im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB zu bewerten, mit Blick auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1995 - 1 BvR 718/89 u.a. - (StV 1995, 242) Bedenken begegnen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat mit dieser Entscheidung die Auslegung des Gewaltbegriffs in § 240 Abs. 1 StGB durch die Rechtsprechung im Zusammenhang mit Sitzdemonstrationen als mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar beanstandet. Die vorliegend zu beurteilenden Sachverhalte geben dem Senat keinen Anlaß, entsprechend der Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts den Gewaltbegriff im Zusammenhang mit nötigendem Verhalten im Straßenverkehr inhaltlich generell neu zu bestimmen. Es liegt allerdings nahe, hier - nicht anders als in den Fällen der Sitzblockade - tatbestandsmäßige Gewalt mit der Begründung zu verneinen, daß das Verhalten des Angeklagten "lediglich in körperlicher Anwesenheit besteht und die Zwangswirkung auf den Genötigten nur psychischer Natur ist" (BVerfG aaO Beschlußabdruck S. 25 = StV aaO S. 244). Daß der Angeklagte auf der Straße ging (und nicht auf der Straße saß), stellt keinen rechtserheblichen Unterschied dar; im Gegenteil ist letztlich die Einwirkung desjenigen, der sich als Fußgänger fahrtrichtungsgemäß, d.h. vor den Fahrzeugen her, fortbewegt, eher geringer.

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht daraus, daß - was das Urteil in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich erörtert - in beiden Fällen die beteiligten Kraftfahrer Vollbremsungen durchführen mußten. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß strafbare Nötigung in der Gewaltalternative in Fällen zu bejahen sein kann, in denen der Täter sein Fahrzeug willkürlich scharf abbremst, um nachfolgende Kraftfahrer zu einer Vollbremsung zu zwingen (vgl. Dreher/Tröndle aaO § 240 Rdn. 28 m. Rspr.-N.). Diese Rechtsprechung wird - wie der Senat in seinem Urteil vom 30. März 1995 - 4 StR 725/94 - NZV 1995, 325, 326 - betont hat -, durch die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht berührt. Jedoch ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt den jener Rechtsprechung zugrunde liegenden Fällen schon nach den äußeren Umständen nicht vergleichbar. Hinzu kommt, daß - wie oben zu 3. b) cc) dargelegt - nichts dafür spricht, daß der Angeklagte eine Vollbremsung der beteiligten Kraftfahrer bezweckte oder auch nur Situationen, in denen die nachfolgenden Kraftfahrer nicht ausweichen konnten, bewußt zu deren Behinderung ausnutzte. Deshalb würde auch die Auffassung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 20. Juli 1995 - 1 StR 126/95 - (zum Abdruck in BGHSt bestimmt) hier zu keinem anderen Ergebnis führen: Zwar hat der 1. Strafsenat darin unbeschadet des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1995 die von den Angeklagten bewirkte Straßenblockade als strafbare Nötigung mittels Gewalt bewertet; er hat jedoch entscheidend darauf abgestellt, daß die beabsichtigte Fortbewegung der Kraftfahrer "durch tatsächlich nicht überwindbare Hindernisse unterbunden" wurde, indem "die Täter die von ihnen (möglicherweise nur) durch psychischen Zwang angehaltenen Wagen als Mittel zur Bildung einer Barriere" benutzten (S. 9/10 der Urteilsabschrift; vgl. ferner Beschlüsse desselben Senats vom 27. Juli 1995 - 1 StR 327/95 - und vom 1. August 1995 - 1 StR 334/95). So liegt es hier aber gerade nicht.

5. Der Senat schließt aus, daß sich aufgrund neuer Verhandlung noch weitere Feststellungen treffen lassen, die ein strafbares Verhalten des Angeklagten belegen könnten. Der Senat spricht den Angeklagten daher frei (§ 354 Abs. 1 StPO).

Soweit das Verhalten des Angeklagten in beiden Fällen eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG in Verbindung mit §§ 25 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 24 Buchst. a StVO darstellt, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Die Verjährungsfrist für Verkehrsordnungswidrigkeiten beträgt bis zum Erlaß des Bußgeldbescheides oder - wie hier - zur Erhebung der öffentlichen Klage drei Monate (§ 26 Abs. 3 1. Alternative StVG). Bis zur Erhebung der Anklage vom 20. Dezember 1993, die bei Gericht am 21. Dezember 1993 einging (SA Bd. I Bl. 376), wurde die Verjährung zuletzt durch die Beauftragung der psychiatrischen Sachverständigen durch Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 1. April 1993 unterbrochen (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 OWiG; SA Bd. I Bl. 149). Die Dreimonatsfrist war im Zeitpunkt der Anklageerhebung mithin bereits abgelaufen. Dem Eintritt der Verjährung steht auch § 33 Abs. 3 Satz 3 OWiG nicht entgegen. Danach gilt als gesetzliche Verjährungsfrist diejenige, die sich aus der Strafdrohung ergibt, wenn jemandem in einem bei Gericht anhängigen Verfahren eine Handlung zur Last gelegt wird, die gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit ist. Voraussetzung dieser - die äußerste Grenze der Verjährung hinausschiebenden - Regelung ist aber, daß die Ordnungswidrigkeit im Zeitpunkt der Gerichtshängigkeit nicht schon verjährt war, die für die Ordnungswidrigkeiten geltende Verjährung zuvor also jeweils rechtzeitig unterbrochen worden ist (Weller in KK-OWiG § 33 Rdn. 117, 118). Das war hier nicht der Fall. Nach den Grundsätzen der Entscheidung BGHSt 36, 340 führt die Verjährung nicht zur Einstellung des Verfahrens, sondern zum Freispruch (ebenso BGHR StPO § 260 Abs. 3 Freispruch 3).

6. Der Angeklagte ist für die zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung (vorläufige Festnahme am 14. Januar 1993, Untersuchungshaft vom 15. bis 26. Januar 1993) zu entschädigen (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StrEG). Ein Versagungsgrund nach § 5 Abs. 2 Satz 1 oder § 6 Abs. 1 Nr. 1 StrEG besteht nicht. Es kann dem Angeklagten nicht als vorsätzliche oder auch nur grob fahrlässige Verursachung seiner Strafverfolgung angelastet werden, daß er trotz ihm zuvor erteilter Belehrungen über die vermeintliche Strafbarkeit des "Straßengehens" weiterhin an seinen Aktionen festhielt. Dies um so weniger, als er - im Ergebnis zu Recht - von vornherein von der Straflosigkeit seines Verhaltens überzeugt war.

7. Der vorliegende Fall gibt dem Senat Veranlassung zu dem Hinweis, daß ungeachtet der in diesem Fall fehlenden Strafbarkeit eine Regelungslücke für die Fälle des "Straßengehens" nicht besteht. Abgesehen von der Verfolgung einer darin liegenden Ordnungswidrigkeit sind, soweit und solange dies die Sicherung der Allgemeinheit und des Angeklagten selbst gegen Gefährdungen in Fällen dieser Art gebieten, die zur Verfügung stehenden ordnungspolizeilichen Mittel anzuwenden und dabei - zumal angesichts der psychischen Auffälligkeiten in der Person des Angeklagten (dazu UA 18, 20/21) - auch, soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen, die Maßnahmen nach Maßgabe der landesrechtlichen Unterbringungsgesetze (vgl. für Bayern Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bay. Unterbringungsgesetz in der Bek. vom 5. April 1992, BayGVBl. S. 60) in Betracht zu ziehen.

Externe Fundstellen: BGHSt 41, 231; NJW 1996, 203

Bearbeiter: Rocco Beck