HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1278
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 322/25, Beschluss v. 15.07.2025, HRRS 2025 Nr. 1278
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 23. Dezember 2024 im Adhäsionsausspruch (Ziffern 3 bis 6 des Tenors) aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, die besonderen Kosten des Adhäsionsverfahrens und die dem Neben- und Adhäsionskläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat ferner dem Nebenkläger als Adhäsionskläger Schmerzensgeld nebst Zinsen zugesprochen und festgestellt, dass alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen sind, die dem Adhäsionskläger durch die Tat entstanden sind, soweit diese Ersatzansprüche nicht auf den Sozialversicherungsträger oder sonstige Versicherer übergegangen sind. Die gegen dieses Urteil gerichtete und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Während die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des angefochtenen Urteils zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, hat die Adhäsionsentscheidung keinen Bestand. Ihr fehlt jegliche Begründung. Auch wenn die Rechtfertigung der Adhäsionsentscheidung nicht unmittelbar an den zivilprozessualen Vorschriften zu messen ist und nur maßvolle Anforderungen an die Feststellung des vom Angeklagten nicht anerkannten zivilrechtlichen Anspruchs auf Schmerzensgeld zu stellen sind, muss gleichwohl für das Revisionsgericht nachvollziehbar dargelegt werden, weshalb der Anspruch im zugesprochenen Umfang begründet ist (vgl. zuletzt nur BGH, Beschluss vom 28. November 2024 - 1 StR 384/24, wistra 2025, 176). Dies hat das Landgericht versäumt. Eine hinreichende Entscheidungsgrundlage folgt auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe (insoweit anders OGH, Urteil vom 17. Mai 1949 - StS 158/48, OGHSt 2, 46, 47 f.).
2. Der Senat verweist die Sache daher im Adhäsionsausspruch zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Zwar kommt grundsätzlich die Zurückverweisung der Sache allein wegen ihres zivilrechtlichen Teils nicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 18. Mai 2020 - 6 StR 48/20, BGHR StPO § 403 Hinterbliebenengeld 1 Rn. 6 mwN). Hier ist der Adhäsionsantrag allerdings aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen, der auf eine Änderung der Adhäsionsentscheidung angetragen hat, nur zu einem geringen Teil entscheidungsreif unzulässig oder unbegründet, § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO; die Aufhebung der Adhäsionsentscheidung beruht in wesentlichen Teilen auf einer rechtsfehlerhaften Auslassung des Landgerichts in den Urteilsgründen. Einer Zurückverweisung stünde hier nur der Gesichtspunkt der Verfahrensverzögerung nach § 406 Abs. 1 Satz 4 und 5 StPO entgegen, der, soweit der Adhäsionskläger den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 BGB) geltend macht, dem Revisionsgericht nach § 406 Abs. 1 Satz 6 StPO das Absehen von einer Entscheidung nicht erlaubt (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2020 - 2 BvR 2054/19, NJW 2020, 3774, 3775 f. Rn. 36 ff.). Andererseits kann der Senat nicht selbst über den Schmerzensgeldanspruch durch Grundurteil erkennen und im Übrigen von einer Entscheidung absehen, weil sich aus den zum Adhäsionsantrag schweigenden Urteilsgründen nicht ergibt, dass der Rechtsstreit zwar über den Grund, nicht aber über die Höhe des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs entscheidungsreif war (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Februar 2018 - 5 StR 347/17, Rn. 19). Um dem neuen Tatgericht eine umfassende Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit sämtlicher Ansprüche zu ermöglichen, gibt der Senat die Sache im zivilrechtlichen Teil insgesamt an das Landgericht zurück.
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1278
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede