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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 380

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 461/21, Beschluss v. 26.01.2022, HRRS 2022 Nr. 380


BGH 3 StR 461/21 - Beschluss vom 26. Januar 2022 (LG Kleve)

BGHR; Härteausgleich wegen von Gerichten anderer Mitgliedstaaten verhängter Strafen (kein zwingendes Erfordernis einer fiktiven Gesamtstrafenbildung; Ermessen des Tatgerichts).

§ 54 Abs. 1 Satz 2 StGB; § 55 Abs. 1 StGB; Art. 3 Abs. 1 EURaBes 2008/675

Leitsätze

1. Weder der Rahmenbeschluss 2008/675/JI des Rates vom 24. Juli 2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren noch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union führt zu einem Verständnis, wonach ein Härteausgleich wegen Strafen, die von Gerichten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhängt wurden, zwingend die konkrete Bezifferung der fiktiven Gesamtstrafe bzw. des vorgenommenen Strafabschlags erfordert. (BGHR)

2. Bei der Strafzumessung sind auch solche etwaigen Härten in den Blick zu nehmen, die durch die zusätzliche Vollstreckung von Strafen drohen, die von Gerichten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhängt wurden, wenn diesbezüglich in zeitlicher Hinsicht die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB erfüllt wären. Hiernach ist bei zeitigen Freiheitsstrafen ein Härteausgleich vorzunehmen, um den sich daraus ergebenden Nachteil auszugleichen, dass bei einer früheren Verurteilung durch ein Gericht eines anderen EU-Mitgliedstaats keine Gesamtstrafe nach § 55 StGB gebildet werden kann. (Bearbeiter)

3. Es steht im Ermessen des Tatgerichts, auf welche Weise es den Härteausgleich vornimmt. Ihm obliegt es, die hierfür maßgeblichen Umstände zu gewichten und die hiernach angemessene Strafe zu bestimmen. Das Revisionsgericht greift nur dann ein, wenn der Umfang des Härteausgleichs nicht mehr ausreichend begründet wurde. Es bleibt dem Tatgericht insbesondere überlassen, ob es zunächst eine „fiktive Gesamtstrafe“ bildet und diese um die vollstreckte Strafe mildert oder ob es den Nachteil unmittelbar bei der Festsetzung der neuen Strafe berücksichtigt. Erforderlich ist lediglich, dass ein angemessener Härteausgleich vorgenommen wird und dies den Urteilsgründen zu entnehmen ist (weitergehend für ein Bezifferungserfordernis BGH HRRS 2020 Nr. 931). (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 22. Juli 2021 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls, Wohnungseinbruchdiebstahls in acht Fällen, versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in vier Fällen, versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls in sieben Fällen und Diebstahls in zwei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit Hausfriedensbruch, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Anrechnungsentscheidung zu der in Polen erlittenen Auslieferungshaft getroffen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Der näheren Erörterung bedarf lediglich die vom Landgericht gemäß § 53 Abs. 1, § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB vorgenommene Gesamtstrafenbildung, soweit es die von einem polnischen Gericht rechtskräftig verhängte Haftstrafe bei der Bestimmung des Gesamtstrafübels durch Gewährung eines unbezifferten Härteausgleichs berücksichtigt hat (UA S. 50).

1. Die Strafkammer hat zutreffend angenommen, dass es aufgrund dieser Vorverurteilung bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe eines Härteausgleichs bedurft hat.

Bei der Strafzumessung sind auch solche etwaigen Härten in den Blick zu nehmen, die durch die zusätzliche Vollstreckung von Strafen drohen, die von Gerichten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhängt wurden, wenn diesbezüglich in zeitlicher Hinsicht die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB erfüllt wären (s. BGH, Beschlüsse vom 4. August 2020 - 1 StR 252/20, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 26 Rn. 5; vom 23. April 2020 - 1 StR 406/19, BGHSt 65, 1 Rn. 9; 1 StR 15/20, BGHSt 65, 5 Rn. 18 ff.; vom 28. Januar 2020 - 4 StR 599/19, NStZ-RR 2020, 122; vom 3. Juli 2019 - 4 StR 256/19, juris; vom 18. Dezember 2018 - 1 StR 508/18, NJW 2019, 1159 Rn. 6 mwN). Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 21. September 2017 - C-171/16, juris Rn. 26; ferner Urteile vom 15. April 2021 - C-221/19, NJW 2021, 3107 Rn. 50; vom 5. Juli 2018 - C-390/16, juris Rn. 28) haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass frühere in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilungen in gleichem Maße bei der Strafzumessung berücksichtigt werden wie inländische Vorverurteilungen nach innerstaatlichem Recht. Dieser Grundsatz gilt stets und ohne weitere Bedingungen (s. BGH, Beschluss vom 23. April 2020 - 1 StR 406/19, BGHSt 65, 1 Rn. 11 mwN). Hiernach ist bei zeitigen Freiheitsstrafen ein Härteausgleich vorzunehmen, um den sich daraus ergebenden Nachteil auszugleichen, dass bei einer früheren Verurteilung durch ein Gericht eines anderen EU-Mitgliedstaats keine Gesamtstrafe nach § 55 StGB gebildet werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. August 2020 - 1 StR 252/20, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 26 Rn. 5; vom 23. April 2020 - 1 StR 15/20, BGHSt 65, 5 Rn. 14 ff.).

Im Hinblick auf die dem angefochtenen Urteil vorausgegangene Verurteilung des Angeklagten in Polen wären die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB an sich gegeben gewesen. Das dortige Bezirksgericht in L. sprach ihn mit der Entscheidung vom 20. März 2018 in Verbindung mit derjenigen vom 25. September 2018 insgesamt 19 vollendeter oder versuchter Einbruchdiebstähle schuldig und belegte ihn mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten. Diesem Erkenntnis liegen Einzelfreiheitsstrafen von einmal drei Jahren, elfmal einem Jahr und sechs Monaten sowie siebenmal einem Jahr zugrunde. Der Angeklagte beging die hier verfahrensgegenständlichen Taten vor der Verurteilung durch das Bezirksgericht in L. Die von diesem festgesetzten Strafen sind daher in zeitlicher Hinsicht gesamtstrafenfähig. Sie sind nicht erledigt; vielmehr wurde ein Rest der in Polen festgesetzten Haftstrafe mit Beschluss vom 3. November 2020 zur Bewährung ausgesetzt.

2. Dass die Strafkammer den aus der fehlenden Möglichkeit einer Gesamtstrafenbildung resultierenden Nachteil nicht konkret ausgewiesen hat, begegnet ebenso wenig revisionsrechtlichen Bedenken.

Soweit der 1. Strafsenat über die dargelegten bisherigen Anforderungen an den Härteausgleich wegen Strafen, die von Gerichten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhängt wurden, hinausgehend - nicht tragend - eine Bezifferung der fiktiven Gesamtstrafe bzw. des vorgenommenen Strafabschlags für erforderlich gehalten hat (vgl. Beschluss vom 23. April 2020 - 1 StR 15/20, BGHSt 65, 5 Rn. 18 ff.; ferner Beschlüsse vom 12. Januar 2021 - 1 StR 404/20, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 27 Rn. 4; vom 12. November 2020 - 1 StR 379/20, juris Rn. 6), ist dem nicht beizutreten (zweifelnd bereits BGH, Beschlüsse vom 9. März 2021 - 3 StR 37/21, NStZ-RR 2021, 154; vom 18. Mai 2021 - 6 StR 142/21, juris). Denn die Notwendigkeit einer Abweichung von der etablierten Rechtsprechung zur Art und Weise der Berücksichtigung des Härteausgleichs ergibt sich weder aus dem vom 1. Strafsenat für seine Rechtsansicht in Bezug genommenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 21. September 2017 - C-171/16, aaO) noch aus dem der dortigen Entscheidung zugrundeliegenden Rahmenbeschluss 2008/675/JI des Rates vom 24. Juli 2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren (ABl. L 220 S. 32 ff.) selbst. Im Einzelnen:

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht es im Ermessen des Tatgerichts, auf welche Weise es den Härteausgleich vornimmt (Beschlüsse vom 17. August 2011 - 5 StR 301/11, StV 2012, 596 Rn. 3; vom 9. November 2010 - 4 StR 441/10, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 20 Rn. 6; Urteil vom 15. September 2004 - 2 StR 242/04, juris Rn. 12; Beschluss vom 2. September 1997 - 1 StR 317/97, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 10; Urteile vom 23. Januar 1985 - 1 StR 645/84, BGHSt 33, 131, 132; vom 29. Juli 1982 - 4 StR 75/82, BGHSt 31, 102, 103; ferner LK/Rissingvan Saan/Scholze, StGB, 13. Aufl., § 55 Rn. 32). Ihm obliegt es, die hierfür maßgeblichen Umstände zu gewichten und die hiernach angemessene Strafe zu bestimmen. Das Revisionsgericht greift - ebenso wie bei der Kontrolle der Gesamtstrafenbildung - nur dann ein, wenn der Umfang des Härteausgleichs nicht mehr ausreichend begründet wurde. Es bleibt dem Tatgericht insbesondere überlassen, ob es zunächst eine „fiktive Gesamtstrafe“ bildet und diese um die vollstreckte Strafe mildert oder ob es den Nachteil unmittelbar bei der Festsetzung der neuen Strafe berücksichtigt (BGH, Beschlüsse vom 9. November 2010 - 4 StR 441/10, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 20 Rn. 6; vom 10. März 2009 - 5 StR 73/09, StV 2010, 240 Rn. 4; Urteile vom 23. Januar 1985 - 1 StR 645/84, BGHSt 33, 131, 132; vom 29. Juli 1982 - 4 StR 75/82, BGHSt 31, 8 102, 103). Erforderlich ist lediglich, dass ein angemessener Härteausgleich vorgenommen wird und dies den Urteilsgründen zu entnehmen ist.

b) Weder der benannte Rahmenbeschluss noch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union führt zu einem Verständnis, wonach dieses tatrichterliche Ermessen bei einem Härteausgleich wegen einer früheren Verurteilung in einem anderen EU-Mitgliedstaat - als Ausnahme von der Regel - nicht bestehen könnte.

aa) Art. 3 des Rahmenbeschlusses, der durch Umsetzungsgesetz vom 2. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3214) in innerstaatliches Recht überführt wurde, regelt im Kern die Berücksichtigung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Verurteilung in einem neuen Strafverfahren. Dies hat in demselben Maße zu erfolgen, in dem im Inland ergangene frühere Verurteilungen berücksichtigt werden (Art. 3 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses). Der Unionsgerichtshof (Urteil vom 21. September 2017 - C-171/16, juris Rn. 26) hat diese Anordnung dahin präzisiert, dass den früheren Verurteilungen aus einem anderen Mitgliedstaat gleichwertige tatsächliche bzw. verfahrens- oder materiellrechtliche Wirkungen zuzuerkennen sind wie Vorverurteilungen im Inland nach innerstaatlichem Recht. Dabei ist die Abänderung, Aufhebung oder Überprüfung der früheren Entscheidung durch die spätere Entscheidung des anderen Mitgliedstaats nicht vorgesehen (Art. 3 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses).

bb) Diesen Vorgaben kann bereits dem Wortlaut nach nicht entnommen werden, dass die in einem anderen Mitgliedstaat ergangene an sich gesamtstrafenfähige Verurteilung ausschließlich durch konkrete Bezifferung einer fiktiven Gesamtstrafe oder eines entsprechenden Strafabschlags unionsrechtskonform berücksichtigt werden kann.

cc) Auch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu dem Umsetzungsgesetz vom 2. Oktober 2009 wurde ein solches Erfordernis konkreter Bezifferung nicht in Betracht gezogen. Wie sich aus der Beschlussempfehlung vom 1. Juli 2009 ergibt, ging der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages davon aus, der Ansatz, dass ausländische Vorverurteilungen zwar nicht formell (über eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung) in die Strafzumessung eingebunden werden können, der Verurteilte aber gleichwohl dadurch möglichst nicht benachteiligt werden soll, entspreche dem in Deutschland von der Rechtsprechung auch bei ausländischen Vorverurteilungen bereits praktizierten Härteausgleich (BT-Drucks. 16/13673 S. 5). Wie sich insbesondere den in den Gesetzesmaterialien zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (s. Beschlüsse vom 2. September 1997 - 1 StR 317/97, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 10; vom 30. April 1997 - 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79 f.) entnehmen lässt, war damit ersichtlich auch die Möglichkeit eines unbezifferten Härteausgleichs gemeint.

dd) Die Pflicht zur Bezifferung des Härteausgleichs liegt überdies nach dem Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Vorgaben nicht nahe.

(1) Die wesentliche Wirkung einer Gesamtstrafenbildung nach §§ 54, 55 StGB in Fällen innerstaatlicher Verurteilungen - nämlich der Wegfall der einbezogenen Strafe als selbständig vollstreckbares Erkenntnis - tritt in Fällen verschiedenstaatlicher Verurteilungen, wie sich Art. 3 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses ausdrücklich entnehmen lässt, gerade nicht ein (ebenso BGH, Beschluss vom 23. April 2020 - 1 StR 15/20, BGHSt 65, 5 Rn. 13 mwN). Insofern ist die vorliegende Fallkonstellation im Sinne der referierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht gleichwertig mit Verurteilungen, bei denen innerstaatliche Erkenntnisse tatsächlich auf Gesamtstrafen zurückzuführen sind, wohl aber mit solchen, bei denen aus verschiedenen Gründen auch im Inland verhängte Strafen nicht (mehr) zur Bildung einer Gesamtstrafe herangezogen werden können. Als solcher - eine Gesamtstrafenbildung von vornherein ausschließender (s. LK/Rissingvan Saan/Scholze, StGB, 13. Aufl., § 55 Rn. 8 mwN) - Grund kommt etwa die wesensmäßige Verschiedenartigkeit von Freiheitsstrafe und Jugendstrafe in Betracht, die dazu führt, dass hinsichtlich getrennt nach Erwachsenen- und Jugendrecht abgeurteilten Taten eine Gesamtstrafe nicht gebildet werden kann (s. BGH, Beschlüsse vom 11. Dezember 2019 - 5 StR 610/19, StV 2020, 660 Rn. 3; vom 16. September 2008 - 4 StR 316/08, juris Rn. 2; vom 24. Januar 2007 - 2 StR 583/06, NStZ-RR 2007, 168; Urteil vom 30. April 1997 - 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 80; Beschluss vom 11. Mai 1995 - 4 StR 172/95, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 6; Urteile vom 12. Oktober 1989 - 4 StR 445/89, BGHSt 36, 270, 275; vom 6. Mai 1960 - 4 StR 107/60, BGHSt 14, 287, 288 ff.; LK/Rissing-van Saan/Scholze, StGB, 13. Aufl., Rn. 33). Ebenso verhält es sich in Fallkonstellationen, in denen die einzubeziehende Strafe bereits - durch Vollstreckung, Verjährung oder Erlass - erledigt ist (vgl. BGH, Urteile vom 30. April 1997 - 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 80; vom 28. Oktober 1958 - 5 StR 419/58, BGHSt 12, 94, 95; SSW-StGB/Eschelbach, 5. Aufl., § 55 Rn. 23; LK/Rissing-van Saan/Scholze, StGB, 13. Aufl., Rn. 22 f.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 55 Rn. 21 ff.; NK-StGB/Frister, 5. Aufl., § 55 Rn. 22).

(2) Aus den vorstehenden Gründen greift schließlich auch die Argumentation, das mit dem Rahmenbeschluss 2008/675/JI umgesetzte Prinzip der gegenseitigen Anerkennung strafjustizieller Entscheidungen auf der Grundlage wechselseitigen Vertrauens in die Grundrechtskonformität des Verhaltens sämtlicher Mitgliedstaaten erfordere die Vornahme eines bezifferten Härteausgleichs (BGH, Beschluss vom 23. April 2020 - 1 StR 15/20, BGHSt 65, 5 Rn. 28 f.), nicht durch. Wenn - wie dargelegt - ein unbezifferter Härteausgleich selbst dann ausreichend ist, wenn in den genannten Fallkonstellationen in zeitlicher Hinsicht gesamtstrafenfähige inländische Erkenntnisse nicht zur Bildung einer Gesamtstrafe herangezogen werden können, kann in Fällen von Erkenntnissen aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nichts anderes gelten.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 380

Bearbeiter: Christian Becker