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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1190

Bearbeiter: Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 14/22, Urteil v. 20.09.2022, HRRS 2022 Nr. 1190


BGH 1 StR 14/22 - Urteil vom 20. September 2022 (LG Augsburg)

Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (Tateinheit bei mehreren Vorteilsgewährungen aufgrund einer vorangegangenen Unrechtsabrede: Einräumung einer Gesellschafterstellung mit fortlaufenden Ausschüttungsansprüchen; Einziehung: Ausschluss der Einziehung bei Rückgewährung des Vorteils an den Bestechenden); Einziehung (Einziehung beim Täter, wenn Tatvorteile durch eine juristische Person erlangt wurden: Voraussetzungen, Gesamtschuld); Beweiswürdigung (Anforderungen an ein freisprechendes Urteil).

§ 299 Abs. 1 StGB; § 52 StGB; § 73 Abs. 1 StGB; § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB § 73e Abs. 1 StGB; § 426 BGB; § 261 StPO; § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die einzelnen Begehungsweisen des § 299 Abs. 1 StGB werden bei einer Unrechtsvereinbarung nur dann zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit und damit zu einer Tat verbunden, wenn der zu gewährende Vorteil bereits in der Unrechtsvereinbarung exakt bestimmt war, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein, und nicht von Umständen abhängig gemacht wird, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu überblicken sind.

2. In Fällen, in denen die Laufzeit der Vorteilsgewährung offen ist, die Vorteilsgewährung also „open-end“-Charakter trägt, erfüllt hingegen jede einzelne Zahlung erneut den Tatbestand, weil die einzelnen Handlungen der Annahme (beziehungsweise des Forderns oder des Gewährens) dann zu großes, selbständiges Gewicht besitzen, als dass dieses zusammen mit der Unrechtsabrede nur eine Tat bilden könnte. Daneben bleibt die Abrede als selbständige Tat bestehen, denn auch sie hat eigenständiges Gewicht.

3. Liegt der geforderte Vorteil in der Einräumung einer Gesellschafterstellung, an die fortlaufende Gewinn- bzw. Ausschüttungsansprüche geknüpft sind, und wird dem Bestochenen in der Folge diese Rechtsposition eingeräumt, werden das Fordern der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und die Einräumung der Gesellschafterstellung zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit verknüpft. Die späteren vertragsgemäßen, als solche ernsthaft gewollten Ausschüttungen sind regelmäßig kein selbständiger tatbestandsmäßiger Vorteil, weil die Ausschüttungen in einem solchen Fall lediglich Folge und Ausfluss der eingeräumten Beteiligung an der Gesellschaft sind.

4. Der Bestechende, aus dessen Vermögen die Bestechungsleistung abfließt, ist schon wertungsmäßig kein „Verletzter“ im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB, sondern Täter des Bestechungsgeschehens. Er ist aber auch deshalb nicht „Verletzter“, weil er keinen Anspruch gegen den Bestochenen auf Rückgewähr des gewährten Vorteils hat.

5. Anderes kann gelten, wenn der Bestechende dem Bestochenen den Vorteil aus dem Vermögen eines Dritten zuwendet, beispielsweise aus dem Vermögen einer Gesellschaft, für die er arbeitet und die Vertragspartner des Bestochenen ist oder wird; in einer solchen Konstellation kann die dritte Person, aus deren Vermögen der Vorteil an den Bestochenen abfließt, Verletzter im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB sein und bei solch kollusivem Zusammenwirken zu seinen Lasten einen Anspruch auf Rückgewähr gegen den Bestochenen haben.

6. Nach ständiger Rechtsprechung bedarf es zur Begründung einer Einziehungsanordnung gegen den für eine Gesellschaft handelnden Täter einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, ob dieser selbst etwas erlangte, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz führte. Das kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der Täter die Gesellschaft lediglich als formalen Mantel seiner Tat nutzte, insbesondere eine Trennung zwischen dem eigenen Vermögen und demjenigen der Gesellschaft nicht vornahm, oder dass der aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wurde (vgl. BGHSt 64, 234 Rn. 26 ff.).In einem solchen Fall haften Gesellschaft und Täter als Gesamtschuldner, und zwar ab dem Zeitpunkt des Geldeingangs auf dem Gesellschaftskonto.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 16. Juni 2021 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit gegen diesen Angeklagten in den Fällen C.I.3.d) (1) (a) bis (c) und (2) (a) bis (d) der Urteilsgründe die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von insgesamt 700.997,35 Euro angeordnet worden ist.

2. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben,

a) soweit die Angeklagten R. und Re. im Fall D.II. der Urteilsgründe freigesprochen worden sind;

b) soweit die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen im Fall C.I.3.c) der Urteilsgründe gegen den Angeklagten R. hinsichtlich des Kommanditanteils der Einziehungsbeteiligten an der B. I. GmbH & Co. KG unterblieben ist.

3. Es wird festgestellt, dass die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil hinsichtlich der Einziehungsbeteiligten K. GmbH nicht wirksam eingelegt ist.

4. Die weitergehenden Revisionen des Angeklagten R. und der Staatsanwaltschaft werden ebenso wie die Revisionen der Angeklagten Re. und W. sowie der Einziehungsbeteiligten verworfen, die Revision des Angeklagten W. indes mit der Maßgabe, dass der Ausspruch über die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung aufgehoben wird und entfällt.

5. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und, soweit es die Einziehung betrifft, des Angeklagten R. an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

6. Die Angeklagten Re. und W. sowie die Einziehungsbeteiligte haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen, der Angeklagte R. die weiteren Kosten seines Rechtsmittels. Die dem Angeklagten W. und der Einziehungsbeteiligten durch die sie betreffenden Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

7. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Landgerichts, den Angeklagten W. wegen überschießender Strafverfolgungsmaßnahmen zu entschädigen, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 24 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.023.497,35 Euro gegen ihn angeordnet, davon in Höhe von 700.997,35 Euro gesamtschuldnerisch mit der Einziehungsbeteiligten K. GmbH. Gegen den Angeklagten Re. hat es wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr in 24 Fällen, davon in 13 Fällen in je zwei tateinheitlichen Fällen, sowie wegen Beihilfe zur Bestechung und zur Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in 24 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt. Den Angeklagten W. hat das Landgericht wegen leichtfertigter Geldwäsche in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Im Übrigen hat es die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Schließlich hat das Landgericht die Entschädigung des Angeklagten W. für im Zeitraum vom 18. März bis zum 10. Juni 2021 erlittene Untersuchungshaft angeordnet.

Gegen die Teilfreisprüche, die unterbliebene Verurteilung des Angeklagten W. wegen Beihilfe zur Bestechung im geschäftlichen Verkehr und die gegen die Angeklagten verhängten Strafen richten sich die mit der Rüge einer Verletzung formellen und materiellen Rechts begründeten, zuungunsten der Angeklagten eingelegten und vom Generalbundesanwalt teilweise vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft, darüber hinaus hinsichtlich des Angeklagten R. und der Einziehungsbeteiligten gegen das Unterbleiben einer weitergehenden Einziehungsanordnung.

Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten und der Einziehungsbeteiligten richten sich gegen das Urteil, soweit diese jeweils verurteilt wurden. Schließlich greift die Staatsanwaltschaft mit einer sofortigen Beschwerde die dem Angeklagten W. für zu Unrecht erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen zugesprochene Entschädigung an.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie diejenigen der Angeklagten R. und W. haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet. Die Revisionen des Angeklagten Re. und diejenige der Einziehungsbeteiligten bleiben - ebenso wie die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft - ohne Erfolg. Die Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Einziehungsbeteiligten ist bereits nicht wirksam eingelegt.

A.

Das Landgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - Folgendes festgestellt und gewertet:

I. Verurteilungsfälle

Der Angeklagte R. war zur Tatzeit als „technischer Geschäftsführer“ der S. GmbH (im Folgenden: S.), einer der A. -Gruppe angehörigen Gesellschaft, tätig. Geschäftsführer der L. GmbH (im Folgenden: L.), einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der S., war der frühere Mitbeschuldigte und inzwischen verstorbene N. Der Angeklagte Re. war Gesellschafter und Geschäftsführer beziehungsweise Inhaber von insgesamt 13 in der B. Unternehmensgruppe verbundenen Unternehmen, unter anderem der B. I. GmbH & Co. KG (im Folgenden: I.) und der B. U. GmbH & Co. KG (im Folgenden: U.). Die Gesellschaften der A. -Gruppe unterhielten seit dem Jahr 2009 mit den Unternehmen der B. -Gruppe diverse Vertragsbeziehungen (vornehmlich im Transport-, Entsorgungs- und Reinigungsbereich), die für die Unternehmen der B. -Gruppe und damit auch den Angeklagten Re. besonders lukrativ waren.

1. Spätestens im Jahr 2013 hatte N. als Geschäftsführer der L. begonnen, von Vertragspartnern der L. Bestechungszahlungen zu fordern und diese durch Scheinrechnungen anderer Geschäftspartner zu verschleiern. Ab 2016 überzeugte N. auch den Angeklagten Re., in 24 Fällen Scheinrechnungen zur Verschleierung von Bestechungszahlungen anderer Unternehmer zu erstellen oder auf seine Firmen ausstellen zu lassen beziehungsweise Bestechungsgelder an ihn weiterzuleiten (Fälle C.I.5.c) 1. bis 24. der Urteilsgründe).

2. Der Angeklagte R. forderte ab Mai 2017 Bestechungsleistungen von dem Angeklagten Re. als Gegenleistung für die bevorzugte Erteilung weiterer Aufträge an die Gesellschaft I. (Fälle C.I.3.c) und d) (1) (a) bis (c) sowie (2) (a) bis (d) der Urteilsgründe). Daneben verlangte N. in Absprache mit dem Angeklagten R. im Zeitraum vom 15. Dezember 2017 bis zum 16. April 2019 vom Angeklagten Re. Bestechungszahlungen für die künftige Erteilung von Aufträgen von der L. an die U., die der Angeklagte Re. erbrachte und die N. und R. unter sich aufteilten (Fälle C.I.4.b) (1) bis (17) der Urteilsgründe). Die Angeklagten R. und Re. handelten dabei in den Fällen C.I.3. und 4. der Urteilsgründe jeweils in der Absicht, sich eine laufende nicht unerhebliche zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen. Im Einzelnen:

a) Fälle C.I.3.c) und d) (1) (a) bis (c) sowie (2) (a) bis (d) der Urteilsgründe aa)

Der Angeklagte R. verlangte vom Angeklagten Re. als Gegenleistung für den künftigen Abruf von Reinigungsleistungen und die Bevorzugung der I. bei Auftragsvergaben, wirtschaftlich an der I. und deren Gewinnen beteiligt zu werden; zudem sollten über die gesellschaftsrechtliche Beteiligung künftige Bestechungszahlungen als Gewinnausschüttungen getarnt werden. Der Angeklagte Re. ließ sich in Sorge um die Zukunft der für ihn lukrativen Geschäftsbeziehung und die damit verbundene Amortisation der hierfür bereits getätigten Investitionen, aber auch in der Hoffnung auf eine Vorzugsbehandlung im Wettbewerb mit Konkurrenten und einen hierdurch höheren eigenen Profit auf diese Forderung ein.

Für die gesellschaftsrechtliche Umsetzung zog der Angeklagte Re. unter anderem den Angeklagten W. hinzu, der bereits seit vielen Jahren als Steuerberater für ihn und die Gesellschaften der B. -Gruppe tätig gewesen war. Um dem Anliegen des Angeklagten R. Rechnung zu tragen, nicht selbst als Gesellschafter der I. in Erscheinung zu treten, setzten die Angeklagten die von R. geforderte hälftige wirtschaftliche Beteiligung an der Gesellschaft in der Weise um, dass die Einziehungsbeteiligte, deren Alleingesellschafter R. war, der I. als weitere Kommanditistin mit einem Kommanditanteil von 10.000 Euro beitrat und der Angeklagte Re. diesen Kommanditanteil treuhänderisch übernahm; der Einziehungsbeteiligten als Treugeberin wurde eine hälftige Beteiligung an sämtlichen Gewinnen der I. eingeräumt. Die auf den Kommanditanteil zu leistende Kommanditeinlage wurde indes, wie auch der Angeklagte W. wusste, nie erbracht. Im Jahr 2019 hoben die Angeklagten Re. und R. die (mittelbare) Beteiligung der Einziehungsbeteiligten an der I. rückwirkend zum 31. Dezember 2018 unentgeltlich auf (Fall C.I.3.c) der Urteilsgründe).

bb) In der Zeit von Mai 2017 bis 18. Dezember 2019 forderte der Angeklagte R. in sechs Fällen nach Gutdünken vom Angeklagten Re. über die I. an die Einziehungsbeteiligte zu zahlende, als Gewinnausschüttungen zu deklarierende Bestechungsgelder in einer Gesamthöhe von 700.997,35 Euro. Der Angeklagte Re. erbrachte diese Zahlungen über die I. an die Einziehungsbeteiligte in der vom Angeklagten R. vorgegebenen Höhe. Der in den Fällen C.I.3.d) (2) (a) bis (d) der Urteilsgründe in den Zahlungsfluss eingebundene Angeklagte W. verkannte, als er die Beträge am 2. April 2019 und am 19. Dezember 2019 an die Einziehungsbeteiligte weiterleitete, in grob unachtsamer Weise, dass es sich hierbei um Bestechungsgelder handelte.

b) Fälle C.I.4.b) (1) bis (17) der Urteilsgründe

In der Zeit vom 15. Dezember 2017 bis zum 16. April 2019 leistete der Angeklagte Re. auf entsprechende Anforderung des N. über die U. in 17 Fällen Bestechungszahlungen in Höhe von insgesamt 658.000 Euro, die er über Privatentnahmen aus seinen Gesellschaften finanzierte. N. teilte die Bestechungsbeträge vereinbarungsgemäß, wie auch der Angeklagte Re. wusste, mit dem Angeklagten R., der hieraus einen Betrag von insgesamt 322.500 Euro erhielt. R. war als „technischer Geschäftsführer“ der Muttergesellschaft und Hauptauftraggeberin S. wie N. in der Lage, die Auftragsbeziehung zwischen der L. und der U. jederzeit zu beenden.

II. Fall D.II. der Urteilsgründe - Freispruch

1. Die Staatsanwaltschaft hat den Angeklagten R. und Re. zudem vorgeworfen, sie seien vor dem 10. Januar 2019 übereingekommen, dass die I. die Kosten für eine in die Privatwohnung des Angeklagten R. eingebaute Küche im Wert von 59.500 Euro inklusive Umsatzsteuer als Gegenleistung für eine künftige Vorzugsbehandlung bei der Vergabe von Aufträgen bezahlen solle. Gemäß dieser Vereinbarung habe der Angeklagte Re. den Kaufpreis der Küche über die I. beglichen.

2. Von einer entsprechenden Unrechtsvereinbarung beziehungsweise einem Fordern und Annehmen (Angeklagter R.) sowie einem Gewähren eines Vorteils (Angeklagter Re.) hat sich das Landgericht keine Überzeugung bilden können; vielmehr hat es auf der Grundlage der von ihm als glaubhaft erachteten Einlassung des Angeklagten Re. angenommen, der Angeklagte Re. habe die Küche des Angeklagten R. nur bezahlt, um die mit beiden Angeklagten bekannte Verkäuferin der Küche, die Zeugin G., nicht vor den Kopf zu stoßen und sie auf ihrer Forderung sitzen zu lassen sowie um einen Disput mit dem Angeklagten R. zu vermeiden.

B.

I. Revisionen der Angeklagten und der Einziehungsbeteiligten

1. Revision des Angeklagten R.

Die Revision des Angeklagten R. ist nur teilweise begründet.

a) Schuld- und Strafausspruch weisen keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.

aa) Die Verurteilung des Angeklagten R. in den Fällen C.I.3.c) und d) (1) (a) bis (c) sowie (2) (a) bis (d) der Urteilsgründe wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in sieben Fällen begegnet auch konkurrenzrechtlich keinen Bedenken.

(a) Die einzelnen Begehungsweisen des § 299 Abs. 1 StGB werden bei einer Unrechtsvereinbarung nur dann zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit und damit zu einer Tat verbunden, wenn der zu gewährende Vorteil bereits in der Unrechtsvereinbarung exakt bestimmt war, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein, und nicht von Umständen abhängig gemacht wird, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu überblicken sind. In Fällen, in denen die Laufzeit der Vorteilsgewährung offen ist, die Vorteilsgewährung also „open-end“-Charakter trägt, erfüllt hingegen jede einzelne Zahlung erneut den Tatbestand, weil die einzelnen Handlungen der Annahme (beziehungsweise des Forderns oder des Gewährens) dann zu großes, selbständiges Gewicht besitzen, als dass dieses zusammen mit der Unrechtsabrede nur eine Tat bilden könnte. Daneben bleibt die Abrede als selbständige Tat bestehen, denn auch sie hat eigenständiges Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2022 - 3 StR 375/20 Rn. 41 mwN).

Liegt der geforderte Vorteil in der Einräumung einer Gesellschafterstellung, an die fortlaufende Gewinn- bzw. Ausschüttungsansprüche geknüpft sind, und wird dem Bestochenen in der Folge diese Rechtsposition eingeräumt, werden das Fordern der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und die Einräumung der Gesellschafterstellung zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit verknüpft (BGH, Urteil vom 24. März 2022 - 3 StR 375/20 Rn. 46). Nach der Rechtsprechung des 3. Strafsenats sind auch die späteren vertragsgemäßen, als solche ernsthaft gewollten Ausschüttungen regelmäßig kein selbständiger tatbestandsmäßiger Vorteil, weil die Ausschüttungen in einem solchen Fall lediglich Folge und Ausfluss der eingeräumten Beteiligung an der Gesellschaft sind (BGH, Urteil vom 24. März 2022 - 3 StR 375/20 Rn. 48).

(b) Bei den vom Angeklagten R. in den Fällen C.I.3.d) (1) (a) bis (c) sowie (2) (a) bis (d) der Urteilsgründe geforderten (und angenommenen) Bestechungsgeldern handelt es sich indes nicht um reguläre Gewinnausschüttungen auf den im Fall C.I.3.c) zugewendeten Kommanditanteil; vielmehr tarnten die Angeklagten die Bestechungsgelder lediglich als Gewinnausschüttungen (UA S. 20; § 117 BGB). Da sich die jeweiligen Zahlungsanforderungen des Angeklagten R. somit auf Vorteile bezogen, die nicht aus der Beteiligung an der I. geschuldet waren, sind diese Zahlungsverlangen konkurrenzrechtlich als sechs rechtlich selbständige Taten zu bewerten.

Dass das Landgericht im Fall C.I.3.c) der Urteilsgründe auch das Einräumen der Kommanditbeteiligung als eigenständige Tat gewertet und dies nicht nur als die späteren Auszahlungen vorbereitendes Scheingeschäft (vgl. § 117 BGB) eingeordnet hat, fußt auf einer noch vertretbaren tatgerichtlichen Würdigung: Die Angeklagten verhandelten detailliert und ernsthaft über den Umfang der Beteiligung und deren rechtliche Konstruktion. Dies spricht gegen ein Scheingeschäft; demgegenüber musste das Landgericht dem Nichtleisten der Einlage, der späteren unentgeltlichen Rückübertragung des Kommanditanteils und dem Umstand, dass der Angeklagte R. die Zahlungen nach Gutdünken einforderte, in diesem Zusammenhang aus Rechtsgründen kein entscheidendes Gewicht beimessen.

bb) Auch der Strafausspruch hat Bestand. Insbesondere kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer im Fall C.I.3.c) der Urteilsgründe auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte, wenn sie der der Einziehungsbeteiligten eingeräumten Rechtsposition einen bestimmten Wert beigemessen hätte.

b) Der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen hat dagegen in den Fällen C.I.3.d) (1) (a) bis (c) und (2) (a) bis (d) der Urteilsgründe keinen Bestand.

aa) Es fehlt bereits an ausreichenden Feststellungen dazu, dass die vom Angeklagten Re. in diesen Fällen über die I. über Drittkonten an die Einziehungsbeteiligte überwiesenen Bestechungsgelder dem Angeklagten R. persönlich zugeflossen sind.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung bedarf es zur Begründung einer Einziehungsanordnung gegen den für eine Gesellschaft handelnden Täter einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, ob dieser selbst etwas erlangte, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz führte (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2022 - 6 StR 426/21 Rn. 9 und vom 14. November 2018 - 3 StR 447/18, BGHR StGB § 73 Erlangtes 27 Rn. 11). Eine tatsächliche oder rechtliche Vermutung spricht dafür nicht (BGH, Beschluss vom 14. November 2018 - 3 StR 447/18 aaO). Es müssen vielmehr besondere, den Zugriff auf das Vermögen des Täters rechtfertigende Umstände dargelegt werden. Sie können etwa darin liegen, dass der Täter die Gesellschaft lediglich als formalen Mantel seiner Tat nutzte, insbesondere eine Trennung zwischen dem eigenen Vermögen und demjenigen der Gesellschaft nicht vornahm, oder dass der aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wurde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2022 - 6 StR 426/21 Rn. 9; vom 14. November 2018 - 3 StR 447/18, BGHR StGB § 73 Erlangtes 27 Rn. 11 und vom 31. Juli 2018 - 3 StR 620/17, BGHR StGB § 73 Erlangtes 26 Rn. 26; vgl. zudem BGH, Urteil vom 28. November 2019 - 3 StR 294/19, BGHSt 64, 234 Rn. 26 ff.).

(b) Den hinsichtlich der Einziehungsentscheidung ohnedies nur rudimentären Feststellungen lässt sich indes weder konkret entnehmen, dass der Angeklagte R. die der Einziehungsbeteiligten durch die Taten zugeflossenen Beträge sogleich beziehungsweise ohne Rechtsgrund auf eigene Konten weitergeleitet oder diese sonst zu eigenen Zwecken verwendet hätte, noch wird erkennbar, ob es sich bei der Einziehungsbeteiligten zur Tatzeit um einen bloßen Mantel handelte. Insbesondere ergibt sich aus den Feststellungen nicht, dass die Einziehungsbeteiligte zur Tatzeit keine werbende Gesellschaft (mehr) war, sie also kein operatives Geschäft hatte, beziehungsweise, dass der Angeklagte als Alleingesellschafter und -geschäftsführer die Vermögenssphäre der Einziehungsbeteiligten systematisch missachtete und deren Vermögen mit seinem eigenen vermischte.

bb) Soweit das Landgericht pauschal festgestellt hat, dass die als Bestechungsgelder gezahlten Beträge dem Angeklagten R. „privat“ (UA S. 56) zugeflossen seien, ist dies im Übrigen nicht beweiswürdigend belegt. Zwar hat sich der Angeklagte R. zu den an die Einziehungsbeteiligte erbrachten Zahlungen eingelassen und deren „Erhalt in vollem Umfang“ (UA S. 74) bestätigt; aus den diesbezüglichen rudimentären Ausführungen der Strafkammer wird aber nicht deutlich, ob der Angeklagte lediglich den Eingang bei der Einziehungsbeteiligten bestätigt oder aber angegeben hat, dass (und gegebenenfalls wie) er diese in sein Privatvermögen überführt habe. Auf welcher Grundlage sich die Strafkammer die Überzeugung gebildet hat, dem Angeklagten R. seien die an die Einziehungsbeteiligte überwiesenen Gelder „privat“ zugeflossen, bleibt danach offen; auch lässt die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht erkennen, ob es sich bei der Einziehungsbeteiligten um einen bloßen Mantel gehandelt haben könnte, so dass der Zufluss der Bestechungsgelder bei der Einziehungsbeteiligten als Zufluss beim Angeklagten zu behandeln wäre.

cc) Die zugehörigen Feststellungen sind von dem zur Aufhebung führenden Rechtsfehler betroffen und haben daher ebenfalls keinen Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO).

2. Revision des Angeklagten Re.

Die auf die allgemeine Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten Re. ergeben. Insbesondere ist die konkurrenzrechtliche Bewertung in den Fällen C.I.3.c) und d) (1) (a) bis (c) sowie (2) (a) bis (d) der Urteilsgründe aus den unter 1. a) aa) genannten Gründen nicht zu beanstanden.

3. Revision des Angeklagten W.

Die Revision des Angeklagten W. hat nur hinsichtlich des Ausspruchs über die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.

a) Der Schuldspruch wegen leichtfertiger Geldwäsche in zwei Fällen begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken; spätestens mit der Vereinbarung der jeweiligen Zahlung war die vorangegangene Bestechung vollendet und waren die vom Angeklagten Re. angewiesenen Beträge im Sinne des Geldwäschetatbestandes „inkriminiert“ (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 4/09, BGHSt 53, 205 Rn. 11 ff.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. April 2022 - 5 StR 100/22 Rn. 7).

b) Dagegen hat der Ausspruch über die Strafaussetzung zur Bewährung keinen Bestand. Da gegen den Angeklagten W. wegen der verfahrensgegenständlichen Taten im Zeitraum vom 18. Juni 2020 bis zum 10. Juni 2021 Untersuchungshaft vollzogen wurde und das Landgericht nicht gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anrechnung der Untersuchungshaft abgesehen hat, gilt die gegen den Angeklagten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten wegen Anrechnung des bereits erlittenen Freiheitsentzugs nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB als voll verbüßt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2021 - 3 StR 54/21 Rn. 4 und vom 12. Februar 2014 - 1 StR 36/14 Rn. 3). Eine Strafaussetzung zur Bewährung kommt daher nicht mehr in Betracht. Etwa angeordnete Bewährungsauflagen und -weisungen sind gegenstandslos.

4. Revision der Einziehungsbeteiligten K. GmbH

Die Revision der Einziehungsbeteiligten hat keinen Erfolg; sie beschwerende Rechtsfehler weist das landgerichtliche Urteil nicht auf. Auch wenn es sich bei der Einziehungsbeteiligten, wie bereits unter 1. b) erörtert, nur um einen Mantel gehandelt haben sollte, sind dieser als existenter juristischen Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG) die Bestechungsgelder zugeflossen. Der Wert des Zuflusses müsste daher gemäß § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 73 Satz 1 StGB auch bei ihr abgeschöpft werden; sie und der Angeklagte R. würden insoweit gegebenenfalls als Gesamtschuldner haften, und zwar ab dem Zeitpunkt des Geldeingangs auf dem Firmenkonto.

II. Revisionen der Staatsanwaltschaft

1. Revisionen hinsichtlich der Angeklagten R., Re. und W.

a) Den Verfahrensrügen bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.

b) Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben indes mit der Sachrüge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

aa) Allein der Freispruch der Angeklagten R. und Re. im Fall D.II. der Urteilsgründe hat keinen Bestand; die diesbezügliche Beweiswürdigung erweist sich als lückenhaft und hält daher sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

(a) Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Es kommt daher nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders würdigt oder Zweifel überwunden hätte. Die Beweiswürdigung ist erst dann rechtsfehlerhaft, wenn sie von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gegen gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 18. Mai 2021 - 1 StR 144/20 Rn. 30; vom 4. Juni 2019 - 1 StR 585/17 Rn. 27 und vom 30. Januar 2019 - 2 StR 500/18 Rn. 14; je mwN).

Allerdings kann und muss das Tatgericht in den Gründen eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand ausdrücklich würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt vielmehr von der jeweiligen Beweislage und damit von den Umständen des Einzelfalles ab; dieser kann so liegen, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt. Insbesondere wenn das Tatgericht auf Freispruch erkennt, obwohl nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muss es allerdings in seiner Beweiswürdigung und deren Darlegung die ersichtlich möglicherweise wesentlichen gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer Gesamtwürdigung betrachten (BGH, Urteile vom 18. Mai 2021 - 1 StR 144/20 Rn. 31; vom 4. Juni 2019 - 1 StR 585/17 Rn. 28; vom 6. September 2006 - 5 StR 156/06 Rn. 16; vom 11. November 2015 - 1 StR 235/15 Rn. 39 und vom 8. September 2011 - 1 StR 38/11 Rn. 13). Die tatgerichtlichen Schlussfolgerungen müssen möglich, keineswegs zwingend, aber nachvollziehbar sein.

(b) An diesen Maßstäben gemessen erweist sich die Beweiswürdigung, die dem Freispruch der Angeklagten R. und Re. im Fall D.II. der Urteilsgründe zugrunde liegt, als lückenhaft.

(aa) Die Strafkammer hat es, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zu Recht hingewiesen hat, versäumt, sich mit der Motivlage des Angeklagten R. auseinanderzusetzen. Sie hätte insoweit die sich aufdrängende Möglichkeit in den Blick nehmen müssen, dass dem vom Angeklagten R. an den Angeklagten Re. gerichteten Ansinnen, die Kosten für die neue Küche in seiner Privatwohnung über die I. zu begleichen, unausgesprochen - aber doch erkennbar - die bereits getroffene und durch die Bestechungsleistungen in den Fällen C.I.3.c) und d) (1) (a) bis (c) der Urteilsgründe umgesetzte Unrechtsvereinbarung zugrunde lag, dass für weitere Auftragserteilungen an die I. rechtsgrundlose Zuwendungen über die Gesellschaft an den Angeklagten R. zu leisten seien. Insbesondere hat sich das Landgericht nicht damit befasst, welchen anderen Grund es für das Verlangen des Angeklagten R. gegeben haben könnte. Mangels anderer nachvollziehbarer Beweggründe des Angeklagten R. hätte es zumindest der Erörterung bedurft, ob die bestehende und bereits wiederholt umgesetzte Unrechtsabrede Hintergrund des Verlangens des Angeklagten R. gewesen sein könnte, ohne dass dies ausdrücklich angesprochen wurde und angesprochen werden musste.

(bb) Dies gilt entsprechend für das Vorstellungsbild des Angeklagten Re. Auch insoweit hätte sich das Landgericht damit auseinandersetzen müssen, welche anderen Gründe der Angeklagte R. - aus Sicht des Angeklagten Re. - für sein Zahlungsverlangen gehabt haben könnte, als persönliche Vorteile in Form von Bestechungsleistungen aus der Geschäftsbeziehung zwischen der L. und der I. zu ziehen.

(c) Der Freispruch der Angeklagten R. und Re. im Fall D.II. der Urteilsgründe hält aber auch deshalb rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil sich die Strafkammer nicht damit auseinandergesetzt hat, ob sich die Angeklagten R. und Re. im Fall D.II. der Urteilsgründe wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB (Angeklagter Re.) beziehungsweise Anstiftung zur Untreue (Angeklagter R.) gemäß § 266 Abs. 1, § 26 StGB strafbar gemacht haben könnten. Der Angeklagte Re. war als Geschäftsführer der Komplementärin der I. vermögensbetreuungspflichtig gegenüber dem Gesellschaftsvermögen der Komplementär-GmbH und der I. selbst (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 2020 - 5 StR 395/19 Rn. 10; Beschluss vom 8. März 2017 - 1 StR 540/16 Rn. 13 mwN). Dass er mit der Bezahlung der Küche aus dem Gesellschaftsvermögen einer entsprechenden Verpflichtung der I. entsprochen haben könnte, liegt fern. Damit drängt sich eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht durch den Angeklagten Re. auf. Ob das Einverständnis beider Angeklagter mit der Bezahlung der Küche durch die I. eine Strafbarkeit nach § 266 Abs. 1 StGB ausschließen könnte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. Februar 1991 - 3 StR 348/90, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 25 mwN), lässt sich anhand der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, weil es an Feststellungen zur wirtschaftlichen Situation der I. beziehungsweise deren Komplementärin fehlt.

bb) Das Urteil hat auch insoweit keinen Bestand, als die Einziehung des Wertes des Kommanditanteils der Einziehungsbeteiligten an der I. beziehungsweise der insoweit eingeräumten Rechtsposition hinsichtlich des Angeklagten R. im Fall C.I.3.c) der Urteilsgründe unterblieben ist.

(a) Eine - unter den Voraussetzungen der § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB zwingende - Einziehung des Wertes der Taterträge beim Angeklagten R. ist nach den getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass dem in der Begründung des Kommanditanteils der Einziehungsbeteiligten an der I. liegenden Vorteil ein erheblicher - naheliegend zu schätzender (§ 73d Abs. 2 StGB) - wirtschaftlicher Wert zukam.

(b) Eine Einziehung wäre auch nicht von vornherein nach § 73e Abs. 1 StGB ausgeschlossen, weil die Angeklagten R. und Re. die (mittelbare) Beteiligung der Einziehungsbeteiligten an der I. zwischenzeitlich unentgeltlich aufgehoben haben.

(aa) Der Bestechende, aus dessen Vermögen die Bestechungsleistung abfließt, ist schon wertungsmäßig kein „Verletzter“ im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB, sondern Täter des Bestechungsgeschehens. Er ist aber auch deshalb nicht „Verletzter“, weil er keinen Anspruch gegen den Bestochenen auf Rückgewähr des gewährten Vorteils hat. Zwar fehlt der Bestechungsleistung der Rechtsgrund, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (§ 134 BGB); ein Bereicherungsanspruch (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1, § 818 Abs. 2 BGB) ist indes nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil dem Bestochenen ebenso wie dem Bestechenden ein Sittenverstoß im Sinne des § 817 BGB zur Last fällt.

(bb) Der Fall liegt insoweit anders, als wenn der Bestechende dem Bestochenen den Vorteil aus dem Vermögen eines Dritten zuwendet, beispielsweise aus dem Vermögen einer Gesellschaft, für die er arbeitet und die Vertragspartner des Bestochenen ist oder wird; in einer solchen Konstellation kann die dritte Person, aus deren Vermögen der Vorteil an den Bestochenen abfließt, Verletzter im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB sein und bei solch kollusivem Zusammenwirken zu seinen Lasten einen Anspruch auf Rückgewähr gegen den Bestochenen haben. Den dem Angeklagten R. gewährten Vorteil (die Kommanditbeteiligung der Einziehungsbeteiligten an der I. nebst Gewinnrechten) leistete der Angeklagte Re. indes nicht aus dem Vermögen der I.; zwischen dieser Gesellschaft und dem Angeklagten R. wurde durch die Neubegründung eines Kommanditanteils kein Vermögen verschoben.

(cc) Dass hier der durch die Straftat zugunsten des Angeklagten R. bewirkte Vermögensvorteil durch die unentgeltliche „Rückübertragung“ der Beteiligung revidiert und hierdurch der vermögensmäßige ex-ante-Zustand wiederhergestellt wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere kommt eine analoge Anwendung des § 73e StGB in Bestechungsfällen wie dem verfahrensgegenständlichen bereits deshalb nicht in Betracht, weil keine Regelungslücke besteht. Der Gesetzgeber hat die Einziehung der Taterträge (§ 73 Abs. 1 StGB) beziehungsweise deren Wertes (§ 73c Satz 1 StGB) auch bei zwischenzeitlicher Entreicherung des Täters als zwingendes Recht ausgestaltet; eine etwaige Entreicherung kann nunmehr - anders als zuvor nach § 73c Abs. 1 StGB aF - erst im Vollstreckungsverfahren berücksichtigt werden (vgl. § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO aF und die weitere Verschärfung durch § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF). Im Übrigen ist der Bestechende, wie ausgeführt, nicht schutzwürdig, sodass die Interessenlage nicht vergleichbar ist.

(c) Allerdings fehlt es zunächst an Feststellungen dazu, dass dem Angeklagten der Wert der Rechtsposition, welcher der Einziehungsbeteiligten im Fall C.I.3.c) der Urteilsgründe zugewendet wurde, im Sinne des § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB überhaupt zugeflossen ist. Dass sich der Angeklagte R. der Einziehungsbeteiligten nur als formalen Mantel bedient hätte (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2022 - 6 StR 426/21; vom 14. November 2018 - 3 StR 447/18 und vom 31. Juli 2018 - 3 StR 620/17, jeweils aaO), lässt sich den Urteilsgründen weder ausdrücklich noch nach ihrem Gesamtzusammenhang entnehmen. Vielmehr ergibt sich hieraus, dass die Einziehungsbeteiligte zumindest früher eine werbende Gesellschaft mit erheblichem Gesellschaftsvermögen war und dass auch der Beratervertrag des Angeklagten R. mit der L. über die Einziehungsbeteiligte lief.

cc) Im Übrigen weist das Urteil keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf.

(a) Insbesondere hält die Beweiswürdigung des Landgerichts in den Fällen D.I. und D.III. der Urteilsgründe aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.

(b) Auch gegen die Strafzumessung bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

(aa) Der Senat kann unter den hier gegebenen Umständen ausschließen, dass die Strafkammer im Fall C.I.3.c) der Urteilsgründe dem genauen, mutmaßlich nur im Wege einer schwierigen Schätzung zu ermittelnden Wert der Beteiligung ausschlaggebendes Gewicht beigemessen hätte; vielmehr hat es rechtsfehlerfrei den Schwerpunkt des Unrechts in den nachfolgenden, mit einem exakten Nominalbetrag bestimmten Geldzuwendungen gesehen.

(bb) Ebenso kann ausgeschlossen werden, dass dem Landgericht bei der Bemessung der in den Fällen C.I.3.c) und d) (1) (a) bis (c) sowie (2) (a) bis (d) und in den Fällen C.I.4.b) (1) bis (17) der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen aus dem Blick geraten sein könnte, dass der Angeklagte Re. erhebliche wirtschaftliche Vorteile aus dem korruptiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten R. gezogen hat, und es bei ausdrücklicher Berücksichtigung dieses Umstands auf höhere Einzelstrafen oder eine höhere Gesamtstrafe erkannt hätte.

(cc) Hinsichtlich der in den Fällen C.I.5.c) 1. bis 24. und C.I.4.b) (1) bis (17) der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen schließt der Senat bereits in Anbetracht des Versterbens des N. und des erheblichen Zeitablaufs aus, dass weitere belastbare Feststellungen getroffen werden könnten, aus denen sich eine bandenmäßige Begehungsweise ergeben könnte. In den Fällen C.I.4.b) (1) bis (17) der Urteilsgründe kommt hinzu, dass eine ausreichende Einbindung des Angeklagten Re. auch deswegen als fraglich erscheint, weil dieser den anderen Beteiligten grundsätzlich selbständig auf Auftragnehmerseite gegenüberstand und damit ein eigenes Risiko trug (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 1 StR 522/12). Im Übrigen hat das Landgericht bereits wegen der gewerbsmäßigen Begehungsweise (§ 300 Satz 2 Nr. 2 Alternative 1 StGB) die verhängten Strafen dem Strafrahmen für besonders schwere Fälle (§ 300 Satz 1 StGB) entnommen.

2. Die Revision der Staatsanwaltschaft betreffend die Einziehungsbeteiligte K. GmbH ist schon nicht wirksam eingelegt. Denn aus der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft ergibt sich nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, dass das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Einziehungsbeteiligten angegriffen werden soll. Diesbezügliche Zweifel ergeben sich daraus, dass es in der Revisionsschrift heißt: „Gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 16.06.2021 im Verfahren gegen die Angeklagten Re., R. und W. … lege ich Revision ein“, mithin nur die Angeklagten, nicht aber die Einziehungsbeteiligte als vom Rechtsmittel Betroffene benannt sind. Dass das Urteil auch insoweit angefochten werden soll, als die Einziehungsbeteiligte betroffen ist, geht hieraus nicht in der erforderlichen Eindeutigkeit hervor. Da der Eintritt der Rechtskraft eines Urteils durch eine eingelegte Revision nur gehemmt wird, soweit das Urteil angefochten ist (§ 343 Abs. 1 StPO), und für jeden Verurteilten Rechtssicherheit über den Eintritt der Rechtskraft bestehen muss, muss bereits aus der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft eindeutig hervorgehen, hinsichtlich welches Verurteilten das Urteil angegriffen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2019 - 1 StR 49/19 Rn. 2 ff.; andererseits aber Urteil vom 10. Dezember 2015 - 3 StR 163/15 Rn. 3 ff.). Dem wird die Revisionsschrift der Staatsanwaltschaft bezüglich der Einziehungsbeteiligten nicht gerecht.

III. Sofortige Beschwerde gegen die Entschädigungsentscheidung

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung einer Entschädigung des Angeklagten W. für die Zeit des über den 17. März 2021 hinausgehenden Vollzugs der Untersuchungshaft hat aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1190

Bearbeiter: Christoph Henckel