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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 825

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 145/21, Beschluss v. 06.07.2021, HRRS 2021 Nr. 825


BGH 5 StR 145/21 - Beschluss vom 6. Juli 2021 (LG Berlin)

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Gefahrenprognose unter Berücksichtigung statistisch erhöhter Gewaltneigung bei bestimmten Erkrankungen).

§ 63 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 63 StGB kann im Rahmen der Gefahrenprognose berücksichtigt werden, dass bestimmte psychotische Störungen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen mit einem erhöhten Gewaltrisiko einhergehen. Jedoch darf die Erwartung erheblicher rechtswidriger Taten nicht nur auf diesen einen statistischen Gesichtspunkt gestützt werden; vielmehr müssen darüber hinaus stets konkrete Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden.

Entscheidungstenor

Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 5. Februar 2021 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschuldigten ergeben hat.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Rechtlich unbedenklich hat das Landgericht bei seiner Gefährlichkeitsprognose nach § 63 StGB auch berücksichtigt, dass die beim Beschuldigten festzustellende psychotische Erkrankung nach den vom Sachverständigen dargelegten Studien allgemein mit einem erhöhten Gewaltrisiko einhergehe. Denn es hat die Erwartung erheblicher rechtswidriger Taten nicht nur auf diesen einen statistischen Gesichtspunkt gestützt (vgl. zu unzureichender Begründung einer Gefahrenprognose allein mit der im Allgemeinen erhöhten Kriminalitätsbelastung schizophren Erkrankter BGH, Urteil vom 11. August 2011 - 4 StR 267/11; Beschlüsse vom 2. August 2016 - 2 StR 195/16, StV 2017, 591; vom 21. Februar 2017 - 3 StR 535/16, StV 2017, 575; vom 25. November 2020 - 1 StR 420/20 mwN). Vielmehr hat es sie mit den konkreten Umständen des Einzelfalls belegt. Dabei hat es insbesondere berücksichtigt, dass der Beschuldigte innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten durch elf Gewalttaten aufgefallen sei, sich sein regelmäßiger Drogenkonsum inzwischen zu einer manifesten Abhängigkeit entwickelt habe, bei ihm weiterhin keine Einsicht bezüglich des tatsächlichen Ausmaßes seiner Erkrankung vorhanden sei und er in der Vergangenheit mehrfach stationäre psychiatrische Behandlungen abgebrochen habe, nach deren Beendigung es zu einer Verschlechterung seines Zustandes bis hin zur Begehung der Anlasstaten gekommen sei.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 825

Bearbeiter: Christian Becker