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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 56

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 523/19, Beschluss v. 25.08.2020, HRRS 2021 Nr. 56


BGH 2 StR 523/19 - Beschluss vom 25. August 2020 (LG Frankfurt am Main)

Einziehung des Wertes von Taterträgen (gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Tatbeteiligter, Kennzeichnung im Urteilstenor; keine Einziehung des Wertes des Veräußerungssurrogates); Urkundenfälschung (Gewerbsmäßigkeit).

§ 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB; § 73c StGB; § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, StGB; § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Mehrere Tatbeteiligte, die aus einer rechtswidrigen Tat etwas erlangt haben, haften als Gesamtschuldner.

2. Der Kennzeichnung der Haftung als gesamtschuldnerisch im Urteilstenor bedarf es auch nach neuem Recht.

3. Die Einziehung des Wertes des Veräußerungssurrogates, soweit dieses nicht mehr vorhanden ist und daher nicht eingezogen werden kann, sieht das Gesetz nicht vor.

4. Für die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehungsweise genügt, wenn der Täter sich zumindest mittelbare wirtschaftliche Vorteile aus der Tat verspricht.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten Y. wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12. Oktober 2018, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch in Fall II.15 der Urteilsgründe dahin klargestellt, dass der Angeklagte des versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls schuldig ist,

b) im Ausspruch über die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen dahin neugefasst, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen in Höhe von 655 €, davon in Höhe von 135 € als Gesamtschuldner, angeordnet wird,

c) dahin ergänzt, dass von der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten ein Monat Freiheitsstrafe als Entschädigung für überlange Verfahrensdauer als vollstreckt gilt.

2. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft, a) im Schuldspruch in Fall II.15 der Urteilsgründe dahin klargestellt, dass der Angeklagte des versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls schuldig ist, b) aufgehoben aa) in den Fällen II.1, II.3, II.4, II.7 und II.8 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen, bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe für die vor dem 21. August 2017 begangenen Taten, cc) in der Anordnung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Fall II.2 der Urteilsgründe; die entsprechende Einziehung entfällt, c) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin neugefasst, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen über 51.375 €, davon in Höhe von 12.175 € als Gesamtschuldner, angeordnet wird (Fälle II.10, II.11, II.12, II.14, II.16 und II.17 der Urteilsgründe).

3. Auf die Revision der Angeklagten B. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es sie betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.

4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen der Angeklagten M. und B., an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

5. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

6. Der Beschwerdeführer Y. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten Y. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen, wegen Diebstahls, wegen Wohnungseinbruchdiebstahls sowie wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Den Angeklagten M. hat es wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in fünf Fällen, wegen Diebstahls in zwei Fällen, wegen versuchten Diebstahls, wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen sowie wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls schuldig gesprochen und unter Einbeziehung einer durch ein früheres Urteil verhängten Einzelstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten sowie zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, die Angeklagte B. wegen „gewerbsmäßigen“ Betruges und wegen versuchten „gewerbsmäßigen“ Betruges, jeweils in Tateinheit mit „gewerbsmäßiger“ Urkundenfälschung und Missbrauch von Ausweispapieren, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat die Strafkammer die Angeklagte B. vom Vorwurf der Hehlerei freigesprochen. Schließlich hat das Landgericht Einziehungsentscheidungen getroffen.

Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Revisionen, die sie auf die Verletzung materiellen Rechts stützen. Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

Die Revision des Angeklagten Y. bleibt im Wesentlichen ohne Erfolg; das Urteil war lediglich im Tenor in Bezug auf die Bezeichnung der Tat zu Fall II.15 der Urteilsgründe sowie auf die Einziehungsentscheidung zu berichtigen. Zudem war es um eine Kompensation für einen Konventionsverstoß zu ergänzen.

1. Der Senat hat die auf „versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahl“ lautende Urteilsformel dahin berichtigt, dass sie nunmehr auf „versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahl“ lautet, um aus Gründen der Klarstellung des begangenen Unrechts die Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes im Schuldspruch erkennbar zu machen. Wie die Strafkammer zutreffend erkannt hat, war auf die am 13. Oktober 2017 begangene Tat der durch Gesetz vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2442) mit Wirkung zum 22. Juli 2017 eingeführte § 244 Abs. 4 StGB anzuwenden. Dies hatte im Tenor Niederschlag zu finden.

2. Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§§ 73, 73c StGB) bedarf der Korrektur.

Bei seiner Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen hat das Landgericht zwar in Bezug auf Tat II.11 der Urteilsgründe, nicht aber hinsichtlich Tat II.13 der Urteilsgründe bedacht, dass mehrere Tatbeteiligte, die aus einer rechtswidrigen Tat etwas erlangt haben, als Gesamtschuldner haften (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 46 f.; Beschluss vom 25. September 2012 - 4 StR 137/12, NStZ 2013, 401; Beschluss vom 22. März 2016 - 3 StR 517/15, NStZ 2016, 412, 413; Senat, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 2 StR 12/18, juris Rn. 2).

Der Kennzeichnung der Haftung als gesamtschuldnerisch im Urteilstenor bedarf es auch nach neuem Recht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 12. März 2018 - 4 StR 57/18, juris Rn. 3; Senat, Beschluss vom 20. Februar 2018 - 2 StR 12/18, juris Rn. 2). Insoweit haftet der Angeklagte insgesamt in Höhe von 135 € als Gesamtschuldner. Der Senat hat daher den Ausspruch über die gesamtschuldnerische Haftung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ergänzt und dies im Tenor klargestellt.

3. Nach Abfassung und Eingang des Urteils am 14. Dezember 2018 auf der Geschäftsstelle des Landgerichts ist es zu einer Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) gekommen. Bis zur Weiterleitung der Akten durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof am 24. Oktober 2019 ist das Revisionsverfahren des Angeklagten nicht in ausreichendem Umfang gefördert worden.

Es ist dadurch zu einer Verfahrensverzögerung von etwa zehn Monaten im landgerichtlichen Verfahren gekommen, die auf die zulässige Revision hin vom Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 1 StR 617/16, juris Rn. 5; Beschluss vom 12. Februar 2015 - 4 StR 391/14, juris Rn. 4; Beschluss vom 16. Juni 2009 - 3 StR 173/09, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 20 mwN). Über die Kompensation kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO selbst entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juli 2013 - 2 StR 179/13, juris Rn. 2 mwN). Auf der Grundlage der Vollstreckungslösung (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 2019 - 2 StR 217/19, juris Rn. 14 mwN) stellt der Senat fest, dass ein Monat der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer als vollstreckt gilt.

II.

Die Verurteilung des Angeklagten M. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in den Fällen II.1, II.3, II.4, II.7 und II.8 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Insoweit war das Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Zudem bedarf die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§§ 73, 73c StGB) der Korrektur.

1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts setzte der Angeklagte M. in den Fällen II.1, II.3, II.4, II.7 und II.8 der Urteilsgründe im Zeitraum vom 8. Februar 2017 bis zum 14. April 2017 verschiedene Elektronikartikel ab, die - was er wusste - vorab aus Bildungseinrichtungen und Geschäftsräumen entwendet und ihm von einer unbekannt gebliebenen Person übergeben worden waren. In Fall II.4 der Urteilsgründe verkaufte auch der Angeklagte Y. entsprechende Ware, wobei er diese nicht ausschließbar von dem Angeklagten M. erhalten hatte. Nach den weiteren Feststellungen der Strafkammer entwendete der Angeklagte M. am 10. Februar 2017 zwei Beamer aus den Räumlichkeiten der Universität in F. und veräußerte sie sodann weiter (Fall II.2 der Urteilsgründe).

b) Ihren Feststellungen zur Verurteilung des Angeklagten M. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in den Fällen II.1, II.3, II.4, II.7 und II.8 der Urteilsgründe legte die Strafkammer insbesondere dessen Geständnis zu Grunde. Grundsätzlich ist es dem Tatgericht im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO) unbenommen, seine Überzeugung auf das als glaubhaft angesehene Geständnis des Angeklagten zu stützen. Indes führt das Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung aus, dass es nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit darauf zu schließen vermochte, dass der Angeklagte M. auch in den Fällen II.1, II.3, II.4, II.7 und II.8 der Urteilsgründe den jeweils der Veräußerung vorausgehenden Diebstahl - wie für den Fall II.2 der Urteilsgründe von ihm eingeräumt - selbst begangen habe. Dafür sprächen zwar die weiteren abgeurteilten Diebstahlstaten des Angeklagten und der zeitliche Zusammenhang. Konkrete Erkenntnisse über die den Veräußerungen zu Grunde liegenden Diebstahlstaten seien jedoch nicht bekannt geworden. Diese Formulierungen legen nahe, dass die Strafkammer sich einerseits von der Begehung der der Hehlerei vorangehenden Diebstähle durch den Angeklagten nicht zu überzeugen vermochte, andererseits aber auch nicht ausschließen konnte, dass er Täter der Vortaten gewesen ist. Hat sie dies aber nicht ausschließen können, wofür auch die Erwägung im Fall II.4 der Urteilsgründe zur Verurteilung des Mitangeklagten Y. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei spricht, es habe nicht zweifelsfrei geklärt werden können, ob der Angeklagte Y. die veräußerten Beamer und das Notebook von dem Angeklagten M. erhalten habe, besteht damit ein nicht auflösbarer Widerspruch zur Feststellung der Strafkammer, der Angeklagte M. habe die Gegenstände von einer unbekannt gebliebenen Person erhalten. Insoweit besorgt der Senat, dass die Strafkammer dem Schuldspruch in den Fällen II.1, II.3, II.4, II.7 und II.8 der Urteilsgründe Feststellungen zu Grunde gelegt hat, von deren Richtigkeit sie nicht überzeugt gewesen ist.

2. a) Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.1, II.3, II.4, II.7 und II.8 der Urteilsgründe bedingt auch die Aufhebung der durch das Landgericht insoweit angeordneten Einziehung des Wertersatzes über einen Gesamtbetrag von 1.313 €.

b) Daneben erweist sich die Einziehungsentscheidung des Landgerichts in Fall II.2 der Urteilsgründe über einen Betrag von 400 € als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer hat in dem von dem Angeklagten erhaltenen Verkaufserlös in Höhe von 400 € das durch die Tat Erlangte erblickt und ihre Einziehungsentscheidung insoweit auf §§ 73 Abs. 1, 73c StGB gestützt. Dies erweist sich deswegen als rechtsfehlerhaft, da allein die entwendeten Beamer das durch den erkannten Diebstahl Erlangte darstellen und nicht der spätere Verkaufserlös. Dieser könnte sich allenfalls als das durch eine etwaige im Zusammenhang mit der Veräußerung der Beamer stehende Betrugstat Erlangte darstellen. Eine solche Tat wurde durch das Landgericht jedoch nicht festgestellt. Denkbar wäre hier daher lediglich eine Einziehung des Betrages von 400 € als Veräußerungssurrogat nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB. Die Einziehung des Wertes des Veräußerungssurrogates, soweit dieses - wie hier - nicht mehr vorhanden ist und daher nicht eingezogen werden kann, sieht das Gesetz jedoch nicht vor (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Juli 2018 - 2 StR 117/18, NStZ 2018, 654). Da bereits die Einziehung des Werts des Veräußerungssurrogats nicht möglich ist, ist es auch nicht entscheidend, inwieweit dessen Einziehung nach Rückgabe des durch die Tat Erlangten (Beamer) an die Eigentümerin nach § 73e Abs. 1 StGB ausgeschlossen wäre. Insoweit berichtigt der Senat die Einziehungsentscheidung dahin, dass diese Einziehung über einen Betrag von 400 € entfällt.

c) Überdies weist die Einziehungsentscheidung einen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Wie die Strafkammer zutreffend angenommen hat, war er in den Fällen II.11 und II.14 der Urteilsgründe als Gesamtschuldner zu verurteilen. Das Landgericht hat jedoch nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte auch in den Fällen II.16 und II.17 über einen weiteren Betrag von insgesamt 140 € als Gesamtschuldner zu verurteilen gewesen wäre. Insoweit ist nicht erforderlich, dass der Angeklagte mit den übrigen Gesamtschuldnern in einem Verfahren gemeinsam abgeurteilt wird (Senat, Urteil vom 10. Oktober 2018 - 2 StR 558/17, BeckRS 2018, 41172 Rn. 4). Der Senat hat daher die gesamtschuldnerische Haftung im Tenor entsprechend erfasst und den Einziehungsausspruch neu gefasst.

3. Soweit es auch in Bezug auf den Angeklagten M. zu einer Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) gekommen ist, wird das neue Tatgericht über eine Kompensation zu entscheiden haben.

III.

Hinsichtlich der Angeklagten B. unterlag das angefochtene Urteil in Bezug auf die Fälle II.5 und II.6 der Urteilsgründe im Strafausspruch der Aufhebung.

1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts gelangte die Angeklagte unter ungeklärten Umständen in den Besitz des Personalausweises und der EC-Karte der Zeugin Fl. Unter deren Vorlage schloss sie in einem Laden eines Mobilfunkanbieters auf deren Namen drei Mobilfunkverträge ab. Nach Leistung der entsprechenden Anzahlung wurden drei Smartphones an die Begleiter der Angeklagten, darunter auch an ihren Lebensgefährten, ausgehändigt. Die Angeklagte gelangte selbst nicht in den Besitz der Geräte (Fall II.5 der Urteilsgründe). Drei Stunden nach der Tat versuchte die Angeklagte erneut, im Beisein ihrer Begleiter in einem anderen Laden einen weiteren Vertrag auf den Namen der Zeugin abzuschließen. Da die Gruppe um die Angeklagte dem Mitarbeiter des Mobilfunkanbieters jedoch verdächtig vorkam, stornierte dieser den Vertrag und verständigte die Polizei (Fall II.6 der Urteilsgründe). Durch die Taten hat die Angeklagte nach den Feststellungen der Strafkammer Vorteile jedenfalls dergestalt angestrebt, dass sie zur Lebenshaltung in dem gemeinsam mit ihrem gesondert verfolgten Lebensgefährten geführten Haushalt beitragen wollte. Anhaltspunkte dafür, was mit den Mobilfunkgeräten geschehen ist oder geschehen sollte, vermochte das Landgericht indes ausdrücklich nicht festzustellen.

b) Der Schuldspruch weist Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht auf. Hingegen begegnet der Strafausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Annahme gewerbsmäßigen Handelns (§§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zutreffend ist das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass es für die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehungsweise genügt, wenn der Täter sich zumindest mittelbare wirtschaftliche Vorteile aus der Tat verspricht (BGH, Beschluss vom 29. November 2016 - 3 StR 291/16, BeckRS 2016, 109927 Rn. 11 mwN). Die Beweiswürdigung der Strafkammer erweist sich jedoch diesbezüglich als widersprüchlich und lückenhaft. Soweit das Landgericht - ohne im Übrigen mitzuteilen, worauf es diese Annahme stützt - ausführt, dass die Angeklagte durch die Taten beabsichtigte, zur Lebenshaltung in dem gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten geführten Haushalt beizutragen, ist dies unvereinbar mit dem Beweisergebnis der Strafkammer, dass nicht habe festgestellt werden können, was mit den Mobiltelefonen geschehen ist oder sollte. Eine gewerbsmäßige Begehungsweise käme nämlich nur dann in Betracht, wenn das Vorhaben einer wirtschaftlichen Verwertung der Mobiltelefone durch die Angeklagte oder ihre Begleiter zur Überzeugung des Landgerichts festgestanden hätte. Die Beweiswürdigung durch die Strafkammer lässt eine Auflösung dieses Widerspruches vermissen. Überdies setzt sich die Strafkammer auch nicht mit der engen zeitlichen Abfolge der Taten auseinander. Sie hat nicht in den Blick genommen, dass zwischen den einzelnen Taten der Angeklagten B. nach den Feststellungen lediglich drei Stunden gelegen haben. Bei einer so kurzen Tatabfolge kann die Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, zweifelhaft sein. Eine solche Begehungsweise schließt einen spontanen Tatentschluss ohne weitere Einbettung in einen auf Dauer angelegten Gesamtplan nicht von vorneherein aus.

2. Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts zur Person der Angeklagten wurde diese zuletzt am 17. Mai 2017 durch Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main - rechtskräftig seit dem 7. Juni 2017 - wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Das Landgericht teilt weder die Tatzeit noch den Vollstreckungsstand mit. Dem Senat ist es insoweit nicht möglich zu überprüfen, ob mit dieser Verurteilung eine nachträgliche Gesamtstrafe nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB zu bilden gewesen wäre.

b) Das Landgericht hat strafmildernd die erheblichen psychischen Probleme der Angeklagten berücksichtigt, ohne im Einzelnen darzulegen, welche dies im Tatzeitpunkt konkret gewesen sind. Den Feststellungen zur Person der Angeklagten entnimmt der Senat, dass es sich hierbei um eine Borderline-Störung handelt, an der sie seit ihrer Jugend leidet. Der neue Tatrichter wird genauer in den Blick zu nehmen haben, welche Leiden bei der Angeklagten zum Tatzeitpunkt vorgelegen haben und ob hierdurch womöglich ihre Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sein könnte (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 11. April 2018 - 2 StR 71/18).

c) Auch in Bezug auf die Angeklagte wird der neue Tatrichter über die Kompensation wegen der Verletzung des Gebots zügiger Verfahrenserledigung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK) zu entscheiden haben.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 56

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner