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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 29

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 124/20, Urteil v. 11.11.2020, HRRS 2021 Nr. 29


BGH 5 StR 124/20 - Urteil vom 11. November 2020 (LG Lübeck)

Mord (Heimtücke; für die Tatausführung getroffene Vorkehrungen; Fortwirken; Erschwerung von Verteidigungsmöglichkeiten; Ausnutzungsbewusstsein; Spontaneität des Tatentschlusses; niedrige Beweggründe; Tötung der ehemaligen Partnerin aus Eifersucht; Besitzdenken; ambivalente Gefühle; Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland).

§ 211 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Bei einer von langer Hand geplanten und vorbereiteten Tat kann sich das Mordmerkmal der Heimtücke aus Vorkehrungen ergeben, die der Täter ergreift, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen. Voraussetzung ist, dass solche (etwa mit der Wahl von Tatort und -zeit) für die Tatausführung getroffenen Vorkehrungen beim Opfer zu einer vorgreifenden und im Tatzeitpunkt fortwirkenden Erschwerung von Verteidigungsmöglichkeiten führen, die der Angeklagte ausnutzt.

2. Ein Ausnutzungsbewusstsein kann bereits aus dem objektiven Bild des Geschehens abgeleitet werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter zur Tatzeit auf der Hand liegt. Das gilt in objektiv klaren Fällen selbst dann, wenn der Täter die Tat einer raschen Eingebung folgend begangen hat. Allerdings kann die Spontaneität eines Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte einer Tat und einem psychischen Ausnahmezustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlt.

3. Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen nur dann als niedrige Beweggründe (§ 211 StGB) in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind. Dabei ist der Maßstab für die Bewertung eines Beweggrundes den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland zu entnehmen und nicht den Anschauungen einer Volksgruppe, die die sittlichen und rechtlichen Werte dieser Rechtsgemeinschaft nicht anerkennt. Eifersucht und Wut darüber, die ehemalige Partnerin nicht für sich gewinnen zu können, sind regelmäßig als niedrig einzustufen, wenn sie ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen.

Entscheidungstenor

Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 19. November 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die Revision des Angeklagten wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin und dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die Revision der Nebenklägerin, die mit der Sachrüge die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes erstrebt, hat Erfolg. Die Revision des Angeklagten erweist sich hingegen als unbegründet.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Der im Zeitpunkt der Hauptverhandlung 23-jährige Angeklagte stammt aus dem Irak. Ende 2015 verließ er seine Heimat und kam nach Deutschland. Im August 2018 begann er eine Beziehung mit dem späteren Tatopfer, einer 28-jährigen Asylbewerberin, die aus dem Iran stammte und seit einigen Jahren in Deutschland lebte. Der Angeklagte trug sich mit dem Gedanken, seine Freundin zu heiraten, die jedoch nach negativen Erfahrungen mit einer im Iran geschlossenen Zwangsehe ihre Freiheit liebte und sich noch nicht binden wollte. Auch störte sie, dass der Angeklagte sehr eifersüchtig war, sie häufig beobachtete, unangemeldet auftauchte und bisweilen ihr Handy darauf überprüfte, mit wem sie Kontakt gehabt oder von wem sie Fotos gemacht hatte. Vor Weihnachten 2018 war sie die ständige Kontrolle und die Streitigkeiten mit ihm leid und teilte ihm mit, dass sie nicht zusammenpassen würden.

Nach den Feiertagen vertrugen beide sich wieder, wobei der Angeklagte ihr eine Halskette zur Versöhnung schenkte. Anfang Januar 2019 kam es erneut zu Streit, nachdem er zum wiederholten Mal heimlich Fotos von ihr gemacht, ihr diese gezeigt und sie wutentbrannt zur Rede gestellt hatte. Ihm missfielen auch ihre Kontakte zu einem Landsmann von ihr, dem Zeugen Z., mit dem sie eine Beziehung hatte, deren intimen Charakter beide nach außen und auch vor dem Angeklagten geheim hielten. Der Angeklagte stellte ihn zweimal in ihrem Beisein zur Rede und wies darauf hin, seine Freundin heiraten zu wollen; bei einer dieser Begegnungen forderte sie den Angeklagten dazu auf, sie in Ruhe zu lassen, und erklärte ihm, er solle sich „verpissen“, sonst würden sie zur Polizei gehen. Wenig später nahm er ihr im Verlaufe einer weiteren Auseinandersetzung demonstrativ ihre Halskette ab und warf sie zu Boden. Damit war für sie die Beziehung zu ihm zunächst beendet.

Der Angeklagte wollte sich mit einer Trennung jedoch nicht abfinden und suchte nach Kontaktgelegenheiten. Anfang Februar 2019 kamen beide sich wieder näher. Am 14. Februar 2019 schenkte er ihr einen Rosenstrauß und einen Teddybären mit einer Aufschrift: „Ich liebe dich“, und sie verbrachten Zeit miteinander. Am Abend des 15. Februar 2019 besuchte sie den Zeugen Z. in dessen Wohnung. Als sie sich später von ihm auf dem Nachhauseweg begleiten ließ, erkannte sie den Angeklagten als Fahrer eines Fahrzeugs, das direkt neben ihnen kurz anhielt und dann sofort weiterfuhr. Da sie Angst bekam, dass er dem Zeugen Z. etwas antun könne, ging sie allein weiter und beruhigte ihn mit dem Hinweis, dass der Angeklagte sie liebe und ihr nichts tun werde.

Nach Rückkehr in ihre Wohnung kommunizierte sie bis etwa 0:30 Uhr mehrfach telefonisch und über Kurznachrichten mit dem Angeklagten. Dieser war eifersüchtig und wütend, weil er sie zusammen mit dem Zeugen Z. gesehen hatte, beruhigte sich aber wieder. Sie kamen überein, sich noch zu treffen, und der Angeklagte holte sie mit seinem Pkw ab. Er hoffte dabei, seine Freundin doch noch für sich gewinnen zu können. „Für den Fall, dass sich seine Erwartungen nicht erfüllten“, hatte er zuvor ein Ausbeinmesser mit einer etwa 15 cm langen Klinge eingesteckt, um „gegebenenfalls“ gewaltsam gegen sie vorzugehen (UA S. 5). Nach einem über eineinhalbstündigen Umherfahren hielt er gegen 2:15 Uhr in nahezu unbewohnter ländlicher Gegend an, wo beide das Fahrzeug verließen. Als der Angeklagte schließlich erkennen musste, dass sich seine Hoffnungen nicht erfüllen würden, fasste er spontan den Entschluss, sie zu töten. Er würgte sie zunächst und stach sodann mit dem Messer auf ihren Kopf, Hals und Oberkörper ein. Nachdem sie stark blutend zu Boden gesunken war, schleifte er sie von der Straße weg und legte sie einige Meter vom Straßenrand entfernt an einem Knick ab, damit sie nicht sofort gefunden würde. Dort oder bereits zuvor auf der Straße schnitt er ihr außerdem noch dreimal mit dem Messer in den Nacken. Insgesamt fügte er ihr mindestens 34 Stich- und Schnittverletzungen zu. Infolge Verblutens in Kombination mit Ersticken verstarb sein Opfer innerhalb weniger Minuten.

2. Die Schwurgerichtskammer hat die Tat nicht als Mord gewertet. Heimtücke liege nicht vor, weil keine näheren Feststellungen dazu hätten getroffen werden können, in welcher konkreten Tatsituation der endgültige Entschluss zur Tötung gefallen sei. Daher sei zweifelhaft, ob das Opfer in diesem Moment überhaupt noch arglos gewesen sei. Jedenfalls könne nicht sicher festgestellt werden, dass der Angeklagte eine etwa noch bestehende Arglosigkeit des Opfers bewusst zur Tat ausgenutzt habe, als er sich spontan zur Tötung entschlossen habe. Auch niedrige Beweggründe seien nicht gegeben. Zwar sei einerseits seine Beziehung zu der Getöteten von Beginn an von seinem - mutmaßlich auch kulturell bedingten - Besitzdenken und seiner Eifersucht geprägt gewesen. Andererseits habe sie sich in ihrem Verhalten ihm gegenüber ambivalent gezeigt. So sei sie in der Tatnacht zu einem nächtlichen Treffen und einer gemeinsamen Autofahrt mit ihm bereit gewesen, was ihn anfangs habe hoffen lassen. Daher sei nicht auszuschließen, dass sein endgültiger Tatentschluss neben Gefühlen der Eifersucht und Wut auch von einer gewissen Verzweiflung darüber mitbestimmt gewesen sei, die von ihm geliebte Frau nicht für sich gewinnen zu können.

II.

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Nebenklägerin hat Erfolg. Zu Recht beanstandet sie, dass die Ablehnung der Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe nicht tragfähig begründet ist.

1. Die Ablehnung heimtückischen Handelns des Angeklagten weist durchgreifende Rechtsfehler auf.

a) Das Landgericht hat zwar nicht feststellen können, dass die Getötete im grundsätzlich maßgebenden Zeitpunkt des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 4. Juli 1984 - 3 StR 199/84, BGHSt 32, 382, 384; vom 9. Januar 1991 - 3 StR 205/90, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 13; vom 16. Februar 2016 - 5 StR 465/15, NStZ 2016, 405, 406 mwN; MüKoStGB/Schneider, 3. Aufl., § 211 Rn. 170) noch arglos war. Bei einer von langer Hand geplanten und vorbereiteten Tat kann das Heimtückische nach ständiger Rechtsprechung jedoch gerade in den Vorkehrungen liegen, die der Täter ergreift, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen, falls sie bei der Ausführung der Tat noch fortwirken (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2018 - 5 StR 296/18, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 42; MüKoStGB/Schneider, aaO Rn. 172 mwN).

Insoweit hat das Landgericht nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte sein bei Fahrtbeginn argloses (UA S. 13) Opfer nachts an einen Ort in nahezu unbewohnter Gegend brachte, wo er es in einer schutzlosen Lage angreifen konnte. Er war zur Tötung seiner Freundin auch bereits entschlossen, falls er sie - was angesichts der Vorgeschichte überaus nahelag - nicht für sich hätte zurückgewinnen können, und hielt hierfür die Tatwaffe bereit. Auf die ungeklärt gebliebene Frage, wann dieser Vorbehalt des Nichterreichens des vorrangigen außertatbestandlichen Ziels, unter dem sein Tatplan stand, entfiel, kam es danach nicht an. Selbst wenn dies nicht schon beim Verlassen des Fahrzeugs geschehen sein sollte, führten seine mit der Wahl von Tatort und -zeit für die Tatausführung getroffenen Vorkehrungen beim Opfer zu einer vorgreifenden und im Tatzeitpunkt fortwirkenden Erschwerung von Verteidigungsmöglichkeiten, die der Angeklagte ausnutzte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2008 - 5 StR 92/08, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 36).

b) Ein Ausnutzungsbewusstsein ist ebenfalls rechtsfehlerhaft abgelehnt worden. Es kann bereits aus dem objektiven Bild des Geschehens abgeleitet werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter zur Tatzeit auf der Hand liegt. Das gilt in objektiv klaren Fällen selbst dann, wenn der Täter die Tat einer raschen Eingebung folgend begangen hat (vgl. BGH, Urteile vom 4. Juli 2018 - 5 StR 580/17, NStZ 2019, 26, 27 mwN; vom 13. November 2019 - 5 StR 466/19). Allerdings kann die Spontaneität eines Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte einer Tat und einem psychischen Ausnahmezustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - 5 StR 65/11, NStZ 2011, 634).

Hier hat die Schwurgerichtskammer indes übersehen, dass die zugunsten des Angeklagten getroffene Annahme, er sei „spontan zum endgültigen Tatentschluss gekommen“ (UA S. 14), nachdem er habe erkennen müssen, dass er die von ihm geliebte Frau nicht mehr würde für sich gewinnen können, im Widerspruch zu ihrer Feststellung steht, dass der Angeklagte gerade für diesen Fall das Messer eingesteckt hatte, „um gegebenenfalls gewaltsam gegen sie vorzugehen“ (UA S. 5). Allein die schon bei Fahrtbeginn bestehende Tatbereitschaft, die das Landgericht hiermit festgestellt hat, ist im Hinblick auf seine tatvorbereitende Mitnahme der Tatwaffe auch beweiswürdigend unterlegt, zumal die Schwurgerichtskammer im Anschluss an den psychiatrischen Sachverständigen mit näherer Begründung das Vorliegen einer Affekttat ausgeschlossen und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit gesehen hat.

2. Auch das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe hat das Landgericht nicht in rechtsfehlerfreier Weise verneint.

Die Frage, ob Beweggründe zur Tat „niedrig“ sind, also nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, mithin in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag als verwerflich und deshalb als besonders verachtenswert erscheinen, ist - was das Landgericht im Ansatz nicht verkannt hat - aufgrund einer Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren zu beurteilen (st. Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 195/05, NStZ 2006, 284, 285; Beschluss vom 10. Januar 2006 - 5 StR 341/05, NJW 2006, 1008, 1011). Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind. Dabei ist der Maßstab für die Bewertung eines Beweggrundes den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland zu entnehmen und nicht den Anschauungen einer Volksgruppe, die die sittlichen und rechtlichen Werte dieser Rechtsgemeinschaft nicht anerkennt (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 2018 - 5 StR 379/18, NStZ 2019, 206, 207 mwN; vom 13. November 2019 - 5 StR 466/19, NStZ-RR 2020, 40, 41). In subjektiver Hinsicht muss hinzukommen, dass der Täter die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufgenommen hat und, soweit gefühlsmäßige oder triebhafte Regungen in Betracht kommen, diese gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern kann (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2019 - 5 StR 399/19, NJW 2019, 3464, 3465 mwN).

Nach diesen Maßstäben sind die Ausführungen des Landgerichts zum Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe rechtsfehlerhaft. Nach den Feststellungen tötete der Angeklagte seine Freundin, der er schon in der Vergangenheit mit übersteigertem Besitzdenken begegnete, auch aus Eifersucht und Wut darüber, sie nicht für sich gewinnen zu können (UA S. 16). Derartige Beweggründe sind nach einhelliger Auffassung als niedrig einzustufen, wenn sie ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen (BGH, Urteile vom 14. Dezember 2000 - 4 StR 375/00, StV 2001, 228, 229; vom 22. Juli 2020 - 5 StR 543/19, NStZ 2020, 617 mwN). Hierzu hat die Schwurgerichtskammer erneut darauf abgestellt, dass sich der Angeklagte spontan zur Tötung entschlossen habe, als er im Laufe der Fahrt habe erkennen müssen, die von ihm geliebte Frau nicht für sich gewinnen zu können. Daher sei nicht auszuschließen, dass sein endgültiger Tatentschluss neben Gefühlen der Eifersucht und der Wut auch von einer gewissen Verzweiflung hierüber mitbestimmt gewesen sei. Danach hat sich auch bei der vom Landgericht zugrunde gelegten Motivation des Angeklagten die bereits benannte Widersprüchlichkeit in der Beurteilung des Entschlusses zu der Tat ausgewirkt, deren Konstellierung bereits bei Mitnahme der Tatwaffe der Annahme einer Spontaneität seiner „endgültigen“ Entscheidung entgegenstand.

Zudem hat das Landgericht in die Würdigung der Handlungsantriebe des Angeklagten zwar nachvollziehbar auch das vom Tatopfer ihm gegenüber gezeigte ambivalente Verhalten einbezogen. Bei dessen Betrachtung hat es allerdings maßgeblich berücksichtigt, dass seine Freundin schon vor ihrer Trennung von ihm auch intime Beziehungen zu anderen Männern unterhalten habe, ohne ihm dies zu offenbaren und ihm auch dadurch unmissverständlich klar zu machen, dass sie an einer festen und ausschließlichen Beziehung mit ihm nicht interessiert gewesen sei. Dieser Umstand anderweitiger von ihr nebenher geführter intimer Beziehungen hat bei der Bewertung seiner Beweggründe jedoch - ungeachtet der Frage, welche Bedeutung diesem Aspekt nach dem Menschenbild des Grundgesetzes überhaupt zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2019 - 5 StR 466/19, NStZ-RR 2020, 40, 41) - hier schon deshalb keine Rolle spielen können, weil er dem Angeklagten gerade nicht bekannt war.

3. Der Senat hebt die Feststellungen insgesamt auf, damit das neue Tatgericht umfassende widerspruchsfreie Feststellungen treffen kann.

III.

Die Überprüfung des Urteils auf die vom Angeklagten erhobene allgemeine Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 29

Externe Fundstellen: NStZ 2021, 226; StV 2022, 94

Bearbeiter: Christian Becker