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HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 694

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 2954/10, Beschluss v. 12.05.2015, HRRS 2015 Nr. 694


BVerfG 2 BvR 2954/10 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 12. Mai 2015 (OLG Hamm / LG Bochum)

Vollstreckung einer durch den Internationalen Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien verhängten Freiheitsstrafe im Inland (Vollstreckungshilfe; verfassungsrechtliche Grenzen der Übertragung von Hoheitsrechten an zwischenstaatliche Einrichtungen; Wesensgehalt der Grundrechte; Menschenwürde; Schuldgrundsatz; Chance, der Freiheit wieder teilhaftig zu werden; grundsätzliche Achtung der Strukturen und Inhalte fremder Rechtsordnungen; Übertragung vollstreckungsrechtlicher Entscheidungen auf den Gerichtshof; Pflicht zur Herbeiführung einer Entscheidung des Gerichtshofs; Resozialisierungsgebot; Behandlungsvollzug; Vollzugsdefizite; Gleichbehandlungsgrundsatz; Recht auf effektiven Rechtsschutz; Einzelfallgesetz).

Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 3 Abs. 1 GG; Art. 19 Abs. 1 GG; Art. 19 Abs. 4 GG; Art. 24 Abs. 1 GG; § 5 Abs. 2 YUGStrGHG; § 41 IStGHG; § 42 IStGHG; § 46 IStGHG; § 47 IStGHG; § 38 Abs. 2 StGB; § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Bei der Übertragung von Hoheitsrechten an zwischenstaatliche Einrichtungen, zu denen auch der Internationale Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (im Folgenden: Gerichtshof) zählt, dürfen die dem Grundrechtsteil des Grundgesetzes zugrunde liegenden Rechtsprinzipien in ihrem Wesensgehalt nicht relativiert werden.

2. Zu gewährleisten sind insbesondere Achtung und Schutz der Menschenwürde. Aus dieser folgt neben dem Schuldprinzip und dem Verbot grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Strafen, dass niemandem die Freiheit entzogen werden darf, ohne dass für ihn die realistische Chance besteht, ihr wieder teilhaftig werden zu können.

3. Angesichts der grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit selbst der lebenslangen Freiheitsstrafe ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass sich die Bundesrepublik zur Vollstreckung durch den Gerichtshof rechtskräftig verhängter Freiheitsstrafen verpflichtet hat, soweit diese die Dauer von 30 Jahren nicht überschreiten. Wie in Auslieferungssachen gilt insoweit, dass die Strukturen und Inhalte fremder Rechtsordnungen grundsätzlich zu achten sind, auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen.

4. Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass dem Gerichtshof gesetzlich die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Fortdauer der Vollstreckung einer von ihm verhängten Strafe sowie für andere vollstreckungs- oder vollzugsrechtliche Entscheidungen übertragen worden ist, die zu einem Aufenthalt des Verurteilten außerhalb der Vollzugsanstalt ohne Bewachung führen können. Eine vollstreckungsrechtliche Gleichbehandlung mit auf der Grundlage innerstaatlicher Verurteilungen Inhaftierten ist verfassungsrechtlich nicht geboten.

5. Zur Herbeiführung einer Entscheidung des Gerichtshofs sind die nationalen Gerichte nur gehalten, wenn nach den innerstaatlichen Regelungen eine Unterbrechung oder Beendigung der Vollstreckung in Betracht kommt. Ist dies nicht der Fall, so verletzt eine unterbliebene Vorlage jedenfalls nicht den Wesensgehalt der Grundrechte des Verurteilten. Möglichen Vollzugsdefiziten kann der Verurteilte mit innerstaatlichen Rechtsbehelfen entgegentreten, ohne dass insoweit eine Entscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen ist.

6. Der Verzicht innerstaatlicher Gerichte auf eine Entscheidung über die Fortdauer der Vollstreckung einer von dem Gerichtshof verhängten Strafe berührt den Verurteilten nicht in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz, weil diese Entscheidung nicht der gerichtlichen Kontrolle entzogen, sondern auf den Gerichtshof übertragen ist.

7. Die Regelung über die Vollstreckungshilfe ist kein unzulässiges Einzelfallgesetz, weil sie abstrakt generell formuliert ist und einen wenngleich gegenwärtig begrenzten, so doch offenen Personenkreis erfasst und in einer unbestimmten, nicht vorhersehbaren Zahl von Fällen anzuwenden ist.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wurde von dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (im Folgenden: Gerichtshof) durch Urteil vom 22. Februar 2001 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 28 Jahren verurteilt. Die Bundesrepublik Deutschland übernahm die Vollstreckung der Freiheitsstrafe in einem Ad-hoc-Abkommen mit den Vereinten Nationen, da der Gerichtshof über keine eigenen Vollzugseinrichtungen verfügt und auf Vollstreckungshilfe angewiesen ist.

Grundlage der Vollstreckung ist das Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Jugoslawien- Strafgerichtshof-Gesetz - YUGStrGHG) vom 10. April 1995 (BGBl I S. 485), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl I S. 2144). § 5 Abs. 2 YUGStrGHG sieht vor, dass auf die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Ausführung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 übernommenen Fälle der Vollstreckung einer vom Gerichtshof verhängten Freiheitsstrafe die §§ 41, 42, 47 Abs. 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGHG) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung finden, dass zeitige Freiheitsstrafe bis zu einer Höchstdauer von 30 Jahren vollstreckt wird.

§ 41 Abs. 2 IStGHG bestimmt, dass die Freiheitsstrafe in der vom Gerichtshof mitgeteilten Höhe vollstreckt wird und die Vorschriften des Strafgesetzbuches zur Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer zeitigen oder lebenslangen Freiheitsstrafe (§§ 57 bis 57b des Strafgesetzbuches) und der Strafprozessordnung zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe keine Anwendung finden. Nach § 41 Abs. 4 IStGHG ist für die aus Anlass der Vollstreckung der Strafe zu treffenden Entscheidungen der Gerichtshof zuständig. Soweit Umstände eintreten, die nach deutschem Recht einen Aufschub, vorübergehenden Aufschub, eine Unterbrechung der Vollstreckung, ein Absehen von der Vollstreckung, eine Anrechnung auf die zu verbüßende Freiheitsstrafe oder Vollzugsanordnungen mit der Folge eines Aufenthalts außerhalb der Vollzugseinrichtung ohne Bewachung ermöglichen würden, ist die Entscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen. Nach § 46 Abs. 1 IStGHG ist zuständige deutsche Stelle bei der Vollstreckung von Freiheitsstrafen des Gerichtshofs die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, in der sich der Verurteilte in Haft befindet.

Die gegen den Beschwerdeführer festgesetzte Strafe wird seit dem 12. Dezember 2002 in der Justizvollzugsanstalt Bochum vollstreckt. Das Strafzeitende ist auf den 3. März 2026 notiert.

Mit der Begründung, dass die Vollstreckung einer über 15 Jahre hinausgehenden zeitigen Freiheitsstrafe nach deutschem Recht verfassungswidrig und damit unzulässig sei, wandte sich der Beschwerdeführer gegenüber den nationalen Strafvollstreckungsgerichten gegen die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe. Zugleich beantragte er, eine Entscheidung des Gerichtshofs gemäß § 41 Abs. 4 IStGHG über die weitere Vollstreckung der Freiheitsstrafe einzuholen und regte an, § 5 Abs. 2 YUGStrGHG durch das Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.

Mit angegriffenem Beschluss vom 11. März 2010 entschied die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum, dass eine Entscheidung nicht veranlasst sei, soweit der Beschwerdeführer Einwendungen gegen die Dauer der Strafvollstreckung erhebe, da gemäß § 41 Abs. 4 IStGHG allein der Gerichtshof für das Begehren des Beschwerdeführers auf Feststellung der Unzulässigkeit der Vollstreckung zuständig sei. Den Antrag auf Herbeiführung einer Entscheidung durch den Gerichtshof wies es zurück, weil die Voraussetzungen des § 41 Abs. 4 Satz 2 IStGHG nicht vorlägen. Die begehrte „abstrakte“ Feststellung der Unzulässigkeit der weiteren Vollstreckung reiche hierfür nicht aus. Zudem bestehe die Möglichkeit, dass sich der Verurteilte unmittelbar an den Gerichtshof wende. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs. 2 YUGStrGHG bestünden nicht, da die erkannte Strafe nicht als unerträglich hart oder unmenschlich angesehen werden könne. Der Justizgewährleistungsanspruch sei durch die justizförmige Prüfung vollstreckungsrechtlicher Belange durch den Gerichtshof beachtet.

Auf die dagegen gerichtete Beschwerde entschied das Oberlandesgericht Hamm mit angegriffenem Beschluss vom 16. November 2010 ebenfalls, dass eine Entscheidung nicht veranlasst sei. Der Senat sei für aus Anlass der Vollstreckung der Freiheitsstrafen, die vom Gerichtshof verhängt wurden, zu treffende Entscheidungen nicht zuständig, da diese Zuständigkeit allein dem Gerichtshof zustehe. Auch die Herbeiführung einer Entscheidung des Gerichtshofs sei nicht veranlasst, da gemäß § 46 Abs. 1 IStGHG diesbezüglich die Generalstaatsanwaltschaft zuständig sei.

II.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde, da er sich durch die angegriffenen Beschlüsse in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 19 Abs. 1 und Abs. 4 GG verletzt sieht.

Die angegriffenen Entscheidungen würden den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die sich aus seinem Resozialisierungsanspruch sowie aus seinem Recht auf Gleichbehandlung im Strafvollzug ergäben, nicht gerecht. Der Verurteilung habe weder eine Mordtat noch ein Tötungsdelikt zugrunde gelegen. Die Höhe der gegen den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe übersteige nicht nur die nach nationalem Recht festgelegte Höchstdauer einer zeitigen Freiheitsstrafe, sondern auch die 15-jährige Mindestverbüßungsdauer einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Da der Beschwerdeführer zum Endstrafenzeitpunkt im Jahr 2026 bereits 66 Jahre alt sein werde, reiche die Dauer seiner Freiheitsstrafe sehr nahe an eine lebenslange Freiheitsstrafe heran. Dem Verurteilten dürfe nicht von vornherein die Aussicht versperrt werden, noch in übersehbarer Zeit wieder in die Freiheit zurückzukehren.

Die lebenslange Freiheitsstrafe finde ihre verfassungsrechtlich notwendige Ergänzung in einem sinnvollen Behandlungsvollzug. Daher dürften, wie sich aus § 106 Abs. 2 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs ergebe, die Haftbedingungen für ausländische Strafgefangene keinesfalls günstiger oder ungünstiger sein als bei deutschen Strafgefangenen. Bei ausländischen Strafgefangenen finde aber ein Resozialisierungsvollzug gemeinhin nicht statt. Dies gelte auch für den Beschwerdeführer, der aus finanziellen Gründen nur selten Besuch durch seine Ehefrau erhalte, obwohl dies den einzigen sozialen Bezugspunkt in seinem Leben darstelle. Der Beschwerdeführer beherrsche die deutsche Sprache nicht, was sich in allen Resozialisierungsbereichen, insbesondere im Bereich psychologischer Betreuung, auswirke. Hinzu komme, dass der Arzt der Justizvollzugsanstalt dem Beschwerdeführer aufgrund einer Kriegsverletzung lange Zeit eine Arbeitsaufnahme verweigert habe. Vollzugslockerungen seien trotz der langen Haftzeit nicht gewährt worden. § 456a StPO finde auf den Beschwerdeführer keine Anwendung. Der Beschwerdeführer sei daher sowohl gegenüber deutschen als auch gegenüber ausländischen Strafgefangenen benachteiligt.

Die fehlende Prüfung der dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Art. 5 Abs. 2 YUGStrGHG stelle eine Verletzung des Anspruchs auf Justizgewähr aus Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG dar. Außerdem handele es sich bei § 5 Abs. 2 YUGStrGHG um ein Einzelfallgesetz, da auf dieser Grundlage neben dem Beschwerdeführer lediglich ein weiterer Verurteilter im Januar 2009 in die Bundesrepublik Deutschland zur Strafvollstreckung überführt worden sei.

III.

Die Bundesregierung hat zu dem Verfahren Stellung genommen und verweist darauf, dass der Beschwerdeführer durch die Ablehnung der innerstaatlichen Gerichte, über sein Rechtsschutzbegehren zu entscheiden, nicht rechtsschutzlos gestellt werde, da er sich direkt an den Gerichtshof wenden könne. Dieser sei für die Vollstreckung der Freiheitsstrafe umfassend zuständig, so dass diese nicht vor den nationalen Gerichten angefochten werden könne. Die Resozialisierung des Beschwerdeführers werde weder durch das Maß der Haftstrafe als solches, noch durch die Vollzugswirklichkeit verhindert. Die Vollstreckung einer zeitigen Freiheitsstrafe von 28 Jahren verstoße auch nicht gegen die Menschenwürde.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof misst in seiner Stellungnahme der Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg bei. Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde sei bereits unter dem Gesichtspunkt der materiellen Subsidiarität zweifelhaft, da der Beschwerdeführer weder den gemäß § 46 Abs. 1 IStGHG zuständigen Generalstaatsanwalt mit dem Antrag auf Einholung einer Entscheidung durch den Gerichtshof befasst noch sich selbst gemäß § 41 Abs. 5 Satz 3 IStGHG an den Strafgerichtshof gewandt habe. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Schuldgrundsatzes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) durch die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 28 Jahren geltend mache, genüge die Verfassungsbeschwerde den Begründungsanforderungen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sei, dass der Beschwerdeführer keine realistische Chance habe, seine Freiheit wiederzuerlangen.

Auch hinsichtlich einer möglichen Gefährdung seines Resozialisierungsanspruchs sei die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet, da die Übertragung der Verantwortung für die Dauer der Strafvollstreckung auf den Gerichtshof gemäß Art. 24 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich sei und die Strafvollstreckung zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidungen eine spätere Resozialisierung des Beschwerdeführers ersichtlich nicht gefährde.

IV.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist - mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg - insbesondere nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG bezeichneten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Die angefochtenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 19 Abs. 1 und Abs. 4 GG.

1. Dabei kann dahinstehen, ob die Verfassungsbeschwerde sich auch gegen einzelne vom Beschwerdeführer benannte Elemente des Vollzugs der vom Gerichtshof verhängten Freiheitsstrafe (psychologische Betreuung, Arbeitsaufnahme, Besuche von Familienangehörigen, Vollzugslockerungen) richtet. In diesem Fall stünde der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde die fehlende Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen. Der Beschwerdeführer hätte, wenn er sich mit der Verfassungsbeschwerde auch gegen einzelne Vollzugsmaßnahmen hätte wenden wollen, zuvor von den Rechtsschutzmöglichkeiten gemäß §§ 108 ff. StVollzG Gebrauch gemacht haben müssen. Dass er dies getan hat, ist nicht ersichtlich.

2. Der Beschwerdeführer wird in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG weder durch die Feststellung in den angegriffenen Beschlüssen, dass eine eigene Entscheidung der Gerichte über die Zulässigkeit der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe nicht veranlasst sei (a), noch durch die Ablehnung des Antrags, eine Entscheidung des Gerichtshofs zur Zulässigkeit der Vollstreckung herbeizuführen (b), verletzt.

a) Soweit die Gerichte in den angefochtenen Beschlüssen festgestellt haben, dass eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Vollstreckung der gegen den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe zu unterbleiben habe, weil dies allein Aufgabe des Gerichtshofs sei, ist dagegen verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Die Entscheidung über die Dauer der Vollstreckung der Freiheitsstrafe ist dem Gerichtshof einfachgesetzlich zugewiesen (aa). Dabei ist den bei der Übertragung von Hoheitsrechten gemäß Art. 24 Abs. 1 GG zu beachtenden verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung getragen (bb). Sonstige Umstände, die der Gewährung von Vollzugshilfe im vorliegenden Fall entgegenstehen und eine Zuständigkeit der nationalen Gerichte zur Entscheidung über die Fortdauer der Vollstreckung begründen könnten, liegen nicht vor (cc).

aa) Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich als Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft an der Herausbildung einer internationalen Strafjustiz für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in besonderer, auch historisch begründeter Verantwortung (vgl. BVerfGE 113, 273 <297>; 123, 267 <409>). Sie ist als Mitglied der Vereinten Nationen verpflichtet, die Resolutionen des Sicherheitsrates nach Kapitel VIII der Satzung grundsätzlich zu befolgen und umzusetzen (vgl. BVerfGE 113, 273 <296>).

Der Gerichtshof wurde aufgrund der Resolution 827 (1993) des Sicherheitsrates vom 25. März 1993 und des gleichzeitig verabschiedeten Statuts, das als Anlage Bestandteil der Resolution ist, errichtet. Er ist „zwischenstaatliche Einrichtung“ im Sinne von Art. 24 Abs. 1 GG (vgl. Wilkitzki, YUGStrGHG, 1. Aufl. 2012, Einl., Rn. 9; BTDrucks 13/57 m.w.N.). Mit der Anerkennung und Übertragung deutscher Souveränitätsrechte nach Maßgabe des YUGStrGHG auf den Gerichtshof hat die Bundesrepublik Deutschland ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung der Resolution 827 (1993) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Rechnung getragen.

Dabei hat sie auch die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Dauer der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafen auf den Gerichtshof übertragen. Gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG in Verbindung mit § 41 IStGHG obliegen diesem die aus Anlass der Vollstreckung der Strafe zu treffenden Entscheidungen einschließlich der Begnadigung, der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Herabsetzung des Strafmaßes sowie sonstige Entscheidungen, die einen Aufenthalt des Verurteilten außerhalb der Einrichtung, in der er verwahrt wird, mit sich bringen können.

bb) Dass bei der Übertragung dieser Zuständigkeit an den Gerichtshof den gemäß Art. 24 Abs. 1 GG zu beachtenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht Rechnung getragen wurde, erschließt sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch ist dies in sonstiger Weise ersichtlich.

(1) Die Übertragung von Hoheitsrechten gemäß Art. 24 Abs. 1 GG unterliegt verfassungsrechtlichen Grenzen. Die Vorschrift ermächtigt nicht dazu, im Wege der Einräumung von Hoheitsrechten für zwischenstaatliche Einrichtungen die Identität der geltenden Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland durch Einbruch in ihr Grundgefüge, in die sie konstituierenden Strukturen, aufzugeben (vgl. BVerfGE 37, 271 <279>; 58, 1 <40>; 73, 339 <357 f.>). Ein unverzichtbares, zum Grundgefüge der geltenden Verfassung gehörendes Essentiale sind dabei jedenfalls die Rechtsprinzipien, die dem Grundrechtsteil des Grundgesetzes zugrunde liegen (vgl. BVerfGE 37, 271 <279>; 73, 339 <376>). Art. 24 Abs. 1 GG gestattet nicht, diese Rechtsprinzipien vorbehaltlos zu relativieren (vgl. BVerfGE 73, 339 <376>).

Auf dem Gebiet der Strafrechtspflege ist entscheidender Maßstab der verfassungsrechtlichen Beurteilung Art. 1 Abs. 1 GG. Die Achtung und der Schutz der Menschenwürde gehören zu den Konstitutionsprinzipien des Grundgesetzes und stellen den höchsten Rechtswert innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung dar (vgl. BVerfGE 6, 32 <41>; 27, 1 <6>; 30, 173 <193>; 32, 98 <108>; 45, 187 <227>). Sie bestimmen die Auffassung vom Wesen der Strafe und das Verhältnis von Schuld und Sühne. Jede Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Straftat und zum Verschulden des Täters stehen (vgl. BVerfGE 6, 389 <439>; 9, 167 <169>; 20, 323 <331>; 25, 269 <285 f.>). Das Gebot der Achtung der Menschenwürde bedeutet insbesondere, dass grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen verboten sind (BVerfGE 1, 332 <348>; 6, 389 <439>). Der Täter darf nicht zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung unter Verletzung seines verfassungsrechtlich geschützten sozialen Wert- und Achtungsanspruchs gemacht werden (BVerfGE 28, 386 <391>). Aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ist die Verpflichtung des Staates herzuleiten, jenes Existenzminimum zu gewährleisten, das ein menschenwürdiges Dasein überhaupt erst ausmacht. Mit einer so verstandenen Menschenwürde wäre es unvereinbar, wenn der Staat für sich in Anspruch nähme, den Menschen zwangsweise seiner Freiheit zu entkleiden, ohne dass zumindest die Chance für ihn besteht, seiner Freiheit wieder teilhaftig werden zu können (vgl. BVerfGE 45, 187 <228 f.>).

(2) Eine Überschreitung dieser verfassungsrechtlichen Grenzen ist bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf den Gerichtshof nach Maßgabe des YUGStrGHG im vorliegenden Zusammenhang nicht erkennbar. Sie ergibt sich weder aus der Verpflichtung zur Vollstreckung der vom Gerichtshof verhängten Freiheitsstrafen gemäß § 5 Abs. 1 YUGStrGHG (a) noch aus der Zuweisung der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Dauer dieser Vollstreckung an den Gerichtshof gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG in Verbindung mit § 41 IStGHG (b).

(a) Die Vollstreckung einer rechtskräftig vom Gerichtshof verhängten zeitigen Freiheitsstrafe ist gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG auf eine Höchstdauer von 30 Jahren beschränkt. Jedenfalls wenn die festgesetzte Strafe diese Höchstdauer nicht überschreitet, greift die Vollstreckung einer solchen Strafe allein wegen ihrer Dauer nicht in den Wesensgehalt der vom Grundgesetz anerkannten Grundrechte ein.

(aa) Dies dokumentiert bereits der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht auf der Grundlage der vorgenannten Maßstäbe die Vereinbarkeit selbst der lebenslangen Freiheitsstrafe mit Art. 1 Abs. 1 GG unter bestimmten Voraussetzungen festgestellt hat (vgl. BVerfGE 45, 187 <229 ff.>).

(bb) Hinzu kommt, dass für den Bereich der Rechtshilfe im Falle der Auslieferung die drohende Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe auch ohne die Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung nicht gegen unabdingbare Grundsätze der deutschen Verfassungsordnung verstößt (vgl. BVerfGE 113, 154 <161 ff.>). Den zuständigen deutschen Organen ist es zwar von Verfassungs wegen verwehrt, einen Verfolgten auszuliefern, wenn die Strafe, die ihm im ersuchenden Staat droht, unerträglich hart und unter jedem denkbaren Gesichtspunkt unangemessen erscheint. Hat der Verfolgte eine solche Strafe zu gewärtigen oder zu verbüßen, hat die Mitwirkung an einer Auslieferung zu unterbleiben (vgl. BVerfGE 75, 1 <16 f.>; 108, 129 <136 f.>; 113, 154 <162>). Anderes gilt hingegen, wenn die zu vollstreckende Strafe lediglich als in hohem Maße hart anzusehen ist und bei einer Beurteilung anhand des deutschen Verfassungsrechts nicht mehr als angemessen erachtet werden könnte. Da das Grundgesetz von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft ausgeht (vgl. Präambel, Art. 1 Abs. 2, Art. 9 Abs. 2, Art. 23 bis 26 GG und BVerfGE 111, 307 <317 f.>) gebietet es zugleich insbesondere im Rechtshilfeverkehr Strukturen und Inhalte fremder Rechtsordnungen und -anschauungen grundsätzlich zu achten (vgl. BVerfGE 75, 1 <16 f.>; 108, 129 <137>), auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen (vgl. BVerfGE 113, 154 <162 f.>).

Diese Grundsätze gelten nicht nur für den Bereich der Auslieferung, sondern auch, wenn die Rechtshilfe durch die Vollstreckung einer von einem internationalen Gerichtshof verhängten Freiheitsstrafe geleistet wird. Demgemäß bestehen gegen die Festsetzung und Vollstreckung einer zeitigen Freiheitsstrafe bis zu einer Höchstdauer von 30 Jahren ebenso wenig grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken wie im Falle einer lebenslangen Freiheitsstrafe (mit einer möglicherweise über 30 Jahre hinausgehenden Vollstreckungsdauer). Auch eine solche zeitige Freiheitsstrafe kann nicht ohne weiteres als unerträglich hart oder unmenschlich und damit den Vorgaben von Art. 1 Abs. 1 GG widersprechend angesehen werden. Übersteigt das Strafmaß einer verhängten Freiheitsstrafe die Dauer von 30 Jahren nicht, begegnet die Leistung von Vollstreckungshilfe gemäß § 5 Abs. 1 YUGStrGHG daher allein wegen der Dauer der Freiheitsstrafe keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ob etwas anderes gilt, wenn die verhängte Freiheitsstrafe die Höchstdauer der Vollstreckung gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG von 30 Jahren übersteigt, kann vorliegend dahinstehen, da gegen den Beschwerdeführer eine Freiheitsstrafe in Höhe von 28 Jahren festgesetzt wurde.

(cc) Den vorstehenden Erwägungen steht auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe gemäß § 38 Abs. 2 StGB und die Mindestverbüßungsdauer einer lebenslangen Freiheitsstrafe gemäß § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB von jeweils 15 Jahren nicht entgegen. Abgesehen davon, dass § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB lediglich eine Untergrenze der Verbüßung einer lebenslangen Freiheitsstrafe festsetzt und im Einzelfall eine lebenslängliche Vollstreckung der Strafe nicht ausgeschlossen ist (vgl. BVerfGE 64, 261 <272>; 113, 154 <164>), handelt es sich hierbei um einfachrechtliche Regelungen, denen nicht entnommen werden kann, dass eine über 15 Jahre hinausgehende zeitliche Freiheitsstrafe gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze, wie sie sich aus Art. 1 Abs. 1 GG ergeben, verstößt.

(dd) Soweit es mit der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar wäre, wenn der Verurteilte ungeachtet der Entwicklung seiner Persönlichkeit jegliche Hoffnung, seine Freiheit wiederzuerlangen, aufgeben müsste (vgl. BVerfGE 45, 187 <228, 245>; 64, 261 <272>) lässt sich daraus im vorliegenden Zusammenhang nichts ableiten. Fallgestaltungen, die es strikt verwehrten, dem innerlich gewandelten, für die Allgemeinheit ungefährlichen Straftäter auch nach sehr langer Strafverbüßung, selbst im hohen Lebensalter, die Wiedergewinnung der Freiheit zu gewähren und ihn damit von vornherein zum Versterben in der Haft verurteilten, sind dem Strafvollzug unter der Herrschaft des Grundgesetzes grundsätzlich fremd (vgl. BVerfGE 64, 261 <272>; 113, 154 <164>). Daher erfordert ein menschenwürdiger Strafvollzug, dass für den Verurteilten die Chance besteht, seiner Freiheit wieder teilhaftig zu werden (vgl. BVerfGE 45, 187 <228 f.>).

Hieraus ergeben sich vorliegend keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gewährung von Rechtshilfe durch die Vollstreckung der rechtskräftig gegen den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe. Dabei kann dahinstehen, in welchem Umfang durch eine Begrenzung der Vollstreckung auf eine Höchstdauer von 30 Jahren der gebotenen Chance auf die Wiedererlangung der Freiheit bereits Rechnung getragen wird. Hinzu kommt nämlich, dass gemäß Art. 28 des Statuts des Gerichtshofs über eine Begnadigung oder eine Umwandlung der Strafe zu entscheiden ist, wenn dies nach den anwendbaren Rechtsvorschriften des Staates, in dem der Verurteilte seine Freiheitsstrafe verbüßt, in Betracht kommt. Die Chance auf eine Wiedererlangung der Freiheit besteht daher bereits vor Ablauf der vom Gerichtshof verhängten Strafe.

(b) Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Entscheidung über die Dauer der Vollstreckung gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG in Verbindung mit § 41 Abs. 4 Satz 1 IStGHG dem Gerichtshof übertragen ist. Verfahrensrechtliche Einzelheiten, mit denen die praktische Chance auf Wiedererlangung der Freiheit in Deutschland verstärkt und gesichert wird, gehören nicht zu den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen Verfassungsordnung. Daher kommt es bei der Leistung von Vollstreckungshilfe gemäß § 5 Abs. 1 YUGStrGHG - ebenso wie im Auslieferungsverkehr (vgl. dazu BVerfGE 113, 154 <165>) - allein auf die praktische Chance auf Wiedererlangung der Freiheit an.

Diese ist vorliegend gegeben. Treten Umstände ein, die nach deutschem Recht einen Aufschub, vorübergehenden Aufschub, eine Unterbrechung der Vollstreckung, ein Absehen von der Vollstreckung, eine Anrechnung auf die zu verbüßende Freiheitsstrafe oder Vollzugsanordnungen mit der Folge eines Aufenthalts außerhalb der Vollzugseinrichtung ohne Bewachung ermöglichen würden, ist gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG in Verbindung mit § 41 Abs. 4 Satz 4 IStGHG die Entscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen. Dieser hat sodann gemäß Art. 28 des Statuts unter Berücksichtigung der jeweiligen innerstaatlichen Regelungen über die Fortdauer, Beendigung oder Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zu entscheiden. Dies genügt, um der verfassungsrechtlichen Anforderung an das Bestehen einer realistischen Chance zur Wiedererlangung der Freiheit Rechnung zu tragen.

cc) Ferner ergeben sich auch aus den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalles keine Umstände für das Vorliegen einer unerträglich harten oder unmenschlichen Strafe, die der Gewährung von Vollstreckungshilfe gemäß § 5 Abs. 1 YUGStrGHG oder der Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung über die Fortdauer der Vollstreckung an den Gerichtshof gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG entgegenstehen könnten.

(1) Dass die Dauer der gegen den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe nicht in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Taten und dem Verschulden des Täters steht, erschließt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht. Soweit er darauf verweist, der Verurteilung habe weder eine Mordtat noch ein Tötungsdelikt zugrunde gelegen, rechtfertigt dies für sich genommen die Annahme einer unerträglich harten Strafe nicht.

(2) Die Behauptung des Beschwerdeführers, die gegen ihn festgesetzte Freiheitsstrafe entspreche nahezu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, da er im Zeitpunkt der vollständigen Verbüßung bereits 66 Jahre alt sein werde, ist bereits tatsächlich nicht nachvollziehbar. Es ist nicht ersichtlich, dass angesichts des Lebensalters des Beschwerdeführers allein aufgrund der auf 28 Jahre festgesetzten Höhe der Freiheitsstrafe eine realistische Möglichkeit zur Wiedererlangung der Freiheit nicht besteht. Hinzu kommt, dass selbst im Falle einer lebenslangen Freiheitsstrafe die Leistung von Vollstreckungshilfe gemäß § 5 Abs. 1 YUGStrGHG aus den dargestellten Gründen nicht ohne weiteres den verfassungsrechtlichen Anforderungen widersprechen würde.

(3) Soweit der Beschwerdeführer schließlich geltend macht, bei ihm finde kein ausreichender Behandlungsvollzug statt, so dass er in seinem Resozialisierungsanspruch verletzt werde, ergibt sich auch daraus nicht, dass der Beschwerdeführer durch die Gewährung der Vollstreckungshilfe und die Übertragung der Entscheidung über die Fortsetzung der Vollstreckung an den Gerichtshof in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt wäre.

Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 3 IStGHG ist der Vollzug der Strafe nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs übertragen, sondern verbleibt in nationaler Zuständigkeit. Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 IStGHG finden die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes über das Beschwerdeverfahren und das gerichtliche Verfahren lediglich keine Anwendung, soweit der Gerichtshof für die Entscheidung über Vollzugsmaßnahmen zuständig ist. Dies ist nur ausnahmsweise der Fall, wenn es sich um Entscheidungen handelt, die zu einem Aufenthalt des Verurteilten außerhalb der Vollzugsanstalt ohne Bewachung führen können (§ 41 Abs. 4 Satz 1 IStGHG).

Demgemäß liegt die Beachtung des aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sich ergebenden Resozialisierungsanspruchs des Beschwerdeführers (vgl. dazu BVerfGE 35, 202 <235 f.>; 40, 276 <284>; 45, 187 <239 f.>) in der Verantwortung der zuständigen nationalen Organe und ist von der Entscheidung über die Fortdauer der Vollstreckung zu trennen. Sieht sich der Beschwerdeführer durch die Ausgestaltung des Strafvollzugs in seinem Resozialisierungsanspruch verletzt, hat er dies unter Inanspruchnahme der Rechtsbehelfe des Strafvollzugsgesetzes und gegebenenfalls nach deren Ausschöpfung im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend zu machen. Nicht ersichtlich ist demgegenüber, inwieweit sich aus der Verletzung des verfassungsrechtlich begründeten Anspruchs auf einen angemessenen Behandlungsvollzug die Unzulässigkeit einer weiteren Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe ergeben soll. Eine Verletzung des Resozialisierungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG durch Fortsetzung der Vollstreckung käme allenfalls in Betracht, wenn ein sinnvoller Behandlungsvollzug aus objektiven Gründen ausgeschlossen wäre, so dass der Beschwerdeführer in einem reinen Verwahrvollzug zum bloßen Objekt staatlichen Handelns würde.

Dies ergibt sich vorliegend aber weder aus dem Vortrag des Beschwerdeführers noch ist es sonst ersichtlich. Weder das vom Beschwerdeführer behauptete Fehlen deutscher Sprachkenntnisse noch verletzungsbedingte Beschränkungen der Möglichkeit der Arbeitsaufnahme oder begrenzte Möglichkeiten familiärer Kontakte reichen hierfür aus. Auch hat der Beschwerdeführer nicht dargetan, dass er die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zur Durchsetzung seines Anspruchs auf eine resozialisierungsgerechte Ausgestaltung des Vollzugs seiner Freiheitsstrafe genutzt hat. Demgemäß können mögliche Vollzugsdefizite auch mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Resozialisierungsanspruch des Beschwerdeführers einen Anspruch auf die Beendigung oder Aussetzung der Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe nicht begründen.

b) Soweit die Gerichte den Antrag des Beschwerdeführers auf Herbeiführung einer Entscheidung des Gerichtshofs über die Zulässigkeit der Vollstreckung zurückgewiesen haben, liegt ein Verstoß gegen den Wesensgehalt von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ebenfalls nicht vor.

Gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG in Verbindung mit § 41 Abs. 4 Satz 3 IStGHG ist eine Entscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen, wenn Umstände eintreten, die nach den Vorschriften des nationalen Rechts eine Aussetzung, eine sonstige Unterbrechung oder eine Beendigung der Vollstreckung ermöglichen. Dies kann insbesondere beim Vorliegen der Voraussetzungen einer Strafaussetzung zur Bewährung der Fall sein. Dass diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der angegriffenen Beschlüsse vorlagen, ist aber nicht ersichtlich. Weder waren zu diesem Zeitpunkt gemäß § 57 Abs. 1 StGB zwei Drittel oder gemäß § 57 Abs. 2 StGB die Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe verbüßt, noch war - ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit im vorliegenden Fall - die Mindestverbüßungszeit einer lebenslangen Freiheitsstrafe gemäß § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB abgelaufen. Auch ansonsten sind keine Umstände erkennbar, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 41 Abs. 4 Satz 3 IStGHG ergeben könnte. Daher mag dahinstehen, ob bei Vorliegen dieser Voraussetzungen aufgrund Art. 1 Abs. 1 GG eine verfassungsrechtlich fundierte Pflicht der zuständigen Organe besteht, eine Entscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen und wie zu verfahren ist, falls der Gerichtshof einem entsprechenden Begehren nicht Rechnung trägt. Jedenfalls mit Blick auf die angefochtenen Entscheidungen kommt eine Verletzung des Wesensgehalts des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG wegen der Nichtbefassung des Gerichtshofs trotz Vorliegens der Voraussetzungen von § 41 Abs. 4 Satz 3 IStGHG nicht in Betracht.

Auch im Übrigen ist ein verfassungsrechtlich begründeter Anspruch des Beschwerdeführers auf die Herbeiführung einer Entscheidung des Gerichtshofs nicht ersichtlich. Er ergibt sich insbesondere nicht, soweit der Beschwerdeführer behauptet, er werde in seinem Resozialisierungsanspruch verletzt, da ein ausreichender Behandlungsvollzug nicht stattfände. Insoweit gilt das vorstehend Gesagte. Mögliche Vollzugsdefizite, denen der Beschwerdeführer noch nicht einmal unter Rückgriff auf die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten entgegen getreten ist, allein begründen keine verfassungsrechtliche Pflicht zur Herbeiführung einer Entscheidung des Gerichtshofs über die Fortsetzung der Vollstreckung.

Demgemäß ist die Zurückweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Herbeiführung einer Entscheidung des Gerichtshofs verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ob der Verfassungsbeschwerde hinsichtlich der Herbeiführung einer solchen Entscheidung bereits unter dem Gesichtspunkt materieller Subsidiarität entgegensteht, dass der Beschwerdeführer von der Möglichkeit gemäß § 41 Abs. 5 IStGHG, sich selbst an den Gerichtshof zu wenden oder gemäß § 46 Abs. 1 IStGHG die zuständige Staatsanwaltschaft mit einem Antrag auf Einholung einer Entscheidung des Gerichtshofs zu befassen, keinen Gebrauch gemacht hat, kann deshalb dahinstehen.

3. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsanspruchs des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht substantiiert dargelegt. Da die Vollstreckung der gegen den Beschwerdeführer festgesetzten Freiheitsstrafe auf der Grundlage eines Urteils des Gerichtshofs und nicht auf der Grundlage des Strafausspruchs eines deutschen Gerichts stattfindet und die Entscheidung über die Fortdauer der Vollstreckung dem Gerichtshof und nicht den deutschen Vollstreckungsgerichten übertragen ist, kommt hinsichtlich dieser Entscheidung eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Betracht. Soweit der Beschwerdeführer einen Gleichheitsverstoß mit der unterschiedlichen Ausgestaltung des Vollzugs im Vergleich zu sonstigen Strafgefangenen geltend macht, ist dies nicht Gegenstand der angegriffenen Entscheidungen und die Verfassungsbeschwerde wegen mangelnder Rechtswegerschöpfung unzulässig (siehe oben IV. 1.).

4. Der Beschwerdeführer ist auch nicht in seinem Anspruch auf ein Mindestmaß wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

a) Der Verzicht auf eine Entscheidung über die Zulässigkeit der weiteren Vollstreckung der Freiheitsstrafe berührt den Beschwerdeführer schon nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, da diese Entscheidung gemäß § 5 Abs. 2 YUGStrGHG in Verbindung mit § 41 Abs. 4 IStGHG auf den Gerichtshof übertragen ist. Dem Beschwerdeführer stehen insoweit gemäß § 41 Abs. 5 Satz 3, § 46 Abs. 1 IStGHG eigene Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung. Auf diesem Weg kann er eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung der Zulässigkeit der weiteren Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe und eine verbindliche richterliche Entscheidung (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>; 85, 337 <345>; 107, 395 <401>) erreichen. Durch die Zurückweisung seines Antrags auf Herbeiführung einer Entscheidung des Gerichtshofs wird er daher nicht in seinem Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz verletzt.

b) Eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich auch nicht aus dem behaupteten Verzicht auf eine Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 5 Abs. 2 YUGStrGHG. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers haben sich die Gerichte in den angegriffenen Beschlüssen durchaus mit den von ihm geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 5 Abs. 2 YUGStrGHG auseinandergesetzt und die Verfassungsmäßigkeit der Norm im Ergebnis bejaht. Eine Verletzung des Wesensgehalts von Art. 19 Abs. 4 GG ist insoweit nicht ersichtlich. Die Gerichte haben lediglich die Verfassungsmäßigkeit der Norm anders beurteilt als der Beschwerdeführer.

5. Einem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 GG steht entgegen, dass es sich bei § 5 Abs. 1 YUGStrGHG um eine abstrakt generelle Norm handelt, die einen zwar begrenzten, aber offenen Personenkreis, nämlich die vom Gerichtshof wegen Kriegsverbrechen Verurteilten, umfasst, und in einer unbestimmten, nicht vorhersehbaren Zahl von Fällen anzuwenden ist.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 694

Bearbeiter: Holger Mann