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HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 288

Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 109/06, Beschluss v. 14.02.2006, HRRS 2006 Nr. 288


BVerfG 2 BvR 109/06 - Beschluss vom 14. Februar 2006 (BGH)

Begründung der Verfassungsbeschwerde (Auseinandersetzung mit der Judikatur des BVerfG in der Antragsbegründung; kein pauschales Behaupten von Überholung); Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (rechtliche Ausführungen zu verfassungsrechtlichen Bedenken bereits im fachgerichtlichen Verfahren); Recht auf den gesetzlichen Richter (unbedenkliche Zurückverweisung der Sache an ein anderes Gericht durch das Revisionsgericht); Anspruch auf rechtliches Gehör (Verletzung; Verfahren nach § 356a StPO); Nichtannahmebeschluss.

Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; § 90 Abs. 2 BVerfGG; § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG; § 92 BVerfGG; § 354 Abs. 2 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Hat das Bundesverfassungsgericht zu einer vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Problematik bereits Stellung genommen, gehört die substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der ergangenen bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zum notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung (vgl. BVerfGE 102, 147, 164). Nicht ausreichend ist die bloße Behauptung, der Entscheidungsinhalt sei durch neuere Judikate möglicherweise überholt.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie ist nicht ausreichend begründet im Sinne der §§ 23 Abs. 1, 92 BVerfGG.

Hat das Bundesverfassungsgericht zu einer vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Problematik bereits Stellung genommen, gehört die substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der ergangenen bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung zum notwendigen Inhalt der Beschwerdebegründung (vgl. BVerfGE 102, 147 <164>). Nicht ausreichend ist - wie vorliegend - die bloße Behauptung, der Entscheidungsinhalt sei durch neuere Judikate möglicherweise überholt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die seit 1966 im Kern unverändert gebliebene Befugnis der Revisionsgerichte, nach Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils das Strafverfahren statt an das Ausgangsgericht an ein anderes gleichgeordnetes Tatgericht zurück zu verweisen, als verfassungskonform angesehen (vgl. BVerfGE 20, 336 ff. ). An der Praxis der Revisionsgerichte, ihre Zuweisungsentscheidung in der Regel nicht zu begründen, hat es dabei keinen Anstoß genommen (vgl. BVerfGE, a.a.O. <343>). Für unbedenklich hat das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG die Zuweisungsbefugnis der Revisionsgerichte deshalb erachtet, weil sie ein Mittel sei, durch Auswahl des geeigneten Tatgerichts die Rechtsauffassung der Rechtsmittelinstanz durchzusetzen (vgl. BVerfGE, a.a.O. <345 f.>). Mit dieser Argumentation setzt sich die Verfassungsbeschwerde nicht auseinander.

Der Rüge, die Zuweisungsentscheidung des Bundesgerichtshofs sei willkürlich gewesen, steht der aus § 90 Abs. 2 BVerfGG folgende Grundsatz der Subsidiarität des verfassungsgerichtlichen Verfahrens entgegen. Dieser fordert vom Beschwerdeführer, bereits im fachgerichtlichen Verfahren alles ihm Mögliche zu tun, damit eine Grundrechtsverletzung durch die zur Entscheidung berufenen Gerichte unterbleibt (vgl. BVerfGE 81, 97 <102 f.>; 107, 395 <414>).

Der Beschwerdeführer war seit Beginn des Revisionsverfahrens mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft konfrontiert, im Falle einer Urteilsaufhebung das Strafverfahren nicht an das Landgericht Memmingen, sondern an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen. Dieser Antrag wurde vom Sitzungsvertreter der Bundesanwaltschaft in der Revisionshauptverhandlung wiederholt. Angesichts dessen lag es nicht fern, dass der Bundesgerichtshof den Anträgen folgen könnte. Gleichwohl ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer spätestens in der Revisionshauptverhandlung versucht hätte, den von den Staatsanwaltschaften angebrachten Anträgen durch rechtliche Ausführungen argumentativ zu begegnen.

Soweit in dem Vorbringen des Beschwerdeführers zur fehlenden Begründung der Zuweisungsentscheidung des Bundesgerichtshofs zugleich die Rüge liegen sollte, Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, stünde dieser Rüge ebenfalls der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer das Verfahren nach § 356 a StPO betrieben hätte.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 288

Bearbeiter: Stephan Schlegel