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HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 756

Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 581/04, Beschluss v. 21.04.2004, HRRS 2004 Nr. 756


BVerfG 2 BvR 581/04 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss v. 21. April 2004 (OLG München/LG Traunstein/AG Rosenheim)

Verfassungsbeschwerde gegen einen Freispruch; allgemeines Persönlichkeitsrecht (Rehabilitierungsinteresse; unvermeidbarer Verbotsirrtum; Zukunftswirkung; Mindermeinung).

Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG; Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 1 GG; § 17 Satz 1 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Ein Freispruch kann in Ausnahmefällen mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden (vgl. BVerfGE 28, 151, 159).

2. Ergeht auf Grund eines unvermeidbaren Verbotsirrtums ein Freispruch wegen nicht vorsätzlichen Handelns, liegt darin kein Unwerturteil, so dass es im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung am Rehabilitierungsinteresse fehlt.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind beantwortet (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG); denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>). Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass ein Freispruch in Ausnahmefällen mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden kann (vgl. BVerfGE 28, 151 <159>). Legt man die in dieser Entscheidung dargelegten Maßstäbe an, so kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer durch die Urteilsgründe in einer verfassungsrechtlich relevanten Weise beschwert wird.

Die Urteilsgründe enthalten kein Unwerturteil über den Beschwerdeführer; es wird nur festgestellt, dass er - auf Grund eines unvermeidbaren Verbotsirrtums - nicht vorsätzlich gehandelt habe. Es fehlt daher ein Rehabilitierungsinteresse.

Soweit die Beschwer aus einer möglichen Zukunftswirkung abgeleitet wird, weil sich der Beschwerdeführer in einem zukünftigen Strafverfahren nicht mehr auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen könnte und deshalb mit einer Verurteilung rechnen müsste, kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Er trägt selbst vor, dass die im Urteil niedergelegte Rechtsansicht des Amtsgerichts eine Mindermeinung darstelle. Aus seinem weiteren Vortrag folgt, dass zudem das Bayerische Oberste Landesgericht als zuständiges Revisionsgericht in einem Beschluss vom 20. Juni 2002 (- 4 StRR 64/2002 -) eine abweichende Rechtsauffassung vertreten habe, nach der der objektive Tatbestand des illegalen Aufenthalts nicht erfüllt sei. Damit kann ausgeschlossen werden, dass die Rechtsansicht des Amtsgerichts in einem Wiederholungsfall zu einer rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers führen würde. Schon deshalb scheidet eine Beschwer aus.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 756

Bearbeiter: Stephan Schlegel