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HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 241

Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 27/04, Beschluss v. 08.03.2004, HRRS 2004 Nr. 241


BVerfG 2 BvR 27/04 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 8. März 2004 (LG Itzehoe/AG Itzehoe)

Unverletzlichkeit der Wohnung; Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei (Anforderungen; eigenverantwortliche richterliche Prüfung; Beschreibung des Tatvorwurfs; Meßbarkeit und Kontrollierbarkeit des Grundrechtseingriffs; Richtervorbehalt); Beschlagnahme (genaue Bezeichnung der zu beschlagnahmenden Gegenstände); Willkürverbot (Fehlen plausibler Gründe; sachfremde Erwägungen); Verletzung spezifischen Verfassungsrechts.

Art. 13 Abs. 1 GG, Art. 13 Abs. 2 GG; Art. 3 Abs. 1 GG; Art. 8 EMRK; § 102 StPO; § 94 StPO; § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO.

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die richterliche Durchsuchungsanordnung ist keine bloße Formsache. Das Grundgesetz verlangt vielmehr eine eigenverantwortliche richterliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen.

2. Um die Durchsuchung rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (vgl. BVerfGE 20, 162, 224; 42, 212, 220 f.).

3. Ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem den Inhalt der konkret gesuchten Beweismittel nicht erkennen lässt, wird rechtsstaatlichen Anforderungen jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Kennzeichnungen nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind (vgl. BVerfGE 42, 212 220 f.; 71, 64, 65).

4. Eine gerichtliche Entscheidung, wie die Anordnung einer Durchsuchung, verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sich für sie sachlich zureichende, plausible Gründe nicht finden lassen, so dass ihr Ergebnis bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfGE 59, 95, 97).

5. Eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts ist nicht schon dann anzunehmen, wenn eine Entscheidung, am Straf- oder Strafprozessrecht gemessen, objektiv fehlerhaft ist. Der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen.

Entscheidungstenor

Soweit die Anordnung der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschwerdeführers betroffen ist, verletzen die Beschlüsse des Landgerichts Itzehoe vom 5. Dezember 2003 und vom 23. Januar 2004 - 9 Qs 205/03 II - und des Amtgerichts Itzehoe vom 16. Oktober 2003 und vom 18. September 2003 - 64 Gs 1174/03 - den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 13 Absatz 1, Absatz 2 und Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Sie werden insoweit aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Itzehoe zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Schleswig-Holstein hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu 2/3 zu erstatten.

Gründe

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine strafprozessuale Durchsuchung und Beschlagnahme.

I.

1. Der Beschwerdeführer ist unter anderem als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Er war auf der Grundlage einer Rahmenhonorarvereinbarung für die Stadt G. anwaltlich tätig. Der Beschwerdeführer ist zudem Gesellschafter und Bevollmächtigter der Fa. F. GmbH. Mit dieser Firma schloss die Stadt G. zum Zwecke der Erschließung und des Vertriebs eines im gemeindlichen Eigentum stehenden Baugebietes Verträge. Gemäß § 5 Abs. 4 des städtebaulichen Vertrags und Erschließungsvertrags vom 26. Mai 2000 war die Fa. F. GmbH dazu berechtigt, ein genanntes Ingenieurbüro "mit der Betreuung der Maßnahme und der Projektsteuerung zu beauftragen". Das Gemeindeprüfungsamt des Kreises S. führte bei der Stadt G. eine überörtliche Prüfung durch. Aus dem vertraulichen Prüfungsbericht über die Erschließungsmaßnahme ergibt sich die Auffassung des Prüfungsamtes, dass eine wirksame Genehmigung des Vertragswerkes nicht vorgelegen habe; die ausgefertigte Vertriebsvereinbarung sei in wesentlichen Punkten von der maßgeblichen Beschlussfassung abgewichen. Die Grundstücke hätten an den Vorhabenträger übereignet werden müssen; der Bürgermeister habe diese Übereignung durch die Ausgestaltung des Grundstücksveräußerungsvertrags verhindert. Im Übrigen seien die Leistungen an den Erschließungsträger unangemessen und bedürften einer Korrektur.

2. Auf dieser Grundlage führt die Staatsanwaltschaft Kiel gegen den Beschwerdeführer und weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung gemäß § 333 StGB. Das Amtsgericht Itzehoe ordnete mit den angefochtenen Beschlüssen wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Beschwerdeführers gemäß §§ 102, 105 StPO an.

a) Die vertragliche Abwicklung der Erschließung und des Vertriebs habe nicht der verbindlichen, kommunalaufsichtsrechtlich genehmigten Beschlusslage entsprochen; insbesondere seien die Grundstücke nicht auf die Fa. F. GmbH übertragen worden und die einzelnen Bauherren hätten ihre Kaufverträge direkt mit der Stadt G. abgeschlossen. Die Fa. F. GmbH, deren Kostenansätze weit überhöht gewesen seien, habe praktisch keine eigenen Tätigkeiten entfaltet, sondern diese auf ein Ingenieurbüro übertragen. Ein wirtschaftlicher Sinn hätte sich für die Stadt G. nur ergeben, wenn die Fa. F. GmbH die Grundstücke in ihr eigenes Vermögen übernommen hätte. Unter anderem der Beschwerdeführer habe den vorliegenden Schriftverkehr bezüglich der entsprechenden "Interpretationen" von Vertragsbedingungen seitens der Fa. F. GmbH unterzeichnet. Nach Auffassung des Amtsgerichts Itzehoe "dürfte davon auszugehen sein, dass über die F. GmbH lediglich Kosten zu Lasten der Stadt 'produziert' worden sind".

b) Dem Beschwerdeführer wird zudem seine anwaltliche Tätigkeit für die Stadt G. auf der Grundlage der Rahmenhonorarvereinbarung zur Last gelegt. Er habe im Zeitraum 1998 bis (zum Rumpfjahr) 2003 mit 25,91 % an dem städtischen Gesamtaufwand für Rechtsanwälte, Gutachten, Gerichtskosten etc. partizipiert. Wörtlich führt das Amtsgericht Itzehoe insoweit aus: "Schon im Hinblick auf anfallende Reisekosten dürfte die Verpflichtung des Beschwerdeführers als unwirtschaftlich zu bezeichnen sein."

c) Ziel der Durchsuchungsanordnung war das Auffinden insbesondere von Unterlagen, "die geeignet sind, die personellen und wirtschaftlichen Verbindungen bzw. Verflechtungen der Stadt G. mit der Fa. F. GmbH und den Beschuldigten darzustellen".

3. Am 15. Oktober 2003 wurde der Durchsuchungsbeschluss vollzogen. Das Amtsgericht Itzehoe hatte am 18. September 2003 gegen weitere Beschuldigte einen in der Begründung wortgleichen Durchsuchungsbeschluss erlassen.

4. Der beim Vollzug erfolgten Sicherstellung von Anwaltsakten, Rechnungen, einer CD-ROM und eines Sicherungsbandes des Datenservers der Kanzlei widersprach der Beschwerdeführer bereits in den Niederschriften. Gegen den Durchsuchungsbeschluss legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Er vertrat die Auffassung, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine von ihm begangene bestimmte Straftat nicht vorgelegen hätten.

5. Das Landgericht Itzehoe verwarf die Beschwerde - soweit die Durchsuchungsanordnung betroffen ist - als unbegründet. Ergänzend zu den als zutreffend bezeichneten Gründen des angefochtenen Beschlusses führte das Landgericht Itzehoe aus, dass "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den nach § 152 Abs. 2 StPO erforderlichen Anfangsverdacht vorliegen". Dies folge bereits daraus, dass nach den Feststellungen des Gemeindeprüfungsamtes die Fa. F. GmbH selbst praktisch keine Tätigkeiten entfaltet und der Beschwerdeführer im Rahmen der Honorarvereinbarung in Höhe von 121.128,94 DM daran partizipiert habe. Soweit die CD-ROM und das Datensicherungsband betroffen seien, entspreche die pauschale Beschlagnahmeanordnung in dem amtsgerichtlichen Beschluss nicht den Anforderungen an eine richterliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die insoweit noch erforderliche Entscheidung des zuständigen Amtsgerichts sei zügig nachzuholen.

6. Eine dagegen erhobene Gegenvorstellung blieb ohne Erfolg (Beschluss des Landgerichts Itzehoe vom 23. Januar 2004).

II.

1. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1, 12, 13, 19 Abs. 4 GG sowie des Gebots der Verhältnismäßigkeit (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Sämtliche entscheidungserheblichen Vorgänge hätten der Stadt G., dem Prüfungsamt und der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestanden. Die Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme sei bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich und damit willkürlich. Tatsächliche Anhaltspunkte, die auf eine begangene Straftat - Verdacht der Vorteilsgewährung - schließen ließen, lägen nicht vor. Den Beschlüssen lasse sich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht entnehmen, welcher Tatvorwurf dem Beschwerdeführer zur Last gelegt werde. Die Darstellung der Tat erschöpfe sich in dem Vorwurf, dass die Beauftragung des Beschwerdeführers unwirtschaftlich sein dürfte. Die Sicherstellung und Beschlagnahme von Anwaltsakten, der CD-ROM und des Datensicherungsbands seien vom Beschluss nicht erfasst, da diese nicht aufgeführt worden seien. Ferner werfe die Beschlagnahme von Datenbeständen bei Berufsgeheimnisträgern eine in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Frage von verfassungsrechtlicher Bedeutung auf.

2. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die im Beschlagnahmeverzeichnis genannten Anwaltsakten, Rechnungen, die CD-ROM sowie das Sicherungsband ungesichtet, unausgewertet und versiegelt beim Amtsgericht Itzehoe zu hinterlegen, hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 14. Januar 2004 abgelehnt. Insoweit sei das Hauptsachebegehren unzulässig, da der Beschwerdeführer den Rechtsweg gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG noch nicht erschöpft habe. Die gleichzeitig mit dem Durchsuchungsbeschluss angeordnete Beschlagnahme habe nicht dem Erfordernis der genauen Bezeichnung der zu beschlagnahmenden Gegenstände entsprochen und sei daher noch nicht wirksam geworden. Die allgemein gehaltene Beschlagnahmeanordnung habe in diesem Fall lediglich die Bedeutung einer Richtlinie für die Durchsuchung. Der Beschwerdeführer hätte insoweit vor Anrufung des Bundesverfassungsgerichts eine fachgerichtliche Entscheidung gemäß § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO über die Bestätigung der Beschlagnahme konkreter Beweismittel herbeiführen müssen. Auch soweit hinsichtlich sichergestellter Dateien deren Beweiserheblichkeit erst im Rahmen einer Durchsicht gemäß § 110 StPO festgestellt werden könne, müsse der Beschwerdeführer zunächst die Fachgerichte mit der Angelegenheit befassen.

3. Dem Land Schleswig-Holstein wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; es hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.

B.

Soweit die Sicherstellung von Beweismitteln betroffen ist, wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg; sie ist insoweit unzulässig (I.). Soweit die Anordnung der Durchsuchung betroffen ist, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 ff.>; 103, 142 <150 ff.>) sowie Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 59, 95 <97>) hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Danach ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer begründenden Sinne offensichtlich begründet (II.).

I.

Soweit die Sicherstellung von Beweismitteln betroffen ist, hat der Beschwerdeführer aus den in dem Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 27/04 - genannten Gründen den Rechtsweg gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG noch nicht erschöpft. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unzulässig.

II.

Im Übrigen verletzen die angegriffenen Beschlüsse den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 GG und Art. 3 Abs. 1 GG.

1. a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Damit wird dem Einzelnen zur freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet.< In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 42, 212 <219 f.>; 59, 95 <97>; 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>). Dem Gewicht dieses Eingriffs und der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Schutzes der räumlichen Privatsphäre entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Durchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält. Dieser Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz (vgl. BVerfGE 20, 162 <223>; 57, 346 <355 f.>; 76, 83 <91>; 103, 142 <150 f.>). Das Grundgesetz geht davon aus, dass Richter auf Grund ihrer persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und ihrer strikten Unterwerfung unter das Gesetz die Rechte der Betroffenen im Einzelfall am besten und sichersten wahren können. Wird die Durchsuchung regelmäßig ohne vorherige Anhörung des Betroffenen angeordnet, so soll die Einschaltung des Richters auch dafür sorgen, dass die Interessen des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 103, 142 <151>). Dies verlangt eine eigenverantwortliche richterliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen. Die richterliche Durchsuchungsanordnung ist keine bloße Formsache (vgl. BVerfGE 57, 346 <355>).

b) Der gerichtliche Durchsuchungsbeschluss dient auch dazu, die Durchführung der Eingriffsmaßnahme messbar und kontrollierbar zu gestalten (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220>; 103, 142 <151>). Dazu muss der Beschluss insbesondere den Tatvorwurf so beschreiben, dass der äußere Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Zwangsmaßnahme durchzuführen ist. Dies versetzt den von der Durchsuchung Betroffenen zugleich in den Stand, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 42, 212 <221>; 103, 142 <151 f.>). Um die Durchsuchung rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220 f.>). Der Schutz der Privatsphäre, die auch von übermäßigen Maßnahmen im Rahmen einer an sich zulässigen Durchsuchung betroffen sein kann, darf nicht allein dem Ermessen der mit der Durchführung der Durchsuchung beauftragten Beamten überlassen bleiben (vgl. BVerfGE 42, 212 <220>). Ein Durchsuchungsbefehl, der keinerlei tatsächliche Angaben über den Inhalt des Tatvorwurfs enthält und der zudem den Inhalt der konkret gesuchten Beweismittel nicht erkennen lässt, wird rechtsstaatlichen Anforderungen jedenfalls dann nicht gerecht, wenn solche Kennzeichnungen nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ohne weiteres möglich und den Zwecken der Strafverfolgung nicht abträglich sind (vgl. BVerfGE 42, 212 <220 f.>; 44, 353 <371>; 45, 82; 50, 48 <49>; 71, 64 <65>).

c) Geklärt ist ferner, dass eine gerichtliche Entscheidung, wie sie die Anordnung einer Durchsuchung darstellt, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, wenn sich für sie sachlich zureichende, plausible Gründe nicht finden lassen, so dass ihr Ergebnis bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfGE 59, 95 <97>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 1994 - 2 BvR 396/94 -, NJW 1994, S. 2079).

2. Die angefochtenen Entscheidungen tragen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht Rechnung. Zwar ist eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nicht schon dann anzunehmen, wenn eine Entscheidung, am Straf- oder Strafprozessrecht gemessen, objektiv fehlerhaft ist. Der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Das ist hier der Fall. Die angegriffenen Entscheidungen sind bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich (vgl. BVerfGE 95, 96 <128>).

Ein auf konkreten Tatsachen beruhender Anfangsverdacht als Voraussetzung für die strafprozessualen Maßnahmen liegt dann vor, wenn nach kriminalistischer Erfahrung die Möglichkeit einer verfolgbaren Straftat gegeben ist (vgl. Schoreit, in: Karlsruher Kommentar, 5. Aufl., § 152 Rn. 28; Meyer-Goßner, 46. Aufl., § 152 Rn. 4). Im Rubrum der angefochtenen Beschlüsse wird als Strafvorwurf die Vorteilsgewährung gemäß § 333 StGB genannt. Die Umschreibung des Tatvorwurfs in den Gründen des insoweit auch vom Landgericht in Bezug genommenen amtsgerichtlichen Beschlusses rechtfertigt jedoch diesen Tatverdacht unter keinen Umständen; es sind auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Straftaten durch den Beschwerdeführer erkennbar. Die Annahme des Tatverdachts ist auf der Grundlage der vorliegenden Beschlüsse nicht nachvollziehbar. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Verdachtannahme sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt wurden.

a) Soweit die Erschließung der Baugrundstücke durch die Fa. F. GmbH betroffen ist, wird dem Beschwerdeführer als strafrechtlich relevantes Verhalten lediglich die Unterzeichnung des vorliegenden Schriftverkehrs bezüglich der Interpretationen von Vertragsbedingungen vorgeworfen. Ungeachtet dessen, dass alleine darin kein unter einen Straftatbestand subsumtionsfähiges Verhalten gesehen werden kann, wird nicht erkennbar, weswegen eine für die Stadt G. gegebenenfalls unwirtschaftliche und kommunalaufsichtsrechtlich beanstandungsfähige Vertragsgestaltung und Vertragsabwicklung geeignet sein soll, den Tatverdacht einer Vorteilsgewährung zu begründen. Es wird insoweit in den angegriffenen Beschlüssen auch nicht ausgeführt, welche Person welchem Amtsträger welchen Vorteil für diesen oder einen Dritten angeboten, versprochen oder gewährt haben soll. Aus den aus den Beschlussgründen ersichtlichen Ausführungen ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Straftaten durch den Beschwerdeführer. Die im amtsgerichtlichen Beschluss enthaltene und einen angeblichen Strafvorwurf zusammenfassende Formulierung, wonach von einer unwirtschaftlichen Gestaltung zu Lasten der Stadt G. auszugehen sein "dürfte", umschreibt kein strafrechtlich relevantes Geschehen; sie beinhaltet vielmehr eine für die strafprozessuale Maßnahme belanglose Vermutung. Soweit im Übrigen in den Beschlussgründen maßgeblich auf den - strafrechtlich für sich genommen irrelevanten - Umstand abgestellt wird, dass die Fa. F. GmbH praktisch keine eigenen Tätigkeiten entwickelt habe, entspricht dies unter Umständen der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Stadt G. und der Fa. F. GmbH (vgl. § 5 Abs. 4 des städtebaulichen Vertrags und Erschließungsvertrags vom 26. Mai 2000).

b) Soweit die anwaltliche Tätigkeit des Beschwerdeführers betroffen ist, erschöpft sich der strafrechtliche Vorwurf in der Annahme, die Tätigkeit des Beschwerdeführers "dürfte" als unwirtschaftlich zu bezeichnen sein. Weswegen ein - auch erheblicher - Anteil des Beschwerdeführers an dem Gesamtaufwand der gemeindlichen Ausgaben für Rechtsanwälte etc. sowie eine vertraglich vereinbarte Honorarhöhe wegen einer etwaigen Unwirtschaftlichkeit für die Stadt G. strafrechtlich für eine etwaige Täterschaft des Beschwerdeführers von Bedeutung sein soll, wird nicht erkennbar. Im Übrigen hat das Amtsgericht Itzehoe die Honorarvereinbarung verkürzt wieder gegeben. Gemäß § 1 der Rahmenhonorarvereinbarung soll ein Stundensatz in Höhe von 800 DM nur geschuldet sein, "soweit die gesetzlichen Gebühren höher sind oder der Gegenstandswert von der Auftraggeberin bei Auftragserteilung nicht angegeben oder bestimmbar ist. Ergibt das Stundenhonorar einen höheren Betrag als das gesetzliche ist letzteres geschuldet, soweit bei Auftragerteilung nichts Abweichendes vereinbart wird".

c) Das Landgericht Itzehoe perpetuiert durch die inhaltliche Bezugnahme die verfassungsrechtlich unzureichende Begründung des Amtsgerichts Itzehoe. In den knappen ergänzenden Ausführungen stellt das Landgericht lediglich pauschal fest, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den nach § 152 Abs. 2 StPO erforderlichen Anfangsverdacht - einer nicht genannten Straftat - vorliegen würden. Im Übrigen erfolgen keine tatsächlichen Ausführungen dazu, weswegen der Beschwerdeführer im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit an der Tätigkeit der Fa. F. GmbH partizipiert habe und welchen Straftatbestand der genannte Zusammenhang, der von der amtsgerichtlichen Annahme abweicht, erfüllt.

d) Es drängt sich daher der Schluss auf, dass die angegriffenen Entscheidungen auf sachfremden Erwägungen beruhen und die Fachgerichte eine eigenverantwortliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen unterlassen haben. Von Bedeutung ist dabei auch, dass der vorliegende Durchsuchungsbeschluss - welcher keine konkreten strafbaren Verhaltensweisen erkennen lässt und unter anderem lediglich den Beschwerdeführer betreffende Umstände beinhaltet - ohne weitere Differenzierungen wortgleich gegenüber weiteren Beschuldigten erlassen wurde. Der Durchsuchungsbeschluss vermag auf dieser Grundlage seine verfassungsrechtlich gebotene Begrenzungsfunktion nicht zu entfalten.

III.

Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen folgt aus § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2004 Nr. 241

Externe Fundstellen: NJW 2004, 1517; NStZ-RR 2004, 206

Bearbeiter: Stephan Schlegel