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Bearbeiter: Stephan Schlegel

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 1785/02, Beschluss v. 09.10.2003, HRRS-Datenbank, Rn. X


BVerfG 2 BvR 1785/02 (3. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 9. Oktober 2003

Durchsuchungsbeschluss (effektiver Grundrechtsschutz; Anforderungen; Begründung; Kontrollmöglichkeit durch den Betroffenen; messbarer und kontrollierbarer Eingriff in die Grundrechte; Verlust der rechtfertigenden Kraft nach einem halben Jahr; richterliche Bestätigung); Verhältnismäßigkeit zwischen der staatlichen Maßnahme und dem bestehenden Tatverdacht; Richter als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden; spezifisches Verfassungsrecht.

Art. 13 GG; Art. 20 Abs. 3 GG; § 102 StPO; § 105 StPO; § 94 StPO; § 98 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Art. 13 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes verpflichtet den eine Durchsuchung anordnenden Richter als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (BVerfGE 103, 142, 151).

2. Die Befugnis der Staatsanwaltschaft, von der einmal erteilten Durchsuchungsanordnung nach ihrem Ermessen auch zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch zu machen, ist durch objektive Merkmale begrenzt. Spätestens nach Ablauf eines halben Jahres hat ein Durchsuchungsbeschluss - zur Sicherung eines effektiven Grundrechtsschutzes - seine rechtfertigende Kraft verloren. Jedoch kann auf der Grundlage einer richterlichen Bestätigung nach dem vorgenannten Zeitablauf eine dem ursprünglichen Beschluss entsprechende strafprozessuale Maßnahme ohne weiteres durchgeführt werden.

Entscheidungstenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Art. 13 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes verpflichtet den eine Durchsuchung anordnenden Richter als Kontrollorgan der Strafverfolgungsbehörden, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (vgl. BVerfGE 103, 142 <151>). Die angegriffenen Entscheidungen genügen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sowohl die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Straftat als auch die relevanten Beweismittel wurden hinreichend konkret bezeichnet. Ungeachtet dessen, dass eine GmbH keinen Diebstahl als Vortat begehen kann, ergibt sich aus den Beschlussbegründungen in eindeutiger Weise, welches strafbare Geschehen - Hehlerei gemäß § 259 StGB bezogen auf den konkret bezeichneten Radlader - Gegenstand der strafprozessualen Maßnahme sein sollte. Der Beschwerdeführer war damit in den Stand versetzt, die Durchsuchung seinerseits zu kontrollieren und etwaigen Ausuferungen im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten von vornherein entgegenzutreten (vgl. BVerfGE 103, 142 <151 f.>).

2. Die Befugnis der Staatsanwaltschaft, von der einmal erteilten Durchsuchungsanordnung nach ihrem Ermessen auch zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch zu machen, ist durch objektive Merkmale begrenzt. Spätestens nach Ablauf eines halben Jahres hat ein Durchsuchungsbeschluss - zur Sicherung eines effektiven Grundrechtsschutzes - seine rechtfertigende Kraft verloren (vgl. BVerfGE 96, 44 <53 f.>). Auf der Grundlage einer richterlichen Bestätigung nach dem vorgenannten Zeitablauf kann jedoch eine dem ursprünglichen Beschluss entsprechende strafprozessuale Maßnahme ohne weiteres durchgeführt werden.

3. Es wird auch im Hinblick auf den Wert des gegenständlichen Radladers nicht erkennbar, dass zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der richterlichen Bestätigung - Durchsuchungsbeschluss vom 17. Mai 2002 - der verfassungsrechtliche Maßstab der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zur Stärke des bestehenden Tatverdachts (vgl. BVerfGE 59, 95 <97>) von den Fachgerichten verkannt wurde. Spezifisches Verfassungsrecht wurde durch die Annahme eines weiterhin bestehenden Tatverdachts nicht verletzt.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfG).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Bearbeiter: Stephan Schlegel