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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
September 2024
25. Jahrgang
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1. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsklinik setzt voraus, dass aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten ist, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Abs. 1 Satz 1 oder 3 StGB zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
2. Durch die Neufassung des § 64 StGB sind die Anforderungen an eine günstige Behandlungsprognose „moderat angehoben“ worden, indem jetzt eine „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ vorausgesetzt wird. Die Beurteilung einer derartigen Erfolgsaussicht ist – wie auch vor der Neufassung – im Rahmen einer richterlichen Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgebenden Umstände zu prüfen. Hierzu gehören insbesondere solche, die die Sucht des Täters und deren Behandlungsfähigkeit unmittelbar kennzeichnen – insbesondere Art und Stadium der Sucht.
3. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung sind prognoseungünstige Gesichtspunkte – hierzu gehört ein verfestigter und langjähriger Rauschmittelkonsum – nun stärker zu gewichten als vorher. Erforderlich ist deshalb, dass in der Persönlichkeit und den Lebensumständen des Verurteilten konkrete Anhaltspunkte für einen erfolgreichen Verlauf der Therapie zu erkennen sind, die nicht nur die Möglichkeit einer therapeutischen Veränderung, sondern die positive Feststellung der hohen Wahrscheinlichkeit einer konkreten Erfolgsaussicht tragen.
1. Für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt genügt es nach der Neufassung des § 64 StGB nicht, dass eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Abs. 1 Satz 1 oder 3 StGB zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen. § 64 Satz 2 StGB setzt vielmehr voraus, dass ein solcher Effekt aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten ist, was eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades erfordert.
2. Je mehr Faktoren gegen den Therapieerfolg eines Beschuldigten sprechen, umso gewichtiger müssen die Anhaltspunkte dafür sein, dass die Hindernisse im Therapieverlauf gleichwohl überwunden werden können. Insbesondere stellt Therapiemotivation zwar einen günstigen Faktor dar, vermag die Annahme einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht aber allein nicht zu belegen, wenn nach den Feststellungen auch gewichtige ungünstige Umstände bestehen. Es bedarf in einem solchen Fall einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen prognoserelevanten Umstände.
1. Ein „Hang“ im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB erfordert einen eingeschliffenen inneren Zustand, der den Täter immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Ein Hang liegt danach bei demjenigen vor, der dauerhaft zur Begehung von Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet.
2. Hangtäter ist auch derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag. Die Entfaltung eines besonderen Aufwands, das Überwinden von Hindernissen oder eine Risikobereitschaft sind mithin keine Voraussetzungen eines Hangs.
3. Das Vorliegen eines Hangs hat der Tatrichter unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgebenden Umstände darzulegen. Diese Würdigung bedarf in den Fällen von § 66 Abs. 2 und 3 Satz 2 StGB, bei denen Vortaten und Vorverbüßungen fehlen, besonderer Sorgfalt.