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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2023
24. Jahrgang
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1. Nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschaffte oder verheimlichte Gegenstände oder wirtschaftliche Vorteile sind Taterträge im Sinne des § 73 Abs. 1 Alternative 1 StGB. (BGHSt)
2. Gegenstände, die der Täter oder ein Einziehungsbeteiligter als Wertersatz hinterlegt hat, um die Freigabe eines beschlagnahmten Rechts zu bewirken, unterliegen, ungeachtet dessen, dass insoweit § 111d Abs. 2 Satz 2 StPO keine (analoge) Anwendung findet, der Einziehung, sofern das später erkennende Gericht die Voraussetzungen der Einziehung des beschlagnahmten Rechts feststellt. (BGHSt)
3. In einem solchen Fall erklärt der Betroffene durch die Hinterlegung sein Einverständnis mit der Einziehung des Wertersatzes unter der Bedingung, dass das später erkennende Gericht die Voraussetzungen der Einziehung der beschlagnahmten Rechte feststellt. (Bearbeiter)
4. Ohne Bedeutung ist dabei, ob der Betroffene die Gegenstände „unter Protest“ hinterlegt. Soll der Protest die Einziehung auch hindern, soweit die Voraussetzungen vorliegen, ist er als protestatio facto contraria sowohl nach zivil- als auch nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen unbeachtlich. Soll er nur die Rückforderung vorbehalten, soweit die Voraussetzungen der Einziehung nicht vorliegen, entspricht dies der Bestimmung als Wertersatz. (Bearbeiter)
5. Durch eine Tathandlung nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB verschafft der Täter sich oder einem Dritten eine „insolvenzfeste“ Verfügungsgewalt über den beiseite geschafften oder verheimlichten Gegenstand, die ihm angesichts der eingetretenen Krise nicht mehr zusteht. Erlangt ist in diesen Fällen nicht die erstmalige Verfügungsgewalt über einen Gegenstand, sondern der den insolvenzrechtlichen Bestimmungen zuwiderlaufende Erhalt derselben. (Bearbeiter)
6. Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt vor, wenn ein Schuldner einen zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff entzieht oder den Zugriff zumindest wesentlich erschwert. Dies kann entweder durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung des Vermögensgegenstands oder eine Zugriffserschwerung aufgrund tatsächlicher Umstände geschehen (vgl. BGHSt 55, 107 Rn. 26 mwN). (Bearbeiter)
7. Eine Vereitelung des Gläubigerzugriffs durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung ist etwa zu bejahen bei der Übereignung eines Gegenstandes, der Abtretung einer Forderung oder einer Verpfändung, wenn dies ohne adäquate Gegenleistung geschieht. Dasselbe gilt für die Überweisung eines Geldbetrags auf ein fremdes Konto mit der Folge, dass dieser nicht mehr zum Vermögen des Schuldners gehört. (Bearbeiter)
8. Ein Beiseiteschaffen in tatsächlicher Hinsicht ist gegeben, wenn der Schuldner einen Vermögensgegenstand an einen anderen Ort verbringt oder verbringen lässt und dadurch – ohne eine Änderung der rechtlichen Zuordnung – den Zugriff der Gläubiger auf diesen objektiv unmöglich macht oder zumindest wesentlich erschwert, etwa indem er ihn verbirgt oder in eine Lage bringt, die ein Zugreifen der Gläubiger zumindest deutlich schwieriger macht, als dies zuvor der Fall war. Dies gilt selbst bei einer späteren Kenntniserlangung des Insolvenzverwalters von der Vermögensverlagerung. (Bearbeiter)
9. Das gesamte von dem Willen, den Gläubigerzugriff auf einen bestimmten Vermögensgegenstand zu verhindern, getragene Verhalten des Täters bildet konkurrenzrechtlich ein einheitliches Delikt des Bankrotts (vgl. BGHSt 61, 180 Rn. 17 f.). (Bearbeiter)
10. Verhindert eine natürliche Person den Gläubigerzugriff auf einen bestimmten Vermögenswert durch verschiedene Handlungen bis zu der von ihr erstrebten Restschuldbefreiung, ist der Bankrott erst mit dem Beschluss hierüber beendet; zu diesem Zeitpunkt beginnt die Verjährung (vgl. BGHSt 61, 180 Rn. 15). (Bearbeiter)
Die Verurteilung nach § 4 Satz 1 GewSchG wegen einer Zuwiderhandlung gegen eine Anordnung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GewSchG setzt voraus, dass das Strafgericht die materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung überprüft und dabei deren tatbestandliche Voraussetzungen ohne Bindung an die amtsgerichtliche Entscheidung eigenständig feststellt.
1. Die Beitreibung des Kaufpreises aus einem vorausgegangenen Betäubungsmittelgeschäft unterfällt dem Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG reicht es aus, wenn dem Täter die Schusswaffe oder der gefährliche Gegenstand bei einem Teilakt der auf den Umsatz einer nicht geringen Betäubungsmittelmenge gerichteten Tätigkeit zur Verfügung steht. Nicht erforderlich ist, dass der Täter zugleich auf die Schusswaffe oder den gefährlichen Gegenstand und die Betäubungsmittel zugreifen kann. Tatbestandlich erfasst werden vielmehr das Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes auch bei Teilakten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge, die dem eigentlichen Güterumsatz vorausgehen oder nachfolgen.
2. Auch bei geplantem und geordnetem Vorgehen kann die Fähigkeit erheblich eingeschränkt sein, Anreize zu einem bestimmten Verhalten und Hemmungsvermögen gegeneinander abzuwägen und danach den Willensentschluss zu bilden. So lassen sich aus planvollem oder situationsgerechtem Vorgehen, das lediglich die Verwirklichung des Tatvorsatzes darstellt, für sich genommen regelmäßig keine tragfähigen Schlüsse in Bezug auf die Steuerungsfähigkeit des Täters ziehen.
1. Die mittäterschaftliche Einfuhr i.S. des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG erfordert, dass die Voraussetzungen für täterschaftliches Handeln nach dem allgemeinen Strafrecht vorliegen. Mittäter der Einfuhr kann zwar auch sein, wer das Rauschgift nicht selbst ins Inland verbringt; der Tatbeitrag des Mittäters muss dann aber einen Teil der Tätigkeit aller und dementsprechend das Handeln der anderen eine Ergänzung seines Tatbeitrages darstellen.
2. Von besonderer Bedeutung sind dabei neben dem Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt für die anzustellende wertende Gesamtbetrachtung ist hierbei der Einfuhrvorgang selbst. Das bloße Veranlassen einer Beschaffungsfahrt ohne Einfluss auf deren Durchführung genügt dagegen nicht.
Unbrauchbar gemacht ist eine Kriegswaffe nach § 13a Satz 2 KrWaffKontrG dann, wenn sie durch technische Veränderungen endgültig die Fähigkeit zum bestimmungsgemäßen Einsatz verloren hat und nicht mit allgemein gebräuchlichen Werkzeugen wieder funktionsfähig gemacht werden kann. Dabei richten sich die für die Unbrauchbarmachung erforderlichen technischen Veränderungen gemäß § 13a Satz 3 KrWaffKontrG i.V.m. § 2 der Verordnung über die Unbrauchbarmachung von Kriegswaffen und über den Umgang mit unbrauchbar gemachten Kriegswaffen nach der Art der Kriegswaffe. Nach der weiter heranzuziehenden Richtlinie des Bundeswirtschaftsministeriums vom 21. April 1999 (Geschäftszeichen V B 3 – 10 17 03) verlieren Maschinengewehre der Nr. 29 a) der Kriegswaffenliste ihre Eigenschaft als Kriegswaffe nur dann, wenn unter anderem Verschluss und Patronenlager wie dort vorgesehen verändert sind.
Bei der Beurteilung der Schuldschwere im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG ist eine – jugendspezifische – Gesamtabwägung vorzunehmen, in die sämtliche für die Schuldbeurteilung relevanten Umstände einzubeziehen sind. Der Schuldgehalt der Tat bei der Deliktsbegehung durch jugendliche und heranwachsende Täter ist jugendspezifisch zu bestimmen. Die „Schwere der Schuld“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Var. 2 JGG wird daher nicht vorrangig anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat und ihrer Einordnung nach dem allgemeinen Strafrecht bestimmt, sondern es ist in erster Linie auf die innere Tatseite abzustellen. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat und das Tatbild sind jedoch insofern von Belang, als hieraus Schlüsse auf die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit und die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden gezogen werden können; entscheidend ist, ob und in welchem Umfang sich die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Täters vorwerfbar in der Tat manifestiert haben.