HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Oktober 2020
21. Jahrgang
PDF-Download

Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Die (gravierende) Pflichtverletzung der Untreue – was leistet die notwendige Restriktion?

Von Jacob H. Knieler, Hamburg[*]

A. Einleitung

Die Strafvorschrift der Untreue (§ 266 StGB) hat in den letzten Jahren im juristischen und gesellschaftlichen Diskurs immer mehr an Bedeutung gewonnen. Verwundern kann das kaum: In vielen der spektakulären wirtschaftsstrafrechtlichen Prozesse der letzten Jahre, in denen es zumeist "gegen die Großen und Mächtigen geht" und oftmals hohe Schadenssummen im Raum stehen, hat die Untreue eine Rolle gespielt.[1] Ransiek konstatiert: "§ 266 StGB passt immer."[2] Folgerichtig wird § 266 StGB als die "Zentralnorm des Wirtschaftsstrafrechts"[3] bezeichnet. Umso problematischer ist die besondere Weite, durch die der

Wortlaut des Untreuetatbestands auffällt: So ist jedenfalls in der Treubruchsvariante auf eine Handlungsbeschreibung vollständig verzichtet worden.[4] Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem vielbeachteten "Juni-Beschluss" die Vereinbarkeit des Tatbestands mit Art. 103 Abs. 2 GG festgestellt, es hat dabei freilich den Rechtsanwender zur fortlaufenden Restriktion insbesondere des Pflichtwidrigkeitsmerkmals und zur Präzisierung des weiten Wortlauts aufgerufen.[5]

Gerade die Bedeutung der Untreue für das Wirtschaftsleben hat zur Folge, dass der vielumfassende Wortlaut häufig mit dem weiten Einschätzungsspielraum kollidiert, den die sogenannte Business Judgment Rule (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) Unternehmensleitern garantiert. Ganz bewusst hat sich der Gesetzgeber entschieden, zivilrechtlich die Grenzen der Pflichtwidrigkeit bei unternehmerischen Entscheidungen nicht zu eng zu ziehen: Denn unternehmerische Entscheidungen benötigen in einer Marktwirtschaft – allein um eine volkswirtschaftlich und von den Aktionären nicht gewünschte Risikoaversion zu vermeiden[6] – einen richterlich nicht zu kontrollierenden Freiraum, damit dem dynamischen Marktgeschehen Rechnung getragen werden kann,[7] in dem Entscheidungen unter Unsicherheit und Zeitdruck keine Seltenheit sind.[8]

Auch mit der Definition der Tathandlung im Treubruchstatbestand ist noch keine Restriktion erreicht: Tathandlung des Treubruchs ist die Verletzung der dem Täter obliegenden Vermögensbetreuungspflicht. Eine solche Verletzung ist anzunehmen, wenn ein im Pflichtenkreis des Täters liegendes Verhalten nicht mehr von seinem rechtlichen Dürfen im Innenverhältnis gedeckt ist.[9] Um eine Kollision der angesprochen Normbestände und eine ausufernde Strafbarkeit zu vermeiden, sind also weitere Einschränkungen des Tatbestands vorzunehmen. Der Wortlaut des § 266 StGB gibt kein Instrumentarium an die Hand. Es verwundert daher nicht, dass die Rechtsprechung bisher zu keiner klaren Linie gefunden hat (dazu sogleich) und sich auch in der Literatur divergierende Impulse gegenüberstehen. Daher soll im Folgenden analysiert werden, wie die notwendige Begrenzung zu erreichen ist.

B. Entwicklung in der Rechtsprechung

I. Vorbemerkung

Die Rechtsprechung bemüht sich in einer nunmehr fast zwanzig Jahre andauernden Serie von Entscheidungen um eine Restriktion des Tatbestandsmerkmals der Pflichtwidrigkeit. Dabei verfolgte der BGH zunächst (und zumindest terminologisch bis heute) den Ansatz, die Pflichtwidrigkeit im Sinne der Untreue auf "gravierende" beziehungsweise "evidente" Fälle zu beschränken.[10] Die Prüfungsstruktur war also eine zweistufige: Zunächst gelte es zu ermitteln, ob der potenzielle Täter eine außerstrafrechtliche, etwa aktien- oder bankrechtliche Pflicht verletzt hat. Wird eine solche Pflichtverletzung festgestellt, griff nach dem Konzept der Rechtsprechung kein Automatismus, der diese Pflichtverletzung mit einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestands gleichsetzen würde. Es sei vielmehr in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Pflichtverletzung so gravierend ist, dass sie eine Untreuestrafbarkeit auszulösen vermag. Diese Grundsätze erodierten im Lauf der Jahre und dürfen spätestens seit dem "HSH-Nordbank"-Urteil des BGH als überwunden gelten, worauf im Folgenden näher einzugehen ist.

II. "Kreditvergabe-Urteil"

Ihren Anfang nahm diese Rechtsprechung mit einem Urteil des BGH vom 15. November 2001[11]: Der 1. Strafsenat entschied hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit einer Kreditvergabe, dass für eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB maßgeblich sei, ob die Entscheidungsträger der Bank bei der Kreditvergabe ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers gravierend verletzt haben.[12] Dieses Urteil bildete den Ausgangspunkt für zahlreiche weitere Entscheidungen der Rechtsprechung, die allesamt den dort entwickelten Restriktionsansatz übernahmen. Bisweilen wird in der Literatur daher angemerkt, der BGH habe ein Tatbestandsmerkmal "gesetzgebergleich" erschaffen.[13]

III. "SSV Reutlingen"

Bereits wenige Wochen später griff der 1. Strafsenat das Erfordernis der gravierenden Pflichtverletzung erneut in einem Urteil ("SSV Reutlingen")[14] auf und präzisierte den Maßstab, anhand dessen zu ermitteln sei, ob das Tatbestandsmerkmal erfüllt ist. Es sei eine Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien vorzunehmen, bedeutsam seien dabei eine fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie das Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich die Verfolgung rein persönlicher Präferenzen. Jedenfalls dann, wenn sämtliche dieser Kriterien erfüllt sind, liege eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB vor.[15]

IV. "Kinowelt-Entscheidung"

In seiner "Kinowelt-Entscheidung"[16] rekurrierte der 1. Strafsenat zwar begrifflich erneut auf die "gravierende Pflichtverletzung". Er maß der einschränkenden Wirkung in diesem Fall indes eine wesentlich geringere Bedeutung zu, da er postulierte, eine Überschreitung der äußersten Grenzen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit führe stets zu einer Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten, die so gravierend ist, dass sie zugleich eine Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 266 StGB begründe.[17] Der Grundsatz, dass eine gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung nicht gleichbedeutend mit einer strafrechtlichen Pflichtverletzung sei, ein Automatismus der Übertragung einer solchen außerstrafrechtlichen Pflichtverletzung in den Untreuetatbestand also gerade nicht existiere, wurde daher jedenfalls abgeschwächt.

V. "Mannesmann-Urteil"

Skeptisch trat der 3. Strafsenat dem Erfordernis einer gravierenden Pflichtverletzung im "Mannesmann-Urteil"[18] gegenüber. Das Landgericht Düsseldorf hatte in der Vorinstanz seine Freisprüche damit begründet, dass es zwar zu Pflichtverletzungen gekommen sei, diese aber nicht als gravierend einzustufen seien.[19] Diese Freisprüche wurden aufgehoben. Der 3. Strafsenat deutete an, dass er der vom 1. Strafsenat kreierten Rechtsfigur nicht nähertreten wolle. Jedenfalls ging er davon aus, dass auch die Urteile des 1. Strafsenats nicht gebieten, in Fällen von unternehmerischen Entscheidungen, die nicht risikobehaftet sind und daher keinen weiten Handlungsspielraum des Entscheidungsträgers legitimieren, eine gravierende Pflichtverletzung zu fordern. Denn anders als etwa in der Kreditvergabeentscheidung ging es in Sachen Mannesmann um kompensationslose "appreciation awards", die keinerlei unternehmerisches Risiko mit sich brachten, sondern vielmehr von vornherein für das Unternehmen ausschließlich nachteilige Wirkungen entfalteten. Der 3. Strafsenat sah daher von einer Divergenzvorlage gemäß § 132 Abs. 2 und 3 GVG ab.[20]

VI. "Juni-Beschluss" des Bundesverfassungsgerichts

In seinem "Juni-Beschluss"[21], in dem der Untreuetatbestand für (noch) verfassungsgemäß erklärt wurde, betonte das Bundesverfassungsgericht, die Begrenzung der Untreue auf evidente bzw. gravierende Fälle pflichtwidrigen Handelns sei vor dem Hintergrund von Art. 103 Abs. 2 GG geboten. Ob die Begriffe "evident" und "gravierend" synonym zu verstehen sind[22] oder nicht vielmehr auch Pflichtverletzungen, die zwar nicht gravierend, aber klar erkennbar sind, im Einklang im dem Juni-Beschluss als pflichtwidrig im Sinne des Untreuetatbestands bewertet werden können,[23] wurde in der Literatur unterschiedlich bewertet. Jedenfalls billigte das Verfassungsgericht ausdrücklich den Restriktionsansatz des 1. BGH-Strafsenats.[24] Diesem schloss sich in der Folge auch der 5. Strafsenat an.[25]

VII. "Nürburgring-Verfahren"

Im "Nürburgring-Verfahren"[26] bezog sich nun auch der 3. Strafsenat auf die Rechtsprechung des BGH zur gravierenden Pflichtverletzung, merkte aber an, er ginge davon aus, dass dieses Merkmal gleichbedeutend sei mit der Überschreitung des mittlerweile in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG kodifizierten weiten Einschätzungsspielraums, den die die Business Judgment Rule gewährt, weshalb sich eine darüber hinausgehende Prüfung erübrige.[27]

VIII. "HSH-Nordbank"

Im bisher jüngsten Urteil zu dieser Thematik ("HSH-Nordbank")[28] verwies der BGH, abermals durch den 5. Strafsenat, zumindest begrifflich erneut auf die bisher vorgenommene Beschränkung der Anwendung des Untreuetatbestands auf gravierende beziehungsweise evidente Fälle der Pflichtwidrigkeit. Jedoch sei für die Feststellung der Pflichtwidrigkeit bei Entscheidungen von Geschäftsleitern die Business Judgment Rule maßgeblich. Wenn die Grenzen des äußerst weiten Einschätzungsspielraums des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG gewahrt sind, könne niemals eine Pflichtverletzung vorliegen, es handle sich also um eine safe harbor statute. Gleichwohl indiziere eine Verletzung des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG, dass der Entscheidungsträger nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gemäß § 93 Abs. 1 S. 2 AktG angewendet hat. Kann diese Indizwirkung nicht widerlegt werden, liege eine Pflichtverletzung vor, die stets so gewichtig sei, dass das strafrechtliche Tatbestandsmerkmal der Pflichtwidrigkeit erfüllt sei. Für eine gesonderte Prüfung der Pflichtverletzung als "gravierend" sei dann kein Raum. Die notwendige Restriktion werde dennoch gewährleistet, da eine Verletzung von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nur bei "schlechthin unvertretbarem" Handeln angenommen werden könne.[29] Die zuvor praktizierte zweistufige Prüfung hat die Rechtsprechung damit im Wesentlichen aufgegeben und gelangt zu einer deutlich strengeren Zivilrechtsakzessorietät.[30]

C. Grundlegende Problemstellung: Asynchron-akzessorisches Tatbestandsmerkmal oder strenge Zivilrechtsakzessorietät?

Die entscheidende Frage ist also, welches Instrument die nötige Restriktion leisten kann. Im Ausgangspunkt besteht Einigkeit, dass der Untreuetatbestand kein Verhalten unter Strafe stellen kann, welches zivilrechtlich erlaubt ist (sogenannte negative Zivilrechtsakzessorietät der Untreue).[31] Das ergibt sich schon aus dem Wortsinn des § 266 StGB, der für die Definition der Vermögensbetreuungspflicht auf einen außerstrafrechtlichen Normbestand verweist[32], jedenfalls aber aus dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung.[33]

Ob jedoch über diese negative Akzessorietät hinaus in einem zweiten Schritt Einschränkungen des Tatbestands vorzunehmen sind, ist umstritten. Das Problem stellt sich insbesondere durch den oben beschriebenen Rechtsprechungswandel in aller Schärfe. Man könnte zum einen mit einer vordringenden[34], der jüngeren Rechtsprechung folgenden Auffassung annehmen, dass bereits eine Verletzung des vorgelagerten Primärrechts ausreiche, um eine Pflichtverletzung im Sinne der Untreue zu begründen, weil dieses bereits nur gewichtige Verstöße als pflichtwidrig einordne.[35] Demgegenüber steht die überkommene, durch die frühe Rechtsprechung des 1. Strafsenats geprägte Auffassung, die eine Pflichtverletzung auf Ebene des Primärrechts für eine notwendige, nicht aber bereits hinreichende Bedingung für eine un-

treuerechtlich relevante Pflichtverletzung hält. Es bedürfe vielmehr noch einer strafrechtsautonomen Prüfung, ob der festgestellte Pflichtenverstoß auch hinreichend gravierend ist[36] (sogenannte asynchrone oder asymmetrische Akzessorietät[37]).

D. Lösungsansätze und eigene Stellungnahme

Im Folgenden soll deshalb erörtert werden, ob ein strafrechtsspezifischer, eigenständiger Prüfungsschritt zu verlangen ist (I.), und bejahendenfalls, welche konkreten Anforderungen an einen solchen zu stellen sind (II.).

I. Erfordernis eines strafrechtsautonomen Filters

Der Argumentationsstrang der Kritiker eines über die zivilrechtlichen Wertungsentscheidungen hinausgehenden Filters stützt sich im Wesentlichen auf das Argument, mit einem solchen sei in der Sache nichts gewonnen: Denn schon das vorgelagerte Sachrecht nehme nur in sehr restriktiver Form eine Pflichtwidrigkeit an. Insofern werde ein weiterer Filter nicht benötigt oder könne grundsätzlich nicht zu anderen Ergebnissen führen. Insbesondere die Business Judgment Rule stufe nur eklatante Fehlentscheidungen als Pflichtwidrigkeit ein, sodass diese ohne weiteres auch im Strafrecht maßgeblich sein könne.[38]

Dem ist entgegenzuhalten, dass durchaus zahlreiche Konstellationen vorstellbar sind, in denen das Sachrecht nicht die für § 266 StGB erforderliche Selektion strafwürdiger Verhaltensweisen leistet. Ein zweiter, strafrechtsspezifischer Prüfungsschritt kann in diesen Fällen erforderlich sein, um eine ausufernde Strafbarkeit zu vermeiden.[39] Zwar ist etwa die Übertretung der Business Judgment Rule restriktiv definiert: Es muss ein schlechthin unvertretbares Vorstandshandeln vorliegen; der Fehler muss sich auch einem Außenstehenden förmlich aufdrängen.[40] Allerdings setzt der BGH nicht die Überschreitung von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG (also der Business Judgment Rule) mit einer Pflichtverletzung im Sinne der Untreue gleich, sondern die Überschreitung von § 93 Abs. 1 S. 1 AktG[41], der die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters kodifiziert. Der damit einhergehende Pflichtenkatalog ist mannigfaltig: So fällt etwa auch die Legalitätspflicht unter diese Norm, die vorschreibt, die von der Satzung und der Geschäftsordnung vorgegebenen Grenzen zu beachten.[42] Bereits bei einem kleineren Satzungs- oder Geschäftsordnungsverstoß, den das Zivilrecht "selbstverständlich"[43] immer als pflichtwidrig gemäß § 93 Abs. 1 AktG einordnet, eine Strafbarkeit anzunehmen, schiene überzogen.[44] Und selbst wenn man den Blick doch nur auf Verstöße gegen die Business Judgment Rule verengte, leuchtet es nicht ohne weiteres ein, warum das Entscheiden auf unzureichender Informationsgrundlage oder ein unsorgfältiges Abwägen des Für und Wider, selbst wenn es eindeutig zu Tage tritt ist, grundsätzlich strafwürdig sein soll.[45]

Für den Verzicht auf eine autonome strafrechtliche Prüfung wird außerdem vorgetragen, eine Vereinheitlichung von Sach- und Strafrecht erhöhe die Rechtssicherheit für die Normunterworfenen.[46] Doch es kann bereits bezweifelt werden, ob die Koppelung der Strafbarkeit an die äußerst vage "Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" in irgendeiner Form Klarheit schafft. Entscheidend spricht aber jedenfalls gegen die vollständige Nivellierung von Straf- und Zivilrecht, dass sich die Wertungen beider Materien keinesfalls stets entsprechen. Denn während die Pflichtverletzung im zivilrechtlichen Regelungskontext private Interessen auszutarieren sucht, etwa in Form einer Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen das verantwortliche Organmitglied (§ 93 Abs. 2 AktG) oder für die Abberufung von Vorstandsmitgliedern (§ 84 Abs. 3 AktG), geht es im Strafrecht darum, eine tief in die Freiheitsrechte des Einzelnen eingreifende Sanktion zu begründen.[47]

Gerade diese Eigenart des Strafrechts streitet vielmehr dafür, einen zweiten Haftungsfilter zu installieren. Dem Strafrecht kommt eine ultima ratio-Funktion zu.[48] Aus dem daraus folgenden fragmentarischen Charakter des Strafrechts lässt sich nicht nur unschwer ableiten, dass privatrechtlich rechtmäßiges Verhalten nicht strafbar sein kann, sondern auch, dass nach diesen Maßstäben rechts-

widriges Verhalten umgekehrt nicht strafbar sein muss.[49] Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet, mildere Mittel als das Strafrecht, sofern verfügbar, zu wählen, und Art. 103 Abs. 2 GG trägt dem Gesetzgeber auf, keine unbestimmt weiten Straftatbestände zu schaffen.[50] Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem "Juni-Beschluss" auf diese von Verfassungs wegen gebotene Restriktion hingewiesen und sich expressis verbis dem Restriktionsansatz des 1. Strafsenats angeschlossen, obwohl gegenläufige Rechtsprechungsentwicklungen ("Kinowelt"-Entscheidung!) bereits zu erkennen waren.[51] Daher ist auch das Argument der Kritiker eines strafrechtlichen Filters, ein solcher sei zu unbestimmt,[52] nicht durchschlagend: Zum einen ist der Filter, wie gezeigt, gerade eine Reaktion auf den an sich unbestimmten Untreuetatbestand. Vor diesem Hintergrund ist ein Filter unumgänglich, selbst wenn er neue Unsicherheiten mit sich bringen sollte, die im Übrigen als täterbegünstigende Einschränkungen im Hinblick auf den subjektiv-rechtlichen Gehalt von Art. 103 Abs. 2 GG weit weniger problematisch sind.[53] Zum anderen ist es durchaus möglich, einen rechtssichereren zweiten Prüfungsschritt zu konzipieren, der weniger Ungewissheiten mit sich bringt.[54]

Die Gebotenheit einer Restriktion wird umso handgreiflicher, wenn man sich vor Augen führt, wie voraussetzungsarm § 266 StGB ist. Gerade das Tatbestandsmerkmal der Pflichtwidrigkeit prägt die eigentümliche "Unrechtsgravur" der Untreue und sollte daher nicht verwässert werden.[55] Hinzu kommt noch, dass das Pflichtwidrigkeitsmerkmal ein komplexes normatives Tatbestandsmerkmal und kein Blanketttatbestand ist, weshalb die die Pflichtwidrigkeit ausfüllenden Normen nicht an Art. 103 Abs. 2 GG gemessen werden müssen.[56] Vor diesem Hintergrund leistete eine ungefilterte Übernahme der Ergebnisse des vorgelagerten Zivilrechts ohne jede strafrechtliche Wertung der Unbestimmtheit des § 266 StGB in besonderer Weise Vorschub.

Schlussendlich kann ein strafrechtlicher Filter auch eine systemwidrige Ausweitung des Rechtsgüterschutzes verhindern.[57] Schutzgut der Untreue ist einzig und allein das Vermögen.[58] Zahlreiche zivilrechtliche Pflichten streben indes den Schutz anderer Rechtsgüter an. Ohne eine strafrechtliche Nachjustierung ist eine Verzerrung des von § 266 StGB geschützten Rechtsguts zu besorgen.[59]

Nach alledem ist den Überlegungen, die eine vollständige Angleichung der zivilrechtlichen an die strafrechtliche Pflichtwidrigkeit vorschlagen, nicht näher zu treten. Es ist vorzugswürdig, an einer gesonderten strafrechtsautonomen Prüfung der Pflichtwidrigkeit festzuhalten.

II. Konkretisierung der strafrechtsspezifischen Prüfung

1. Vorüberlegung

Bevor die strafrechtliche Prüfung konkretisiert werden soll, ist eine wichtige Vorüberlegung anzustellen. Der Lösungsansatz des 1. Strafsenats aus dem Jahre 2001, nur "gravierende Pflichtverletzungen" als untreuerechtlich relevant einzustufen, lässt sich nämlich nur verstehen, wenn man sich die Genese der Untreuedogmatik vergegenwärtigt. Insbesondere beim Blick auf den Stand der Dogmatik zum Entstehungszeitpunkt des Restriktionsansatzes wird offenbar, dass diese zu damaligen Zeitpunkt im Vergleich zu heute unterentwickelt war und sich deshalb mit holzschnittartigen Lösungsansätzen behalf.[60] So war der Restriktionsansatz, nur solche Pflichtverletzungen, die einen zumindest mittelbaren Vermögensbezug aufweisen, noch nicht anerkannt.[61] Die Lösung des 1. Senats war von der – damals im Kern zutreffenden – Befürchtung getrieben, der Gefahr einer Überpönalisierung nur mit einer weiten, möglichst unbestimmten Generalklausel Herr werden zu können, die einzelfallabhängig-flexibel strafunwürdige Verhaltensweisen aus dem Tatbestand aussondert. Derweil hat sich die Dogmatik allerdings fortentwickelt. Es stehen nunmehr weitaus präzisiere Instrumentarien zur Verfügung, anhand derer eine dogmatische klarere und mithin vorhersehbarere, vor allem aber rechtsgutsspezifischere Restriktion vorgenommen werden kann. Bedauerlich ist, dass in der Debatte bis heute oftmals die mittlerweile eigentlich eigenständigen Restriktionsmöglichkeiten generalklauselartig vermengt werden.[62] Umso dringlicher scheint es, die verschiedenen zur Verfügung stehenden Restriktionsansätze herauszuarbeiten und – so die hier vertretene

Auffassung – zu betonen, dass diese nicht etwa Abwägungskriterien einer einzigen Generalklausel sind, sondern im Sinne einer Kombinationslösung kumulativ überwunden werden müssen, um eine Strafbarkeit zu begründen.[63]

2. Kumulativ pflichtwidrigkeitsbegründende Merkmale

Wie bereits festgestellt, muss im Sinne einer negativen Akzessorietät eine Verletzung des vorgelagerten Primärrechts festgestellt werden (s.o.). Sodann ist in einer strafrechtsspezifischen Prüfung zu begutachten, ob die Pflicht vermögensschützend ist (a.), ob ein hinreichender Zusammenhang zwischen der Vermögensbetreuungspflicht und der Pflichtverletzung besteht (b.), und ob die Pflichtverletzung hinreichend gravierend beziehungsweise gröblich ist (c.).

a) Vermögensbezug der Pflicht

Eine Eingrenzung der untreuerelevanten Pflichten auf vermögensschützende Pflichten erscheint aus zweierlei Gründen sinnvoll: Zum einen wird so eine erste nötige Restriktion des weiten Tatbestands geleistet, zum anderen wird damit sichergestellt, dass der Charakter der Untreue als Vermögensdelikt nicht verloren geht, was schon verfassungsrechtlich geboten ist.[64] Es gilt, eine Mutation der Untreue zu einem "alles überstrahlenden Universaldelikt"[65] beziehungsweise zu einer "Superverbotsnorm"[66] zu verhindern. Daher wird das Erfordernis einer vermögensschützenden Pflicht nur noch vereinzelt abgelehnt.[67] Im Wesentlichen diskussionswürdig ist die Frage, welche Anforderungen an den Vermögensbezug zu stellen sind. Eine Ansicht fordert einen zumindest mittelbar fremdvermögensschützenden Charakter der außerstrafrechtlichen Rechtsnorm[68], eine andere Ansicht verlangt, dass die verletzte Rechtsnorm primär und unmittelbar dem Schutz des Treugebervermögens dient.[69] Der Wortlaut des § 266 StGB ist für die Streitentscheidungen unergiebig.[70] Für die erstgenannte weitere Ansicht spricht aber entscheidend, dass sie zwar auf der einen Seite die Ausuferung des Untreuetatbestands zu verhindern weiß, dabei aber gleichzeitig gravierende Strafbarkeitslücken – etwa bei Verstößen gegen Buchführungspflichten oder § 18 KWG – vermeidet.[71]

b) Hinreichender Zusammenhang zwischen Vermögensbetreuungspflicht und Pflichtverletzung

Inzwischen ist die Notwendigkeit eines zwischen der Vermögensbetreuungspflicht und der Pflichtverletzung bestehenden hinreichenden Zusammenhangs anerkannt.[72] Anders gewendet: Nicht jede Pflichtverletzung bezieht sich eo ipso auf die Vermögensbetreuungspflicht, nur weil der Täter eine solche (gegebenenfalls zufällig) innehat.[73] Auf diese Weise werden Verhaltensweisen aus dem Anwendungsbereich der Untreue ausgeschieden, die dem Wesen der Untreue ersichtlich nicht entsprechen. Andernfalls würde sich etwa der Vorstandsvorsitzende, der aus Wut nach einem nervenaufreibenden Telefonat den unternehmenseigenen Telefonhörer zertrümmert, wegen Untreue strafbar machen. Für die Frage, wie dieser Zusammenhang näher zu qualifizieren ist, werden unterschiedliche Formulierungen bemüht: Die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre verlangen einen inneren Zusammenhang.[74] In der Literatur wird demgegenüber zumeist auf einen funktionalen[75] beziehungsweise sachlich-inhaltlichen[76] Zusammenhang abgestellt. Die damit verbundenen inhaltlichen Differenzen sind gering. Gemein ist diesen Ansätzen, dass sie zur Restriktion des Tatbestandes beitragen.

c) Gravierende beziehungsweise grobe Pflichtverletzung

Sind diese beiden Restriktionskriterien überwunden, ist zu prüfen, ob die Pflichtverletzung die nötige Schwere aufweist (s.o.). Es wurden verschiedene Vorschläge unterbreitet, wie ein solches Kriterium aussehen könnte. Diese sollen im Folgenden vorgestellt werden, abschließend soll eine eigene Bewertung vorgenommen werden.

aa) 1. Strafsenat

Zunächst kommt natürlich der Restriktionsansatz des 1. BGH-Strafsenats in Betracht, der maßgeblich in Sachen "SSV Reutlingen" geprägt wurde. Für dessen nähere Ausgestaltung sei nach oben[77] verwiesen.

bb) Der Ansatz von Seibt/Schwarz und Brand

Ein aktienrechtsspezifischer Ansatz wurde von Seibt und Schwarz entwickelt[78], welcher in der Literatur insbesondere von Brand aufgegriffen wurde[79]. Demnach genügt für die Begründung einer

Pflichtverletzung, sofern die Pflicht dem aktienrechtlichen Primärrecht entspringt, nicht jede Pflichtverletzung, sondern nur eine solche, die das Aktienrecht selbst als "grob" einstuft.[80] Das Aktienrecht nimmt eine solche Kategorisierung an vielen Stellen vor: Etwa bei der nachträglichen Untersuchung von Geschäftsführungsmaßnahmen (§ 142 Abs. 2 S. 1 AktG) oder im Rahmen von Schadensersatzklagen gegen Mitglieder des Vorstands beziehungsweise Aufsichtsrats wegen pflichtwidrigen Leitungs- und Kontrollhandelns (§ 148 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AktG) knüpft das Schutzsystem für Aktionärsminderheiten Rechte daran, ob eine Gesetzes- oder Satzungsverletzung als "grob" zu qualifizieren ist.[81] Insbesondere in Bezug auf § 93 AktG fällt eine ausdifferenzierte Regelung des Gesetzgebers auf: Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches nach § 93 Abs. 2 AktG durch die Gläubiger der Gesellschaft wird daran geknüpft, dass Vorstandsmitglieder die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters gröblich verletzt haben (§ 93 Abs. 5 S. 2 Hs. 1 AktG), wenn nicht eine der in § 93 Abs. 3 AktG enumerativ aufgezählten, ohnehin als äußerst schwerwiegend eingestuften "Todsünden"[82] einschlägig ist.[83] Ferner knüpft § 84 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 AktG den Widerruf einer Bestellung zum Vorstand an eine grobe Pflichtverletzung. Wie die Gesetzesmaterialien nahelegen,[84] geht der Gesetzgeber selbst davon aus, dass mit der aktienrechtlichen Abstufung in leichte und grobe Pflichtwidrigkeiten auch eine Aussage über die Strafbarkeit der Pflichtverletzung getroffen ist.[85] Diese Ansicht würde also dazu führen, dass insbesondere im Kernbereich der untreuerelevanten Pflichtverletzung, der Überschreitung des unternehmerischen Ermessensspielraums nach der Business Judgment Rule, leichte Pflichtwidrigkeiten nicht zu einer Untreuestrafbarkeit führen könnten.[86]

cc) Der Ansatz von Kubiciel

Kubiciel verlangt in Anlehnung an die Terminologie des BGH eine gravierende Pflichtverletzung, geht bei der Bestimmung dieser allerdings anders vor. Diese müsse das Ergebnis einer Gesamtwürdigung gesellschaftsrechtlicher und autonom-strafrechtlicher Aspekte sein.[87] Dabei sei der durch die Dispositionsbefugnis verbürgte freiheitssichernde Charakter des Rechtsguts Vermögen in den Blick zu nehmen: Der Treugeber hat dem Treunehmer vor der Tat eine partielle Dispositionsbefugnis über das Vermögen übertragen, weil er selbst nicht disponieren will oder kann. § 266 StGB habe die Aufgabe, die Verantwortlichkeit für einen Fehlgebrauch dieser partiellen Dispositionsfreiheit sicherzustellen.[88] Daraus leitet Kubiciel ab, dass eine Pflichtverletzung stets gravierend ist, wenn der Täter entgegen einer explizit durch Vertrag, Satzung oder Weisung festgelegten Verhaltensnorm agiert.[89] In allen anderen Fällen sei darauf abzustellen, ob sich die Entscheidung auf die Verfolgung von Gesellschaftsinteressen zurückführen lässt, was danach zu beurteilen sei, ob der Vermögensinhaber in der konkreten Situation die Entscheidung als Ausübung seiner eigenen Freiheit toleriert hätte,[90] ob er sich also in der Handlung seines Treunehmers vertreten sehen kann.[91] Zum einem ähnlichen Ergebnis – freilich mit völlig anderer Begründung, nämlich unter Rückgriff auf die "Luhmannsche Systemtheorie"[92] – kommt Theile, der verlangt, dass eine bestimmte unternehmerische Entscheidung unter keinem Gesichtspunkt mehr als im materiellen Unternehmensinteresse liegend gedacht werden kann.[93]

dd) Der Ansatz von Wagner

Auch Wagner spricht sich für ein Gravitätserfordernis aus[94], welches autonom strafrechtlich zu bestimmen[95] und in seinem Anwendungsbereich nicht auf Fälle mit unternehmerischen Ermessensspielraum zu beschränken[96] sei. Der Strafgrund der Untreue sei nicht nur die Tatsache, dass der Treunehmer das Vermögen schädigt, es käme auch darauf an, warum er dies tue. Es sollen also solche Handlungen aus dem Tatbestand fallen, die auch der Geschädigte selbst hätte durchführen können, strafbegründend sollen nur Handlungen sein, die aus einem untreuespezifischen Interessenskonflikt erwachsen.[97] Demnach reiche die Nichtbeachtung von Vorgaben nicht aus; der Vermögensbetreuungspflichtige müsse vielmehr explizit andere Interessen verfolgen, seien es seine eigenen oder diejenigen Dritter. Dieser Interessenskonflikt müsse auch objektiv zu Tage treten, was sich insbesondere aus etwaigen Verschleierungshandlungen des Täters ergeben könnte.[98]

ee) Stellungnahme

In Bezug auf den Anwendungsbereich und die Ausgestaltung des Gravitätserfordernisses bestehen also unterschiedliche Vorstellungen, zu denen im Folgenden Stellung genommen werden soll.

1) Anwendungsbereich

Einige Autoren und Teile der Rechtsprechung fordern, den Anwendungsbereich des Gravitätserfordernisses auf unternehmerische Risikoentscheidungen zu beschränken.[99] Wenn dies damit begründet wird, etwaigen Friktionen mit dem ultima ratio-Prinzip könne über die Einstell-

ungsnormen der §§ 153 ff. StPO begegnet werden,[100] ist dem zu entgegnen, dass das materielle Strafrecht die Grundentscheidung über die Strafbarkeit eines Verhaltens treffen muss.[101] Auch wenn das Primärrecht in Fällen von gebundenen Entscheidungen festere Grenzen setzen mag[102] ist damit noch nicht gesagt, dass diese unter normativen Gesichtspunkten auch ins Strafrecht übertragen werden müssen. Das Gebot restriktiven Strafens trägt nicht nur dort, wo den Handelnden besondere Unwägbarkeiten erwarten.[103] Durch eine Beschränkung des Restriktionserfordernisses wäre es unnötig beeinträchtigt.[104]

2) Ausgestaltung

Die Ausgestaltung des Restriktionskriterium stellt den Rechtsanwender vor zwei Schwierigkeiten: Zum einen bietet der Wortlaut des § 266 StGB keinen Anknüpfungspunkt für eine Restriktion. Zum anderen sind die daher "in freier Schöpfung" entwickelten Ansätze häufig als eine Art offene Gesamtabwägung verschiedener Faktoren konzipiert und bergen folglich die Gefahr, mehr Rechtsunsicherheit zu schaffen als zu beseitigen. Diese Problemanalyse definiert den Maßstab, anhand dessen eine taugliche Restriktion des Tatbestands zu entwickeln ist: Sie darf nicht losgelöst von jeder erkennbaren gesetzgeberischen Wertung sein, gleichzeitig muss sie das strafwürdige Unrecht so rechtssicher wie möglich konturieren.

Unter diesen Gesichtspunkten werden die Schwächen des indizienbasierten Ansatzes des 1. Strafsenats deutlich. Eine Stütze im Gesetz ist nicht zu finden, und die unterschiedlichen Kriterien (fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz, sachwidrige Motive), noch dazu unter dem Vorbehalt einer Gesamtwürdigung, lassen die Strafbarkeit einer Handlung ex ante kaum erkennen.[105] Zudem sind die Kriterien auch sachlich kritikwürdig: Aufgrund des Abwägungsfaktors der Angemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage können wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen mit einem geringeren Strafbarkeitsrisiko geschädigt werden als notleidende Unternehmen; dies ist eine Wertentscheidung, deren Angemessenheit durchaus in Zweifel gezogen werden kann.[106] Auch leuchtet nicht ein, warum ein Vorstandsmitglied, das seine Taten im Kollegium transparent offenlegt, sodass das Unternehmen in der Folge gegebenenfalls gemeinschaftlich geschädigt wird, in der Tendenz straflos bleiben soll.[107] Und wenn die Verfolgung rein persönlicher Präferenzen zum Maßstab erhoben wird, so droht die gesetzgeberische Grundentscheidung, bei § 266 StGB anders als bei anderen Vermögensdelikten auf das Erfordernis einer Bereicherungsabsicht zu verzichten, unterlaufen zu werden.[108]

Auch der Ansatz von Kubiciel bringt im Vorfeld einer Handlung kaum Klarheit über deren Strafbarkeit. So dürfte es etwa bei einer waghalsigen Risikoentscheidung sehr schwer sein, den tatsächlichen oder auch nur den hypothetischen, "vernünftigen" Willen des Geschäftsinhabers aus ex ante Perspektive zu ermitteln. Wenn es keinen klar geäußerten Willen des Geschäftsinhabers gibt, muss der Normunterworfene bestimmen, welches Risiko "vernünftigerweise" einzugehen ist. Dieser Maßstab ist derart wertungsoffen, dass er kaum zu vorhersehbaren Ergebnissen führen wird.

Für den Ansatz von Seibt und Schwarz spricht hingegen einiges: Zunächst ist die Kategorisierung in leichte und grobe Pflichtverletzungen unmittelbar dem Gesetz entnommen.[109] Dieser Restriktionsansatz wurde also nicht losgelöst von normierten Grundlagen entwickelt, sondern spiegelt unmittelbar die Wertungsentscheidungen des Gesetzgebers wider. Mehr noch: Wie bereits gezeigt wurde, korrelieren diese Wertungsentscheidungen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auch mit der Strafbarkeit. Es kann auch keine Rede von einer "willkürlichen Einzelfallkorrektur" sein, nur weil die Ausfüllung des Gravitätserfordernisses von der anwendbaren Primärnormmaterie abhängig gemacht wird.[110] Die Tatsache, dass nicht in jedem Rechtsgebiet die Voraussetzungen zur Ausfüllung des Gravitätserfordernisses vorgegeben sind, berechtigt nicht dazu, ebensolche in den Rechtsgebieten, in denen sie vorliegen, zu ignorieren. Die Befolgung des gesetzgeberischen Willens kann nicht als willkürlich klassifiziert werden.

Die Kritik, dieser Lösungsansatz wolle die rechtsunsichere Restriktion des 1. Strafsenats der Sache nach einfach unter einem anderen Schlagwort ("grob" statt "gravierend") führen[111], geht fehl. Denn auch wenn dieser Ansatz nicht alle Unsicherheiten vollends ausräumen kann, so bestehen doch deutlich klarere, die Strafbarkeit vorgebende Leitlinien: Zum einen kann auf einen größeren Fundus an fallgruppenbildender Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden.[112] Hält man mit der herrschenden Meinung zudem ein grundsätzlich tatbestandsausschließendes Einverständnis der Gesellschafter bei Verstößen gegen Kapitalerhaltungsvorschriften für unwirksam[113], leistet auch der Katalog des § 93 Abs. 3

AktG, der Verstöße gegen Kapitalerhaltungsvorschriften aufzählt[114], eine Rechtssicherheit schaffende Spezifizierung von in jedem Fall pflichtwidrigen Verhaltensweisen. Im Ergebnis führt der Ansatz zur Maßgeblichkeit von Fallgruppen besonders grober Pflichtverletzungen, beispielhaft etwa die Ausnutzung der Stellung für persönliche Vorteile, Vornahme verbotener Insidergeschäfte oder die Verursachung einer unangemessen hohen Verschuldung der Gesellschaft.[115] In aller Regel wird bei einem Verstoß gegen die Business Judgment Rule auch nach diesem Ansatz die Untreuestrafbarkeit zu bejahen sein, denn sie ist gezielt so konzipiert, dass nur "grobe Fehler"[116] Beachtung finden. Kleinere Verstöße gegen die von § 93 Abs. 1 S. 1 AktG umfasste Legalitätspflicht, die nach der derzeitigen Rechtsprechung des BGH konsequenterweise nach § 266 StGB strafbar sein müssten, werden allerdings aus dem Tatbestand ausgesondert.

Mit diesem Ansatz ist für das Gros der Fälle im wirtschaftlichen Verkehr eine Lösung gefunden, nämlich in all jenen, in denen die Pflichtverletzung in einer Überschreitung der auch auf andere Gesellschaftsrechtsformen anwendbaren[117] Business Judgment Rule liegt. Freilich gibt es auch zahlreiche Fälle, in denen andere Primärnormen verletzt werden. Da hier der beschriebene Ansatz nicht weiterhilft, bietet es sich an, in solchen Fällen mit Wagner nach einem untreuespezifischen Interessenskonflikt zu fragen. Denn damit ist der für das Wesen der Untreue charakteristische Unrechtsgehalt am besten erfasst: Dieser besteht im vermögensschädigenden Fehlgebrauch einer zweckgebundenen Verfügungsgewalt über fremdes Vermögen, die es dem Täter erlaubt, das Vermögen "von innen heraus" auszuhöhlen.[118] Der Täter muss also die ihm zum Handeln im Interesse des Vermögensinhabers übertragene Entscheidungsfreiheit zu einer dessen Interessen zuwiderlaufenden Nachteilszufügung nutzen.[119] Damit unvereinbar wäre es, Fehler zu bestrafen, die strukturell auch dem Inhaber unterlaufen könnten, selbst wenn der Treunehmer vorsätzlich handelt.[120] Hinreichend schwer und damit nach dem Untreuetatbestand strafbar ist ein Verhalten entsprechend nur dann, wenn sich der Angriff auf das Vermögen gerade dadurch auszeichnet, dass die dem Täter eingeräumte Machtposition missbräuchlich ausgeübt wird und das Vermögen des Treugebers in der Folge geschädigt wird. Ein solcher Interessenskonflikt ist für den Täter auch derart augenfällig, dass eine Strafbarkeit ganz im Sinne der oben dargelegten Maßstäbe vorhersehbarer wird.

E. Summa und Ausblick

Nach alledem ist festzuhalten: Der weite Tatbestand der Untreue macht eine zweistufige Restriktion erforderlich: Zunächst muss die Handlung eines Vermögensbetreuungspflichtigen nach vorgelagerten außerstrafrechtlichen Maßstäben als pflichtwidrig einzustufen sein. Ist diese Hürde genommen, ist in einem zweiten, strafrechtsautonomen Zwischenschritt zu evaluieren, ob die Pflichtverletzung auch strafrechtlich relevant ist. Dabei dürfen nicht unterschiedlichste Faktoren zu einer rechtsunsicheren, unbestimmten Generalklausel vermengt werden. Vielmehr kommt den Fragen nach dem Vermögensbezug der verletzen Norm und dem Zusammenhang zwischen Pflichtwidrigkeit und Vermögensbezug eigenständiges dogmatisches Gewicht zu, weshalb diese getrennt vom darüber hinausgehenden Gravitätserfordernis zu prüfen sind. Da alle Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, ist erst wenn das Vorliegen dieser beiden Merkmale bejaht wurde zu prüfen, ob die Pflichtverletzung auch die erforderliche Schwere aufweist. Das ist in aktienrechtlichen Kontexten sowie bei all den Entscheidungen mit unternehmerischen Ermessensspielraum, auf die die Business Judgment Rule anzuwenden ist, anhand der gesetzgeberischen Unterscheidung in leichte und grobe Pflichtverletzungen zu bestimmen, wobei auf tradierte Fallgruppen in Rechtsprechung und Schrifttum zurückzugreifen ist. Bei allen anderen Pflichtverletzungen, bei denen solche Wertungen nicht bereits auf Gesetzesebene getroffen wurden, ist maßgeblich, ob die Pflichtverletzung das Resultat eines untreuespezifischen Interessenskonflikts ist.

Der BGH entscheidet indes anders und auch die einzelnen Strafsenate verfolgen keine einheitliche Linie. Es wäre deshalb wünschenswert, dass zur Klärung der Rechtsfrage bei nächster Gelegenheit eine Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 und 3 GVG gestellt wird.[121]


[*] Der Verfasser ist Student an der Bucerius Law School in Hamburg.

[1] Saliger JA 2007, 326, 327.

[2] Ransiek ZStW 116 (2004), 634.

[3] Achenbach/Ransiek/Rönnau/Seier/Lindemann, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. 2019, 5. Teil 2. Kap. Rn. 1.

[4] Fischer, StGB, 67. Aufl. 2020, § 266 Rn. 5; BeckOK-StGB/Wittig, 46. Edit. 01.05.2020, § 266 Rn. 2; MüKo-StGB/Dierlamm, 3. Aufl. 2019, § 266 Rn. 3.

[5] BVerfGE 126, 170, 210 = HRRS 2010 Nr. 656.

[6] BeckOGK-AktG/Fleischer, Stand: 15.01.2020, § 93 Rn. 60.

[7] MüKo-AktG/Spindler, 5. Aufl. 2019, § 93 Rn. 43.

[8] BeckOGK-AktG/Fleischer (Fn. 6 ), § 93 Rn. 60.

[9] NK-StGB/Kindhäuser, 5. Aufl. 2017, § 266 Rn. 61; Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht, 1. Aufl. 2017, § 266 StGB Rn. 36.

[10] Siehe hierzu die Entscheidungen des BGH, auf die im Folgenden näher einzugehen sein wird: BGHSt 47, 148; BGHSt 47, 187; BGH NJW 2006, 453 = HRRS 2006 Nr. 45; NJW 2017, 578 = HRRS 2017 Nr. 34.

[11] BGHSt 47, 148.

[12] BGHSt 47, 148, 150.

[13] Samson, in: Non Profit Law Yearbook 2004, S. 233; Rönnau NStZ 2006, 218, 220.

[14] BGHSt 47, 187.

[15] BGHSt 47, 187, 197.

[16] BGH NJW 2006, 453 = HRRS 2006 Nr. 45.

[17] BGH NJW 2006, 453, 454 f. = HRRS 2006 Nr. 45.

[18] BGHSt 50, 331 = HRRS 2006 Nr. 100.

[19] LG Düsseldorf NJW 2004, 3275, 3280.

[20] BGHSt 50, 331, 346 = HRRS 2006 Nr. 100.

[21] BVerfGE 126, 170 = HRRS 2010 Nr. 656.

[22] Momsen/Grützner/Schramm, Wirtschaftsstrafrecht, 1. Aufl. 2013, § 266 StGB Rn. 21.

[23] Graf/Jäger/Wittig/Waßmer, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2017, § 266 StGB Rn. 94b.

[24] BVerfGE 126, 170, 210 f. = HRRS 2010 Nr. 656.

[25] BGH NStZ 2013, 715 = HRRS 2013 Nr. 600.

[26] BGHSt 61, 48 = HRRS 2016 Nr. 522.

[27] BGHSt 61, 48, 65 = HRRS 2016 Nr. 522.

[28] BGH NJW 2017, 578 = HRRS 2017 Nr. 34.

[29] BGH NJW 2017, 578 f. = HRRS 2017 Nr. 34.

[30] Zu dieser Einschätzung gelangen auch Kubiciel JZ 2017, 585, 587; Müller-Michaels BB 2017, 82; Baur/Holle JR 2019, 181, 182; Wagner ZStW 121 (2019) 319, 361; Esser NZWiSt 2018, 201, 204 f. und Becker NStZ 2017, 232, 233.

[31] Satzger/Schluckebier/Widmaier/Saliger, StGB, 4. Aufl. 2019, § 266 Rn. 33; MüKo-StGB/Dierlamm (Fn.  4 ) § 266 Rn. 173; BeckOK-StGB/Wittig (Fn.  4 ) § 266 Rn. 20; Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 34 ; Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 304; Rönnau ZStW 119 (2007), 887, 906 f.; ders. NStZ 2006, 218, 220; Rönnau/Hohn NStZ 2004, 113, 118; Hoffmann-Becking NZG 2006, 127, 128; Esser NZWiSt 2018, 201, 204; Baur/Holle JR 2019, 181, 182.

[32] Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 303.

[33] Rönnau NStZ 2006, 218, 220; Hoffmann-Becking NZG 2006, 127, 128; Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 303.

[34] Baur/Holle JR 2019, 181, 182.

[35] Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Aufl. 2019, § 266 Rn. 19b; Becker NStZ 2017, 232, 233; Stam JZ 2017, 439, 441 f.; Geissler GWR 2017, 9; Scholl EWiR 2017, 103, 104; Rönnau/Becker JR 2017, 204, 209; Rönnau ZStW 119 (2007) 887, 910 ff.; ders. NStZ 2006, 214, 218; ähnlich Bittmann wistra 2017, 121, 123; einschränkend Radtke/Hoffmann GA 2008, 535, 536, 544; mit anderer Begründung die asymmetrische Akzessorietät ablehnend auch LK/Schünemann § 266 Rn. 93 ff.; Schünemann NStZ 2005, 473, 475 f.

[36] In zum Teil unterschiedlichen Konturierungen MüKo-StGB/Dierlamm (Fn.  4 ) § 266 Rn. 174 f.; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Saliger, StGB (Fn.  31 ), § 266 Rn. 33; Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 34; Esser NZWiSt 2018, 201, 205; Baur/Holle JR 2019, 181, 183; Wagner ZStW 131 (2019), 319, 344 f.; Leimenstoll StV 2017, 394, 395; Brand NJW 2017, 582; ders. NZG 2016, 690, 691; Kubiciel JZ 2017, 585, 587; ders. NStZ 2005, 353, 357 f.; Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 312; Kutzner NJW 2006, 3541, 3543; Wessing/Krawczyk NZG 2010, 1121, 1123; Matt NJW 2005, 389, 390; wohl auch Fischer, StGB (Fn. 4), § 266 Rn. 59; i. E. wohl auch Nepomuck NZWiSt 2017, 119; "kritische Auswirkungen für das Aktienrecht" durch die Ansicht des BGH fürchtet auch Müller-Michaels BB 2017, 82.

[37] Zur Begrifflichkeit Kubiciel JZ 2017, 585, 587; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Saliger, StGB (Fn.  31 ), § 266 Rn. 33; MüKo-StGB/Dierlamm (Fn.  4 ) § 266 Rn. 174; BeckOK-StGB/Wittig (Fn.  4 ) § 266 Rn. 20.

[38] BGH NJW 2017, 578, 579 f. = HRRS 2017 Nr. 34; Rönnau/Becker JR 2017, 204, 209; Becker NStZ 2017, 232, 233; Bittman wistra 2017, 121, 123; Schönke/Schröder/Perron, StGB (Fn.  35 ) § 266 Rn. 19b.

[39] Esser NZWiSt 2018, 201, 206 f.; Nepomuck NZWiSt 2017, 119; Baur/Holle JR 2019, 181, 183 ff; Kubiciel NStZ 2005, 353.

[40] MüKo-AktG/Spindler (Fn.  7 ) § 93 Rn. 56.

[41] BGH NJW 2017, 578, 579 = HRRS 2017 Nr. 34.

[42] MüKo-AktG/Spindler (Fn.  7 ) § 93 Rn. 73.

[43] Ebd.

[44] Nepomuck NZWiSt 2017, 119; Esser NZWiSt 2018, 201, 207.

[45] Esser NZWiSt 2018, 201, 206; ausführlich zu den Gefahren der Strafbarkeit einer bloßen Informationspflichtverletzung Baur/Holle JR 2019, 181, 183 ff.

[46] Geissler GWR 2017, 9; in diesem Sinne auch Bittmann wistra 2017, 121, 123 f.

[47] Baur/Holle JR 2019, 181, 183; so auch schon dies. ZIP 2017, 555, 557; dem beipflichtend Leimenstoll StV 2017, 394, 395; in diesem Sinne bereits Kubiciel NStZ 2005, 353, 357 f.; Kutzner NJW 2006, 3541, 3543 und Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 312.

[48] Pars pro toto Wessing/Krawczyk NZG 2010, 1121, 1123.

[49] Wagner ZStW 131 (2019), 319, 345.

[50] Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 312; Kutzner NJW 2006, 3541, 3543.

[51] BVerfGE 126, 170, 210 f. = HRRS 2010 Nr. 656.

[52] Gerkau, Untreue und objektive Zurechnung, 2008, S. 117; Krüger NStZ 2011, 369, 374; Safferling NStZ 2011, 376, 377 f.

[53] Ein Nachweis für diese Argumentation findet sich bei Wagner ZStW 131 (2019), 319, 336 f.

[54] Zu solchen Versuchen ausführlich später, siehe D.II.2 .

[55] Kubiciel NStZ 2005, 353, 355; Baur/Holle JR 2019, 181, 183.

[56] BVerfGE 126, 170, 204 = HRRS 2010 Nr. 656; BGH NStZ 2010, 632, 634 = HRRS 2010 Nr. 493; Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 35; Rönnau ZStW 119 (2007), 887, 904; Kubiciel NStZ 2005, 353, 357.

[57] Kubiciel JZ 2017, 585, 587; ders. NStZ 2005, 353, 357; Nepomuck NZWiSt 2017, 119; Esser NZWiSt 2018, 201, 204.

[58] Ganz h.M., Fischer, StGB (Fn.  4 ), § 266 Rn. 2 m. w. N.

[59] Freilich prüft auch der BGH trotz der Gleichsetzung von Straf- und Zivilrecht separat den Vermögensbezug einer Pflicht, näher dazu unter D.II.2.a) .

[60] Bittmann wistra 2017, 121, 122.

[61] Nachweis ebd. Der Vermögensbezug einer Pflichtverletzung lässt sich erst in der jüngeren Rechtsprechung finden, siehe erstmals und grundlegend BGHSt 55, 288, 300 f. = HRRS 2010 Nr. 945.

[62] So kritisiert Esser NZWiSt 2018, 201, 207 etwa, die vom BGH betriebene Gleichsetzung von straf- und zivilrechtlicher Verantwortlichkeit könnte dazu führen, dass nicht vermögensbezogene oder nicht in einem inneren Zusammenhang mit den sonstigen Voraussetzungen stehende Pflichtverletzungen tatbestandsbegründend wirken könnten, weshalb er davon ausgeht, dass der BGH "das nicht so gemeint haben kann". Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass dies tatsächlich nicht die Aussage des BGH ist. Denn auch der BGH trennt inzwischen zwischen den Topoi "Vermögensbezug" und "innerer Zusammenhang" (näher dazu unter D.II.2.a) und b)), sodass diese in Sachen "HSH-Nordbank" gar nicht urteilsgegenständlich waren.

[63] Für eine Kombinationslösung streitet auch Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 33 .

[64] BVerfGE 126, 170, 210 = HRRS 2010 Nr. 656.

[65] Krell NStZ 2014, 62, 63 m. w. N.

[66] Dieser Begriff findet sich etwa bei Rönnau ZStW 119 (2007), 887, 925.

[67] Brand NZG 2016, 690, 692; zweifelnd am Kriterium jetzt auch Rönnau/Becker JR 2017, 204, 207 f.

[68] BGHSt 55, 288, 300 f. = HRRS 2010 Nr. 945; Rönnau StV 2011, 753, 754; Schönke/Schröder/Perron, StGB (Fn.  35 ), § 266 Rn. 19a; NK-StGB/Kindhäuser (Fn.  9 ) § 266 Rn. 63; Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 37; einschränkend BGH NZG 2013, 268, 270 = HRRS 2013 Nr. 185.

[69] MüKo-StGB/Dierlamm (Fn.  4 ) § 266 Rn. 170; Günther, FS Weber, S. 311, 316; Schlösser/Dörfler wistra 2007, 326, 329 ff.; Corsten wistra 2010, 206, 207 f.

[70] Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 37.

[71] Ebd.; Rönnau StV 2011, 753, 754.

[72] Rönnau/Hohn NStZ 2004, 113, 114.

[73] Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 42.

[74] BGH NJW 1992, 250, 251; Fischer, StGB (Fn.  4 ), § 266 Rn. 50; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl. 2018, § 266 Rn. 15; Achenbach/Ransiek/Rönnau/Seier/Lindemann (Fn. 3 ) 5. Teil 2. Kap. Rn. 163.

[75] Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 42; Rönnau/Hohn NStZ 2004, 113, 114.

[76] BeckOK-StGB/Wittig (Fn.  4 ) § 266 Rn. 42; MüKo-StGB/Dierlamm (Fn.  4 ) § 266 Rn. 185.

[77] Dort unter B.III .

[78] Seibt/Schwarz AG 2010, 301 ff. passim.

[79] Brand ZWH 2014, 23, 24; ders. NZG 2016, 690, 691; ders. NJW 2017, 582.

[80] Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 310.

[81] Ebd., S. 312.

[82] Grigoleit/Grigoleit/Tomasic, AktG, 2. Aufl. 2020, § 93 Rn. 83.

[83] Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 313.

[84] BT-Drs. 15/5092, S. 22.

[85] Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 313; Fleischer NJW 2005, 3525, 3526.

[86] Seibt/Schwarz AG 2010, 301, 313. Dies wird freilich dadurch relativiert, dass schon die Business Judgment Rule in aller Regel nur schweres Fehlverhalten als pflichtwidrig einstuft, siehe dazu D.II.2.c)ee)(2) .

[87] Kubiciel NStZ 2005, 353, 357.

[88] Ebd., S. 358.

[89] Ebd.

[90] Ebd., S. 360.

[91] Kubiciel JZ 2017, 585, 588.

[92] Theile ZIS 2011, 616, 618.

[93] Ebd., S. 626.

[94] Wagner ZStW 131 (2019), 319, 344.

[95] Ebd., S. 352.

[96] Ebd., S. 349 f.

[97] Ebd., S. 358.

[98] Ebd.

[99] BGHSt 50, 331, 343 ff. = HRRS 2006 Nr. 100; OLG Braunschweig NJW 2012, 3798, 3800; Achenbach/Ransiek/Rönnau/Seier/Lindemann (Fn.  3 ) 5. Teil 2. Kap. Rn. 166; Bittmann wistra 2013, 1, 7.

[100] Bittmann wistra 2013, 1, 7.

[101] Das entspricht der klar erkennbaren Konzeption des Gesetzgebers, vgl. MüKo-StPO/Peters, 1. Aufl. 2016, § 153a Rn. 1, § 153 Rn. 6.

[102] Bittmann wistra 2013, 1, 7.

[103] Der BGH (St 50, 331, 345 f. = HRRS 2006 Nr. 100) und das OLG Braunschweig (NJW 2012, 3798, 3800) sehen darin aber die einzige Legimitation für das Gravitätserfordernis.

[104] So auch Wagner ZStW 131 (2019), 319, 349 f.; Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn. 10) § 266 StGB Rn. 47.

[105] Ebd., Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 48; Gerkau, Untreue und Objektive Zurechnung, 2008, S. 63; Rönnau NStZ 2006, 218, 220; ähnlich Beckemper NStZ 2002, 324, 325 f.

[106] Schünemann NStZ 2005, 473, 476; Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis/Saliger, Wirtschaftsstrafrecht (Fn.  9 ) § 266 StGB Rn. 48.

[107] Mit einem exemplum ad absurdum Samson in Non Profit Law Yearbook 2004, S. 233, 238 f.

[108] Wagner ZStW 131 (2019), 319, 354.

[109] Dies betonend auch Brand ZWH 2014, 23, 24.

[110] So aber Wagner ZStW (2019), 319, 351.

[111] Kubiciel JZ 2017, 585, 587, Fn. 30.

[112] Brand NJW 2017, 582; für eine Fallgruppenübersicht, beispielhaft im Rahmen von § 84 Abs. 2 AktG, siehe etwa MüKo-AktG/Spindler (Fn.  7 ) § 84 Rn. 131.

[113] BeckOK-StGB/Wittig § 266 Rn. 27 m. w. N.

[114] Hölters/Hölters, AktG, 3. Aufl. 2017, § 93 Rn. 273.

[115] MüKo-AktG/Spindler (Fn.  7 ) § 84 Rn. 131.

[116] Baur/Holle AG 2017, 597, 598.

[117] Für die GmbH etwa BGH DStR 2008, 1839, 1840 f.; Baumbach/Hueck/Beurskens, GmbHG, 22. Aufl. 2019, § 43 Rn. 34.

[118] BeckOK-StGB/Wittig (Fn.  4 ) § 266 Rn. 4; NK-StGB/Kindhäuser (Fn.  9 ) § 266 Rn. 3.

[119] NK-StGB/Kindhäuser (Fn.  9 ) § 266 Rn. 3.

[120] Wagner ZStW 131 (2019), 319, 361.

[121] Diesen Wunsch äußert auch Wagner ZStW 131 (2019), 319, 361.