HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Januar 2016
17. Jahrgang
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III. Strafzumessungs- und Maßregelrecht


Entscheidung

51. BGH 1 StR 482/15 – Beschluss vom 10. November 2015 (LG Regensburg)

Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen; Tat, die auf den Hang zurückgeht).

§ 64 StGB

1. Für einen Hang nach § 64 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (st. Rspr.). Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist vgl. BGH NStZ-RR 2008, 8). Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur eine indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hangs aus (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 198).

2. Eine Tat hat dann Symptomcharakter nach § 64 StGB, wenn sie in dem Hang ihre Wurzel findet, also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat, also – zumindest mitursächlich – auf den Hang zurückgeht (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 75). Typisch sind hierfür Delikte, die begangen werden, um Rauschmittel oder Geld für ihre Beschaffung zu erlangen (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 75).

3. Andere Delikte als solche der Beschaffungskriminalität kommen als Hangtaten nur dann in Betracht, wenn sich in ihnen die hangbedingte besondere Gefährlichkeit des Täters zeigt (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 75).


Entscheidung

49. BGH 1 StR 415/15 – Beschluss vom 14. Oktober 2015 (LG Passau)

Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Hang, alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen).

§ 64 StGB

Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln im Sinne des § 64 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH NStZ 2005, 210). Insoweit kann dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum bereits die Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden erheblich beeinträchtigt ist, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 198). Wenngleich solche Beeinträchtigungen in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen dürften, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hanges aus (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 198).


Entscheidung

87. BGH 4 StR 407/15 – Beschluss vom 3. November 2015 (LG Essen)

Nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe (Zäsurwirkung: letztes Urteil, in dem eine tatrichterliche Entscheidung zur Schuld- und Straffrage getroffen wurde); unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Mittäterschaft).

§ 55 Abs. 1 StGB; § 54 Abs. 1 StGB; § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; § 25 Abs. 2 StGB

Nach § 55 Abs. 1 StGB ist eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe erledigt ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Dabei kommt es auf das letzte Urteil des früheren Verfahrens an, in dem noch eine tatrichterliche Entscheidung zur Schuld- und Straffrage getroffen worden ist (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 242, 243). Dies kann auch ein Berufungsurteil sein, sofern wenigstens noch über einen Teil der Strafe – zu der auch die Entscheidung über eine Strafaussetzung gehört – zu befinden war (vgl. BGHSt 5, 66, 69 f).


Entscheidung

55. BGH 1 StR 576/15 – Beschluss vom 3. Dezember 2015 (LG Ravensburg)

Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Dauer der Maßregel: ausnahmsweise Verlängerung).

§ 67d Abs. 1 StGB; § 67 Abs. 5 Satz 2 StGB

Die Regelung des § 67 Abs. 5 Satz 2 StGB zur Fortsetzung der Maßregel kann ausnahmsweise auch dann Anwendung finden, wenn nach dem landgerichtlichen Urteil durch Wegfall des Vorwegvollzugs sogleich mit dem Maßregelvollzug begonnen wird, weil nur die sofortige Behandlung des Verurteilten eine erfolgreiche Therapie verspricht und ein danach anschließender Strafvollzug die positiven Auswirkungen des Maßregelvollzugs wieder gefährden würde.