HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Oktober 2013
14. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Zur Unvereinbarkeit von § 329 Abs. 1 S. 1 StPO mit der EMRK

Zugleich eine Besprechung der Entscheidung des OLG München vom 17.Januar 2013 -
4 StRR (A) 18/12

Von Akadem. Rat a. Z. Dr. Christoph Zehetgruber, Universität Bayreuth

I. Einführung

Die Beschäftigung mit und - um die Terminologie des BVerfG in einer für die Thematik ausgesprochen bedeutenden Entscheidung zu verwenden[1] - "Berücksichtigung" der EMRK bei der Auslegung und Anwendung nationalen Straf- und Strafprozessrechts erscheint immer noch von großer Skepsis bzw. Geringschätzung gegenüber dem allein zur autonomen Auslegung der EMRK befugten Organ, dem EGMR geprägt. Ziel des vorliegenden Beitrags ist zum einen (nochmals)[2] darzulegen, weshalb § 329 Abs. 1 S. 1 StPO in der derzeit zur Anwendung gebrachten Form konventionswidrig ist sowie den Argumenten bzw. Formalismen des OLG München und anderer, in ähnlichen Fallkonstellationen nahezu ident entscheidender OLG entgegenzutreten und aufzuzeigen, dass eine konventionsfreundliche Auslegung der Vorschrift des § 329 StPO sehr wohl "im Rahmen geltender methodischer Standards" möglich ist, da "Auslegungs- und Abwägungsspielräume" eröffnet sind.[3]

II. § 329 Abs. 1 StPO und das Recht des Angeklagten auf wirksame Verteidigung nach Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK

1. § 329 Abs.1 S. 1 StPO und dessen Auslegung im nationalen Recht

Das Regelungsziel des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO ist das Hintanhalten von Verfahrensverzögerungen, die durch "unentschuldigtes" Fernbleiben des ordnungsgemäß geladenen, über die Folgen seines Fernbleibens informierten und dennoch nicht zur Berufungsverhandlung erschienenen Angeklagten eintreten können.[4] Als Rechtsfolge bestimmt die genannte Norm, dass die Berufung des Angeklagten ohne jegliche Sachprüfung zu verwerfen

ist, eine weitere Sachaufklärung somit entfällt.[5] Rechtstechnisch geschieht dies durch die Verkündung eines (reinen) Prozessurteils,[6] welches mit Revision[7] oder Wiedereinsetzung[8] bekämpft werden kann.

Mit § 329 Abs. 1 S. 1 StPO hat sich der Gesetzgeber entschieden, das durchaus diffizile Verhältnis zwischen dem Aspekt der Erforschung der materiellen Wahrheit im Strafverfahren und dem sog. Beschleunigungsgebot, angereichert um einen nicht näher definierten Missbrauchsabwehraspekt,[9] zu Gunsten des Letztgenannten zu entscheiden, wobei an dieser Stelle das Rangverhältnis der genannten Prinzipien[10] zueinander in Frage zu stellen ist. Die Rechtsordnung, insbesondere das Strafrecht bzw. Strafverfahren als "ultima ratio" des menschlichen Rechtsgüterschutzes gebietet eine möglichst genaue, keinesfalls allein von ökonomisch-zeitlichen Vorgaben bestimmte, tatsächliche wie rechtliche Auseinandersetzung mit dem zu entscheidenden Rechtsfall sowohl im Hauptverfahren wie auch in der Berufungsinstanz. Dazu zählt neben einer exakten Aufklärung der tatsächlichen Ereignisse (Sachaufklärung) zweifellos das Eingehen auf und die Auseinandersetzung mit der Verantwortung des Angeklagten. Es ist aus diesem Grund wenig einsichtig, warum dem Aspekt der zeitlichen Durchführung und Beschleunigung des Berufungsverfahrens vom Gesetzgeber der Vorrang vor dem Grundprinzip des Strafverfahrens, der Erforschung der materiellen Wahrheit, eingeräumt worden ist, wie dies in § 329 Abs. 1 S. 1 StPO in der noch geltenden Fassung zum Ausdruck gelangt, stünden doch (vgl. nur § 329 Abs. 4 StPO) dem Grunde nach ausreichende Möglichkeiten zur Verfügung, den Angeklagten vorladen oder verhaften zu lassen, ohne die Sachaufklärung gänzlich zu unterlassen und die rechtlichen Aspekte seiner Berufung zu negieren.

Von Seiten der jüngeren Rechtsprechung werden ferner die Prinzipien der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit zur Begründung der Ablehnung der Möglichkeit eines Abwesenheitsverfahrens für den Beschuldigten, der durch unentschuldigtes Fernbleiben über seine Rechte auf rechtliches Gehör und Verteidigerbeistand disponieren könnte, unter Hinweis auf die durch die gesetzliche Regelung zum Ausdruck gelangende Verhältnismäßigkeit des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO bemüht.[11] Auch diese von der Rechtsprechung wiederholt als "Strukturprinzipen des Strafprozessordnung" bezeichneten Rechtsinstitute[12] vermögen im Rahmen einer Abwägung das höherrangige Ziel des Strafverfahrens - i.S. des Grundsatzes der materiellen Wahrheitserforschung - das tatsächliche Geschehen zu eruieren, dieses unter strafrechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen und den Beschuldigten dabei, als wichtiger Teilaspekt, seine Rechte ausüben zu lassen, keinesfalls als geringer einzustufen. Unmittelbarkeit und Mündlichkeit rangieren i.d.S. unter der jedem Strafverfahren innewohnenden Suche nach dem tatsächlich Geschehenen und demzufolge rechtlich zu Folgenden, können dieses Ziel also nicht verdrängen. Darüber hinaus ist nicht einsichtig, weswegen zwar dem Prinzip der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit des Verfahrens ein so großer Stellenwert eingeräumt wird, bei Fernbleiben des Angeklagten aber nicht versucht wird, diese Unmittelbarkeit und Mündlichkeit herzustellen, sondern sogleich ein Verzicht auf jegliche mündliche und inhaltliche Verhandlung seitens des Gesetzgebers erfolgt und dem Angeklagten damit seine Verteidigungsmöglichkeiten genommen werden.

Als Begründung der Rechtsfolge des § 329 Abs.1 S. 1 StPO wird vereinzelt noch mittels einer widerlegbaren gesetzlichen Vermutung die Ansicht vertreten, ein zur Berufungsverhandlung nicht erscheinender Angeklagter wolle sein Rechtsmittel nicht weiter verfolgen,[13] was jedenfalls in Fällen eines anwesenden, vertretungsbefugten und zur Verteidigung bereiten Verteidigers nicht schlüssig zu begründen sein wird, bringt doch der abwesende Angeklagte durch die Entsendung seines Verteidigers deutlich zum Ausdruck, sein Rechtsmittel wahrnehmen zu wollen. Überwiegend geht die h.M. freilich in Bezug auf § 329 Abs. 1 S. 1 StPO davon aus, dass im unentschuldigten Nichterscheinen des Angeklagten zur Berufungsverhandlung, welches einen Verstoß gegen seine persönliche Anwesenheitspflicht darstelle, ein Verwirken seines Rechts auf Berufung zu sehen sei.[14]

Lange Zeit blieb - ungeachtet der im Jahre 1993 ihren Anfang nehmenden und sich kontinuierlich weiterentwickelnden Rechtsprechung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK und dem darin immer exakter herausgearbeiteten Recht des Angeklagten auf Vertretung durch einen Verteidiger (siehe näher unter II. 2. und 3.) - die Auslegung des § 329 Abs.1 S. 1 StPO durch die deutschen Gerichte sowie durch den Großteil der Literatur in höchstem Maße rein formalistisch, kaum die Vorgaben des EGMR in ähnlichen Fällen beachtend bzw. wurde schlicht für konventionskonform gehalten.[15] So entschied

etwa das OLG Oldenburg 1998[16] im Rahmen eines Revisionsbeschlusses (sogar unter Hinweis auf die zuvor ergangenen Entscheidungen des EGMR in den Fällen Poitrimol/Frankreich und Lala/Niederlande), dass die dort aufgestellten Grundsätze auf die deutsche Rechtslage nicht anwendbar seien, würde doch nach § 329 Abs. 1 S. 1 StPO bei Vorliegen der Umstände in den vom EGMR behandelten Fällen (anders als bei jenen) eine Verhandlung zur Sache gar nicht stattfinden und sei deshalb eine Vergleichbarkeit mit dem gegebenen deutschen Sachverhalt nicht vorhanden.[17] Ähnlich argumentierte das OLG Köln[18] in einer Revisionssache, in welcher sich der Revisionsführer (neben anderen vom EGMR entschiedenen Verfahren) auf das Urteil im Fall Poitrimol/Frankreich berief: Da diese Rechtssache ein Abwesenheitsverfahren zum Gegenstand gehabt hatte, § 329 Abs. 1 StPO aber gerade kein solches regele, das Prinzip der Waffengleicheit nach § 329 nicht berührt sei und eine Verhandlung zur Sache durch den allein erschienenen Verteidiger nicht verlangt werden könne, stelle das Vorgehen des Landgerichts, welches die Berufung verworfen habe, keinen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK dar.[19] Auch das BayObLG[20] erklärte im Wege eines eine Revision als unbegründet verwerfenden Beschlusses, der unter Hinweis auf die EGMR-Entscheidung van Geyseghem/Belgien gefällt wurde, es liege "die von der Verteidigung offenbar gesehene Inkongruenz zwischen Art. 6 Abs. 3 c MRK und § 329 Abs. 1 S. 1 StPO nicht vor" und die Revision im deutschen Verfahren habe ja auch nicht - anders als im van Geyseghem-Fall - behauptet, der zur Verteidigung betraute Rechtsanwalt sei an der Wahrnehmung seines Mandats gehindert worden; ferner habe § 329 StPO auch nichts mit dem Recht auf Beistand eines Verteidigers zu tun.[21] Diese Tendenz innerhalb der deutschen Rechtsprechung, eine möglichst von der Rechtsprechung des EGMR Abstand nehmende Haltung zu verfolgen und sich nicht mit dem Telos der einschlägigen Entscheidungen auseinanderzusetzen, gipfelte in dem (nunmehr inhaltlich) umstrittenen Beschluss des BVerfG vom 27. Dezember 2006 (Fall Neziraj; zur EGMR-Entscheidung dieser Rechtssache näher unter II. 2.), welcher einerseits § 329 Abs. 1 S. 1 StPO als mit dem Recht auf effektive Verteidigung i.S. des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG für vereinbar erklärte, den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) als gewahrt ansah und § 329 auch als mit Art. 6 Abs. 3 lit. c der EMRK für vereinbar erklärte,[22] und die Revision des Antragsstellers als offensichtlich unbegründet verwarf. Darauf bezogen sich in weiterer Folge das OLG Düsseldorf[23] in einem eine Revision als unbegründet ablehnenden Beschluss, (der Berufungsführer hatte in der Revision die Entscheidung des EGMR im Fall Pietiläinen/Finnland zur Begründung herangezogen) sowie das OLG Hamm,[24] ebenfalls in einem eine Revision als erfolglos qualifizierenden Beschluss. Selbst nach dem Urteil des Gerichtshofs im Fall Neziraj, in welchem die Konventionswidrigkeit des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO festgestellt und Deutschland nach Art. 41 EMRK zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von € 1.000 wegen Verursachung eines immateriellen Schadens sowie zur Zahlung von € 3.500 für Kosten und Auslagen verurteilt wurde,[25] hielt das OLG München in seinem Beschluss vom 17. Januar 2013[26] unter Verweis auf die Entscheidung des BVerfG aus 2006[27] und der Beschlüsse des OLG Düsseldorf bzw. Hamm, die vor dem EGMR-Urteil im Fall Neziraj ergangen waren, fest, obwohl durch dieses richterliche Vorgehen eine weitere Verurteilung Deutschlands durch den EGMR auf Grund der Konventionswidrigkeit des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO nur noch eine Frage der Zeit sein dürfte.

2. Die einschlägige Judikatur des EGMR zu Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK, insbesondere der Fall Neziraj/Deutschland, sowie ihre Auswirkungen für § 329 Abs. 1 S. 1 StPO

In der Rechtsprechung des EGMR ist das Recht eines Angeklagten, einer Verhandlung sowohl in erster Instanz als auch im Rechtsmittelverfahren persönlich fern bleiben und dennoch von einem Verteidiger wirksam vertreten werden zu können, bereits seit der Leitentscheidung Poitrimol/Frankreich vom 23. November 1993[28] als Grund-

satz verankert, und mit unterschiedlichen argumentativen Konturierungen auf ähnliche Sachverhalte angewendet, zur ständigen Rechtsprechung des EGMR geworden.[29] So entschied der EGMR im Fall Lala/Niederlande, dass es zwar im Interesse eines fairen Strafverfahrens liege, dass der Beschuldigte in der Hauptverhandlung wie auch im Rechtsmittelverfahren anwesend sein solle; von "entscheidender Wichtigkeit" sei jedoch die Tatsache anzusehen, dass der Beschuldigte sowohl in erster Instanz als auch im Rechtsmittelverfahren angemessen verteidigt sei.[30] Im Urteil van Geyseghem/Belgien bejahte der EGMR ebenfalls einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK (mit 16:1 Stimmen), da es auch hier dem Anwalt, der in Abwesenheit der Beschuldigten aufgetreten war, nicht erlaubt worden war, diese zu verteidigen.[31] Explizit nahm der Gerichtshof auf die Vorentscheidungen Poitrimol und Lala Bezug, stellte deren Vergleichbarkeit mit dem Fall van Geyseghem fest und bekräftigte, dass der Gesetzgeber zwar dem unentschuldigten Nichterscheinen eines Beschuldigten vor Gericht zu begegnen habe, dass dies jedoch nicht den Verlust des Rechts auf Beistand eines Verteidigers rechtfertige, habe das Recht auf wirksame Verteidigung doch Vorrang vor jenem auf Anwesenheit des Beschuldigten im Verfahren.[32] Dieselbe Tendenz verfolgte der EGMR auch in der sog. Krombach-Entscheidung.[33] Ganz auf der soeben skizzierten Linie sprach der EGMR aus, dass die Tatsache, dass es sich im Fall Krombach um ein Schwurgerichtsverfahren handle, für ihn keinen Grund bilde, vom eingeschlagenen Weg des Vorrangs des Verteidigungsrechts vor der Anwesenheitspflicht des Angeklagten abzuweichen.[34] Zwar gelte das Recht des Angeklagten, sich von seinen Verteidigern verteidigen zu lassen, nicht absolut, doch verliere es ein Angeklagter nicht allein deshalb, weil er in der Hauptverhandlung nicht erscheine.[35] Der Gesetzgeber dürfe das Ausbleiben ahnden, jedoch nicht durch Einschränkung des Rechts auf Beistand durch einen Verteidiger, (verstanden als Vertretung und Verteidigung),[36] dies sei unverhältnismäßig und damit konventionswidrig.[37] In exakt dieselbe Kerbe schlug die Entscheidung Pietiläinen/Finnland, die feststellte, dass - solange die Anwesenheit des Beschuldigten nicht zwingend erforderlich sei - dieser einen Anspruch darauf habe, von seinem Verteidiger (sowohl in erster Instanz wie auch im Rechtsmittelverfahren[38]) verteidigt und vertreten zu werden, ob er nun entschuldigt oder unentschuldigt (arg. "even in the absence of an excuse") abwesend sei.[39] Die Konventionsstaaten dürften zur Erzwingung der Anwesenheit nicht so weit gehen, dass sie dem Beschuldigten alle Verteidigungsmöglichkeiten nehmen, indem sie sein Rechtsmittel ohne Prüfung in der Sache verwerfen.[40] Sollte die Anwesenheit des Beschuldigten unentbehrlich für den Verlauf des Verfahrens sein, so müsse zu anderen Mitteln als der Verwerfung des Rechtsmittels gegriffen werden; da dies nicht geschehen sei, liege ein Verstoß gegen die EMRK vor.[41]

Die soeben in gebotener Kürze dargestellte ständige Rechtsprechung des EGMR in Bezug auf die Frage der Verteidigung und Vertretung eines unentschuldigt im Haupt- wie Rechtsmittelverfahren abwesenden Angeklagten konnte und kann - wie von Meyer-Mews bereits 2002 aufgezeigt - eine Art "Allgemeingültigkeit" für alle Vertragsstaaten der EMRK beanspruchen, war sie doch gegenüber mehreren Staaten in Bezugnahme auf deren nationale Strafverfahrensordnungen ergangen und hatte die Sichtweise des EGMR hinsichtlich des Umfangs des Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK (das Recht auf [effektive]Verteidigung schließt auch ein Recht auf Vertretung des fehlenden Angeklagten durch den Verteidiger mit ein) mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht.[42] Aus diesem Grund ist es verwunderlich, weshalb - ungeachtet der nicht in Frage zu stellenden inter-partes Wirkung der Judikate des EGMR - es Deutschland auf eine Entscheidung im Fall Neziraj (hierzu sogleich) ankommen ließ, war doch Kritik hinsichtlich der Konventionswidrigkeit des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO vorhanden[43] und wäre eine konventionskonforme Auslegung oder ein Eingriff des Gesetzgebers durchaus möglich gewesen.

Durch die Entscheidung im Fall Neziraj/Deutschland vom 8. November 2012[44] hat der EGMR nun auch (in Fortsetzung und unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung) für das deutsche Recht eindeutig klargestellt, dass die Berufung eines Angeklagten, der zwar nicht in personam, als sein Vertreter aber ein vertretungswilliger und -befugter Verteidiger erscheint, nicht ohne Verhandlung zur Sache i.S. des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO verworfen werden darf, da dies eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts auf wirksame Verteidigung darstellt.[45] Zwar sei es richtig, dass das Erscheinen eines Angeklagten vor Gericht (auch in der Berufungsinstanz, in welcher sich der vorliegende Fall ereignet hatte) eine große Bedeutung für das Strafverfahren habe, doch könne dieses - gewissermaßen janusköpfige - Institut der "persönlichen Anwesenheit", welches sowohl aus einer Pflicht zur Anwesenheit als auch aus einem Recht zur solchen und zusätzlich aus dem Recht, sich wirksam verteidigen und auch vertreten zu lassen, bestehe, nicht so verstanden werden, dass bei freiwilliger Abwesenheit die Pflicht zur Anwesenheit das Recht, sich verteidigen und vertreten zu lassen, überwiege.[46] Vielmehr gehe das letztgenannte vor, der Angeklagte verliere dieses Recht nicht dadurch, dass er nicht zur Verhandlung erscheine und ein vollkommender Verlust des Verteidigungsrechts (welchen der EGMR bereits in Pietiläinen/Finnland[47] und nun nochmals in Z. 49, 54 und 55 der Entscheidung Neziraj/Deutschland mit "Beraubung des Rechts auf Verteidigung" titulierte[48]) wie von § 329 Abs. 1 S. 1 StPO vorgesehen, sei - ganz i.S. einer bei Verfahren nach Art. 6 EMRK gebotenen Gesamtbetrachtung[49] - ein derart schwerwiegender Verstoß gegen Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK, dass er das Verfahren unfair mache.[50] Der Gesetzgeber könne Schritte gegen das ungerechtfertigte Fernbleiben von Angeklagten setzen, diese dürften jedoch nicht den soeben aufgezeigten Schweregrad hinsichtlich des Verteidigungsrechts erreichen (Z. 47 und 54 der Neziraj-Entscheidung).[51] Zudem hielt der EGMR fest, dass die Berufungsverhandlung die letzte nationale Instanz gewesen war, in welcher der Fall auf tatsächliche wie rechtliche Fragen vollständig untersucht werden konnte, und dennoch der Verteidiger des Beschwerdeführers nicht berechtigt war, diesen ohne einen Entschuldigungsgrund zu vertreten.[52] Der Gerichtshof klassifizierte den Fall Neziraj daher als vergleichbar mit den oben genannten sowie weiteren, ähnlich gelagerten Fällen, wendete die daraus abgeleiteten Grundsätze an und verurteilte Deutschland folgerichtig wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK.[53] Somit stand (spätestens) seit dem Neziraj-Urteil die Konventionswidrigkeit des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO in der derzeit geltenden Anwendungspraxis fest.[54]

3. Zwischenfazit

Die Rechtsprechung des EGMR in Bezug auf § 329 Abs. 1 S. 1 StPO ist als eindeutig zu bezeichnen, die Argumentationen der nationalen Gerichte, es sei keine Anwendbarkeit des Art. 6 EMRK gegeben, da überhaupt keine Verhandlung stattfinde, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen sogleich ein Verwerfungsurteil ergehe, gehen insoweit ins Leere, als dieser Umstand in keiner Weise dem vom Gerichtshof in seiner Rechtsprechung herausgearbeiteten Sinn des Art. 6 EMRK entspricht und nur den Verlust der Verteidigungsrechte des Angeklagten - sogar ohne eine vorherige Verhandlung - als quasi "automatische" Rechtsfolge dokumentiert. Sich insoweit auf den rein formalistischen Standpunkt des "Nichtvorhandenseins" einer Verhandlung zurückzuziehen, um so zu versuchen, Art. 6 EMRK den Bezugspunkt zu nehmen, kann - schon unter Berücksichtigung auf den klaren Wortlaut des Neziraj-Urteils[55] - nicht überzeugen, drückt die Skepsis der nationalen Gerichte gegenüber der Konvention und dem EGMR jedoch sehr deutlich aus. Auch die Rechtsprechung des BVerfG ist in Bezug auf die EMRK und deren Geltung im nationalen Recht nicht hinreichend klar: Zwar wird in der Leitentscheidung Görgülü die "Berücksichtigung" der EMRK (wobei damit ein bloßes "Auseinandersetzen" mit der Entscheidung, nicht eine Umsetzung derselben gemeint ist) sowie deren völkerrechtliche Verbindlichkeit betont, jedoch zugleich mithilfe und innerhalb "des Rahmens der geltenden methodischen Standards" samt deren "Auslegungs- und Abwägungsspielräumen" ein Vorbehalt gegen die konventionskonforme Auslegung des nationalen Rechts eingezogen, der zumindest hinsichtlich des "einfachen" Rechts von den Gerichten beinahe ausschließlich zu Ungunsten der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR ausgelegt wird. Diese Negierung völkerrechtlicher Verbindlichkeiten, die Mindeststandards im Menschenrechtsschutz darstellen und von den Vertragsstaaten freiwillig durch Unterwerfung unter das Regelungsregime der EMRK angenommen wurden, ist in ihrer Konsequenz abzulehnen, haben doch sowohl der Gesetzgeber als auch Gerichte und Behörden nicht sehenden Auges gegen verbindliches Recht zu verstoßen bzw. bereits durch den EGMR festgestellte Verstöße gleichsam zu zementieren. Die mangelnde Bereitschaft der nationalen Gerichte, sich tatsächlich mit den Judikaten des EGMR

zu beschäftigen und sich auch an einer konventionskonformen Auslegung zu versuchen, war - ausgedrückt durch den Inhalt ihrer Beschlüsse - bereits vor der nun zu besprechenden Entscheidung des OLG München offenkundig. Eine Berücksichtigung der klaren EGMR-Judikatur i.S. der EMRK (seitens der Gerichte oder des Gesetzgebers) hätte eine Verurteilung im Fall Neziraj jedenfalls verhindert; die Verurteilung Deutschlands war auf Grund der langjährigen, gefestigten Rechtsprechung vorhersehbar.[56] Mit dem Beschluss des OLG München hat die Diskussion um § 329 Abs. 1 S. 1 StPO nun jedoch einen weiteren - als völkerrechtlicher Sicht höchst interessanten, wenngleich in mehrfacher Hinsicht zu hinterfragenden - Höhepunkt erfahren.

III. Die Entscheidung des OLG München vom 17. Januar 2013 - 4 StRR (A) 18/12

1. Ausgangsposition

Der zu besprechenden Entscheidung des OLG München lag ein durch das AG Landshut entschiedener Fall einer vorsätzlichen Körperverletzung zu Grunde, wobei der in erster Instanz zu drei Monaten Haft Verurteilte Berufung gegen das Urteil einlegte. Trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin der Berufungsverhandlung vor dem LG Landshut erschien der Angeklagte zu jenem nicht, jedoch seine mit einer Vollmacht zur Vertretung und Verteidigung ausgestattete Verteidigerin, die ausdrücklich ihre Bereitschaft zur Verteidigung erklärte. Das LG Landshut verwarf gem. § 329 Abs. 1 S. 1 StPO daraufhin die Berufung und führte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR aus, eine konventionsfreundliche Auslegung der Norm des § 329 sei entgegen dem Wortlaut nicht möglich. Das OLG München als Revisionsgericht bestätigte die Entscheidung des LG Landshut und führte darüber hinaus aus, der EGMR verkenne in der Entscheidung Neziraj/Deutschland, auf welche der Revisionsführer explizit verwies, das Regelungsgefüge der Vorschrift des § 329 StPO und die Stellung des Strafverteidigers im deutschen Strafprozessrecht. Selbst bei vom OLG München (hypothetisch) angenommener Konventionswidrigkeit des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO sei die Vorschrift auf Grund ihres eindeutigen Wortlauts von deutschen Gerichten auf Grund der Gesetzesbindung der Art. 20 Abs. 3 und 97 Abs. 1 GG im konkreten Fall anzuwenden; eine auf die Konventionswidrigkeit der Vorschrift gestützte Revision sei damit nach § 349 Abs. 2 StPO offensichtlich unbegründet.[57]

2. Die Argumente des OLG München im vorliegenden Fall

Das OLG München nahm im konkreten Fall an, eine konventionskonforme Auslegung des  § 329 Abs. 1 StPO sei auf Grund des "eindeutigen" Wortlauts der Vorschrift nicht möglich und verwies hierbei in allgemeiner Weise auf Urteile des BVerfG sowie des BGH, in welchen festgehalten wurde, dass die Grenzen der konventionskonformen Auslegung dort erreicht seien, wo diese nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation nicht mehr vertretbar erscheine[58] oder der Auslegung der Wille des nationalen Gesetzgebers in der Gestalt von bestehendem Gesetzesrecht entgegenstünde.[59] Zur Stützung dieser Argumentationslinie bemühte das OLG ferner die ständige Rechtsprechung des BVerfG hinsichtlich der Bindung an Richtlinien der EU und der Rechtsprechung des EuGH.[60] Sodann kam es zum Schluss, dass "die Anwendung dieser Grundsätze" (damit auch der "Grundsätze" der Judikatur des BVerfG zu rein europarechtlichen Fragen!) für den vorliegenden Fall bedeute, dass "§ 329 Abs. 1 S. 1 StPO nicht entgegen seinem eindeutigen Wortlaut ausgelegt werden kann" und nur im Falle des § 411 Abs. 2 S. 1 StPO eine Vertretung des Angeklagten durch seinen Verteidiger zulässig sei.[61]

Gewissermaßen als "Hilfsargument" erklärte das OLG München schließlich en passant und unter Verweis auf den Beschluss des OLG Hamm (oben unter II. 1.), dass selbst im Falle einer konventionsfreundlichen Auslegung die Verteidigerin, welche eine schriftliche Vertretungsvollmacht vorlegte, nicht berechtigt gewesen wäre, den Angeklagten zu vertreten, handelte es sich bei der vorgelegten Vollmacht doch um eine solche, welche ihrem Wortlaut nach auf die Fälle des § 411 Abs. 2 StPO beschränkt sei, und daher habe es im gegebenen Fall jedenfalls am Erfordernis der "besonderen schriftlichen Vertretungsvollmacht" gefehlt.[62]

3. Kritische Besprechung der Entscheidung des OLG München

Der vorliegende Beschluss des OLG München ist in mehrfacher Hinsicht als erstaunlich zu bezeichnen; er ist jedenfalls in der Sache verfehlt. Zuallererst muss die vom Gericht am EGMR geübte Kritik in den Blick genommen werden: Aus der Tatsache, dass der EGMR im Fall Neziraj eine Konventionswidrigkeit des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO festgestellt hat, den Schluss zu ziehen, dies liege an einer "Verkennung des Regelungsgefüges jener Vorschrift und der Stellung des Verteidigers im deutschen Strafprozessrecht" zeugt von einer grundlegenden Einstellung und Ablehnung gegenüber dem Gerichtshof, der als einziges Organ befugt ist, die EMRK verbindlich auszulegen,[63] und zusätzlich von einer recht deutlichen Negierung des Problems der festgestellten Konventionswidrigkeit der

Norm, mit welcher sich das OLG München nicht abfinden will.

Die vom OLG München zur Stützung seiner Argumentation ins Spiel gebrachte Gesetzesbindung verkehrt sich bei genauerer Betrachtung ins Gegenteil dessen, was die Intention des Gerichts war, ist es doch (wie vom OLG selbst explizit festgehalten) ebenso wie an § 329 Abs. 1 S. 1 StPO auch an die EMRK (in der Gestalt des Textes sowie der Auslegung des Inhalts ihrer Normen durch den EGMR) im Rahmen der Art. 20 Abs. 3 und 97 Abs. 1 GG und Art. 46 EMRK gebunden[64], und hätte somit - da diese beiden Gesetze nach Meinung des OLG anscheinend miteinander in Konkurrenz stehen - zu versuchen gehabt, jene "nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung" miteinander in Einklang zu bringen, was jedoch nicht einmal ansatzweise geschehen ist.

Der Verweis, eine konventionsfreundliche Interpretation "entgegen dem eindeutigen Wortlaut" des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO sei nicht möglich, geht gleichfalls fehl. Zusätzlich zu der - vom OLG München ausschließlich bemühten - wenngleich nicht die Gesamtheit der Norm des § 329 StPO sowie deren Systematik noch den exakten Wortlaut (samt Verweis auf Ausnahmen) berücksichtigenden - Wortlautinterpretation existieren noch andere und keineswegs zu vernachlässigende "anerkannte Methoden der Gesetzesauslegung", wie etwa die teleologische Interpretation einer oder mehrerer im Zusammenhang stehender Vorschriften. Sofern die Norm des § 329 StPO im Widerstreit mit der Judikatur des EGMR, somit dem Inhalt der EMRK, steht, mithin also zwei formell gleichrangige Gesetze miteinander konkurrieren, stellt sich die Frage nach der Lösung dieses Konflikts, wobei dies jedoch keinesfalls nur nach dem (bei einer dieser Normen nicht vorhandenen) Wortlaut geschehen darf. Insofern - wie das OLG München in seinem Beschluss vorgeht - allein auf den Wortlaut des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO abzustellen, und zusätzlich diesem mit dem Scheinargument, der "Wille des nationalen Gesetzgebers in der Gestalt von bestehendem Gesetzesrecht stünde einer konventionskonformen Auslegung entgegen" den Vorzug zu geben, verkennt den Bedeutungsinhalt der Gesetzesbindung, die keinesfalls zwingend bei zwei sich (scheinbar) widersprechenden Normen eine zugunsten der nationalen Norm aufzulösende "einseitige" ist; so verfährt aber das OLG München, wenn es den Grundsatz der Gesetzesbindung undifferenziert und unbegründet zu Gunsten der nationalen Norm des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO auslegt.[65] Zu ergänzen ist darüber hinaus, dass im vorliegenden Fall wegen der Berührungspunkte mit verbindlichem Völkervertragsrecht im Kollisionsfall der Wille des nationalen Gesetzgebers nicht allein den Ausschlag bei der Anwendung des maßgeblichen Rechts geben kann, ist doch offensichtlich auch der Wille des "Quasi-EMRK-Gesetzgebers" (des EGMR)[66] bei der Lösung der Kollisionsfrage zu berücksichtigen.

Im Übrigen stellt die EMRK kein "einfaches Bundesrecht" wie jedes andere dar; dies wird auch durch die Entscheidung des OLG München explizit nochmals bestätigt, diese der Konvention inhaltlich jedoch keineswegs gerecht, würde doch die so oft genannte, grundsätzliche Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes hier den Ausschlag zugunsten der EMRK geben. Den angesprochenen Konflikt entgegen dieser Tatsächlichkeit zu Gunsten des nationalen Rechts und ohne nähere Begründung oder den Versuch einer völkerrechtsfreundlichen Auslegung aufzulösen, missversteht insofern den hervorgehobenen Rang der EMRK in der deutschen Rechtsordnung und auch den Regelungsgehalt und die völkerrechtliche Verpflichtung Deutschlands hinsichtlich der Konvention als solche. Wenn es als Hindernis einer konventionskonformen Auslegung und damit Anwendung der EMRK nicht mehr bedürfte als den durch bestehendes (undifferenziertes) Gesetzesrecht aufgezeigten Willen des nationalen Gesetzgebers, wäre die Konvention ein Muster ohne Wert, eine bloße unverbindliche Charta, ein in Bezug auf die Durchsetzbarkeit der in ihr verankerten Mindestrechte vom Goodwill der Mitgliedstaaten abhängendes, ohne über das bloße Bekenntnis zum Schutz der Menschenrechte hinausgehendes Stück Papier, etwas, was sie in der Rechtswirklichkeit zweifellos nicht darstellt. Der EGMR entscheidet ja gerade Fälle, in welchen die Staaten eine Konformität ihres Gesetzesrechts oder des staatlichen Handelns ihrer Organe annehmen; stellt der Gerichtshof die EMRK-Widrigkeit in einem Verfahren fest, können die Staaten danach nicht mehr behaupten, die nationale Regelung sei konventionskonform gewesen, und müssen darüber hinaus Abhilfe schaffen. Die EMRK normiert Mindestmaßstäbe im Menschenrechtsschutz, die einzelnen, freiwillig beigetretenen Mitgliedstaaten sind zur Umsetzung der Entscheidungen des EGMR verpflichtet, der Weg ist ihnen dabei nicht vorgegeben, besteht allerdings primär in konventionskonformer Auslegung durch Gerichte und Behörden, die die völkerrechtliche Verpflichtung haben, eine solche zumindest zu versuchen, wollen sie dem Staat eine weitere Verurteilung durch den EGMR ersparen. Gerade dadurch, dass sich die Staaten der Judikatur des EGMR in Fragen der EMRK unterworfen haben, haben sie zum Ausdruck gebracht, dass ihr nationales Gesetzesrecht auch "von außen" überprüft werden darf (vgl. nur Art. 1 EMRK); sich im Falle der Verurteilung somit auf den Standpunkt: "Der nationale Gesetzgeber will es aber so" zurückzuziehen, vermag nicht zu überzeugen.

Systematisch-thematisch bedenklich erscheint auch das Vorgehen des OLG München, zur Stützung seiner Rechtsansicht auf eine Entscheidung des BVerfG in einer europarechtlichen Angelegenheit zurückzugreifen, stellt die durch den Europarat verabschiedete EMRK doch in keiner Weise "Europarecht" i.S. eines Rechts der Europäischen Union dar, und unterscheidet sich die EU, ihr Aufbau und ihre rechtlichen Grundlagen massiv von jenen der Konvention, sodass eine zitierte "vergleichbare Problematik" nicht gegeben, und die dergestalten Ausführungen somit an dieser Stelle gänzlich ungeeignet sind, die vorgebrachte Argumentation zu stützen.

Als Schlussbemerkung hält das OLG München in seiner Entscheidung fest, dass selbst bei "konventionsfreundlicher" Auslegung für den Revisionsführer im vorliegenden

Fall nichts gewonnen wäre, und begründet dies mit dem "schon nach ihrem Wortlaut für den Fall der Abwesenheit des Angeklagten beschränkt auf die Fälle des § 411 Abs. 2 StPO" vorgelegten schriftlichen Vertretungsvollmacht. Ein Fall des § 411 StPO sei jedoch nicht gegeben gewesen, daher habe (unter Verweis auf das OLG Hamm) die "besondere schriftliche Vertretungsvollmacht" nicht vorgelegen und die Verteidigerin sei nicht zur Vertretung des Angeklagten berechtigt gewesen. Diese Begründung des OLG München, welches sich jene des OLG Hamm (siehe oben unter II. 1.) zu eigen gemacht hat, ist mit Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK wohl nicht in Einklang zu bringen, knüpft an die überaus formalistische und restriktive Handhabung hinsichtlich der hinreichenden Vertretungsvollmacht im Rahmen des § 329 StPO an und zeigt die Tendenz der obergerichtlichen Rechtsprechung, jedenfalls an § 329 Abs. 1 S. 1 StPO in der gegenständlichen Anwendung und Form festhalten zu wollen, deutlich auf. Bereits im Lala-Fall sprach der EGMR aus, dass, damit das Recht durch einen Verteidiger verteidigt zu werden, "praktisch und wirksam ist und nicht nur theoretisch" sei, "seine Ausübung nicht an die Erfüllung ungebührlich formalistischer Bedingungen geknüpft werden" dürfe.[67] Da die Gerichte die Fairness des Verfahrens zu gewährleisten hätten, sei von ihnen sicherzustellen, dass einem "Verteidiger, der der Verhandlung zu dem offensichtlichen Zweck, den Angeklagten in seiner Abwesenheit zu verteidigen, beiwohnt, Gelegenheit gegeben wird, dies zu tun"[68]. Damit brachte der Gerichtshof schon 1994 zum Ausdruck, dass es für die Ausübung des Rechts auf Verteidigung ausschließlich auf den Zweck des Zugegenseins des Verteidigers ankomme und er eng verstandenen Formalismen, die zu einer Beschränkung oder Verhinderung des Agierens eines verteidigungs- und vertretungsbereiten Verteidigers führen, unter dem Aspekt des Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK ablehnend gegenübersteht. Im Bewusstsein dieser Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der anhaltenden Tendenz des EGMR, das Recht auf Verteidigung durchaus weit auszulegen, es sowohl als Recht auf Verteidigung als auch Recht auf Vertretung zu verstehen, und somit der Verzicht auf Anwesenheit in der Verhandlung nicht als Verzicht auf mittelbare Teilhabe an der Verhandlung durch einen Verteidiger zu werten ist,[69] erscheint die einschränkende Interpretation des OLG München (wie auch jene des OLG Hamm) als nicht konventionskonform, werden hier doch extrem formalistische Ansätze bemüht, die die Anforderungen an die Vertretungsvollmacht im Rahmen des § 329 StPO sehr hoch ansetzen. Zieht man darüber hinaus ins Kalkül, dass im Rahmen des § 411 StPO sogar die von einem Verteidiger auf Grund einer durch den Angeklagten mündlichen erteilten Vollmacht selbst unterzeichnete Vollmachtsurkunde als ausreichend für die Vertretung desselben erachtet wird,[70] erscheint es unverhältnismäßig und nicht schlüssig, in Fällen des § 329 an die Vollmachtsurkunde derartig strenge Maßstäbe anzulegen.

4. Zur Möglichkeit konventionskonformer Auslegung des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO

Anders als das OLG München ortet ein Teil der Lehre sehr wohl Raum für eine konventionskonforme Auslegung des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO, sind die geltenden nationalen Normen doch - solange methodisch vertretbar - völkerrechtsfreundlich auszulegen, um einen Konventionsverstoß Deutschlands nicht eintreten zu lassen.[71] Zutreffend führt Esser in Bezug auf § 329 Abs. 1 StPO aus, dass in ihm eine Vertretung des Angeklagten nicht ausgeschlossen, sondern in Fällen, "in denen dies zulässig ist", erlaubt sei, sodass eine Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR keine Schwierigkeiten bereitet.[72] Durch diese wird ein Fall erzeugt, in welchem eine Abwesenheitsverhandlung durchgeführt werden darf: Immer dann, wenn der Beschuldigte das Gericht informiert, durch seinen Verteidiger vertreten werden zu wollen, sei diese Vertretung zu gewähren.[73] Es entstünden insofern keine verfassungsrechtlichen oder - auch von Esser zu Recht kritisch gesehenen - Bedenken einfachen Bundesrechts, die ein anderes Ergebnis fordern würden.[74]

Nur in engsten Ausnahmefällen könnte - sofern es etwa für die Sachaufklärung unerlässlich erscheine[75] - die Anwesenheit des Angeklagten mit milderen (Zwangs‑)Mit­teln als der generellen Verwerfung seiner Berufung herbeigeführt werden,[76] ansonsten eine Konventionswidrigkeit drohe.[77] Auch ein Größenschluss a maiore ad minus streitet für eine Vereinbarkeit der EMRK mit dem Wortlaut des einschlägigen Bundesrechts, denn wenn die Konvention schon auf Grund der Verfassung in einem Maße Beachtung finden muss, dass sie am Vorrang des Gesetzes teilhat und von der Rechtsprechung zu beachten ist, so spricht umso mehr dafür, eine Berücksichtigung der EMRK für mit dem Wortlaut des einschlägigen Bundesrechts vereinbar zu halten, selbst wenn dieser Wortlaut ausdrücklich auf eine (abweichende) gesetzliche Regelung verweist.[78]

Eine Aufspaltung des Verteidigungs- und Vertretungsrechts i.S. des Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK auf Ebene des nationalen Rechts in eine "Verhandlung zur Sache", die bei Abwesenheit des Angeklagten nicht stattfinden dürfe

und eine Erörterung von Rechtsfragen, welche auch mit dem Verteidiger allein und ohne Vertretungsvollmacht i. S. einer konventionsfreundlichen Auslegung des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO durchgeführt werden könne, (wie von Lampe propagiert)[79] entspricht in keiner Weise dem weiten Verständnis des EGMR in Bezug auf diese Teilgewährleistung des fairen Verfahrens[80] und ist als Versuch der Umdeutung der klaren inhaltlichen Entscheidung des Gerichtshofs im Fall Neziraj zu werten.

IV. Schlussbetrachtung und Fazit

§ 329 Abs. 1 S. 1 StPO ist in der derzeit geltenden Anwendungspraxis konventionswidrig. Der EGMR hat in seiner Entscheidung Neziraj/Deutschland seine bereits seit langem bestehende Rechtsprechungslinie beibehalten, dem Angeklagten eine stärkere Verfahrensposition als im deutschen Recht zuzubilligen, sodass das Recht auf Verteidigung i.S. des Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK als ein Recht auf Verteidigung und Vertretung verstanden werden muss. Subtile Unterscheidungen zwischen einer in freiwilliger Abwesenheit des Angeklagten zulässigen "Erörterung von Rechtsfragen" im Rahmen des § 329 Abs.1 S. 1 StPO durch den Verteidiger und einer als nicht zulässig erachteten "Verhandlung zur Sache" in ebensolcher Abwesenheit entsprechen keineswegs dem Telos dieser Entscheidung und sind in ihr nicht intendiert. Deutschland ist an das klare Urteil des EGMR gebunden; anders als der insofern die Bedeutung des Urteils Neziraj verkennende Beschluss des OLG München wäre es (spätestens) jetzt - jedenfalls bis zu einer wohl tunlichen gesetzgeberischen Lösung - Aufgabe der Gerichte, § 329 Abs. 1 S. 1 StPO konventionskonform auszulegen. Dies wäre - entgegen der Rechtsansicht der genannten OLG - sehr wohl und ohne Schwierigkeiten möglich. In der Entscheidung des OLG München liegt somit in Verkennung der aus mehreren Ebenen bestehenden Rechtslage ein weiterer Verstoß gegen die EMRK,[81] der - sofern das BVerfG eine etwaige Verfassungsbeschwerde hinsichtlich dieses Beschlusses annehme würde - von jenem noch im innerstaatlichen Rechtsweg problematisiert werden könnte.[82] Sollte dies nicht geschehen, wird Deutschland neuerlich vom EGMR verurteilt werden.

Darzulegen, welche weiteren, durchaus weitreichenden Folgen die Entscheidung Neziraj/Deutschland durch den EGMR sowie jene des OLG München für das deutsche Strafprozessrecht in Zukunft zeitigen könnten, würde den Rahmen des vorliegenden Beitrags übersteigen und kann daher nicht mehr dessen Ziel sein; zu nennen seien nur Überlegungen zur (möglicherweise weiter zu fassenden) Abwesenheit des Angeklagten auch in der 1. Instanz, zur Konventionskonformität des § 329 Abs. 2 S. 2 StPO oder zur Abwesenheit im OWi-Verfahren, die aus dem Blickwinkel der Neziraj-Entscheidung des EGMR als mögliche "Baustellen" im Verfahrensrecht angesehen werden könnten.[83]

Aus Gründen der Rechtssicherheit - sowohl für die Rechtsanwender als auch -unterworfenen - könnte sich der Gesetzgeber zur Reformierung der einschlägigen Vorschriften der StPO durchringen.[84] Ob dies jedoch tatsächlich erfolgt, darf angesichts der derzeit aufgezeigten nationalen Meinung zur Bedeutung der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR bezweifelt werden.


[1] BVerfG NJW 2004, 3407, 3410, 3411 (Görgülü) = HRRS 2004 Nr. 867.

[2] So bereits Meyer-Mews NJW 2002, 1928, 1929; vorausschauend, wenngleich kritisch LR-StPO/Esser, 26. Aufl. (2012) EMRK Art. 6 Rn. 708 - 710.

[3] Vgl. BVerfG NJW 2004, 3407, 3411 (Görgülü) = HRRS 2004 Nr. 867.

[4] BeckOK-StPO/Eschelbach, 15. Aufl. (2012) § 329 Rn. 1; KK-StPO/Paul 6. Aufl. (2008) § 329 Rn. 1; LR-StPO/Gössel 26. Aufl. (2012) § 329 Rn. 1; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 55. Aufl. (2012) § 329 Rn. 2.

[5] BeckOK-StPO/Eschelbach § 329 Rn. 1 (Fn. 4); LR/Gössel (Fn. 4) § 329 Rn. 60, 61.

[6] KK/Paul (Fn. 4) § 329 Rn. 14; LR/Gössel (Fn. 4) § 329 Rn. 69.

[7] Vgl. allgemein dazu nur BeckOK-StPO/Eschelbach (Fn. 4) § 329 Rn 55 ff.; KK/Paul (Fn. 4) § 329 Rn. 14, 22; LR/Gössel (Fn. 4) § 329 Rn. 95 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt (Fn. 4) § 329 Rn. 48 ff.

[8] Vgl. allgemein dazu nur KK/Paul (Fn. 4) § 329 Rn. 23, 24; LR/Gössel (Fn. 4) § 329 Rn. 111 ff.; Meyer-Goßner/Schmitt (Fn. 4) § 329 Rn. 40 ff.

[9] So etwa BeckOK-StPO/Eschelbach (Fn. 4) § 329 Rn. 1.

[10] BeckOK-StPO/Eschelbach (Fn. 4) § 329 Rn. 6 spricht zutreffend von einem "Spannungsverhältnis zwischen dem Verfahrenszweck und dem Interesse an Prozessökonomie"; KK/Paul (Fn. 4) § 329 Rn. 1.

[11] BVerfG StraFo 2007, 190, 192 (Neziraj); OLG Düsseldorf Beschl. v. 27.2.2012 III-2 RVs 11/12 Rn 11 und OLG Hamm Beschl. v. 14.6.2012 III-1 RVs 41/12 Rn. 8 (wörtliche Wiedergabe der Ausführungen des BVerfG in seinem Beschl. im Fall Neziraj), beide zitiert nach juris.

[12] OLG Düsseldorf (Fn. 11) Rn. 13 (wörtliche Wiedergabe der Ausführungen des BVerfG in seinem Beschl. im Fall Neziraj), zitiert nach juris; Lampe Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland, Urteil vom 8. November 2012, Nr. 30804/07, jurisPR-StrafR 5/2013 Anm. 1.

[13] OLG Köln NStZ-RR 1999, 112; BeckOK-StPO/Eschelbach (Fn. 4) § 329 Rn. 6; KK/Paul (Fn. 4) § 329 Rn. 1 mN; Meyer-Goßner/Schmitt (Fn 4) § 329 Rn. 2 mN.

[14] OLG Köln (Fn. 13) NStZ-RR 1999, 112; KK/Paul (Fn. 4) § 329 Rn. 1 mN; LR/Gössel (Fn. 4) § 329 Rn. 77 mN in Fn. 291; Meyer-Goßner/Schmitt (Fn. 4) § 329 Rn. 2.

[15] BeckOK-StPO/Eschelbach (Fn. 4) § 329 Rn. 7; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 707; Meyer-Goßner/Schmitt (Fn. 4) § 329 Rn. 2, 15; Lampe Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 12), jurisPR-StrafR 5/2013 Anm. 1.

[16] OLG Oldenburg NStZ 1999, 156; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 705.

[17] OLG Oldenburg (Fn. 16) NStZ 1999, 156; Meyer-Mews NJW 2002, 1928, 1929.

[18] OLG Köln (Fn. 13) NStZ-RR 1999, 112; Meyer-Mews NJW 2002, 1928, 1929.

[19] OLG Köln (Fn. 13) NStZ-RR 1999, 112; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 705; Meyer-Mews NJW 2002, 1928, 1929.

[20] BayObLG NStZ-RR 2000, 307 f.

[21] BayObLG NStZ-RR 2000, 308; Meyer-Mews NJW 2002, 1928, 1929.

[22] Siehe BVerfG StraFo 2007, 190, 194 (Neziraj) sowie die zusammenfassende Wiedergabe der betreffenden Teile dieses Beschlusses in den Entscheidungen des OLG Düsseldorf (Fn. 11) Rn. 6, 12 - 14, zitiert nach juris sowie OLG Hamm (Fn. 11) Rn. 6, 8 und 9, zitiert nach juris; Lampe Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 12), jurisPR-StrafR 5/2013 Anm. 1; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art 6. Rn. 706 mN in Fn. 1760, der darauf hinweist, dass das BVerfG nach § 93b BVerfGG einen Nichtannahmebeschluss gefällt hatte, somit eine Entscheidung zur Sache nicht vornahm hat und daher die Entscheidung nicht Rechtsverbindlichkeit nach § 31 Abs. 1 BVerfGG beanspruchen kann; Grabenwarter JZ 2010, 857, 863 führt in diesem Zusammenhang schlüssig aus, dass die Bindungswirkung des § 31 Abs. 2 BVerfGG sich auch bei einer Entscheidung des BVerfG nach § 31 Abs. 1 BVerfGG auf Grund der differenten Prüfungsmaßstäbe des BVerfG und EGMR nicht auf Fragen der Konventionskonformität eines nationalen Gesetzes erstrecke, und damit als Folge keine Gesetzeskraft eines Beschlusses oder Urteils des BVerfG hinsichtlich der EMRK gegeben sein könne. Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 147; Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland, Urteil vom 8. November 2012, Nr. 30804/07, StraFo 2012, 493, 494.

[23] OLG Düsseldorf (Fn. 11), zitiert nach juris.

[24] OLG Hamm (Fn. 11), zitiert nach juris.

[25] EGMR NMLR 6/2012, 371, 372 (Neziraj/Deutschland) = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 78.

[26] OLG München Beschl. v. 17.01.2013 - 4 StRR (A) 18/12 BeckRS 2013, 03324; befürwortend Lampe Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 12), jurisPR-StrafR 5/2013 Anm. 1.

[27] BVerfG StraFo 2007, 190 ff. (Neziraj); vgl. Lampe Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 12), jurisPR-StrafR 5/2013 Anm. 1.

[28] EGMR Poitrimol v. Frankreich, Urteil vom 23. November 1993, Nr. 39/1992/384/462, ÖJZ 1994, 467. Der Gerichtshof hielt in dieser Rechtssache fest, dass ein freiwillig nicht zur Rechtsmittelverhandlung erschienener Angeklagter sich wirksam von seinem Verteidiger vertreten lassen könne, und damit, dass das Recht auf effektive Verteidigung auch das Recht auf Vertretung beinhalte; der Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK stünde dieser Ansicht nicht entgegen; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 686 Fn. 1728; Ambos ZStW 115 (2003) 583, 606; Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 147; Meyer-Mews NJW 2002, 1928; Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493.

[29] Siehe Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 147 u.V.a. die Entscheidungen Poitrimol und van Geyseghem; Gundel NJW 2001, 2380.

[30] EGMR Lala v. Niederlande, Urteil vom 22. September 1994, Nr. 25/1993/420/499, ÖJZ 1995, 196, 197.

[31] EGMR van Geyseghem v. Belgien, Urteil vom 21. Januar 1999, Nr. 26103/95, NJW 1999, 2353 .

[32] EGMR, van Geyseghem v. Belgien (Fn. 31), NJW 1999, 2353, 2354.

[33] EGMR Krombach v. Frankreich, Urteil vom 13. Februar 2001, Nr. 29731/96, NJW 2001, 2387 ff. ; Meyer-Mews NJW 2002, 1928.

[34] EGMR, Krombach v. Frankreich (Fn. 33), NJW 2001, 2387, 2391.

[35] EGMR, Krombach v. Frankreich (Fn. 33), NJW 2001, 2387, 2391; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 682.

[36] Vgl. LR/Esser (Fn. 2) Art. 6 EMRK Rn. 708.

[37] EGMR, Krombach v. Frankreich (Fn. 33), NJW 2001, 2387, 2389, 2391; Meyer-Mews NJW 2002, 1928, 1929.

[38] EGMR Pietiläinen v. Finnland, Urteil vom 22. September 2009, HRRS 2009 Nr. 981 Rn. 27; Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493 u.V.a. Pietiläinen v. Finnland; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 703.

[39] EGMR, Pietiläinen v. Finnland (Fn. 38), HRRS 2009 Nr. 981 Rn. 27; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 702; Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 147.

[40] EGMR, Pietiläinen v. Finnland (Fn. 38), HRRS 2009 Nr. 981 Rn. 27; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 704; SK-StPO/Paeffgen 4.Aufl. (2012) EMRK Art. 6 Rn. 138a; Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 147.

[41] EGMR, Pietiläinen v. Finnland (Fn. 38), HRRS 2009 Nr. 981 Rn. 28; LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 704; SK-StPO/Paeffgen (Fn. 40) EMRK Art. 6 Rn. 138a; Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 147.

[42] Meyer-Mews NJW 2002, 1928.

[43] Meyer-Mews NJW 2002, 1928, 1929; ebenso, wenngleich zeitlich gesehen "nachträglich" Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 494.

[44] EGMR Neziraj v. Deutschland, Urteil vom 8. November 2012, Nr. 30804/07, StraFo 2012, 490 ff = HRRS 2013 Nr. 69.

[45] EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 44), StraFo 2012, 490, 491, 492 = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 52, 53.

[46] EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 44), StraFo 2012, 490, 491 = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 51, 57.

[47] EGMR, Pietiläinen v. Finnland (Fn. 38), HRRS 2009 Nr. 981 Rn. 27[…]"depriving him of his right under Art. 6 § 3 of the Convention to be defended by counsel"[…].

[48] EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 44), StraFo 2012, 490, 491, 492 = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 58.

[49] Vgl. statt vieler Ambos ZStW 115 (2003) 583, 611 ff.

[50] EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 44), StraFo 2012, 490, 491, 492; NLMR 6/2012, 371, 372 = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 65 - 69.

[51] EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 44), StraFo 2012, 490, 491; NLMR 6/2012, 371, 372 = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 56.

[52] EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 44), StraFo 2012, 490, 491; NLMR 6/2012, 371, 372 = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 55.

[53] EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 44), StraFo 2012, 490, 491, 492; NLMR 6/2012, 371, 372 = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 69.

[54] Ganz in diesem Sinne Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, der davon spricht, die "Verwerfungsregel des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO" sei "faktisch obsolet"; a.A. Lampe Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 12), jurisPR-StrafR 5/2013 Anm. 1 unter Billigung der Entscheidung des OLG München.

[55] EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 44), StraFo 2012, 490, 492, Z. 60 - 63 der Entscheidung = HRRS 2013 Nr. 69 Rn. 62 - 64.

[56] Vorausschauend LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 710; Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 147.

[57] Siehe zum gesamten Absatz OLG München (Fn. 26) BeckRS 2013, 03324.

[58] BVerfG NJW 2011, 1931, 1936 = HRRS 2011 Nr. 488 Rn. 93; siehe dazu auch OLG Düsseldorf (Fn. 11) Rn. 17, zitiert nach juris.

[59] OLG München (Fn. 26) BeckRS 2013, 03324 unter Zitierung von BGH Beschl. v. 9.11.2010 - 5 StR 394/10 Rn. 32, zitiert nach juris; vgl. auch BVerfG (Fn. 1) NJW 2004, 3407, 3410, 3411 (Görgülü) = HRRS 2004 Nr. 867.

[60] OLG München (Fn. 26) BeckRS 2013, 03324.

[61] OLG München (Fn. 26) BeckRS 2013, 03324; i.d.S. auch SK-StPO/Paeffgen (Fn. 40) EMRK Art. 6 Rn. 138a.

[62] OLG München (Fn. 26) BeckRS 2013, 03324.

[63] Siehe nur Meyer-Ladewig, EMRK, 3.Aufl. (2011), Art. 19 Rn. 1.

[64] Siehe nur Meyer-Ladewig (Fn. 63) Art. 1 Rn. 4 und Art. 46 Rn. 30.

[65] Eindeutig in diesem Zusammenhang Meyer-Ladewig (Fn. 63) Art. 46 Rn. 30: Berücksichtigen der Konvention bedeute, sie auf den Fall anzuwenden, wenn nicht Verfassungsrecht entgegenstehe.

[66] Meyer-Ladewig (Fn. 63) Art. 46 Rn. 17.

[67] EGMR, Lala v. Niederlande (Fn. 30), ÖJZ 1995, 196, 197; Meyer-Mews NJW 2002, 1928.

[68] EGMR, Lala v. Niederlande (Fn. 30), ÖJZ 1995, 196, 197.

[69] LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 708 u.V.a. Pietiläinen v. Finnland in Fn. 1766.

[70] BayObLG NStZ 2002, 277; Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 494.

[71] LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 711.

[72] LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 711.

[73] LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 711; Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 148; Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 494 mN.

[74] LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 711; i.d.S. Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 494.

[75] EGMR, Pietiläinen v. Finnland (Fn. 38), HRRS 2009 Nr. 981 Rn. 28; Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 494.

[76] Grundsätzlich dafür votierend Esser/Gaede/Tsambikakis NStZ 2011, 140, 148; Lampe Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 12), jurisPR-StrafR 5/2013 Anm. 1; Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 494; skeptisch LR/Esser (Fn. 2) EMRK Art. 6 Rn. 711.

[77] Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 494.

[78] Grabenwarter JZ 2010, 857, 866.

[79] Lampe Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 12), jurisPR-StrafR 5/2013 Anm. 1.

[80] So eindeutig Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 495: Reduzierung der Verteidigung auf reine Unterstützungs- und Beistandsfunktion ist mit Rechtsprechung des EGMR unvereinbar.

[81] Vgl. zu den daraus erwachsenden möglichen Folgen bzw. zur Überwachung der Umsetzung der Urteile des EGMR im Allgemeinen nur Meyer-Ladewig (Fn. 63) Art. 46 Rn. 43 ff.

[82] Meyer-Ladewig (Fn. 63) Art. 46 Rn. 38.

[83] Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 495.

[84] So etwa der Wunsch von Püschel Anm. zu EGMR, Neziraj v. Deutschland (Fn. 22), StraFo 2012, 493, 495.