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HRR-Strafrecht
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2000
1. Jahrgang
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1. Einheit und Mehrheit der Beihilfe hängen von der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Eine Beihilfe i.S.d. § 52 StGB liegt vor, wenn der Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen Hilfe leistet. Tatmehrheit i.S.v. § 53 StGB ist anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere Taten unterstützt werden.
2. Diese Grundsätze gelten auch für die durch garantenpflichtwidriges Unterlassen geleistete Beihilfe.
1. Die gleichzeitige Anwendung alten und neuen Rechts verstößt gegen den Grundsatz strikter Alternativität (vgl. BGHSt 37, 320, 322).
2. In Fällen, in denen die Anwendung alten und neuen Rechts in Betracht kommt, ist ein Gesamtvergleich des früheren und des derzeit geltenden Rechts anzustellen; anzuwenden ist das Recht, das im konkreten Fall mit seinen Besonderheiten die mildeste Beurteilung zuläßt (BGHSt 22, 25; BGH NStZ - RR 1998, 103, 104; 105, 106).
Ein Polizeibeamter ist grundsätzlich nur im Rahmen seiner Dienstausübung Garant für strafrechtlich geschützte Rechtsgüter Dritter. Besonderheiten können sich ergeben, wenn er außerdienstlich Kenntnis von Straftaten erlangt, die während seiner Dienstausübung fortwirken. Dabei bedarf es einer Abwägung im Einzelfall, ob das öffentliche Interesse privaten Belangen vorgeht. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, ob durch die Straftat Rechtsgüter der Allgemeinheit oder des einzelnen betroffen sind, denen jeweils ein besonderes Gewicht zukommt. Dies kann auch außerhalb des Katalogs des § 138 StGB bei schweren Straftaten, und zwar auch bei Vermögensstraftaten mit hohem wirtschaftlichen Schaden oder besonderem Unrechtsgehalt, der Fall sein.
1. Die Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs im Sinne des § 316a Abs. 1 StGB setzt voraus, daß der Täter eine Gefahrenlage ausnutzt, die dem fließenden Straßenverkehr eigentümlich ist (vgl. BGHSt 6, 82, 84; 13, 27, 29 f.;)
2. Die Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs im Sinne des § 316a Abs. 1 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn lediglich die Abwehrmöglichkeiten des Kraftfahrzeugführers durch die Enge im Fahrzeug eingeschränkt sind (vgl. NStZ 1996, 389, 390). Die Neufassung der Vorschrift läßt eine erweiternde Auslegung nicht zu.
1. Setzt der Täter beim schweren Raub zur Drohung gegenüber dem Opfer eine ungeladene Pistole ein und führt er das zugehörige, aufmunitionierte Magazin in seiner Jackentasche bei sich, so verwendet er damit kein objektiv gefährliches Tatmittel im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. (BGHSt)
2. Die restriktive Abgrenzung des Merkmals des Verwendens einer Waffe hindert den Tatrichter indessen nicht, das Beisichführen eines mit Munition gefüllten, einsatzbereiten Magazins bei der Strafbemessung innerhalb des dem Täter günstigeren Strafrahmens des § 250 Abs. 1 StGB wegen der darin liegenden Gefahrensteigerungsmöglichkeit straferhöhend zu bewerten. (Bearbeiter)
Die erste - bereits tödlich wirkende - Tathandlung ist dann Teil des von mehreren verübten Angriffs, wenn diese Angreifer sich zur Auseinandersetzung entschlossen in Annäherung auf das Kampfziel befinden, um alsbald in ein Kampfgeschehen einzugreifen und dies auch können; wenn sich also die erste Gewalthandlung bereits als Teil, des ins Auge gefaßten Gesamtangriffs darstellt. Das gilt jedenfalls, solange keine wesentliche Zäsur eintritt zwischen dem Handeln des ersten Angreifers und dem der anderen.
1. Die mit der scheinbar geladenen Waffe ausgeführte Einschüchterungshandlung bei einem Bank- oder Postüberfall kann den objektiven Tatbestand der Körperverletzung erfüllen, wenn sich die Einschüchterungshandlung nicht nur auf das seelische Gleichgewicht, sondern auch auf die körperliche Verfassung der betroffenen Angestellten ausgewirkt hat (vgl. BGH NStZ 1986, 166).
2. Dient das bei Überfällen Bank- oder Postangestellten abgenötigte Verhalten ausschließlich der Sicherung des Gewahrsams an der zuvor erlangten Beute und damit der Verwirklichung der Zueignungs- bzw. Bereicherungsabsicht, so kommt § 240 StGB gegenüber den spezielleren §§ 249, 250, 253, 255 StGB keine eigenständige Bedeutung zu.
3. Ein Verhalten, das dem Rücktritt nach § 31 StGB entspricht, darf nicht strafschärfend berücksichtigt werden, wenn die verabredete Tat später dennoch ausgeführt wird.
4. Es ist der Regelfall und kein straferschwerender Umstand, daß ein Täter Bank- bzw. Postüberfälle zur Bedürfnisbefriedigung begeht und dabei zwangsläufig dritte Personen, nämlich Angestellte der Kreditinstitute, in Mitleidenschaft gezogen werden (vgl. § 46 Abs. 3 StGB).
1. Zur Verwirklichung der dritten Alternative des § 177 Abs. 1 StGB reicht es aus, daß sich der Täter bei Vornahme der sexuellen Handlungen die schutzlose Lage des Opfers bewußt zunutze macht, um den der Tat entgegenstehenden Willen des Opfers zu überwinden. Worauf die schutzlose Lage beruht, ist unerheblich. (BGHSt)
2. § 179 StGB kommt als Auffangtatbestand dann in Betracht, wenn das Opfer keinen der Tat entgegenstehenden Willen bilden kann. (BGHSt)
1. Die Tatbestandsalternative des "Eindringens in den Körper" in § 176a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist nicht auf Fälle des Vaginal-, Oral- oder Analverkehrs beschränkt. (BGH)
2. Zum minder schweren Fall des § 176a Abs. 3 StGB. (BGH)
3. Abgesehen von den Fällen des Vaginal-, Oral- oder Analverkehrs bedarf das Tatbestandsmerkmal "besonders erniedrigen" für die Annahme des Regelbeispiels der "Vergewaltigung" in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB der Prüfung und Darlegung der Einzelumstände der Tat. (BGH)
1. Auch nach neuem Recht reicht es nach dem Schutzzweck der Norm bei § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB zur Deliktsvollendung aus, daß bei gemischt genutzten Gebäuden der Brand nur den gewerblichen Teil erfaßt und dabei nicht auszuschließen ist, daß das Feuer auf den Wohnbereich übergreifen kann.
2. Anders als nach altem Recht besteht nach der deutlichen Herabsetzung der Mindeststrafe für besonders schwere Brandstiftung kein Anlaß und angesichts des klaren, mit dem anderer Strafbestimmungen übereinstimmenden neuen Gesetzeswortlauts auch keine Möglichkeit für eine restriktive, an die Grundsätze früherer Rechtsprechung anknüpfende Auslegung in dem Sinn, daß die Straftat, die durch den Brand vorbereitet werden soll, nach der Vorstellung des Täters gerade durch die akute, gemeingefährliche Brandsituation begünstigt sein müsse.
3. In Fällen, in denen der Anstifter durch verschiedene Anstiftungshandlungen jeweils weitere Personen in das Tatgeschehen verstrickt, die Tatbegehung jedoch nie selbst versucht, ist die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen gegenüber der Anstiftung zum Verbrechensversuch nicht subsidiär.