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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1036

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 212/25, Beschluss v. 26.06.2025, HRRS 2025 Nr. 1036


BGH 6 StR 212/25 - Beschluss vom 26. Juni 2025 (LG Saarbrücken)

Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe (fehlende Mitteilung von Tatzeit, Vollstreckungsstand und weiterer Vorverurteilungen).

§ 55 Abs. 1 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 25. Februar 2025 im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; insoweit ist eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet sich seine auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch und ‒ aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ‒ zu den Einzelstrafaussprüchen keinen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben. Auch die Anordnung der Maßregel nach § 63 StGB hat Bestand.

2. Die Bildung der Gesamtstrafe hält indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht hat angenommen, dass der nach der verfahrensgegenständlichen Tat vom 26. Mai 2023 ergangene Strafbefehl des Amtsgerichts Saarbrücken vom 25. Juli 2024, dem eine am 24. Mai 2023 begangene Tat zugrunde liegt, Zäsurwirkung entfaltet. Dies träfe zu, wenn der „Verurteilung“ vom 3. Juni 2023, durch die der Angeklagte wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist, nicht ihrerseits Zäsurwirkung zukäme. Da das Landgericht weder Tatzeit noch Vollstreckungsstand dieser wie der weiteren Vorverurteilungen vom 8. und vom 17. Mai 2023 mitteilt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Sachentscheidung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. September 2019 - 3 StR 341/19, Rn. 7) auch hinsichtlich der am 3. Juni 2023 abgeurteilten Tat eine Gesamtstrafenlage im Sinne des § 55 Abs. 1 StGB bestand. Den Urteilsgründen lässt sich weder entnehmen, dass diese Strafe zum maßgeblichen Zeitpunkt vollständig erledigt gewesen ist, noch beurteilen, ob die Verurteilungen vom 8. Mai 2023, vom 17. Mai 2023 und vom 3. Juni 2023 untereinander gesamtstrafenfähig sind.

b) Unter den hier gegebenen Umständen ist der Angeklagte durch die möglicherweise rechtsfehlerhaft unterlassene Einbeziehung der Strafe aus dem Erkenntnis vom 3. Juni 2023 auch beschwert. Angesichts seiner finanziellen Verhältnisse liegt eine Vollstreckung der Geldstrafe im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe nicht fern (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2022 ‒ 3 StR 189/22, Rn. 4).

3. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden. Die nachträgliche Gesamtstrafenbildung obliegt danach dem nach § 462a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht. Diesem bleibt auch die abschließende Kostenentscheidung vorbehalten.

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 1036

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede