HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 497
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 550/24, Beschluss v. 06.02.2025, HRRS 2025 Nr. 497
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 4. Juli 2024
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass er des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Herstellen jugendpornographischer Inhalte und mit Besitz jugendpornographischer Inhalte schuldig ist;
b) aufgehoben, soweit er wegen Besitzes jugendpornographischer Inhalte (Fall II.5 der Urteilsgründe) verurteilt ist; die hierfür verhängte Einzelstrafe entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen (Fall II.2 der Urteilsgründe), wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen (Fall II.1 der Urteilsgründe), wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei weiteren Fällen (Fälle II.3 und II.4 der Urteilsgründe) und wegen Besitzes jugendpornographischer Inhalte (Fall II.5 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner allgemein auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht uneingeschränkt stand. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle II.3 und II.5 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Der Angeklagte führte an einem nicht näher bestimmbaren Tag zwischen Sommer 2021 und Ende Juli 2022 mit seiner damals 14- oder 15-jährigen Tochter sexuelle Handlungen durch, unter anderem wechselseitigen Oralverkehr; von diesem Geschehen fertigte er ein Video, das er auf zwei Mobiltelefonen speicherte (Fall II.3 der Urteilsgründe). Am 14. November 2022 bewahrte er in seiner Wohnung auf einem Mobiltelefon acht aus dem Internet heruntergeladene Dateien mit jugendpornographischen Inhalten auf (Fall II.5 der Urteilsgründe).
b) Das Landgericht hat die Fälle II.3 und II.5 der Urteilsgründe als zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehend angesehen. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift das Folgende ausgeführt:
„Zutreffend hat das Landgericht die Handlung des Angeklagten im Fall 3 der Urteilsgründe unter anderem als Herstellen jugendpornographischer Inhalte gewertet. Übersehen hat es allerdings, dass der Angeklagte noch im Besitz der Dateien war, als seine diversen Mobiltelefone am 14. November 2022 sichergestellt worden sind.
Zwar verdrängt die Tathandlung des „Herstellens“ jugendpornographischer Inhalte nach § 184c Abs. 1 Nr. 3 StGB grundsätzlich diejenige der „Besitzverschaffung“ und des „Besitzes“ solcher Dateien im Sinne von § 184c Abs. 3 StGB als subsidiären Auffangtatbestand (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juli 2024 - 1 StR 101/24, Rn. 5). Denn das Herstellen dient schließlich der Begründung des Besitzes (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 - 3 StR 180/18, Rn. 15).
Da sich im vorliegenden Fall auf den sichergestellten Datenträgern des Angeklagten jedoch noch weitere inkriminierte Dateien (Fall 5 der Urteilsgründe) befanden und sich diese mit den selbst hergestellten Inhalten zu einer Tat verbinden, tritt das Dauerdelikt des Besitzes tateinheitlich neben die Herstellungstat (für § 184b StGB vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2024 - 2 StR 101/24, Rn. 6), wobei unbeachtlich ist, dass sich das inkriminierte Material auf verschiedenen Datenträgern befand (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2019 - 3 StR 264/19, Rn. 23). Für eine tatmehrheitliche Verurteilung wäre nur dann Raum gewesen, wenn sich die Verschaffenstaten bezüglich Fall 5 der Urteilsgründe hätten näher konkretisieren lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2024 - 1 StR 245/24, Rn. 6). Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Angeklagte hatte lediglich pauschal angegeben, die Dateien aus dem Internet heruntergeladen zu haben (UA S. 6).
Die tatmehrheitliche Verurteilung im Fall 5 der Urteilsgründe kann daneben nicht bestehen bleiben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juni 2024 - 4 StR 132/24, Rn. 5; vom 29. November 2023 - 3 StR 301/23, Rn. 6). Sie ist aufzuheben.“
Dem schließt sich der Senat an und ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen; der Senat schließt aus, dass sich der geständige Angeklagte wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
2. Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung der im Fall II.5 der Urteilsgründe verhängten Strafe (Geldstrafe von 70 Tagessätzen) nach sich; diese entfällt. Die Gesamtstrafe bleibt hiervon unberührt; mit Blick auf die in den verbliebenen Fällen verhängten Strafen (Freiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten, zwei Jahren und drei Monaten, einem Jahr und neun Monaten sowie neun Monaten) schließt der Senat aus, dass das Landgericht auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO; der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit dessen Kosten zu belasten.
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 497
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede