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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 534

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 36/22, Beschluss v. 24.03.2022, HRRS 2022 Nr. 534


BGH 6 StR 36/22 - Beschluss vom 24. März 2022 (LG Regensburg)

Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern (Strafzumessung: Nichtberücksichtigung des minder schweren Falls trotz einer Vielzahl gewichtiger Strafmilderungsgründe).

§ 176a Abs. 2, Abs. 4 StGB a.F.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 16. September 2021, soweit es ihn betrifft, in den Aussprüchen über die Strafe im Fall II.2c (3.4) und über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch haben die zugehörigen Feststellungen Bestand.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Regensburg zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. und die Revision des Angeklagten L. werden verworfen.

3. Der Angeklagte L. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen bandenmäßigen öffentlichen Zugänglichmachens von kinderpornographischen Schriften in Tateinheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften in 41 Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten verurteilt. Den Angeklagten L. hat es wegen bandenmäßigen öffentlichen Zugänglichmachens von kinderpornographischen Schriften in Tateinheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften in 330 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Hiergegen richten sich die jeweils auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Das Rechtsmittel des Angeklagten A. hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es wie das Rechtsmittel des Angeklagten L. ebenso unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Während die sachlich-rechtliche Überprüfung des Schuldspruchs auf die Revision des Angeklagten A. keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil aufweist, begegnet der Strafausspruch im Fall II.2c (3.4) [Tat 45] der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat ihrer Strafzumessung ohne nähere Erörterung den Regelstrafrahmen des § 176a Abs. 2 StGB - in der hier maßgeblichen, ab dem 1. April 2004 geltenden Fassung - zugrundegelegt und den minder schweren Fall aus § 176a Abs. 4 StGB aF dabei nicht erkennbar in den Blick genommen, obwohl dies angesichts der Vielzahl der vom Landgericht festgestellten gewichtigen Strafmilderungsgründe nahegelegen hätte (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 1986 - 3 StR 368/86, GA 1987, 226, und vom 27. März 1991 - 3 StR 418/90). Der Senat kann auch eingedenk der im Übrigen maßvollen Strafbemessung nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 StPO).

Die Aufhebung des Strafausspruchs in diesem Fall führt zum Wegfall auch der Gesamtstrafe. Die zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

2. Hingegen hat die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten L. weder zum Schuld- noch zum Strafausspruch einen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 534

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede