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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 402

Bearbeiter: Karsten Gaede/Sina Aaron Moslehi

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 18/22, Beschluss v. 24.02.2022, HRRS 2022 Nr. 402


BGH 6 StR 18/22 - Beschluss vom 24. Februar 2022 (LG Coburg)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird

a) das Verfahren, soweit es ihn betrifft, gemäß § 154a Abs. 2 StPO im Fall 2 der Urteilsgründe auf den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und im Fall 7 der Urteilsgründe auf den Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen beschränkt,

b) das Urteil des Landgerichts Coburg vom 21. Juli 2021, auch soweit es die nichtrevidierende Mitangeklagte betrifft,

aa) in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass schuldig sind

(1) der Angeklagte

- des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen,

- des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, Herstellen von kinderpornographischen Schriften und Besitzverschaffen an kinderpornographischen Schriften,

- des sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen,

- des Herstellens kinderpornographischer Schriften in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit Besitzverschaffen an kinderpornographischen Schriften sowie

- des Herstellens kinderpornographischer Schriften,

(2) die Mitangeklagte

- des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen,

- der Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, zum Herstellen von kinderpornographischen Schriften und zum Besitzverschaffen an kinderpornographischen Schriften,

- der Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornographischer Absicht, Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen und Beihilfe zum Herstellen und Verbreiten kinderpornographischer Schriften, sowie

- der Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen,

bb) betreffend den Angeklagten im Strafausspruch dahin geändert, dass in Fall 2 der Urteilsgründe eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in kinderpornographischer Absicht in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Herstellen und Verbreiten kinderpornographischer Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, wegen Herstellung und Verbreitung von kinderpornographischen Schriften in vier Fällen, wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornographischer Absicht, mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Herstellen und Verbreiten kinderpornographischer Schriften sowie wegen Herstellung kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die nicht revidierende Mitangeklagte hat es wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit Missbrauch von Schutzbefohlenen, wegen Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornographischer Absicht in Tateinheit mit Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, sowie mit Beihilfe zum Herstellen und Verbreiten kinderpornographischer Schriften, wegen Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes in kinderpornographischer Absicht, mit Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen sowie Herstellen und Verbreiten kinderpornographischer Schriften sowie wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch eines Kindes in Tateinheit mit Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ändert der Senat die Schuldsprüche in den Fällen 5, 6, 8, 9, 10 und 14 der Urteilsgründe entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Die Änderung erstreckt sich - soweit diese sie betrifft - gemäß § 357 StPO auf die nicht revidierende Mitangeklagte.

Der Erörterung bedarf im Übrigen nur Folgendes:

2. Der Senat beschränkt mit Zustimmung des Generalbundesanwalts das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs des Herstellens und Verbreitens kinderpornographischer Schriften in den Fällen 2 und 7 der Urteilsgründe gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf die übrigen Tatvorwürfe. Diese Entscheidung betrifft abweichend vom weitergehenden Antrag des Generalbundesanwalts nur den Angeklagten, weil das Verfahren gegen die nicht revidierende Mitangeklagte rechtskräftig abgeschlossen und eine Verfahrensbeschränkung ihr gegenüber wegen der eingetretenen Rechtskraft nicht mehr möglich ist. Eine Erstreckung gemäß § 357 StPO auf die nicht revidierende Mitangeklagte kommt bei einer Verfahrensbeschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2001 - 1 StR 98/01; vom 18. August 2009 - 1 StR 107/09; vom 2. Juli 2015 - 4 StR 101/15).

a) Die Verfahrensbeschränkung führt zu einer Änderung des Schuldspruchs auch in diesen Fällen.

Die Feststellungen in Fall 2, nach denen der Angeklagte im Frühjahr 2020 vor seiner siebenjährigen Tochter masturbierte und sie zu Manipulationen an seinem Penis aufforderte, die sie bis zum Samenerguss ausführte, tragen einen Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 176 Abs. 1 StGB aF, § 174 StGB aF). In Fall 7, in dem die Tochter in Anwesenheit der nicht revidierenden Angeklagten den Oralverkehr am Angeklagten vollzog, sind die Tatbestände des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB aF) und des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB aF) erfüllt.

b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

3. Der Strafausspruch hat weitgehend Bestand.

a) Er begegnet nur in Fall 2 durchgreifenden Bedenken, weil die Strafkammer vom höheren Strafrahmen des § 176a Abs. 3 StGB aF ausgegangen ist und es nicht fernliegt, dass sie bei Anwendung des Strafrahmens des § 176 Abs. 1 StGB aF zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre. Um jeden Nachteil des Angeklagten auszuschließen, setzt der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die Mindeststrafe von sechs Monaten fest.

b) In den übrigen Fällen wirkt sich die Schuldspruchänderung nicht auf den Strafausspruch aus. Soweit das Landgericht die Verwirklichung mehrerer Tatbestände strafschärfend berücksichtigt hat, ist dies weiterhin zutreffend.

c) Auch die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt unberührt. Angesichts der Anzahl und der Höhe der übrigen Strafen kann ausgeschlossen werden, dass das Landgericht unter Zugrundelegung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten in Fall 2 auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 402

Bearbeiter: Karsten Gaede/Sina Aaron Moslehi