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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 530

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 14/22, Beschluss v. 24.03.2022, HRRS 2022 Nr. 530


BGH 6 StR 14/22 - Beschluss vom 24. März 2022 (LG Potsdam)

Abgabe von Betäubungsmitteln und Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch (Abgrenzung: Gewahrsamsübertragung).

§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 26. Oktober 2021 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, der Verbrauchsüberlassung von Betäubungsmitteln an Minderjährige in sieben Fällen, des Besitzes von Betäubungsmitteln, des Anbaus von Betäubungsmitteln, der Bedrohung und der Körperverletzung in zwei Fällen schuldig ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in acht Fällen, wegen Besitzes von Betäubungsmitteln, wegen Anbaus von Betäubungsmitteln, wegen Bedrohung und wegen Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung zweier früher gegen ihn verhängten Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und drei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO; sie führt lediglich zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO.

Der Generalbundesanwalt hat insoweit in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte in den Fällen 1 bis 7 der Anklage nicht der Abgabe, sondern der Verbrauchsüberlassung von Betäubungsmitteln an Jugendliche strafbar gemacht.

Eine Abgabe von Betäubungsmitteln im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG ist jede Gewahrsamsübertragung an eine andere Person zur freien Verfügung. An einer solchen fehlt es, wenn der Suchtstoff zum sofortigen Gebrauch an Ort und Stelle hingegeben wird; in dieser Konstellation ist vielmehr die Tatbestandsvariante des Überlassens zum unmittelbaren Verbrauch einschlägig (vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2021 - 3 StR 19/21, juris Rn. 8; Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 29 Rn. 1205; vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 12. September 1996 - 4 StR 173/96, NStZ 1997, 89, 90). So liegt der Fall hier. Der Angeklagte übergab bei den Taten 1 bis 7 die Betäubungsmittel an die Personen N., S., K. und Ne. jeweils in seiner Wohnung zum sofortigen Konsum in seinem Beisein (UA S. 7 f. i.V.m. S. 12).

Der Senat kann den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst abändern. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Eingedenk des unveränderten Strafrahmens (§ 29a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BtMG) und der sonstigen Umstände ist auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung geringere Strafen festgesetzt hätte.“ Dem schließt sich der Senat an.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 530

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede