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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1034

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 292/21, Beschluss v. 27.07.2021, HRRS 2021 Nr. 1034


BGH 6 StR 292/21 - Beschluss vom 27. Juli 2021 (LG Nürnberg-Fürth)

Urteilsgründe (lückenhafte Beweiswürdigung; Darstellung der Ergebnisse einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung; kein Beruhen des Urteils auf Darstellungsmangel bei Fülle sonstiger Beweisanzeichen).

§ 267 StPO; § 337 Abs. 1 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Werden die Urteilsgründe den an die Darstellung der Ergebnisse einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung zu stellenden Anforderungen nicht gerecht, ist der Schuldspruch nicht rechtsfehlerhaft, wenn angesichts der Fülle der für die Täterschaft des Angeklagten sprechenden sonstigen Beweisanzeichen ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf dem Darstellungsmangel beruht.

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten M. wird der Tenor des angefochtenen Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. Dezember 2020 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit Sich-Bereiterklären zu einem Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt ist.

Die weitergehende Revision dieses Angeklagten und die Revision der Angeklagten D. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.

Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihres Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Mordes und wegen Sich-Bereiterklärens zu einem Mord zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtfreiheitsstrafe und die Angeklagte D. wegen Anstiftung zum Mord in Tateinheit mit versuchter Anstiftung zum Mord zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten M. erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie ebenso wie die mit der Sachrüge geführte Revision der Angeklagten D. unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Beweiswürdigung enthält keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die Urteilsgründe den an die Darstellung der Ergebnisse einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung zu stellenden - geringen - Anforderungen nicht gerecht werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2020 - 6 StR 211/20; vom 20. November 2019 - 4 StR 318/19, NJW 2020, 350; vom 28. August 2018 - 5 StR 50/17, BGHSt 63, 187, 189). Denn die Schwurgerichtskammer hat sich insoweit im Wesentlichen auf die Mitteilung beschränkt, dass ausweislich des Gutachtens eine „Vielzahl der untersuchten Proben aus dem Auto individualspezifisch sind und nach einem Vergleich ohne vernünftigen Zweifel“ dem Tatopfer zugeordnet werden könnten. Es fehlen Angaben dazu, mit welcher „Wahrscheinlichkeit“ die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist (vgl. BGH, aaO).

Der Senat kann jedoch angesichts der Fülle der für die Täterschaft des Angeklagten sprechenden sonstigen Beweisanzeichen ausschließen, dass das Urteil auf dem Darstellungsmangel beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Darüber hinaus ist den diesbezüglichen Ausführungen der Schwurgerichtskammer trotz des Rechtsfehlers nicht jegliche Bedeutung abzusprechen (vgl. LR-StPO/Sander, 27. Aufl., § 261 Rn. 167 mwN).

2. In Einklang mit den Ausführungen des Generalbundesanwalts hält der Schuldspruch gegen den Angeklagten M. insoweit rechtlicher Prüfung nicht stand, als die Schwurgerichtskammer angenommen hat, der Mord stehe in Tatmehrheit mit dem Sich-Bereiterklären zum Mord. Denn nach den rechtsfehlerfreien Wertungen des Landgerichts hat sich der Angeklagte gerade durch den Mord am Lebensgefährten der Mitangeklagten und damit durch dieselbe Handlung im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB schlüssig bereit erklärt, auch deren Ansinnen nachzukommen, in weiterer Folge ihren Ehemann zu töten.

Der Senat ändert den Schuldspruch im vorgenannten Sinne ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog). Der für die Vorbereitungstat verhängten Freiheitsstrafe von fünf Jahren ist damit die Grundlage entzogen. Die lebenslange Freiheitsstrafe hat als Freiheitsstrafe Bestand.

Der Schriftsatz des Verteidigers der Angeklagten vom 26. Juli 2021 hat dem Senat vorgelegen.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1034

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede