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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 729

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 195/21, Beschluss v. 01.06.2021, HRRS 2021 Nr. 729


BGH 6 StR 195/21 - Beschluss vom 1. Juni 2021 (LG Neuruppin)

Vornahme eines Härteausgleichs durch den Senat; Herabsenkung des Vorwegvollzugs.

§ 55 Abs. 1 StGB; § 354 Abs. 1 StPO; § 67 Abs. 2 Satz 3 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 19. Januar 2021

a) im Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, einem Monat und zwei Wochen verurteilt ist;

b) im Ausspruch über den Vorwegvollzug von Strafe dahin geändert, dass dieser sechs Monate und drei Wochen beträgt;

c) im Einziehungsausspruch dahin klargestellt, dass anstatt sechs lediglich fünf Cannabismengen eingezogen sind und es sich bei Spur 7 des Spurenprotokolls vom 29. April 2020 um eine weitere Amphetaminmenge handelt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug der Strafe von acht Monaten angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensbeanstandung sowie die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Während die Verfahrensrüge nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise erhoben und daher unzulässig ist, hat die Revision mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

2. Das Urteil ist jedoch im Strafausspruch abzuändern, weil das Landgericht die Vornahme eines Härteausgleichs versäumt hat. Ein solcher war hier veranlasst, weil eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB mit der an sich gesamtstrafenfähigen, jedoch bereits im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckten Geldstrafe von 70 Tagessätzen aus dem Urteil des Amtsgerichts Neuruppin vom 6. Mai 2020 nicht mehr möglich war.

Um jegliche Benachteiligung des Angeklagten auszuschließen, nimmt der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO einen Abzug in Höhe der vollstreckten Strafe selbst vor (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Juli 2020 - 2 StR 514/19, NStZ-RR 2020, 306; vom 19. Juni 1997 - 4 StR 232/97; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 354 Rn. 27) und setzt die Freiheitsstrafe auf die nächst zulässige Strafeinheit von fünf Jahren, einem Monat und zwei Wochen herab (zu der in Abweichung von § 39 StGB ausnahmsweise zulässigen Bemessung einer Freiheitsstrafe nach Jahren, Monaten und Wochen vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Juni 2005 - 3 StR 145/05; vom 8. Oktober 2003 - 2 StR 328/03, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 13 mwN).

3. Die Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Herabsetzung der Freiheitsstrafe zieht allerdings die Herabsenkung des Vorwegvollzugs von acht Monaten der Strafe auf sechs Monate und drei Wochen nach sich (§ 67 Abs. 2 Satz 3 StGB).

4. Die Einziehungsentscheidung bedarf insoweit der Berichtigung, als das Landgericht im Urteilstenor versehentlich die Einziehung von sechs Cannabismengen einschließlich der als „Spur 7 des Spurenprotokolls vom 29. April 2020“ bezeichneten Substanz angeordnet hat. Ausweislich der Urteilsgründe handelt es sich lediglich um fünf Cannabismengen, bei der als „Spur 7“ bezeichneten Substanz hingegen tatsächlich um eine Amphetaminmenge (vgl. UA S. 29).

5. Der geringfügige Teilerfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten auch nur teilweise von den Kosten seines Rechtsmittels freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 729

Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede