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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1247

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 176/20, Beschluss v. 07.10.2020, HRRS 2020 Nr. 1247


BGH 6 StR 176/20 - Beschluss vom 7. Oktober 2020 (LG Halle)

Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Konkurrenzen: Überschneidungen der Ausführungshandlungen).

§§ 29 ff. BtMG

Leitsatz des Bearbeiters

Überschneidungen der Ausführungshandlungen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dadurch, dass der Kaufpreis für eine Drogenmenge ganz oder teilweise erst bei der Übergabe der nächsten Lieferung bezahlt wird, führen nach ständiger Rechtsprechung zur Annahme von Tateinheit.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 21. Oktober 2019 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln, sowie der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln, sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und gegen ihn Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat - entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts - den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch bedarf teilweise der Änderung.

a) Nach den zu den Taten zu III A 1 bis 6 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen veräußerte der Angeklagte in sechs Fällen Marihuana in Mengen zwischen 200 Gramm und einem Kilogramm an einen Abnehmer, der die ersten Lieferungen „gegen Bezahlung des Kaufpreises und nach zwei bis drei Käufen auf Kommission“ entgegennahm. Nähere Feststellungen zum Zeitpunkt der Entrichtung des Kaufpreises für die gelieferten Betäubungsmittel hat das Landgericht nicht getroffen. Es hat diese Lieferungen als sechs tatmehrheitliche Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet.

b) Im Hinblick auf die Taten zu III A 3 bis 6 hält diese konkurrenzrechtliche Bewertung rechtlicher Prüfung nicht stand. Diese Taten sind nicht ausschließbar durch eine Bezahlung des Kaufpreises für die vorangegangene Lieferung bei der jeweils nachfolgenden Lieferung zur Tateinheit verknüpft. Denn Überschneidungen der Ausführungshandlungen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dadurch, dass der Kaufpreis für eine Drogenmenge ganz oder teilweise erst bei der Übergabe der nächsten Lieferung bezahlt wird, führen nach ständiger Rechtsprechung zur Annahme von Tateinheit (vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, BGHSt 63, 1, 8; Urteil vom 22. August 2012 - 2 StR 530/11, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 13).

c) Der Senat hat daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die zu III A 3 bis 6 festgestellten Betäubungsmittellieferungen zu einer einheitlichen Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zusammengefasst. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können; außerdem stellt die Schuldspruchänderung keinen Nachteil für ihn dar.

d) Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der für die Fälle III A 3 bis 5 verhängten Einzelstrafen zur Folge. Die vom Landgericht für Fall III A 6 verhängte Strafe von einem Jahr und zehn Monaten bleibt als Einzelstrafe für die aus den Fällen III A 3 bis 6 zusammengefasste Tat bestehen. Auch die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt unberührt. Angesichts der verbleibenden Strafen kann ausgeschlossen werden, dass das Landgericht ohne die wegfallenden Einzelstrafen auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

2. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1247

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner